KILLSWITCH ENGAGE: Keine großen Pläne, außer von europäischen Bands zu klauen

KILLSWITCH ENGAGE-Sänger Howard über lockeres Songwriting, positive Lebenseinstellungen und kleptomanische amerikanische Bands.

Ja, ich bin auch ein verdammter Morgenmuffel, fragt mal meine Freundin. Aber im Vergleich zu KILLSWITCH ENGAGE-Sänger und Möchtegern-Homer Simpson Howard Jones bin ich morgens ein Partymacher erster Kajüte. Der Brummbär schien kurz vorher von Roadrunner-Promoterin Larissa aus dem Hotelzimmer geprügelt worden zu sein und stellte sich geduldig meinen Fragen zum neuen Hammer The End of Heartache. In seinen meist knappen Antworten war eine gehörige Portion Humor enthalten, weshalb die knappe halbe Stunde wirklich Spaß machte.



Hi Howard, ich hoffe, Dir geht es gut.

Hey Mann alles klar hier, könnte schlechter sein.

In Deiner Biografie auf eurer Hompage steht, Du wärst gerne Homer Simpson. Mich verblüfft, das ein Mensch so einen Wunsch hegt. Ist das auch ein Grund für Deine Glatze?

(lacht) Ich mag die Show einfach und Homer ist mir sympathisch. Langsam glaube ich auch, dass er der Grund für meine Glatze ist.

Dann lass uns mal ernst werden. KILLSWITCH ENGAGE waren mit Sicherheit nicht die erste Band im Bereich der New Wave of American Heavy Metal, aber ihr habt diesen Bereich groß gemacht.

Was wir machen ist nicht wirklich neu, einfach heavy und mit viel Melodien.

Dennoch wart ihr die Ersten dieses Genres, die wirklichen kommerziellen Erfolg vorweisen konnten.

Ich weiß nicht… Wenn Du es so siehst… okay. (lacht) Ehrlich gesagt versuche ich mir nicht zu viele Gedanken darüber zu machen, aber wenn wir es schaffen, dass die Leute Metal hören, freut es mich.

Ihr seid stark von europäischen Metalbands inspiriert.

Exakt, und das macht unseren Stil sogar noch weniger neu. Bands, die so klingen existieren teilweise seit Jahren.

Fühlt ich euch von musikalischer Seite her eher als europäische Band?

Wir definitiv aus den USA, aber komm schon: Wir Amerikaner stehlen alles von den europäischen Bands (lacht). Manchmal glaube ich, wir wollen IN FLAMES sein. Ernsthaft, wir sind große Fans von europäischem und skandinavischem Metal und das findet sich in der Musik logischerweise wieder.

Eure Gitarristen Adam Dutkiewicz und Joel Stroetzel sowie Drummer Justin Foley haben auf dem Konservatorium von Berkeley studiert. Eure Jungs könnten auch Musik machen, mit der sie sich dumm und dämlich verdienen würden.

Ich weiß nicht, wie weit manche gehen würden um Erfolg zu haben, wir hingegen stehen wirklich darauf in einer Band zu sein, harte Musik mit Melodien zu machen, auf der Bühne herum zu springen, zu schwitzen und zu stinken (lacht).

Stilistisch habt ihr euch nicht groß weiterentwickelt, aber ich denke, The End of Heartache verbessert den Stil, den ihr mit Alive or Just Breathing gemacht habt. Habt ihr auf eurem dritten Release schon euren entgültigen Stil gefunden?

Da denken wir gar nicht drüber nach, wir schreiben einfach Songs und spielen sie live. Wir planen nicht weit in die Zukunft.

Dennoch habt ihr beispielsweise in When Darkness Falls ein paar noisige Elemente. Baut ihr diese Richtung noch aus?

Wir probieren gerne rum und wenn wir feststellen, dass ein neues Element gut passen würde, setzen wir es eben ein. Das gilt für Noise ebenso wie für jedes andere Element.

Stellt ihr den Songs immer einen gewissen Raum zur Verfügung, so dass ihr im Studio noch Parts ändern und ein wenig improvisieren könnt?

Nein, wir schreiben einfach und die Dinge passieren. Die Songs waren alle komplett fertig, als wir ins Studio gingen.

The End of Heartache hat im Vergleich zum Vorgänger einen großen Vorteil: Die rote Linie. Alive or Just Breathing war eher eine Sammlung aus Songs, The End of Heartache hingegen funktioniert prima als Ganzes.

Schön zu hören, ich sehe das als Kompliment. Wir versuchten auf jeden Fall das bestmögliche Album zu schreiben und wenn es sich wirklich wie ein ganzes Album anhört, und nicht nur wie ein paar Songs auf einen Silberling gepresst wirkt, dann haben wir es wohl richtig gemacht.

Was habt ihr euch bei der Anordnung der Songs gedacht? Nach dem schnellen Breathe Life folgt der eher langsamere Titeltrack und so weiter.

Wir haben einfach diskutiert und das war der beste Kompromiss. Wir hoffen, dass dieser Kompromiss gut funktioniert.

Straighter sind die neuen Songs auf jeden Fall geworden.

Ja, der traditionellen Metal-Seite wurde mehr Aufmerksamkeit geschenkt.

Jedenfalls sind die Songs auch eine Ecke knuspriger geworden, ihr verwendet zum Beispiel Bay Area-Thrash-Elemete. Wolltet ihr beweisen, dass ihr heftige Musik machen könnt, obwohl ihr auf Roadrunner seid?

Nein, das hat damit nichts zu tun, wir sind keine Band, die groß Pläne schmiedet. Wir sagen im Vorfeld nicht, ob wir Metal oder Mainstream machen.

Du bist immer noch Sänger von BLOOD HAS BEEN SHED. Damit bist Du derzeit wohl nicht allzu aktiv.

Nein, ich sitze hier und mache gerade ein Interview, es ist offensichtlich, dass die Band gerade nicht aktiv ist (lacht). Wir schlossen vor drei Wochen eine Tour in den Staaten ab, aber Du hast recht, BLOOD HAS BEEN SHED ist nicht gerade die aktivste Band, was aber daran liegt, dass wir nicht viel Zeit dafür haben.

Euer Drummer Justin kommt auch von BLOOD HAS BEEN SHED und stieg bei KILLSWITCH ENGAGE im Oktober 2002, also ein halbes Jahr nach Dir ein. Machte das die Integration für ihn leichter?

Keine Ahnung, das musst Du ihn fragen. (lacht) Aber er kam von Anfang an mit den anderen Jungs prima zurecht.

Ist es für Dich eine große Herausforderung bei KILLSWITCH ENGAGE zu sein, nachdem Du dort eine variablere Stimme benötigst?

Naja, ich bin schon fast seit zwei Jahren in der Band und daher ist diese Herausforderung nicht mehr neu für mich, ich bin es schon gewöhnt diese Leistung zu bringen. Im Hinblick auf die Aufnahmen zu von The End of Heartache ist es schwer zu sagen. Ich versuchte nicht zu sehr über alles nachzudenken, keinen Stress aufkommen zu lassen und nicht über die Erwartungen Anderer nachzudenken. Du selbst kannst Dein größter Feind bei so etwas sein.

Deine Stimme unterscheidet sich nur marginal von Jesse´s (Ex-Sänger, Anm. d. Verf.), ihr habt beide denselben Stimmumfang, jedoch sind Deine Cleanvocals charismatischer.

Meine Stimme ist ein wenig tiefer und ich bin der Meinung, dass ich auch sonst komplett anders singe. Ansonsten denke ich, dass wenn ich exakt so wie Jesse geklungen hätte, es schlecht für die Band gewesen wäre. Das ist auch der Grund warum sie mich genommen haben.

Wie ich Dich jetzt sprechen höre, kann ich mir nicht so recht vorstellen, dass Du den klaren Gesang auf dem Album übernommen hast. Brummst Du so vor Dich hin, weil Du gerade aufgestanden bist?

Naja, ich singe seit zwölf Jahren in den verschiedensten Bands, das kommt wohl daher. Davon abgesehen: Ich habe Ahnung (lacht).

Euer Gitarrist Adam Dutkiewicz ist zugleich Songwriter und Produzent. Wie sehr machte ihm diese große Aufgabe zu schaffen?

Er mag diese Herausforderung, auch wenn es sehr stressig für ihn war. Es macht ihm schlicht Spaß, wenn er gefordert wird.

Selbstbewusstsein braucht man für so eine Aufgabe aber in jedem Fall.

Naja, dafür ging er ja auf das Berkeley Konservatorium. Er hat das alles dort gelernt und weiß solche Situationen zu handhaben. Und nochmal: Es hat ihm Spaß gemacht.

Man hört deutlich, dass Andy Sneap auf dem Album seine Finger im Spiel hatte. Was war seine Aufgabe bei der Entstehung von The End of Heartache?

Er hat das Album gemischt, sonst nichts.

Ihr habt mit dem Songwriting auf Tour begonnen.

Ja, und das hat viel Zeit verschlungen. Aber wir waren so viel unterwegs, dass wir nicht so viel hingekriegt haben und sich alles in die Länge gezogen hat. Es ist schwer, auf Tour Songs zu schreiben, wollten damit aber bis zu den Aufnahmen fertig sein.

Kann man sich beim Songwriting auf Tour eigentlich konzentrieren?

Das ist schwer. Man spielt jeden Abend Shows, im Bus hat man keine Ruhe, weil ständig Leute hin- und herlaufen. Das Umfeld ist einfach nicht gut und erschwert das Songwriting.

Irgendwann habt ihr aber ein Studio geentert. Welches war das überhaupt?

Es ist kein Bekanntes, aber Adam arbeitet da seit ein paar Jahren.

Themawechsel. Was zur Hölle haben Dir die Frauen angetan? Oder habe ich Deine Texte falsch verstanden?

Das glaube ich nämlich auch (lacht).

Naja, ich habe gerade eher auf den Titeltrack angespielt.

Naja, dennoch ist es eine Misinterpretation, wenn Du denkst, hier handelt es sich um Frauengeschichten. Die Texte sollten eigentlich selbsterklärend sein.

Jedenfalls sind die Texte – sehr unmetallisch – gerne auch mal positiver Natur.

Ja, ich denke das auch. Selbst wenn die Themen mal negativer Natur sind, sie drücken am Ende doch immer etwas Positives aus.

Gehören zu energiegelandenen, positiven Songs auch positive Texte?

Naja, so würde ich das nicht sehen, denn ich glaube nicht, dass jemand der finstere Texte liest gleich depressiv wird. Die Metalindustrie ist größtenteils auf dunkle Themen und böse Images spezialisiert, wenn die fiesen Musiker heimgehen haben sie eine schöne Wohnung, eine nette Freundin, sind ganz lieb und kümmern sich um ihre Haustiere.

Ich hingegen habe eine schlimmere Kindheit als 99% unserer Fans erlebt, war lange Zeit sehr arm und hatte viel zu kämpfen. Daher denke ich, gibt es Hoffnung. Wenn eine Knalltüte wie ich es schafft, bei so einer Band zu singen und Spaß zu haben, dann muss doch was dran sein. Aber trotzdem soll jeder über das schreiben, was er will. Es ist Platz für alle Themen da.

Hast Du so positive Einstellungen, weil Du die negativen Seiten schon überstanden hast?

Ja, genauso ist es. Das ganze Leben ist ein Kampf, sei es in der Schule, Arbeit oder in einer Beziehung. Aber es gibt Hoffnung.

Geht der positive Titel des Albums auch davon aus?

Nein, weil wir einen Song haben, der so heißt. Außerdem passt es sehr schön zum Artwork.

Na gut. Ihr spielt viele Live-Shows und eure erste Europa-Tour war im Oktober 2002. Ich habe euch leider nicht gesehen, aber es hieß Deine Gesangperformance hätte bei den Screams geschwächelt.

Das finde ich lustig, denn einer der Gründe, warum Jesse nicht mehr in der Band ist, ist dass seine Screams live nicht überzeugend waren. Ich kann dazu eigentlich nichts sagen, meiner Meinung nach gab es an meiner Performance nichts auszusetzen.

Werdet ihr das in nächster Zeit unter beweis stellen?

Wir spielen auf ein paar Festivals im Juni, unter anderem auf dem Pressure Festival und dem Graspop Festival. Wir werden keine Clubshows dazwischen schieben, aber die kommen noch.

Howard, ich danke Dir für das Gespräch.

Layout & digitalmanipulation: Alex C.

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