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AMON AMARTH: Zehn Jahre Leidenschaft

Man sollte es nicht glauben, aber AMON AMARTH Frontwikinger Johan Hegg ist kein grimmiger Nordmann, sondern ein richtig netter Kerl. Deshalb hatten wir auch einen Heidenspaß im Metalblade Büro, wo der Schwede eifrig erzählte und unsere Fragen beantwortete!

Man sollte es nicht glauben, aber AMON MARATH Frontwikinger Johan Hegg ist kein grimmiger Nordmann, sondern ein richtig netter Kerl. Deshalb hatten wir auch einen Heidenspaß im Metalblade Büro, wo der Schwede einige Tage verbrachte, um Interviews zum Hammeralbum Versus The World zu geben. Doch nicht nur das neue Album war Gesprächsthema. Neben längeren Diskussionen über vergleichbare Vereinsrivalitäten wie Djurgarden IF Stockholm vs. Malmö FF und Schalke vs. Dortmund, die hier nicht weiter ausgeführt werden sollen, erklärte Johan, warum er Angst vor klischeehaften Texten hat, warum er sich gerne bei BLACK SABBATH entschuldigen will, wer bei AMON AMARTH nur in Bleistiefeln die Bühne betritt und was es mit der schwedischen Variante des Dominostein-Umfall-Spielchens auf sich hat. Damit nicht genug, auch einem Lauschangriff musste sich der Hüne stellen. Doch lest selbst, bei welchem Song einer großen Metal Band er ein mitleiderregendes Zahnschmerzgesicht zog.

Versus The World überrascht zunächst durch die vielen Melodien und Harmonien– und dennoch klingt das Album unverkennbar nach AMON AMARTH.

Richtig, das sehe ich genauso. Somit hast du eine Frage, die mir oft gestellt wurde, gleich selbst beantwortet. Was ist der Unterschied zwischen The Crusher und Versus The World? Wir wollten ein epischeres Album. Wir wollten aber dennoch unsere Trademarks auf keinen Fall aufgeben. Die Härte und die Aggressivität wollten wir beibehalten, und gleichzeitig mehr Melodien und Harmonien einbringen. Um beides zu verbinden, mussten wir etwas Geschwindigkeit rausnehmen, mehr Midtempoparts und mehr langsame Teile schreiben. Es war schon beabsichtigt, das sich das neue Album etwas von den anderen unterscheidet. Diese epische Ausrichtung passt auch besser zum Text-Konzept, das in gewisser Weise das Ende der Welt beschreibt.

Für die Texte gilt eigentlich das gleiche wie für die Musik: Die wesentlichen Merkmale, die einen Song zu einem AMON AMARTH Song machen, sind nach wie vor erkennbar, aber gleichzeitig vermeidet ihr es, euch zu wiederholen. Die nordische Mythologie ist nach wie vor das zentrale Thema, aber ich habe den Eindruck, dass da wo früher Krieg und Aggression bestimmend waren, heute eher andere Aspekte im Vordergrund stehen. „Thousand Years Of Oppression“ zum Beispiel ist so ein Song, der in eine andere Richtung geht.

Hehe. Kein Wunder, der Text ist ja auch nicht von mir.

Aha, dann stimmt es also, dass dir deine Schwester beim Textesschreiben unter die Arme greift?

Ja, sie hat mir etwas geholfen. Sie hat eine Geschichte geschrieben und sie mir per email geschickt. Sie mochte meine anderen Texte und wollte mit dieser Geschichte ihre Gedanken in Worte fassen und mitteilen. Nachdem ich ihre Mail gelesen hatte, war mir sofort klar, dass ich etwas davon als Text benutzen muss. Denn diese Geschichte beschreibt genau meine Gefühle. Also habe ich diesen Text genommen, etwas verändert und angepasst. Ich glaube, es ist einer der besten Texte des Albums. Es geht darum, was die christliche Religion mit dem ursprünglichen skandinavischen Glauben gemacht hat. Auf einer allgemeineren Ebene, beschreibt der Text, was das Christentum überall mit sich gebracht hat: Unterdrückung. Der Text schildert diese Erfahrung aus der Perspektive eines Skandinaviers.

Der Titeltrack hat einen weitaus konkreteren Text, den man ganz gut auf die Band AMON AMARTH beziehen kann

„Vs. The World“ ist ein Song zum zehnjährigen Bestehen der Band. Ich wollte unbedingt einen solchen Text schreiben, andererseits musste der Text auch zum Rest des Albums passen, also habe ich alles auf einer tieferen, metaphorischen Ebene ausgedrückt. Letztendlich ist der Text viel besser geworden, als ich erwartet habe. Es ist eine Art Rückblick: Wer waren wir, wer sind wir, wer werden wir sein, warum sind wir so, wie wir sind.

Andererseits hat er ein sehr allgemeines Thema: Jeder kennt das Gefühl, dass sich die ganze Welt gegen ihn verschworen hat.

Ja, deshalb haben wir auch den Songtitel zum Titel des Album gemacht. Er hat verschiedene Bedeutungen: AMON AMARTH gegen die Welt oder jede beliebige einzelne Person gegen die Welt. Den Titel kann jeder interpretieren, wie er will.

Zurück zur Musik. Mit Versus The World ist euch gelungen, eure Stärken zu kombinieren: Episch-hymnische Melodien und diese typische rhythmusorientierte, stampfende Brutalität und Aggression vieler AMON AMARTH Stücke. Schreibt Ihr mittlerweile anders Songs als früher?

Dankeschön! Besser kann man die Songs nicht umschreiben. Wir haben versucht, die besten Momente von „Sorrow Throughout The Nine Worlds“ und „Once Sent From The Golden Hall “ mit den besten Momenten von „The Avenger“ und The Crusher zu kombinieren. Das heißt jetzt aber nicht, dass wir nur auf Altbewährtes setzen – es gibt auch ein paar neue Dinge auf dem Album.

Wir arbeiten viel mit Bildern, wenn wir Songs schreiben. Wenn wir ein Stück von einem Song haben, dann suche ich solange nach Worten, bis der Text dazu passt. Beides muss Hand in Hand gehen. Zu „Thousand Years of Oppression“ hatte ich ursprünglich einen anderen Text, doch der passte nicht zum Song. Ich merkte irgendwann, dass beides nicht zusammengeht. So gesehen, war es phantastisch, dass mir meine Schwester diese Geschichte geschrieben hat, Teile davon passten ideal zur Musik. Wenn man den Text liest, könnte man zunächst meinen, Ärger sei das zentrale Thema. Es steigert sich, und irgendwann wird deutlich, dass es an der Zeit ist, etwas zu tun. Schließlich schließt sich der Kreis mit den Worten

„He grasped the runes

They’re ours to use.”


Für mich bedeutet der Text, dass man für sich selbst steht und für sich und seine Ideale kämpfen kann und muss.

Bilder hatten bei AMON AMARTH schon immer eine wichtige Funktion. Deshalb ist auf unseren Coverartworks das Feuer auch ein zentrales Motiv. Feuer ist ein sehr starkes, vielleicht das stärkste, Element, aber es ist gleichzeitig auch ein Symbol für Leidenschaft – und darum geht es in der Musik von AMON AMARTH. Kraft und Leidenschaft – das zählt! Leidenschaft wurde vielleicht etwas wichtiger für uns, denn sie drückt sich durch Melodien und Harmonien aus und davon findet man auf dem neuen Album ja mehr als früher.

Tja, Coverartwork ist ein gutes Stichwort. Wenn ich die Band AMON AMARTH nicht kennen würde (Hegg fängt an zu lachen) und im Regal The Crusherund Versus The World sehen würde, dann würde ich die CDs niemals kaufen. Ich mag nämlich keinen Power Metal.

(lacht und lacht) Kann ich irgendwie verstehen… Ich werde dir die Wahrheit sagen: Tomas Ewerhard und Tom Thiel sind großartige Künstler, keine Frage. Das Problem bei The Crusher und Versus The World war, dass wir unter Zeitdruck standen. Wir hatten keine Zeit, Experimente zu machen, keine Zeit verschiedene Entwürfe auszuprobieren. Wir müssten das nehmen, was da war. Den Releasedate zu verschieben kam nicht in Frage, denn kurz gesagt, wäre das zu teuer geworden. Trotzdem finde ich das neue Cover um einiges besser ist, als das von The Crusher.

Ich sagte ja nicht, dass die Covers schlecht sind – aber ich verbinde mit diesen Krieger-Motiven eben ganz andere Musik. Italienischen Hollywood Metal zum Beispiel.

Haha… viele denken auch an MANOWAR. Dagegen habe ich auch nichts, denn mit MANOWAR verglichen zu werden, ist vollkommen in Ordnung für mich. Ich bin mit der Band groß geworden, und zumindest bis zur „Kings Of Metal“ waren sie eine großartige Band.

Aber wir werden in Zukunft einfach mehr Zeit für das Coverartwork verwenden. Mein Lieblingscovers sind noch immer die von „Sorrow Throughout The Nine Worlds““ und „Once sent From The Golden Hall“, an diesen Artworks haben wir auch länger gearbeitet, und wir haben sie selbst gemacht. Ich mag einfache, starke Bilder. Das von “The Avenger“ ist auch gut, auch wenn es bei diesem Cover Kleinigkeiten gibt, die wir heute anders machen würden.

Nach der Veröffentlichung von The Crusher und den anschließenden Touren habt ihr verlauten lassen, eine Auszeit nehmen zu wollen bevor ihr mit dem Songwriting beginnt. Falls es diese Pause überhaupt gab, kann sie nicht besonders lang gewesen sein, oder?

Es gab diese Pause nicht. Wir haben uns lediglich im Sommer ein paar Wochen frei genommen und danach angefangen, Songs zu schreiben. Im Sommer selbst haben wir trotzdem ein paar Konzerte gespielt. An den Songs für dieses Album haben wir insgesamt ungefähr ein Jahr gearbeitet. Vielleicht hätten wir eine Pause machen sollen, auf der anderen Seite war The Crusher sehr erfolgreich, es gab fast nur positive Resonanzen. Also mussten wir auf Tour gehen, und uns den Fans zeigen. Wir haben drei Touren gespielt und eine Menge Festivals mitgemacht.

Touren zahlt sich meiner Meinung nach immer aus – zumindest wenn man es aus Sicht der Fans sieht. Die Clubtour, die Auftritte beim Summer Breeze und beim Wacken sprechen für sich, AMON AMARTH haben nicht ohne Grund den Ruf einer sehr guten Liveband.

Haha, ich glaube sogar, dass wir live besser als auf Platte sind. Einige der Songs sind auch wirklich speziell für die Bühne geschrieben, wie zum Beispiel „Death In Fire“ oder „Bloodshed“ – diese Titel sind eindeutig Livesongs. Wir sind eine Liveband und wir wollen auch raus und vor den Fans spielen! Aber um das tun zu können, müssen wir eben Alben aufnehmen! Ich spreche von Studioalben, denn ich mag Livealben nicht besonders. Eine Menge Leute haben uns gefragt, ob es denn irgendwann ein Livealbum von AMON AMARTH geben wird. Für mich ist eine Liveshow aber viel mehr als nur eine Tonkonserve. Der visuelle Aspekt ist gleichrangig wie die Musik. Eine Band nicht nur zu hören, sondern auch zu sehen, wie sie sich auf der Bühne präsentiert ist verdammt wichtig und macht letztendlich ein gutes Konzert aus. Vielleicht kann man eine Show auf einer DVD eher einfangen, es gibt da auch ein paar Pläne bezüglich des Summer Breeze. Eine DVD wäre eine Möglichkeit, ein normales Livealbum ist in meinen Augen aber reine Geldverschwendung. Ich meine, bei AMON AMARTH gibt es was zu sehen. Bis auf Olli, der anscheinend immer nur in Bleistiefeln die Bühne betritt und sich nicht bewegt, hahaha. Dafür muss er sich auch eine Menge dummer Sprüche von uns anhören…

Fühlst du dich manchmal in der Welt der Drachenboote und Methörner gefangen? Sehr viel Variationsmöglichkeiten bietet ein typischer AMON AMARTH Text nicht..

Irgendwie fühle ich mich manchmal schon eingeschränkt. Ich versuche schon, auch über andere Themen zu schreiben und andere Dinge, die mich bewegen, in meine Texte einfließen zu lassen. Ich will mich schließlich nicht ständig wiederholen, sondern mich entwickeln. Dabei möchte ich aber am Konzept der nordischen Mythologie festhalten, zumindest als Basis für meine Texte. Aber ich versuche schon, tiefer und weiter zu gehen und herauszufinden, was ich noch kann. Bislang habe ich aber nur einen einzigen guten Text zu einem anderen Thema geschrieben…

Du meinst „Bastards Of A Lying Breed“, der sich auf die Anklage geben JUDAS PRIEST in den USA bezieht, wo der Band eine Mitschuld am Selbstmord eines Fans gegeben wird?

Ja, der Text ist gut geworden. Das Thema hat mich einfach berührt; ich hatte etwas dazu zu sagen. Ich vermute mal, dass ich nur Texte zu Themen schreiben kann, mit denen ich gefühlsmäßig verbunden bin. Es hat keinen Sinn, einen coolen Text zu schreiben, wenn ich nicht dahinter stehen kann. Tja, und das macht es nicht gerade einfach für mich… Ich würde gerne andere Texte schreiben, aber es klappt halt nicht immer. Es gab eine Menge tolle Reaktion auf „Bastards Of A Lying Breed“, die Fans mochten den Text. Auch deshalb will ich eigentlich mehr mit anderen Themen experimentieren. Die Resonanz auf diesen Song war eine Bestätigung für mich, Neues zu wagen. Man muss sich schließlich auch von Zeit zu Zeit erneuern, man kann sich nicht immer nur wiederholen. Man muss die eigenen Vorstellungen überprüfen, sie aus anderen, neuen Blickwinkeln betrachten.

Auch der Text von „Metalwrath“ (von „The Avenger“) fällt etwas aus dem Rahmen.

Ja, der Text ist eigentlich eine Art Witz und nicht hundertprozentig ernst gemeint. Wir wollten HAMMERFALL und die ganze Power Metal Szene durch den Kakao ziehen. Übrigens, eine ganz Menge Leute glauben, dass wir HAMMERFALL und die Typen in der Band hassen. Das stimmt gar nicht. Ich mag nur ihre Musik nicht. Ich mag einfach überhaupt keinen Power Metal. Die Jungs selbst sind eigentlich ganz nett, wir kennen uns auch flüchtig. Aber sie haben eben dieses Image, das wir ein wenig verarschen wollten.

Hast du eigentlich je darüber nachgedacht, ein richtiges Konzeptalbum zu machen? Zum Beispiel die Geschichte einer mythologischen Figur erzählen? Ich denke, mittlerweile könnt ihr verschiedene Aspekte einer Handlung musikalisch umsetzen, schließlich werdet ihr immer vielseitiger. Außerdem habt ihr auf The Crusher mit der Trilogie „Annihilation Of Hammerfest“ – „The Fall Trough Ginnugagap“ – „Releasing Sutur´s Fire“ schon einen Anfang gemacht

Ich hatte mit „Once sent From The Golden Hall“ versucht, eine Art Konzeptalbum zu schreiben. Aber leider hat es nicht funktioniert. Eine Konzept durchzuziehen und eine Geschichte schlüssig zu entwickeln, ist ziemlich kompliziert. Es dauert sehr lange, bis man alle Texte geschrieben hat und dann müssen die einzelnen Themen der Musik, die einzelnen Parts, dazu passen. Am Ende wurde „Once Sent From The Golden Hall“ deshalb ein Album mit einzelnen Songs. Wir haben es einfach nicht geschafft, alle Punkte, die in den Texten vorkommen müssen, unter einen Hut zu bringen. Das Album hätte über 15 Songs beinhalten müssen, um alle Aspekte des Textkonzepts abzudecken. Wir hatten nicht genug Musik dafür.

Auf gewisse Art und Weise gibt es aber hinter Versus The World ein Konzept. Die Texte sind zwar nicht chronologisch miteinender verbunden, doch es gibt ein übergeordnetes Thema: Ragnarök, das Ende der Welt in der nordischen Mythologie. Diese Vorstellung vom Ende der Welt ist die Basis, die einzelnen Songs erzählen Geschichten dazu aus verschiedenen Blickwinkeln. Nicht alle Songs lassen sich diesem übergeordnetem Thema zuschreiben, aber ein roter Faden ist es allemal.

Glaubst du dass die Grundgedanken der nordischen Mythologie, wie eben die Vorstellung vom Ende der Welt und die Entstehung einer neuen Welt aus den Ruinen, heute Gültigkeit haben?

Oh…weiß nicht genau. Allgemein gesprochen glaube ich aber sehr wohl, dass man bestimmte Aspekte der Mythologie auf unser heutiges Leben übertragen kann. Die Götter sind für mich keine Lebewesen, die irgendwo da oben im Himmel leben. Ich sehe sie als Symbole für das, was uns zum Menschen macht. Odin steht für Weisheit, Thor für Mut und Stärke, Loki für Neid, Unheil und Betrug. Alle diese Charaktermerkmale zusammengenommen machen die Wesenszüge des Menschen aus. Für mich ist die nordische Mythologie eher eine Lebensphilosophie. Ich glaube nicht an das Schicksal, ich glaube, dass jeder sein Schicksal selbst bestimmen kann.

Das kann man ja auch aus den Texten rauslesen…

Steht auf, du bist jemand! Kämpfe für das, woran du glaubst und kämpfe für das, was du für richtig hältst. Darum geht es eigentlich – ich freue mich immer wenn das jemand bemerkt. Eigentlich schreibe ich für mich und hoffe, dass andere Spaß an den Texten haben. Ich habe keinen Einfluss darauf, ob jemand versteht, um was es mir geht.

Andererseits bedienst du in den Texten gleichzeitig so ziemlich alle Klischees über Wikinger-Krieger, oder?

Ja, damit hast du sicher Recht. Ich kämpfe da auch immer mit mir. Ich habe schon recht oft das Gefühl, das ich einen Text nicht verwenden kann, da er einfach viel zu klischeelastig ist. Tja, aber was will ich machen? Ich bemühe mich wirklich, vernünftige Texte zu schreiben, die interessant sind.

Neu war die Erfahrung im Berno Studio aufzunehmen, statt wie bislang in eurem Haus- und Hofstudio Abyss. Peter Tägtgren arbeitet nicht mehr als Produzent. War es schwierig für euch, alte Gewohnheiten aufzugeben?

Wir hätten früher oder später sowieso das Studio wechseln müssen; nicht weil wir mit Peters Arbeit nicht zufrieden gewesen wären, er hat immer sehr gut gearbeitet. Aber wir sind an einem Punkt unserer Karriere angelangt, an dem wir frische, neue Ideen und neuen Input brauchen – bezogen auf die Produktion. Peters Entscheidung, nicht mehr als Produzent zu arbeiten, kam uns gerade recht – da sie zum richtigen Zeitpunkt kam. Mit The Crusher haben wir eine neue Stufe in unserer Karriere erreicht. Wir wollten einfach professioneller werden, also musste das nächste Alben besser produziert werden. Ein neues Studio, neue Leute – das hat uns schon weitergeholfen. Allerdings haben wir mit Aufnahmestudios auch schon schlechte Erfahrungen gemacht, deshalb waren wir ziemlich nervös, als wir erfahren haben, dass wir Versus The World nicht in den Abyss Studios aufnehmen werden können.

Du spielst auf die Sunlight Studios an

Oh, das war wirklich Scheiße damals… Thomas Skogsberg war einzig und allein daran interessiert, Geld zu verdienen. Das Ergebnis der Aufnahmen ging ihm sonst wo vorbei. So klang das Album dann auch und so mussten wir „Once Sent From The Golden Hall“ noch mal im Abyss aufnehmen.

Wo wir gerade bei schlechtem Sound sind: Das „Thor Arise“ Demo wurde nie veröffentlicht, weil der Sound zu schlecht war. Jetzt wird es aber doch zusammen mit anderem Bonus Material mit der Viking Edition von Versus The World veröffentlicht. Habt ihr es neu aufgenommen?

Die „Thor Arise“ Stücke sind vom Originaltape. Diese Viking Edition ist so etwas wie eine „10 Jahre AMON AMARTH Box“, mit ein paar Extras, ein paar Geschenken von uns an die Fans. Als wir die alten Sachen durchgingen, da waren ganze Stapel von alten Bildern und das „The Arrival of Fimbul Winter“-Demo, haben wir auch das Originaltape von „Thor Arise“ gefunden. Wir dachten eigentlich, es sei verloren gegangen. Als es dann plötzlich wieder aufgetaucht ist, haben wir ganz spontan beschlossen, es mit auf die Bonus CD zu packen.

Ich meine, wir waren damals sehr jung, wir hatten noch nie ein Studio von innen gesehenen, hatten gerade mal drei Tage Zeit. Wir arbeiteten mit einem Produzenten, der noch nie etwas mit Death Metal zu tun hatte – perfekte Voraussetzungen für eine Katastrophe!

Ich glaube, Fans werden ihren Spaß an diesen Aufnahmen haben. Interesse an den Aufnahmen besteht, wir wurden ständig gefragt, ob wie die Aufnahmen nicht veröffentlichen wollen. Das war aber nicht möglich, da wir ja das Tape verschlampt hatten. Nachdem wir es wiedergefunden haben, spricht nichts dagegen, es unters Volk zu bringen.

Ich freu mich jedenfalls drauf, zumal AMON AMARTH nicht zu den Bands gehören, die die Vergangenheit ausblenden. Der ein oder andere alte Song rutscht immer in die Setlist, zumindest bei Headlinershows.

Ja, wir versuchen schon, alte Songs zu spielen. Mittlerweile ist es aber verdammt schwierig, eine Setlist zusammenzustellen, mit der wir alle zufrieden sind. Wir haben jedes Mal einen Riesenkrach, wenn es darum geht, Songs auszuwählen. Ich würde gerne bei jeden Konzert alte Tracks spielen, aber die Spielzeit ist eben begrenzt. Meistens fliegen die alten Songs raus. Man muss halt Kompromisse eingehen.

Wir haben, wenn ich mich recht erinnere, bei den No Mercy Festivals nach der Veröffentlichung von The Crusher „Victorious March“ nicht gespielt, könnte aber auch bei den Christmas Massaker Gigs gewesen sein, ich weiß es nicht mehr. Die Fans waren damals alles andere als begeistert, wir mussten uns eine Menge Bullshit anhören, haha.

Was war es eigentlich für ein Gefühl, nach all den Jahren die alten Demotapes wieder anzuhören?

Nachdem wir uns das „Thor Arise“ Demo angehört hatten, haben wir uns kollektiv weggelacht. Wir haben uns gefragt, ob es sich damals wirklich SO angehört hat, wenn wir Musik gemacht haben… ehrlich gesagt, der Sound ist grausam, aber so klangen die Songs in der Aufnahmequalität damals eben. Mir sind die Aufnahmen nicht peinlich, ich finde sie eigentlich sogar ganz cool. Man muss sich eben auch vor Augen halten, dass wir damals blutige Anfänger waren. Ich will nichts schönreden, aber an den Aufnahmen kann man auch erkennen, wie sehr wir uns vom ersten zum zweiten Demo verbessert haben. Es gibt nichts, für das wir uns schämen müssen. Außer vielleicht das BLACK SABBATH Cover – dafür sollte ich mich vielleicht bei der Band entschuldigen (lacht). Es tut mir leid!

AMON AMARTH sind eine unglaublich Fan-nahe Band, egal ob bei Festivals oder Hallengigs, die Chancen, euch nach der Show mitten im Publikum zu treffen, sind immer ziemlich gut.

Es macht doch viel mehr Spaß mit normalen Leuten abzuhängen. Auf dieses verlogene, gegenseitige Bewunderung von Bands untereinander kann ich verzichten. „Ihr wart großartig. Nein, ihr wart großartig“ – dieses Gewäsch gehört zum Business. Aber ich unterhalte mich eben lieber mit Fans, mit den Typen, die unsere Platten kaufen, unsere Shirts tragen, zu unseren Shows kommen. Ein Bier schmeckt besser, wenn du mit ehrlichen Menschen anstoßen kannst.

Wo wir beim Thema sind: Es gibt eine Sache, auf die ich bislang vergeblich gewartet habe – ein AMON AMARTH Sauflied…

(donnerndes Gelächter). Ich weiß nicht… „The Last Of Pagan Blood“ geht vielleicht in die Richtung, aber… Mir sind halt nie gute Texte eingefallen. Probiert habe ich es nämlich schon ein paar Mal! Bislang hat es einfach nicht hingehauen – aber wer weiß, vielleicht gelingt es mir ja doch irgendwann.

Gut, dann erzähle einstweilen doch bitte die Geschichte um El Domino!

El Domino… (lacht den Zeiger des Aufnahmegeräts weit aus dem roten Bereich und beruhigt sich nur sehr langsam). Wir waren auf Tour für die No Mercy Festivals. Im Hamburg hatten wir einen Grund gefunden, uns die Lichter auszuschießen – ich bin nicht sicher, ob es die letzte Show war oder ob es einen anderen Grund gab. Wie auch immer, wir fingen recht früh an, Party zu machen und waren recht schnell rotzvoll. Plötzlich war Oli verschwunden, wie von Erdboden verschluckt, was mich aber nicht weiter interessierte. VADER hatten geraden angefangen zu spielen, ich hatte kein Bier mehr. Also machte ich mich auf und wankte zum Backstagebereich. Dort sah ich etwas Seltsames: Auf der kleinen Treppe, die dort nach unten führte, stand Oli. Stocksteif. Regungslos. Wie ein Pfosten. Ich dachte mir nix dabei, ging an ihm vorbei, holte mein Bier und ging zurück, VADER anschauen. Als ich zurückkam, war der Anblick noch seltsamer: Unten lag einen ganzer Haufen Menschen, ein riesiges Durcheinander von Armen und Beinen. Es stellte sich dann heraus, dass Oli wohl im Stehen eingeschlafen sein musste und plötzlich die Treppe runterfiel. Blöderweise waren genau zu dem Zeitpunkt mehrere Leute auf der schmalen Treppe unterwegs. Er hat einfach alle mit nach unten gerissen. Du kennst diese Domino-Spielereien? Oli hat davon wohl nichts mitbekommen, er lag da unten und schlief ganz friedlich. Aber das ist typisch für ihn – der pennt an den unmöglichsten Stellen ein.

Jetzt hätte ich noch ein paar Standardfragen an Dich. Welche drei Platten liefen bei dir in den letzten paar Wochen am häufigsten?

ENTOMBED – Morning Star

W.A.S.P. – Dying For The World

SLAYER – Seasons in the abyss

Ist dir bei einem Auftritt mal was lustiges passiert?

Zu unseren Demo-Zeiten haben wir in einem kleinen Club in der Nähe von Stockholm gespielt, alle unsere Freunde waren da, war schließlich ein Heimspiel für uns. Es war eine einzige große Party, denn wir mussten nur unseren Krempel zusammenpacken und ein paar Häuser weiter ziehen. Keine lange Anfahrt, kein Stress – kurzum, Bier trinken war angesagt. Es waren alle besoffen, bis auf mich, denn ich musste leider fahren. Irgendwer musste schließlich das Equipment zurückbringen – das ist auch der Grund, warum ich mich so gut an die Geschichte erinnere. Als wir dann endlich auf der Bühne standen, war ein Kumpel von uns bereits so hinüber, das er wohl gar nicht merkte, dass wir mitten im Set waren. Nun, die Bühne war nur 10 Zentimeter höher als der Rest von Club, also latsche er auf die Bühne, legte den Arm um mich und lallte „Hey Mann, wassnhierlos?! LassunseinBiertrinkengehn!“ oder so was, man konnte ihn nicht mehr allzu gut verstehen. Ich versuchte ihn elegant loszuwerden, er ließ sich aber weder von mir noch von den anderen beirren und stapfte munter durch das Schlagzeug, riss ein paar Becken um, walzte über die Gitarreneffektgeräte am Boden und stolperte über Monitorboxen. Schließlich mussten wir den Song abbrechen, ihn zurück ins Publikum verfrachten und konnten dann weiterspielen. Nachdem wir uns beruhigt hatten – es war ein Heidenspaß.

Und nun noch… Der Lauschangriff:

MANOWAR –Valhalla (Into Glory Ride)

(nach höchstens sieben Tönen) OK, das sind MANOWAR. Von der „Hail To England“? Das ist „Valhalla“ – also von „Into Glory Ride.“ Wie gesagt, ich bin mit MANOWAR groß geworden, ich mag die Band!

Dürfen Amis einen Song über Valhalla schreiben?

Hahahaha. Ich meine, wenn sie sich danach fühlen, warum denn nicht? (kichert) Wenn sie meinen, das sie dazu stehen können! Ich frage mich halt nur, wie sie drauf kommen – eigentlich dachte ich immer, sie stehen eher auf Italien. Ich meine, wenn man als Kind mit MANOWAR in Berührung kommt, dann findet man die Band total cool. Mittlerweile habe ich der Band gegenüber eher nostalgische Gefühle, als dass ich die sie wirklich gut finde.

HELHEIM – Åsgårdsreien (Blod Og Ild)

Singt der in deutsch?

Ähm, nö. Das ist schwedisch.

Oh. Ich habe das noch nie in meinem Leben gehört. Ich würde ja auf UNLEASHED tippen aber dafür ist zuviel Rock n´ Roll in dem Song. (Nach der Auflösung) HELHEIM? Von denen habe ich noch nie etwas gehört – schade eigentlich, denn das klang gut!

BLACK SABBATH – Valhalla (Tyr)

(einigermaßen fassungslos) Das kenne ich auch nicht. Obwohl, warte. Ähm… keine Ahnung.

(etwas später) Das sind Black Sabbath?! Muss ein Album sein, das ich nicht habe. BLACK SABBATH ohne Ozzy haben mich nie groß interessiert. Das ist nicht die Musik, die ich mit BLACK SABBATH verbinde, die alten Alben sind großartig, aber das.. Den Song „Headless Cross“ vom nächsten Album finde ich aber wieder ganz cool. Doch das ist gewöhnlicher Hardrock, ein wenig zu billig. Ha – aber ich habe dein Prinzip durchschaut. Du hast nur Songs mit Titeln wie „Valhalla“ ausgesucht! Wikingermusik, nicht wahr?

NECROPHOBIC – Roots of Heldrasil (Bloodhymns)

Keine Ahnung. ENSLAVED? Dafür ist der Song fast zu langsam. Also wohl eher nicht… Ach, das sind NECROPHOBIC? Ich kenne das neue Album nicht, aber der Song klingt verdammt gut!

BLIND GUARDIAN – Valhalla (Follow The Blind)

(Strinrunzeln, das sich langsam in einen Ausdruck intensiven Leidens verwandelt) Das ist echt schwer. Ich kenne diesen Song nicht. Das einzige, was mir spontan dazu einfällt, ist RUNNING WILD. Oder alte HELLOWEEN? Der Song muss sehr alt sein. (macht ein Zahnschmerzengesicht) Viel bleibt jetzt nicht mehr, also müssten es BLIND GUARDIAN sein. Das ist nicht meine Musik!!! Überhaupt nicht!

THYRFING – Mjölnir (Urkraft)

Kenne ich auch nicht. Aber das ist ein sehr guter Song. Keine Ahnung….

Das sind THYFING.

Oh, gut, dass ich endlich mal einen Song von ihnen höre! Ich wollte da schon immer mal reinhören, auch weil mir jeder, wirklich jeder, erzählt, dass das neue Album so gut sein soll. Aber das gefällt mir, wirklich. Zuerst dachte ich es seien FINNTROLL, aber das hat was.

UNLEASHED – Into Glory Ride (Where No Life Dwells)

Das ist alt, sehr alt. UNLEASHED. Ein Song von “Where No Life Dwells”. Hey, ich habe was gewusst. Das ist guter, alter Stoff, ich mag die Band.

APOCALYPTICA – Hall Of The Montain King (Cult)

Aha…. Den Part kenne ich, das ist doch von Grieg. Der ganze Song ist von Grieg. Das sind dann wohl APOCALYPTICA. Auch diesen Song habe ich vorher noch nie gehört. Ich denke, dass sich Death Metal und Klassik viel näher stehen, als allgemein angenommen wird. Ich mag Klassik, und diese Interpretation von „Hall Of The Mountain King“ ist sehr, sehr cool… Die Emotionen, die über die Musik transportiert werden, sind in punkto Intensität in der Klassik durchaus mit dem Death Metal vergleichbar. Es passiert viel in klassischen Stücken. Bombast, Melodien, Harmonien, all das findet man in der Klassik, aber auch bei AMON AMARTH, hehe.

BATHORY – Valhalla (Hammerheart)

Ha, das ist einfach. „Valhalla“ von BATHORY. BATHORY haben wohl großen Anteil an der Erfindung von Viking Metal, doch nicht nur das. Meiner Meinung nach, war BATHORY auch eine der ersten Black/Death Metal Bands mit Wikingertexten. Wobei die Bezeichnung Viking Metal eigentlich eher zu Bands wie ENSLAVED passt. Wir haben am Anfang auch gesagt, wir würden Viking Death Metal spielen, mittlerweile bevorzuge ich aber den Ausdruck Death Metal – wir haben zwar Texte, die von Wikingern erzählen, aber im Grunde spielen wir Death Metal.

MORGANA LEFAY – To Isengard (Sanctified)

Klingt nach VENOM. Die sind es aber nicht. Ich habe mal wieder keine Ahnung. MORGANA LEFAY? Auch von denen habe ich kein einziges Album… Wie heißt der Song? Valhalla? Ach, “To Isengard” –Nun, es groovt!

Interview: vampiria

Layout & Live-Pics: boxhamster

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