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TOMAS BODIN: I AM

"I AM" kann man durchaus als Hörspiel durchgehen lassen. Perfekt, um in den kommenden dunklen Tagen mal wieder unter dem Kopfhörer zu verschwinden.

Wenn Keyboarder eine Soloscheibe machen, kann man sich meistens auf ein ausgefallenes Werk gefasst machen. So auch bei TOMAS BODIN, Tastenmann der schwedischen Progrocker THE FLOWER KINGS, der auf seinem fünften Solowerk in erster Linie eigene Gedanken und Zweifel verarbeitet. Diese Gedanken über philosophische und religiöse Themen, Reinkarnation und letztendlich Selbstfindung packt er in ein Konzept aus drei Songs, die wiederum einzelne Kapitel erzählen. Das lässt natürlich viel Raum, um hemmungslos abzuproggen, auch wenn Bodin sich bemüht hat, sich auch mal in nachvollziehbaren Vers/Refrain-Aufbauten zu bewegen. Trotzdem ist I AM ein waschechtes Progressiv-Album geworden im Sinne der Früh-70iger. Unterstützt wird Bodin dabei von den FLOWER KINGS-Kollegen Jonas Reinhold (Bass) und Drummer Marcus Liliequist sowie Gitarrist Jocke JJ Marsh von der GLENN HUGHES-Band. Die Charaktere vertonen Sänger Anders Jansson sowie Helene Schönning und Tomas Ehefrau Pernilla Bodin, welche natürlich die weiblichen Parts übernehmen.

Die Scheibe beginnt ruhig, lässt aber schnell erkennen, dass der Held der Geschichte von Unsicherheit und Selbstzweifel umwebt wird. Immer wieder tauchen schnellere Parts auf, die an frühe GENESIS oder auch STYX erinnern. Ab der Mitte des Songs wird lebhaft abgejazzt und wild geproggt und so die verwirrte Stimmung übertragen, fällt dann in melancholischer, eigentlich schon depressiver Stimmung zusammen.

Das zweite Kapitel startet wütend und entsprechend rockig, wird dann ruhig und erinnert später, nicht nur durch die ausdrucksstarken Backingvocals, sehr stark an PINK FLOYD. Das ruhigere dritte Kapitel hat ebenfalls einiges von PINK FLOYD, auch frühe SUPERTRAMP klingen gelegentlich durch. Natürlich führt uns auch dieses Kapitel mit lauteren und proggigen Parts durch die Story und somit durch die Emotionen und Gedanken der Hauptfigur. Schöne PINK FLOYD/DIRE STRAITS-Gitarrenmelodien lassen Hoffnung aufkommen. Wird der Held seine Erfüllung und die Antworten auf seine Fragen finden? Hm, das muss man schon selbst rausfinden!

Wenn diese Prog-Oper nur mal nebenbei läuft, bietet sie guten Progrock im klassischen Sinn. Nimmt man sich Zeit für die Story und die musikalische Umsetzung, macht sich nach jedem neuen Durchlauf Begeisterung breit. Bodin fährt, typisch Keyboarder, eine große Bandbreite an Tastensounds auf, von klassischen Hammondorgeln über freakige Spacesounds und Kirchenorgeln bis zu meist sehr ruhigen Pianoklängen ist alles vorhanden, was Freunde von proggigen Keyboards erwarten können. Aber Bodin nimmt sich längst nicht den ganzen Raum, lässt sehr viel Platz für die starken, abwechslungsreichen Gitarren, dem hochinteressanten Bassspiel und das von geraden Groovebeats bis zu frickeligsten Prog-Drums reichende Schlagzeug. Anders Jansson erzählt seine Geschichte spannend und sehr emotional, scheut sich auch nicht, mal verzweifelt und (passend) etwas schräg zu klingen. Die Spannung, die im Studio hin und wieder zwischen Komponist Bodin und Sänger Jansson entstand, fließt effektiv in die Stimmung der Platte ein. Die beiden Damen werten die Vocals weiter auf, erzählen ihren Part ebenfalls intensiv und überzeugend. Auch die Musiker selbst sind begeistert von ihrem Werk, sie haben beschlossen, die als Projekt gedachte Zusammenarbeit als Band weiterzuführen.

I AM kann man durchaus als Hörspiel durchgehen lassen. Perfekt, um in den kommenden dunklen Tagen mal wieder unter dem Kopfhörer zu verschwinden. Leider fehlt dem sauberen Sound etwas die Wärme, welche die frühen 70er Progressiv-Platten ausgezeichnet hatte. Aber das ist auch das einzige Manko, das man auf dieser Scheibe findet. Für Leute, die immer noch gern alte Scheiben von Bands wie alten PINK FLOYD, VAN DER GRAAF GENERATOR oder EMERSON, LAKE & PALMER und Co auflegen oder sich die Nächte um die Ohren schlagen und sich die alten Folgen des Beat-Club bzw. Rockarchiv (Sonntagnacht auf B3/Bayern 3) reinziehen, um alte Prog-Perlen wieder/neu zu entdecken.

Veröffentlichungstermin: 27.06.2005

Spielzeit: 63:26 Min.

Line-Up:
Tomas Bodin – Keyboards

Anders Jansson – Leadvocals

Pernilla Bodin – Vocals

Helene Schönning – Vocals

Jocke J.J. Marsh – Gitarre

Jonas Reingold – Bass

Marcus Liliequist – Schlagzeug

Produziert von Tomas Bodin
Label: InsideOut Music

Homepage: http://www.tomasbodin.com

Email: tomas.bodin@telia.com

Tracklist:
1. I 23:12

I. The beginning

II. Wheel spinner

III. Day by day

IV. Mother`s heart

V. Speeder

VI. They `ll fight for me!

VII. Fighters

VIII. War is over

IX. Aftermath

X. The angel of dreams

XI. The awakening

2. A 21:28

I. Take me home

II. The tree of knowledge

III. The path of decision I

IV. The prayer

V. The path of decision II

VI. Close the deal

VII. The path of decision III

VIII. The tube of reverse

3. M 18:43

I. In the land of retrospect Why/7 days at Kingdom`s Inn

II. Voice macabre

III. Dance macabre

IV. The halls of future

V. The path of light I

VI. The path of light II

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