THE EXPERIENCE: Cid: Reflections of a Blue Mind (Eigenproduktion)

Inzwischen, wir schreiben das Jahr 3 nach "The Perfect Element Pt.1" von PAIN OF SALVATION, kann der bemühte Schreiberling sich mit dem Verweis auf jene Götterscheibe eine Stütze bauen, auf der basierend eine Rezension dieses Albums möglich scheint.

Nein, musikalische Bescheidenheit oder gar Konventionalität sind nach wie vor nichts für THE EXPERIENCE. Das mittlerweile dritte Werk der Jungs aus dem Saarland präsentiert sich als Konzeptalbum der besonderen Sorte, die Geschichte von Cid könnte auch ohne Musik problemlos als Kurzgeschichte in ungewöhnlicher Form veröffentlicht werden. Und auch musikalisch hat man die bandeigene Tradition beibehalten, verschiedenste Stile miteinander zu verschmelzen. Prog, Metal, PINK FLOYD, Gothic…die Liste der Einflüsse kann beliebig weitergeführt werden. Beim Vorgängerwerk Insight stellte diese Vielfalt noch ein Problem dar für den Rezensenten, da es nur schwer möglich war, sie in Worte zu kleiden, die den trotz allem homogenen Eindruck deutlich machten. Inzwischen, wir schreiben das Jahr 3 nach The Perfect Element Pt.1 von PAIN OF SALVATION, kann der bemühte Schreiberling sich immerhin mit dem Verweis auf eben jene Götterscheibe eine Stütze bauen, auf der basierend eine Rezension von Cid: Reflections of a Blue Mind möglich scheint. Die Ähnlichkeiten zwischen beiden Alben sind deutlich: Der Stilcocktail ist ähnlich unkonventionell, das Endergebnis ebenso schlüssig, beiden liegt ein interessantes, ungewöhnliches und überzeugendes Textkonzept zugrunde, beide Bands stellen große Melodien und Atmosphäre in den Mittelpunkt ihrer Songs. Und nachdem THE EXPERIENCE dies schon seit dem Erstling Realusion so halten, steht es mir natürlich mehr als fern, ihnen mit dem Vergleich Kopiererei oder Unoriginalität unterstellen zu wollen. Schließlich sind da auch genügend Elemente, die die Band von PAIN OF SALVATION unterscheiden. THE EXPERIENCE gehen ihre Musik konsequenter als Mixtur gleichberechtigter Stile an, während die Schweden doch eindeutig Progmetal als Fundament ihrer Musik gebrauchen. Dann wäre da auch noch Sänger/Gitarrist Roman Biewer, der gesanglich zwar ebenfalls ähnlich wie Daniel Gildenlöw alle Register seiner Stimme durchläuft, um jedem Part die größtmögliche Intensität zu verleihen, der jedoch über ein ganz anderes Timbre verfügt und somit THE EXPERIENCE klar abhebt. Hier und da stößt er an seine Grenzen, wenn seine Stimme zu weinerlich wird, im Großen und Ganzen jedoch verschafft er den Songs ein vollkommen eigenes Gesicht.

Doch genug der Vergleicherei, hin zu Cid im Detail, wenngleich die Fülle an Ideen, Wendungen und zunächst unscheinbar wirkenden Tiefen sich dagegen wehrt, auf ein paar beschreibende Worte reduziert zu werden. Zäumen wir den Gaul von hinten auf: In Vain dürfte wohl als perfekter Abschlusstrack in die Geschichte von THE EXPERIENCE eingehen…bombastischer Refrain, übergehend in eine zarte Flötenmelodie, gefolgt von einer an DAN SWANÖs Moontower-Album erinnernden Seventies-Analogsynthiemelodie großen Kalibers – mehr kann man nicht wollen! Das Outro …that I´m too Proud to Live schließt mit an das Intro gemahnenden Akustikgitarrenakkorden den Rahmen. Vorangegangen sind diesem intensiven, furiosen Finale stampfende Heavysongs wie Gaze, die beweisen, dass man Powermetal durchaus auch anspruchsvoll in Szene setzen könnte, wenn man nur endlich einmal die ewig gleichen HELLOWEEN-Riffs und den an Ödnis nicht zu überbietenden MANOWAR-Beat außen vor ließe (also Achtung, MAJESTY, hört euch diese Platte nicht an, sonst klappt das nicht mehr… 😉 ), epische Songs a la The Timeless, die mit ungewöhnlicher Rhythmik und großen Gefühlen bestechen, und ruhige Balladen, die – vorzüglich bei Resignation zu hören – unter die Haut gehen und statt Stehbluessoundtrack Futter für Herz, Hirn und Seele bieten. All dies haben THE EXPERIENCE in lange dauernder Kleinarbeit in ein musikalisch ausgereiftes, produktionstechnisch makelloses, das Gros der Labelproduktionen locker übertreffendes Klanggewand gepackt, so dass als einziger minimaler Kritikpunkt die gelegentlich bei diesem extrem hohen Maß an Emotionalität und Perfektion nicht mithalten könnenden Vocals von Roman genannt werden kann, wobei dieser dennoch eine solide Leistung bringt und jedem Song voller Hingabe einen eigenen Charakter verleiht.

So bleibt mir nur, mir ernste Sorgen um den Zustand der Ohren der A&Rs aller Labels zu machen – Cid erscheint unverständlicherweise als Eigenproduktion, nachdem die beiden Vorgänger bei AFM herauskamen…ein Schlag ins Gesicht für die Band und der endgültige Beweis, dass Qualität mittlerweile größerem Erfolg nur hinderlich ist – und euch die Bestellung dieser CD ans Herz zu legen, so ihr denn nicht MAJESTY seid…Gerade mal 9.- EURO (!) inkl. P+V gehen an Christian Jost, Bernhardstraße 60, 54295 Trier. Oder ihr holt euch für 16, 17 EURO die nächste Ware von der Stange beim Abzocker eures Vertrauens…

Spielzeit: 66:07 Min.

Line-Up:
Roman Biewer – Gesang, Gitarre
Oliver Schwinn – Gitarre
Tom Diener – Schlagzeug
Carsten Grasmück – Bass
Christian Jost – Keyboards

Produziert von Roman Biewer & Joe Reitz
Label: Eigenproduktion

Homepage: http://www.the-experience.de

Email: mail@the-experience.de

Tracklist:
I Guess…
Gaze
Dear Utopia
The Timeless
Life´s a Record
Now
Atheistic Thoughts
I Am
Short Luck
Versus, the Mighty
All Is Lost
Resignation
The Hidden Door
Magma
In Vain
…that I´m too Proud to Live

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