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HEADBANGERS OPEN AIR 2019: wie immer ein heißes Festival im Metal Garten

Das HEADBANGERS OPEN AIR steht ja unter dem Banner „heiß“, die letzten Jahre war es oft eine Grillparty auch für die Zuschauer selbst. Wo andere weit weg in Urlaub fliegen, folgen die Oldschool Metal-Freaks eher dem Ruf des HOA, um in der Sonne zu schwitzen – wenn es nicht mal wie so oft ein typisch nordisches Unwetter gibt wie letztes Jahr. Dieses Mal bleibt alles trocken und heiß, nicht nur ganz oben im Norden. So fällt die geplante Anreise am Donnerstag aus, Senior-Kater Gandalf ist bei Ü-35 Grad in der Wohnung am Ende, allein lassen keine Option. Zum Glück ist es am Freitag nicht mehr so extrem heiß, das ist ok. Um Hamburg geht wie üblich nicht viel, Stau bei 30 Grad macht auch nicht richtig Spaß. Auf ins Blümchen-Hotel, wobei sich der Blumige Flash in Grenzen hält. Weiße Wände sind auch nicht Metal, nächstes Jahr muss das Flower Power-Zimmer wieder her.

Das HEADBANGERS OPEN AIR präsentiert wieder starke Bands bei tollem Wetter

Freitag, 26.07.2019

Dann ist es recht verspätet Zeit für den Metal-Garten. Wie gewohnt gute Parkmöglichkeiten für Tagesparker, die Ordner entspannt. „Fluchtwege freihalten“, die Jungs denken mit! Umdenken ist dann angesagt, das Zelt ist weg, um sich als Gast anzumelden. Wir sind nicht die einzigen, die suchen, nun steht eine Hütte hinter der Partymeile. Hier kriegen wir noch die letzten Töne mit von CEREBUS aus North Carolina. Man hört bei „She Burns“, dass die Band ordentlich abliefert, das Publikum scheint begeistert zu sein. Auch Sänger Scott Board scheint gut bei Stimme zu sein. Nun denn, bis wir mit Sicherheitscheck im Bühnenhof sind, spielen die warum auch immer unterbewerteten Amis zum Abschluss den Titeltrack ihres einzigen wirklichen Album „Too Late To Pray“ von 1986. Wir schauen in zufriedene Gesichter vor und auf der Bühne, da haben wir offensichtlich einen guten Gig verpasst.

MEDIEVAL STEEL bieten weitaus mehr als ihre Bandhymne „Medieval Steel“

MEDIEVAL STEEL stehen dem in nichts nach. Dabei war gar nicht so recht klar, was da kommt. Die Bandhymne „Medieval Steel“ steht seit 35 Jahren für epischen US-Metal, obwohl die Band aus Memphis nur diese eine EP und ein paar Demos veröffentlicht hat. Erst 2014 gab es zur Reunion den ersten Longplayer. Mit „Battle Beyond The Stars“ von jener EP starten MEDIEVAL STEEL dann auch gleich gut durch. Knarzige Riffs, ein Hauch Epic Metal, der erzählerische Gesang, der immer mal an ROB HALFORD auf den frühen JUDAS PRIEST-Platten denken lässt. Die ersten Minuten reichen, um sich auf den Gig zu freuen. „American War Machine“ vom Longplayer treibt, „Power Surge“ ist herrlich groovig. Die Oldies wie „Warlords“ sind schon eine Ecke kauziger als die neuen Songs. Anfangs machte sich Zweifel breit, die Vocals von Bobby Franklin liegen hier und da ordentlich daneben. Monitorprobleme oder etwas eingerostet? Nun jedenfalls sitzt jeder Ton. Gut für „Man Who Saw Tomorrow“ und das abgefeierte „To Kill A King“.

Auch die Fans sind gut drauf, die mit ihrem Hej-Spielchen so laut werden, dass Franklin überzeugt ist, man würde es bis New York hören. Ein echter Hingucker ist sein grünes Kuscheltuch, dass anscheinend am Mikroständer befestigt ist. Immer wieder ist es zur Hand, um sich den Schweiß abzuwischen. Praktisch, die Farbwahl hingegen wirkt etwas deplatziert. Nächstes mal bringen wir ein zart-rosa Tuch aus dem Blümchen-Hotel mit, das wird ihm gefallen! Die Demo-Sammlung „The Dungeon Tapes“ wird weiter abgearbeitet mit „Eyes Of Fire“ und dem treibenden, zu Recht gefeierten „Lost In The City“. Was die Songs etwas ausbremst ist der recht dünne Gitarrensound, etwas mehr Druck hätte hier gutgetan, Powersongs wie „Thou Shall Not Kill“ hätten dann alles platt gemacht.

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MEDIEVAL STEEL

Bei „Satanic Garden“ darf der blutjunge Basser mal kurz ans Mikro. Der genießt die Show und bringt reichlich Leben auf die Bühne. Bei „The Killing Fields“ killt es auch die Gitarre, die ist weg, der Rest zockt allein den eigentlich melodischen Song, was so natürlich nicht rüber kommt. Mir unklar, warum man dann minutenlang an Kabeln, Tretmienen, sonstwo rumfummeln muss. Findet man den Fehler nicht, dann kann es doch nicht so schwer sein, die Gitarre direkt an den Marschall zu stöpseln. Bei einem eh recht dünnen eigenen Sound wäre jener allenfalls kraftvoller geworden. Nun denn, genug genörgelt, beim anschließenden schnellen „Gods Of Steel“, dem Titelsong vom bald erscheinenden neuen Album, ist er wieder dabei. Keine Frage, dass die Amis die Bühne nicht ohne ihren Hit verlassen dürfen. „Medieval Steel“ kommt durchaus mit Gänsehautflair, auch weil er von sehr vielen mitgesungen wird. Ein starker Gig, der neugierig macht auf das schon so lange angekündigte neue Album.

SANCTUARY haben den passenden neuen Mann am Mikro

Die Spannung bei den Fans ist spürbar und wird auch immer mal ausgesprochen. SANCTUARY ohne den im Dezember 2017 verstorbenen Warrel Dane, kann das funktionieren? Eine große Aufgabe für Joseph Michael (WITHERFALL), so einen charismatischen Sänger zu ersetzen. Um es vorweg zu nehmen: er versucht dies gar nicht erst. Michael kommt sympathisch und selbstbewusst rüber, macht als Typ sein eigenes Ding. Und versucht auch nicht zu sehr, den Songs seinen eigenen Stempel aufzudrücken. Warum auch, die nun sehr zahlreichen Leute vor der Bühne scheinen eh jede Zeile zu kennen. Auch die neuen Songs wie „Arise And Purify“ vom aktuellen Album „The Year The Sun Died“ werden sofort gefeiert wie auch der Nackenbrecher „Frozen“.

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SANCTUARY

Dann geht es zurück nach 1988, das Debüt „Refuge Denied“ wird komplett präsentiert. Und auch hier wird schnell deutlich, warum sich SANCTUARY für Joseph Michael entschieden haben. Er hat eine starke Stimme, trifft jeden Ton, zeigt sich als souveräner Frontmann und kommt freundlich rüber. Da müssen die Kollegen wie Lenny Rutledge, der natürlich mit seinem fantastischen Gitarrenspiel überzeugt, leben, dass sehr viele Leute doch zumeist auf den neuen Sänger schauen. „Battle Angels“ erheben ihre Schwingen, nicht nur die ersten Reihen gehen voll ab. Es folgt Klassiker an Klassiker, „Termination Force“ mit seinem schrägen Mix aus zarten Klängen und thrashiger Raserei. „Die For My Sins“, das True-Metallische „Soldiers Of Steel“ und die Bandhymne „Sanctuary“ sind Songs für die Ewigkeit. Und werden entsprechend abgefeiert. Es wird gesungen, die Luftgitarre geschrubbt, irgendwann darf eine verlassene Luftmatratze Crowdsurfen.

Beim sperrigen „White Rabbit“ gewinnt dann doch die Partymeile, beim stampfigen „Ascencion To Destiny“ verabschieden wir uns Richtung der wieder gut gemischten Essensauswahl, um dem zu erwartenden Rückstau nach SANCTUARY zu entkommen. Es gibt, auch wieder durch die Stände vom HÖRNERFEST, einen bunten Mix wie orientalische Falafel, die vertraute Steinofenpizza, die Ungarischen Langos sind wieder sehr lecker. Auch als Veggie kommt man beim HOA sehr gut durch, super! Neben dem Eisstand und der Kaffeebude gibt es natürlich das übliche Festivalfutter wie Pommes und Gegrilltes. Auch die Auswahl an Getränken ist sehr gut. Hier und da ein Schwätzchen, überraschend viele Leute sind noch unterwegs, der stattfindende starke Gig scheint ihnen nicht wichtig zu sein. Allerdings kann man „The Third War“ und zum Abschluss „Veil Of Disguise“ als Pommes-Soundtrack auch hier sehr gut hören. Und auch das Publikum, dass die Band nicht so einfach gehen lässt. Schnell zurück zur Bühne, so kann man noch „The Year The Sun Died“ und „Future Tense“ erleben und „Taste Revenge“. Schön, dass SANCTUARY das „Into The Mirror Black“-Album nicht vergessen haben. Ein starker Gig von einer starken Band, die auch mit neuem Sänger sicher ihren Weg gehen wird.

EXCITER mischen die Metal-Maniacs gut auf

Die Neugier auf EXCITER hielt sich nach dieser starken Show mit großer Musikalität und komplexen Songs etwas in Grenzen. Dagegen mussten die Kanadier mit ihrem simplen Hau-drauf-Speed Metal erstmal ankommen. Eine längere Umbaupause, als singender Drummer möchte man ja gesehen werden, Dan Beehler bekommt sein Set nach vorn gezogen. Und so rumpeln die Herren mit dem Oldie „Violence And Force“ wild drauflos. Wobei sie gar nicht auf Anhieb so brutal rüberkommen wie sie vielleicht möchten. Denn der Gesamtsound ist nun, sicher auch mit Hinsicht auf die Anwohner in der letzten Stunde des Freitags, merklich reduziert im Vergleich zu SANCTUARY. Muss das Trio halt gegen ankämpfen, was mit Metal-Gassenhauern wie „Stand Up And Fight“ nicht schwerfällt. Das rumpelige „Victims Of Sacrifice“ macht Spaß. Das Set bedient wie erwartet die ersten drei Klassikeralben, verzichtet aber nicht auf Überraschungen.„Saxons Of The Fire“ haben sie z.B. bisher nie live gespielt. Das stampfige „Iron Dogs“ hat Bandkopf Beehler 1982 geschrieben, nachdem er „Mob Rules“ gehört hatte, lässt uns der Drummer wissen.

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EXCITER

Neben dem Drummer und dem heimgekehrten Ur-Basser Allan Johnson beackert noch jemand die Bühne. Der neue Gitarrist Daniel Dekay (AGGRESSOR, MIDNIGHT MALICE), seit letztem Jahr dabei, tut EXCITER gut. Er ist immer unterwegs, bringt Leben auf die Bühne und spielt die Songs sauber und druckvoll. So kommen Oldies wie „Rising Of The Dead“ und der von allen fanatisch abgefeierte Klassiker „Heavy Metal Maniac“ energisch rüber. Ich hab nicht wirklich damit gerechnet, dass mich die Show der Kanadier so mitreißen wird! Wieder gehen alle drumherum ab, es wird gebangt, Hände gen Nachthimmel gereckt, Luftgitarren jaulen, ein paar Frauen … äh … tanzen! Bei „Mistress Of Evil“ hat man irgendwann das Gefühl, dass man seit Stunden das gleiche Drumming hört. Klar, Singen und Trommeln bei solcher Musik, da bleiben die Drums halt gradlinig und simpel. Spätestens bei „Break Down The Walls“, einziger Beitrag vom „Unveiling The Wicked“-Album, wird auch deutlich, dass Beehlers Stimme der Doppelbelastung nicht mehr ewig standhält. Es kratzt und wackelt doch immer mehr, was da aus dem Mikro kommt. Zumal der Song ja einige schrille Screams beinhaltet. Verwirrung: Ist das jetzt der ewig nicht gehörte Oldie „Black Witch“ vom Debüt oder doch ein ganz neuer Song? „Black Mist“ oder so? Egal, kommt gut. Zeit für den Groove-Hammer „Pounding Metal“, der wieder in jedem Winkel des Showgeländes abgefeiert wird. Der eigentlich kurze und sehr kurzweilige Festivaltag zeigt Spuren, beim wilden „Beyond The Gates Of Doom“ zieht es uns nochmal in die Futterecke. Bevor alle gehen machen wir uns vom Acker. Auf dem Weg zum Auto tönt noch ein gefeiertes „Long Live The Loud“ zum Parkplatz, im Vorbeirollen schrammelt noch ein weiterer, sicher letzter Song in die nordische, immer noch viel zu warme Nacht. Auf ins Blümchen-Hotel.

Samstag, 27.07.2019

Dort trifft man neben den beiden Hoteldamen, die total charmant ein wenig von den beiden Opas der Muppets-Show haben, beim Frühstück natürlich wieder einige HOAer, die ebenfalls treu ins Lieblingshotel heimkehren. Auch wenn es sicher gute Shows gab von den Belgischen Speedies BÜTCHER, SEVEN SISTER und DELIVERANCE, so galt das Tagesziel doch hauptsächlich TAD MOROSE. Beim Zug von der Partymeile zur Bühne gibt es die unvermeidbaren, aber ebenso willkommenen Schwätzchen mit alten Bekannten. So wird es nichts, wie geplant noch die letzten Songs von DELIVERANCE mitzunehmen. Was noch so rüber schallt klingt sehr energisch und gut, auch die Leute kommen uns zufrieden entgegen, als wir uns aufmachen zur Bühne.

TAD MOROSE sind wie erwartet richig gut

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TAD MOROSE

TAD MOROSE ist ganz klar die Band beim HOA 2019, auf die ich mich am meisten gefreut habe. Zumal es diesmal keine echte Doomband gibt und die Jungs aus Bollnäs zumindest eine gute Portion Düsterness und Skandinavische Schwerfälligkeit im Sound hat. Wobei sie sich eben damit zurück halten. Erstmal ist der Opener des aktuellen Albums „Chapter X“ angesagt, „I Am Night“ tritt gleich gut Popo. Ebenso energisch geht „Apocalypse“ nach vorn, danach geht die Zeitreise zurück zu früheren Alben. So werden „Revenant“ von 2013 und das 2015er „St. Demonius“ bedient mit dem melodischen „Beneath A Veil Of Crying Souls“ und dem kraftvollen „Remain“, später mit „Black Fire Rising“, „Forlorn“ und dem fleißig mitgesungenen treibenden „Babylon“.

Aber am meisten kriegen mich die Schweden mit ihren Oldies. Das zwischengeschobene „Unwelcome Guest“ von „Modus Vivendi“ bringt bereits zum Zappeln, nochmal neuer „Within A Dream“. Bei „Anubis“ und „No Mercy“ kommen Glücksgefühle auf. Nicht nur bei mir, die Jungs um Ur-Gitarrist Christer „Krunt“ Andersson lässt so keiner gehen. Noch schnell ein kurzes Lied verspricht der Mainman, der knackige Titelsong von „Matters Of The Dark“ wird noch rausgehauen. Ein starker Auftritt von TAD MOROSE, mein HOA 2019 ist gerettet, egal was noch kommt. Und auch wenn ich die Augen doch eher auf den Fingern von Christer hatte, der fast tiefenentspannt dem Treiben vor der Bühne zuschaute, gewinnt auch der Rest der Band. Ronny Hemlin zeigt sich als netter Frontknirps mit sicherer Stimme. Gitarrist Kenneth Jonsson von TORCH und THE CITADELL hat sich super integriert, ebenso wie der auch schon über 10 Jahre hier tätige Basser Tommi Karpanen. Peter Morén sitzt ja schon ewig an den Drums. Klar hätte ich mir den ein oder anderen Oldie aus den doomigeren Frühwerken gewünscht. Aber die Aera mit Urban Breed am Mikro wird komplett ausgeblendet. Müssen nun halt die alten Scheiben mal wieder ran, die Show heute hat als Glücklichmacher gereicht.

THE WIZARDS sind herrlich frisch und knackig

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THE WIZARDS

THE WIZARDS aus dem spanischen Bilboa haben wir bereits bei der Anreise fast überfahren, hier nun lebend auf der Bühne gefallen sie uns gut. Im Vergleich zu den doch oft älteren Herren auf der Bühne des HOA finden wir eine junge, lebhafte Band, die noch frisch genug ist, sich selbst und ihre eigene Musik zu feiern. Spaß haben sie, wir auch mit coolen Rockern wie zum Einstieg „Apocalyptic Weapons“, dem Opener vom 2018er Album „Rise Of The Serpent“ wie auch dem energischen „Destiny“. „Leaving The Past Behind“ klingt wie „Children Of The Grave“ trifft DANZIG, den die Spanier ja bereits mit einer Tribut-Single geehrt haben. Hier und heute gibt es als Tribut mit „Venegance (The Pact)“ eine gelungene Coverversion von BLUE OYSTER CULT. Es gibt „Circle Of Time“ mit schickem 70er Refrain und das bluesige „Age of Man“. Sänger Ian Mason zeigt sich hautfrei und rotzig, ein echter Rock-Freak, dessen Stimme nicht immer ganz sauber, aber dafür mit Leidenschaft rüber kommt. Auch die anderen Jungs hauen einen jetzt nicht um im Vergleich zu den vielen hochklassigen Musikern, die wir auch dieses Jahr wieder auf dieser Bühne sehen. Aber sie haben Spaß, so wie wir vor der Bühne. Es ist unterhaltsam, ihnen zuzuschauen, wie sie mit südländischer Energie über die Bühne wuseln und ihren angenehmen, kurzweiligen Mix aus Classic Rock und Elementen des frühen Doom-Rock präsentieren. So trumpfen THE WIZARDS mit dem zäh-bluesig groovenden „Who Are You, Mr. Gurdjieff“ mit ordentlichem DANZIG-Touch nochmals auf, während wir uns beim knackigen Schlußsong „Stardust“ erneut für ein kleines Päuschen davonschleichen.

HEAVY PETTIN überraschen mit einem kraftvollen Auftritt

HEAVY PETTIN hatte ich mal so gar nicht auf de Schirm. Zwei Tage vor dem Festival lag noch die „Lettin Loose“-Scheibe auf dem Plattenspieler. Produziert im QUEEN-Umfeld war die nett mit ihren kleinen MTV-Hits, boten aber doch eher poppigen, zahnlosen Radio-Rock. So kann man sich täuschen, hier nun liefern die gereiften Herren aus England überraschend kraftvoll ab. „Lost In Love“ ist zwar noch ein eher ruhiger Auftakt, aber einige Leute vor der Bühne sind schon fleißig am feiern. Das treibende „Victims Of The Night“ vom Debüt haut dann aber so energisch von den Brettern, dass die ersten Köpfe geschüttelt werden. Das catchy Popo tretende „Love Times Love“ singen erfreulich viele Leute lautstark mit, zum Ende hin übernehmen sie sogar treffsicher die Backing-Vocals. Vor allem die Songs eben von „Lettin Loose“ kennen und lieben offensichtlich viele im Publikum. Vor der Bühne steht halt eben die Generation, welche die dazugehörenden neuen Videos auf MTV gesehen hatte. Die ein oder andere Haarpracht sah Anfang/Mitte der 80er vor und auf der Bühne anders aus, aber geschmeidige Hair-Rocker wie „Break It Down“, dem Mitsing-Hit „Rock Me“ und dem knackigen „Shout It Out“ funktionieren auch heute noch super.

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HEAVY PETTIN

Dazu trägt auch die Band selbst reichlich bei, dass sie gern hier sind und ihre alten Songs gern präsentieren, das sieht man jedem an. Sänger Steve „Hamie“ Hayman erinnert immer mal wieder etwas an SAXONs Biff, die Kollegen halten nichts von Senioren-Rock und liefern energisch ab. Das melodische „Sole Survivor“ kuschelt sich dann doch etwas an, bevor der größte Bandhit ausgepackt wird. „In And Out Of Love“ wird überall mitgesungen und abgefeiert. Nöö, ich hätte nicht gedacht, dass HEAVY PETTIN so beliebt sind – und live so richtig gut sind! Das belegen sie nochmals mit den Oldies „Rock Ain´t Dead“ und „Hell Is Beautyful“, das als Rausschmeisser ordentlich nach vorne treibt. Da müssen die Herren natürlich nochmal nachlegen, „Throw A Party“ ist angesagt. Ein toller Gig, der wieder mal zeigt, dass auch oder gerade die alten Bands richtig abliefern können. Weil sie selber Spaß daran haben, und das hat man HEAVY PETTIN durchgehend angesehen.

BLAZE BAYLEY begeistert viele mit MAIDEN-Songs

BLAZE BAYLEY macht mir dann etwas Angst. Wenn man IRON MAIDEN bereits auf der allerersten Tour live gesehen hat, oder als sie im Vorprogramm der „Unmasked“-Tour KISS gnadenlos plattgemacht hatten, dann kann man nach PAUL DI`ANNO immer noch gut mit BRUCE DICKINSON leben. Aber die „X-Factor“- und „Virtual XI“-Phase ging komplett an mir vorbei. Wenn ich BLAZE BAYLEY hören wollte, dann hab ich WOLFSBANE gehört. Sehen viele nicht so, die endlose Schlange beim Meet-And-Great belegt das. So schaue ich mir das Spektakel erstmal mit passendem Abstand an, kenne ich überhaupt einen der Songs? Nebenbei fällt mir erstmals das Schild auf! Man darf jetzt ins Bühnengelände Wasserflaschen rein nehmen, sofern sie nicht aus Glas sind. Keine Ahnung, ob das bereits die ganzen Tage galt. Das HOA-Team hat auf die zerrende Hitze reagiert, super!

Reagiert hat auch das Publikum, die Band entert die Bühne mit „Lord Of Flies“ und der Sänger, der im Vergleich zum Terrier-zappeligen Kollegen DICKINSON wie eine grimmige Bulldogge wirkt, wird lautstark empfangen. Erstmal ist „X-Factor“ von ´95 dran, das hoppelige „Sign Of The Cross“ und „Judgement Of Heaven“ werden ordentlich gefeiert. Vor allem bei letzterem geht mindestens die Gitarre gern mal etwas daneben, ganz rund läuft das hier noch nicht. Den Fans scheint es egal zu sein, die haben Spaß. BLAZE BAYLEY zeigt sich da vorne als Kumpeltyp, die Kollegen machen einen ordentlichen, aber auch nicht beeindruckenden Job, werden immer kompakter. MAIDEN-Fanatiker mögen mich verfluchen, ich selbst werde weder mit der Stimme noch mit den Songs so richtig warm. Beim kuschelig-schunkeligen „Fortunes Of War“ wird fast überall freudig getanzt. Jawoll! Den nächsten Song kenne ich! „Virus“, die einzige MAIDEN-Platte, die ich aus der Aera hab. Erinnert mich auch heute noch zumindest bis zum unvermeidbaren Hoppelpart in der Mitte mehr an MEAT LOAF als an IRON MAIDEN. Nett zu hören, dass es den Song abgesehen von der „Best Of The Beast“-Sammlung nur eben als diese Single gibt. Werde ich sie dafür zuhause feiern wie die Leute hier vor der Bühne? Äh… nein!

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BLAZE BAYLEY

Dann ist das zweite Album mit BAYLEY dran, „Virtual XI“ von 1998. „Two Worlds Colide“, tja, meine MAIDEN-Welt und die auf der Bühne passen echt nicht zusammen. „Clansman“ erkenne ich sogar! „The Angel And The Gambler“ bekommt einen recht eigenen Touch. Diese Version gibt es anscheinend dann auch auf einem in Paris aufgenommenen Livealbum, das im Herbst erscheinen soll. Der Song geleitet uns dann vom Platz, Energie sparen für HELSTAR. Da freue ich mich auf jeden Song, dies hier war für mich persönlich nichts, sorry. Die Songs abgesehen von den üblichen MAIDEN-Klischeeparts eher uninteressant, die Vocals unpassend, die Band nicht beeindruckend genug, um mich zu fesseln. Das sehen wie gesagt viele anders, das ist gut so, viele haben ihren Spaß mit BLAZE BAYLEY, den MAIDEN-Songs seiner Ära und mit sich selbst. Dachte ich zumindest, denn der Partyhof ist überraschend voll, erstaunlich viele haben sichtlich wenig Interesse an der stattfindenden Show. So wird überall beim so langsam kleiner werdenden Angebot mit fairen Preisen gefuttert, getrunken und gelabert, da machen wir doch glatt ne Runde mit! Und während es immer wieder Spaß macht, auch von hier noch die gespielten Songs zu erraten, erkenne ich im Gegensatz zu den anderen Bands nicht einen Song. Dafür schallt reichlich Jubel der Fans rüber. Ich gönne ihnen ihren Spaß und leg die Tage lieber mal die WOLFSBANE-EP auf.

HELSTAR räumen mächtig ab

HELSTAR habe ich tatsächlich das letzte Mal vor genau 10 Jahren gesehen, passend auch auf dem HEADBANGERS OPEN AIR. Aber statt das mit mir zu feiern konzentrieren sich die Texaner heute auf ihr 86er Album „Remnants Of War“. Als das Intro dazu läuft ist es vor der Bühne bereits sehr kuschelig gefüllt. Als die Band um Riffmeister Larry Barragan los legt mit dem fast doomigen startenden Titeltrack ist überall Begeisterung zu sehen. Und der Jubel groß, als James Rivera die Bühne betritt und sofort klar macht, dass seine Stimme immer noch ganz groß ist. Der ansonsten ja eher niedlich kleine Sänger hat das Publikum sofort im Griff. Ja, auch er ist 10 Jahre älter geworden, sieht man, hört man aber nicht. Als „Conquest“ los hoppelt sind nicht nur die ersten Reihen am ausrasten. Klasse, mit wie viel Energie die Songs präsentiert werden, es wird gebangt und gezuckt bis weit nach hinten. Es fällt durchaus schwer, sich bei so starken Klassikern des US-Power Metal objektiv auf die Band zu konzentrieren. Es macht Spaß, dem jungen Basser Garrick Smith zuzuschauen, von Drummer Michael Lewis sieht man natürlich nicht viel. Andrew Atwood macht ordentlich Show, aber meine Augen bleiben meistens auf den Fingern von Larry Barragan. Der macht nicht viel Show, aber der Spaß am Gig ist ihm anzusehen, wie der ganzen Band.

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HELSTAR

Und dem Publikum ringsherum. Rivera betont mit Blick in die Gesichter der Fans, dass genau dieser Anblick der Grund ist, warum er dies hier so lange schon macht! „Suicidal Nightmare“ zersägt alles wie auch die „Dark Queen“, überall glühen die Luftgitarren. Als mit dem gefeierten „Angel Of Death“ dieses klasse Album abgearbeitet ist, bleibt natürlich noch Platz für mehr. Bei „The King Is Dead“ vom ebenso fantastischen Folgealbum „A Distant Thunder“-Album ist wieder kollektives Ausrasten angesagt, der sichtlich begeisterte James Rivera schickt Handküsschen ins Publikum. Noch vor dem Ende des Songs werden die „Helstar – Helstar“-Rufe so laut, dass sie fast den Bühnensound übertönen. Jau, die Band räumt wenig überraschend gut ab!

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HELSTAR

Der Sänger zieht Larry Barragan zu sich. „Wir sind nun bereits seit 35 Jahren zusammen! Fühlt sich an wie ein altes Ehepaar. Aber wir sind nicht gay!!!“ Schön dass er Lust auf Scherze hat. Die war den Herren sicher vergangen, als ihre Instrumente auf dem Weg von Italien nach Köln verloren gingen. Dass sie hier nun mit geliehenen Instrumenten spielen, unter anderem kommt der Viersaiter von PARAGONs Basser Jan zum Einsatz, hört man nicht.

Dann machen die Texaner Träume wahr. Der Gedanke macht sich breit, dass ich echt sooo gern mal wieder „Baptized In Blood“ vom „Nosferatu“-Album live hören würde. Und schon legen HELSTAR mit eben dessen feurigen Riff los. Passend steht Rivera nun im Dracula-Umhang auf der Bühne. Angst hat trotzdem keiner, der Mann ist dafür einfach zu sympathisch. Dann schnappt sich Mastermind Barragan sein Handy und macht ein Video von der begeisterten Meute vor der Bühne. „Nur ein Biss und du lebst ewig“ verkündet die Sequenz vom `79er Dracula-Film. Was haben sie dann gespielt? Vergessen, zuviel Euphorie in den Adern, um sich so viel zu merken. Alle jubeln, Rivera betont nochmals, dass genau dies der Grund sei, warum sie so lange schon weitermachen. Gehen lässt sie so keiner, als Abschied gibt es „Run With The Pack“ vom Debüt „Burning Star“. Eine fantastische Show, das sieht man in allen Gesichtern vor und auf der Bühne. Nein, ich warte nicht wieder zehn Jahre, um diese großartige Band wieder live zu sehen!

HEIR APPARENT laden zum Zuhören ein

Auch wenn ich selbst mit TAD MOROSE und eben HELSTAR perfekt bedient wurde, so sind für viele HEIR APPARENT heute das, was gestern SANCTUARY waren. Alle freuen sich drauf, aber niemand weiss so recht, ob sie die hohen Erwartungen erfüllen. Das hört man aus vielen Gesprächen vor der Bühne heraus. Aber es braucht nur ein „Hands Of Destiny“ und alle Fragen sind geklärt. Klasse gespielt, toller Gesang, auch gerade bei den Backings. Hier steht ganz große Musikalität an, Songs zum Zuhören und genießen. Und eben das tut man von den ersten Tönen an. „The Servant“ gibt etwas mehr Gas. Das fantastische „Graceful Inheritance“-Album hatte ich vor dem HOA nicht mehr angehört, eigentlich schon ewig nicht mehr. Da ist es echt erstaunlich, wie präsent diese nun auch schon 33 Jahre alten Songs sofort wieder sind. Aber auch die neueren Songs überzeugen, „Further And Farther“ vom aktuellen „The View from Below“-Album kommt ruhig, intensiv, man muss aufpassen, nicht wegzuträuen. Das wird heute abend sehr oft passieren. „We The People“ vom „One Small Voice“-Album kommt zwar sehr Keyboard-lastig, tritt aber auch gut Popo, das Publikum geht voll mit. Sollte doch der ein oder andere vorher Zweifel gehabt haben, die sind vergessen, alle tänzeln, singen, träumen. Wie auch beim sentimentalen Titeltrack jenes Albums.

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HEIR APPARENT

Man genießt die faszinierende Saitenarbeit der beiden Gründungsmitglieder Terry Alan Gorle an der Gitarre und Derek Peace mit seinem fast jazzigen Bassspiel, bleibt aber immer wieder beim Sänger Will Shaw hängen. Optisch durchaus in jede Sludge-Band passend, kommt aus dem Mann eine so zarte, schöne und in den nötigen Momenten sehr kraftvolle, kratzige Stimme, man mag das kaum glauben. Sei es beim aktuellen „Synthetic Lies“, dem treibenden „Savior“ oder Oldies wie „Masters Of Invasion“, das lautstark vom Publikum mitgesungen wird. Bei „Here We Aren´t“ ist wieder eintauchen angesagt, was für ein schöner, melancholischer Song, was für ein starker Gesang! Gänsehaut! Fast unverschämt reisst einen der Oldie „R.I.P.“ da raus.

Mit „Young Forever“ und dem speedigen Oldie „Dragon´s Lair“ ist abhotten angesagt. Will Shaw meistert die alten Songs super, spielt seine Stimme aber am besten aus bei den Songs vom aktuellen Album, dass er halt selbst eingesungen hat. Das zeigt auch „Man In The Sky“ und das kraftvolle „The Door“. Mit Blick auf die lange Spielzeit kommt bei „Crossing The Border“ der Gedanke auf, die Grenze zu überschreiten rüber zum Partymeile fürs Nachmahl. Nein warte! „Another Candle“! Gänsehaut, da kann ich nicht weg! Das schöne „Insomnia“ entlässt uns dann aber in die Nacht. Den Snack begleitet der Oldie „Keeper Of The Reign“, einige Leute sitzen mit verträumtem oder auch einfach erschöpftem Blick auf den Partybänken. „The Road To Palestine“ geleitet uns zum Auto, ein paar Töne vom Hit „Tear Down The Walls“ verabschieden uns beim Vorbeirollen.

Das HEADBANGERS OPEN AIR war auch 2019 wieder mal richtig gut

Schon auf dem Weg ins Blümchenhotel ist klar, dass dieses HEADBANGERS OPEN AIR wieder mal richtig gut war. Alles hat gepasst, die Bands, das Drumherum, die entspannte Crew, das gute Essen und Getränke zu fairen Preisen. Auch das Wetter hat super mitgespielt, es war sehr warm, aber erträglich wenn man viel im Schatten unter dem Bühnendach stand. Hier und da hätte man sich gewünscht, dass der unter dem Bühnenvordach angebaute Rasensprenger mal loslegt. Der sonst gern mal das HOA aufmischende Regenschauer oder die gewohnten Sturmböhen verschonten uns dieses Jahr. Auf jeden Fall werden sich sehr viele bereits schon auf das nächste HEADBANGERS OPEN AIR freuen, das Gartenfestival im hohen Norden ist und bleibt für die meisten hier eine Pflichtveranstaltung. So wird man die meisten vertrauten und neuen Gesichter sicher auch 2020 hier wieder sehen im Metal-Garten.

Fotos: Anke Braun / vampster.com

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