DISBELIEF: Abenteuer im Limbo-Studio

DISBELIEF Listening-Session am 31. Mai 2003 im Stage One Studio, Bühne

Eine kleine Odyssee nahm ich auf mich, nur damit ich vorab schon mal ein paar neue Songs der neuen DISBELIEF-Scheibe hören konnte. Fünf Stunden Fahrtzeit, inklusive Stau, extremen Wetterumschwüngen und Schmerzen im Po, da auf Pausen weitestgehend verzichtet wurde, nahm ich auf mich und, was soll ich sagen, es hat sich definitiv gelohnt.

Das mittlerweile fünfte Album der Darmstädter Extrem Metaller wurde wieder in Andy Claassens renomiertem Stage One-Studio (oder um es mit Kais Worten auszudrücken: Das Limbo-Studio – niedrige Decken machten es dem Riesen nicht gerade leicht) im westfälischen Nest Bühne, nahe der hessischen Grenze aufgenommen und wieder einmal gab es den reinsten Ohrenschmaus zu hören. Andy Claassen zauberte wieder einmal einen hammermäßigen Sound, der selbst im noch nicht fertig gemischtem Zustand eine hammermäßige Figur abgab. Auch DISBELIEF zauberten: Fünf astreine Songs aus der Feder des Quintetts gab es zu hören, die definitiv die Ohren zum glühen brachten.

To the Sky wird von einem epischem, aber leicht thrashigen Riff eingeleitet und erinnert von der Stimmung her an den Song Shine. Der Track fällt recht melodisch aus, bei meistens gleichbleibendem Tempo gibt es dennoch viele verschiedene Riffs zu hören und ein Mördergroove geht direkt in die Beine. Ein perfekter Opener!

Die erste Überraschung bietet Death Will Score mit seinem ungewöhnlich brutalem Einstieg. Danach wird der Song recht doomig und düster, doch der kraftvolle Refrain löst die Stimmung auf. Death Will Score hätte auch auf Worst Enemy stehen können. Brett!

No More Lies bietet alles, was DISBELIEF auszeichnet auf einmal: Fette Groove-Riffs mit fiesem Gesang und melancholische, positive Stimmung. Die zweistimmig gesungene Strophe schwankt zwischen Trauer und Befreiung. Im Mittelteil gibt es dann einige Dynamikwechsel, Jagger fleht und schreit gegen Ende: No More Lies!!!!!!!!!!! Diese heftigere Version von Falling Without Reason ist Gänsehaut pur!

Was in DISBELIEF gefahren ist, einen Song wie Spreading the Rage zu schreiben ist mir schleierhaft. Jedenfalls stellt er schon nach dem ersten Hördurchlauf eine absolute Ausnahmekomposition dar. Zu Beginn ist das Stück ein typischer DISBELIEF-Song, in dem der Bass mächtig pumpt – No Control eben. Der Refrain sollte mich dann noch den ganzen Abend begleiten, denn der ist nicht von dieser Welt – wunderschön und eingängig, andererseits recht disharmonisch, man merkt förmlich wie sich langsam die Nackenhaare aufstellen. Vielleicht einer der besten DISBELIEF-Songs überhaupt.

Das letzte gehörte Stück Inside My Head beginnt mit einem tragenden Schlagzeug-Part, der sich durch den Song hindurch zieht und zusammen mit selten abgewechselten, aber ausdrucksstarken Riffs Jaggers Stimme die Möglichkeit zur vollen Entfaltung gewährt. Inside My Head steigert sich von Takt zu Takt, wird klaustrophobischer und intensiver.

Und schon war die CD aus. Schade, ich hätte gerne noch viel mehr gehört, doch da muss ich mich wohl bis Ende Oktober gedulden, bis das Album erscheint. Warum ist eigentlich die Zeitspanne so lang? Das ist Plattenfirmenpolitik, meint Bassist Joe. Wir hätten das neue Album eigentlich auch schon im September veröffentlichen können, doch die Plattenfirma meint, dass dies der falsch gewählte Zeitpunkt ist. Erstens veröffentlichen da alle ihre Platten, zweitens haben viele Handelsketten Ende September Inventur und kaufen bis dahin nichts mehr ein. ´Shine´ war damals zu sehr gehetzt, in anderthalb Monaten wurden sechs Songs geschrieben, danach ging es sofort ins Studio. Wir hatten nicht viel Zeit, uns im limitierte Editionen, Artworks und sonstiges zu kümmern, das wird jetzt anders. Es passt uns eigentlich ganz gut, wir müssen nichts überstürzen und können uns darauf konzentrieren, eine runde Sache zu veröffentlichen. Klingt einleuchtend. Genügend Zeit vorhanden war auch, das Album zu schreiben und aufzunehmen. Dieser Prozess dauerte drei Wochen, von der eine Woche lang nur gemastert wurde.

Die restlichen Songs variieren laut Jagger doch sehr. Neben Death Will Score gibt es einen weiteren sehr flotten Track, der sich gerade live gut machen wird. Zusätzlich gibt es für die limitierte Edition der Scheibe noch eine Coverversion von KILLING JOKE´s Democracy. Dazu soll die limitierte Version noch richtig viel hermachen, eventuell als Doppel-CD mit Videos im schicken Digipack. Lassen wir uns einfach mal überraschen. Außerdem wird es für das Artwork einen kleinen Contest geben.

Aber wieso ist das neue Material doch um einiges Härter als der Vorgänger? Joe erläutert: Wir wollten einfach eine spritzige Metal-Scheibe aufnehmen. Oder war gar wieder Frust am Werk? Irgendwie ging es im letzten Jahr total entgegen. Zu den Konzerten kamen mehr und mehr Besucher, aber CDs haben wir weniger verkauft. Ging es wenigstens im Ausland bergauf? Nein, da es dort keinen Vertrieb gibt, resignieren die Anwesenden. Oder klingen DISBLIEF gar zu deutsch? Joe empört sich: Wirklich nicht, DISBELIEF klingen nach gar keinem Herkunftsland! War auch die Produktion, die ja weit weniger metallisch war für die Verkäufe verantwortlich? Vielleicht. Das Art of June ist halt einfach kein Metal-Studio und einigen ist das vielleicht sauer aufgestoßen, überlegt Jan-Dirk.

Aber mit einer anständigen Tour dürften sich doch mehr Käufer finden. Nur, warum gibt es so eine Tour nicht? Auch Jagger ist ratlos: Das liegt leider am Label. Sie sagen immer: ´Was euch fehlt, ist eine große Tour.´ Wenn so eine in Frage kommen würde, kostet die aber 2,50 ? zu viel und es muss abgeblasen werden. Somit beißt sich die Katze in den Schwanz. Schade auch, aber dennoch hat die Band dieses Jahr noch einiges vor Vor der Veröffentlichung werden wir noch ein paar Festivals spielen, zum Beispiel auf dem Party.San, und im Dezember spielen wir auf den X-Mas-Festivals.

Wenn DISBELIEF das Niveau dieser fünf Songs halten können, dann dürfte dieses Album wieder zu einem der Highlights des Jahres werden. Ich freue mich jetzt schon tierisch drauf, selbst wenn die Wartezeit wieder schrecklich werden wird. Eins ist aber sicher: DISBELIEF zählen im Jahr 2003 zu den talentiertesten Bands der nationalen Metal-Szene.

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