Wohlgemerkt ist dieses nicht einmal das einzige Projekt von Damián Antón Ojeda – unter dem Alias SADNESS legt er ein ähnliches Tempo vor, aber hier soll es um TRHÄ gehen, und zwar um drei der aktuellsten Alben, zwei im Februar 2025 erschienen, eines Ende 2024, wie alles von ihm für jeweils 1$ digital auf Bandcamp (einige Veröffentlichungen gibt es wohl auch physisch, aber Bandcamp wird der Hauptvertriebsweg sein). Sie teilen sich jeweils das erste Wort, weshalb ich davon ausgehe, dass es sich um eine Trilogie handelt; und es ist eine, die man nicht verpassen sollte.
Denn wie ich beim erstaunten Durchforsten der Diskographie feststellen konnte, bin ich – als hätte es so sein sollen – zum genau richtigen Zeitpunkt auf TRHÄ gestoßen (worden): Der aktuelle Produktionszyklus zeichnet sich nämlich vor allem dadurch aus, dass die Musik sich von den Anfängen des Projekts als mehr oder weniger Tribut an repetitiven Raw Black Metal á la PAYSAGE D’HIVER inzwischen vollständig emanzipiert hat: Hier ist Repetition zwar noch vorhanden und auch der rohe Charakter des Klangs, aber gleichzeitig hat auch eine unverschämte Freude an eingängigen Rhythmen und Hooks Einzug gehalten, und der Klang hat viel mehr Punch als früher, so dass man nicht mehr nur zu träumen und schwelgen vermag mit TRHÄ, sondern auch zu tanzen und zu wüten.
Ausgefeiltes Außerweltliches für Liebhaber des Obskuren
Besonders überzeugend gelingt das auf „∫um’ad∂ejja ∫ervaj“, das schon mit einem punkigen Riff par Excellence startet, dann ins Träumerische übergeht, um schließlich eine Melodie auf die verzückte Hörerschaft loszulassen, die, hat sie sich einmal ins Hirn gefräst, da wochenlang nicht mehr raus geht. Gleiches gilt eigentlich für jedes der Stücke auf dem Album, es gibt immer irgendwo eine Passage, von der man nach wenigen Durchläufen einfach nicht genug bekommt, und vor allem die letzten beiden Stücke sind derart melodisch und euphorisch, dass es wirklich ein Jammer ist, dass man diesen Künstler wohl so schnell nicht damit live auftreten sehen wird. Ja, „∫um’ad∂ejja ∫ervaj“ ist von vorne bis hinten derart geglückt, dass ich eine Zeit lang kaum etwas anderes hören wollte und ich mir sicher bin, dass er mit besserem Marketing damit ganz groß rauskommen würde. Aber gut, ich freue mich auch irgendwie, dass dem (noch?) nicht so ist, denn schließlich ist das hier außerweltliche Feenmusik für Wesen, die zwar wie Menschen aussehen, aber ganz bestimmt keine sind, nicht wahr?!
Die positive Stimmung dieses Albums – an mancher Stelle ist das schon mehr Pop als Metal – ist vermutlich kein Zufall: Vergleicht man die drei Cover der Trilogie, wird schon klar, dass es sich dabei um das hellste handelt, und ich stelle mir vor, dass die Titel (wie alles Verbale an diesem Projekt übrigens in einer eigenen Kunstsprache verfasst) sowas wie „Lieder des Tags“, „Lieder der Nacht“ und „Lieder der Stadt“ bedeuten mögen – es würde von Stimmung und Artwork her sehr gut passen. Musikalisch gemein gemein ist allen drei Werken der hohe Grad an Abwechslung und Verspieltheit: So gibt es Parts zu hören, die ohne verzerrte Gitarre auskommen, es gibt starke Schlagzeug-Fills und nette kleine Variationen beim Spiel der zarten Melodien auf dem Gitarren- oder Synthie-Griffbrett, und nicht zuletzt stimmt es zwar, dass die Melodien viel von Videospiel-Soundtracks haben, aber das mag nur derjenige für einen Makel halten, der damit keine schönen Kindheitserinnerungen verbindet.
Wo nimmt der bloß die ganze Kreativität her, fragt man sich, denn „∫um’ad∂ejja mºoravaj“ ist ebenfalls ziemlich gut (wenn auch nicht so zwingend und süchtig machend wie sein Namensvetter, dafür aber deutlich härter und urbaner), und so fragt man sich unweigerlich, ob der junge Mensch sich und seine Fans nicht ein wenig überfordert, indem er alles, was ihm so einfällt, auch veröffentlicht, aber wenn dabei drei so ausgereifte Alben herauskommen wie eben diese Trilogie sie darstellt – denn auch das zu einem einstündigen Nachtspaziergang einladende „∫um’ad∂ejja cavvaj“ ist wunderschön und durchweg hörenswert, wenngleich noch etwas mehr im älteren, rauheren und sphärischeren Charakter TRHÄs verhaftet -, will ich doch meinen, dass man das eben akzeptieren muss.
Was mich besonders freut: TRHÄ beschränkt sich nicht nur auf Gitarren, Geschrei und Synths, sondern spendiert seinen Stücken anno 2025 gute, hörbare Basslinien – und das Schlagzeug ist offensichtlich echt (auch das eher eine Ausnahmeerscheinung im Bereich der rohen BM-Soloprojekte), so dass die Musik so organisch und lebendig klingt wie die einer DIY-Punk/HC/Black-Metal-Band im Konzertraum deines Lieblings-AZs. Und so kann ich nur jeden Freund und jede Freundin obskurer Musik dazu ermutigen, sich jetzt und sofort mit diesen Werken auseinanderzusetzen, denn vielleicht sind während des Lesens dieser Rezension schon wieder zwanzig neue Lieder erschienen, und irgendwann kommt man ja dann leider doch nicht mehr hinterher.
Da sollte man auch mal ein Lied drüber schreiben.
https://trha.bandcamp.com/music
∫um’ad∂ejja mºoravaj
1. ja qá§mëna ja sjaboj 09:37
2. nu alëca cav ade£ imyejër 10:00
3. qosdëcet 06:27
4. Ahmila 08:30
∫um’ad∂ejja ∫ervaj
1. Alnú£a 11:23
2. Mëcrans ë∫ solahan 05:35
3. ëmhélajudja 07:46
4. teq tër qër’hë 08:42
5. a§d◊ën uva§tgra t‡a pi¶inamëc 10:21
∫um’ad∂ejja cavvaj
1. ah qältak da £ä Kado£ m £ä Nahatlav 10:26
2. li§logen hënajn’ºe 06:58
3. ga Nêbamqevo£ lívër 07:33
4. úbaºh’la den mí¶as absu’jegra desde 10:55
5. uya£¶i enΩë 06:17
6. ◊u∫ancto£∫án 08:19
7. náhfla 10:50