Als Mitte Juni 2021 die Nachricht über den Tod von Sven Groß über Social Media verbreitet wurde, traf das die eingeschworene Metal-Community hart. Mit dem Ur-Gestein (u.a. FLESHCRAWL) verlor die Szene ein absolutes Bollwerk und vor allem einen Freund. Man kann sich nicht ausmalen, durch welche Hölle Familie, Freunde und Bandkumpanen gehen mussten. Die Truppe CARNAL GHOUL, denen Sven seine einzigartige Stimme für das erste Full-length Album leihen wollte, standen ebenso wie seine Stammband FLESHCRAWL ohne ihren Vokalisten da. Nichtsdestotrotz hat man sich darauf geeinigt, die Arbeiten am Album fertigzustellen, und hat kurzerhand die (inter)nationale Death-Metal-Elite aktiviert, deren Sänger sich hier ein Stelldichein geben (die Details findet ihr am Ende des Reviews in der Tracklist). Dieser großartige Akt der Solidarität zeigt, wie geschlossenen die (Death-)Metal-Community zusammensteht. Die übrigen Bandmitglieder sind logischerweise auch alles Veteranen und sammelten jahrzehntelang Erfahrung in Kapellen wie MILKING THE GOATMACHINE, LAY DOWN ROTTEN, ASPHYX, ROTTEN CASKET etc.
Die pure Old School Essenz
Widmen wir uns der Musik. Nach der EP “The Grotesque Vault” von 2013 meldet man sich 2022 mit elf Titeln unter traurigen Umständen mit “Back from the Vault” eindrucksvoll zurück. Um es gleich vorweg zu nehmen: Mit mehr Herz kann Old School Death Metal nicht dargeboten werden. Es klingt von der ersten bis zur letzten Sekunde wie ein glorreicher Abgesang, bei dem jeder Gastsänger genau das Format von Song geschustert bekommen hat, mit dem er sein Leid und seine Trauer am besten zum Ausdruck bringen kann. Old School durch und durch mäandern die elf Stücke also eindrucksvoll zwischen zähem schleppenden ASPHYXiatischen Doom bis hin zur Schweden-Up-Tempo Keule durch den Totensumpf und hinterlassen vor allem ein heruntergelassenes Kinn. Eben durch die Sängerwechsel bekommt das Scheibchen nicht unbedingt einen Compilation-Vibe sondern viel eher ein Best-Of Feeling aus allen unterschiedlichen (alten) Schulen der Musik, die wir alle so lieben. Wenn Dave Ingram im Opener die “Church of Dead Eyes” beschwört oder Marc Crewe uns zum Schreien auffordert (“Demand you to Scream”, absoluter Knaller), dann atmet das nicht mehr oder weniger als die pure Essenz der späten 90er. Es gibt an keinem Song etwas zu mäkeln: Wenn man die Mucke nicht versteht, versteht man Death Metal vermutlich einfach nicht. Jeder wird für sich in den elf Kompositionen seinen eigenen Liebling entdecken. Nebenbei ist das gesamte Werk gespickt mit Referenzen, Textzeilen und Auszügen aus der Schaffenszeit von FLESHCRAWL – so wird gerne mal “As blood rains from the sky” oder “flesh bloody flesh” skandiert. Das große Finale wird durch die Legende Martin van Drunen eröffnet – “To Always Remember (For Sven…And Other Heroes)” schließt die inhaltliche Klammer. Es gibt einen Hidden Track, der nicht mehr Hidden ist, wenn er im Detail besprochen wird – also unbedingt selbst austesten.
Der Ghoul gehört gehört!
Wenn wir schon beim Thema austesten sind, muss nicht weiter erwähnt werden, dass dieses Stück ein absolutes Kleinod und in seiner Geschichte einmalig ist. Unabhängig vom Setting bietet “Back from the Vault” absolut erstklassigen Old School Death Metal und zählt damit zu den stärksten Releases dieses Genres in 2022 und daran wird man sich erst einmal messen müssen. Zusätzlich wurden alle Aufnahmen aus der eigenen Tasche finanziert und alle Erlöse werden dem Verein SAPV Ostalb gespendet. Ihr könnt mit dem Kauf also noch etwas Gutes tun und euer Karma-Konto aufladen. RIP Sven, du wärst stolz auf dieses Album.
Spielzeit: 45:00 Min.
Veröffentlichungstermin: 20.05.2022
Line-Up:
Daniel Jakobi | Gitarre
Fernando “Ferli” Hermansa | Gitarre
Johannes Pitz | E-Bass
Stefan “Husky” Hüskens | Schlagzeug
Label: Supreme Chaos Records
CARNAL GHOUL “Back From The Vault” Tracklist
1. Church Of Dead Eyes – Dave Ingram (BENEDICTION, ex-BOLT THROWER)
2. In Cold Blood – Lenny Osterhus (ENDSEEKER)
3. Demand You To Scream – Marc Grewe (ex-MORGOTH, INSIDIOUS DISEASE)
4. Death By Fucking Metal – Felix Stass (CREMATORY, STASS)
5. Grandmaster Flesh – Ralf Hauber (REVEL IN FLESH, ROTPIT)
6. Minion – David R. Kreft (SOULBURN, GRACELESS)
7. Backside Of The Hatchet – Jost Kleinert (LAY DOWN ROTTEN, DEMONBREED)
8. Ravenous – Leif Jensen (DEW SCENTED, PHANTOM CORPORATION)
9. Where Death Unfolds – NEKROVAULT
10. Ritual Of Cain – Paul Speckmann (MASTER, DEATHSTRIKE)
11. To Always Remember (For Sven…And Other Heroes) – Martin van Drunen (ASPHYX, ROTTEN CASKET)