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STENGAH: Soma Sema

STENGAH aus Lille wurden 2013 von Drummer Eliott gegründet. Der Bandname lässt vermuten, dass die Franzosen MESHUGGAH-Fans sind. Das Album „Nothing“ der verrückten Jungs aus Umeå lief hier kürzlich mit dem Song „Stengah“ drauf. Da wundert es nicht, dass wir hier knallharte Kopfmusik mit der Faust ins Gesicht kriegen. Progressive, abgefahre, aggressive, schöne und zerbrechliche Momente fließen zu schwerer Kost zusammen. Sozusagen ein knuspriges Baguette (in Lille gibt es einen ganz tollen Bäcker!) gefüllt mit Glasscherben und Reißnägeln. Ähnlich unbequem geht es in den Texten zu, es geht zumeist um Selbstfindung, Existenzängste und Glaubensvorstellungen. Soma als das körperliche trifft auf Sema, ein Tanz im Sufismus, eine spirituelle Ausrichtung des Islams. Und so klingt auch die Musik der Franzosen.

STENGAH vertonen auf „Soma Sema“ Selbstfindung, Existenzängste und Glaubensvorstellungen

Ein Intro, sich aufbäumend, man ahnt da kommt was auf uns zu. Eben, „At The Behest Of Origins“, ein wilder Bass, eine Prog-Metal-Abfahrt, dann zerrendes Geschwurbel, das immer wieder in einen fast entspannten Zappelpart übergeht. Um dann wütend auszubrechen. Das vor allem durch den aggressiven Brüllgesang, wenn der Bass und das Keyboardgedingel kurz Ruhe bringen atmet man durch. Da fliegen bei der Grillparty die Würste, aus Geselligkeit wird wilde Pöbelei. Aber für die gemütliche Runde machen STENGAH ihre Songs auch nicht. „Es geht um Menschen, ihre Ängste, ihren Glauben und ihre Philosophien. Wie diese Dinge sie manchmal leiten können, und wie sie sie manchmal blenden können“ sagt die Band dazu. Der fast doomige Auftakt von „Above Humanity“ weicht wieder einem derben Gepöbel, immer wieder muss man gar an CROWBAR denken. Vielleicht deshalb mein Fave auf „Soma Sema“. „Above Inhumanity“ ist eine düstere Träumerei, in einer Zeit, in der man das erreicht, was jenseits des Irrationalen liegt. Ein müder Geist, dem Wahnsinn überlassen, Visionen und Weisheit reduziert auf die schlimmsten Ängste, kämpfend mit der dunkelsten Version von sich selbst.“  sagt Drummer Eliott. Metalcore-Fans tanzen, nicht-Proggies verstehen die wirre Musik nicht. Was die Jungs hier abliefern ist krass, nicht zu extrem, für Musiker ein Fest und für normale Musikfans eine wilde Schlacht aus Takten und Wendungen.

STENGAH bieten auf „Soma Sema“ eine wilde Schlacht aus Takten und Wendungen

Beim Groove-Monster „Swoon“ wird deutlich, dass der Brüllgesang doch einiges kaputt macht und von den zahllosen musikalischen Feinheiten ablenkt. Wenn Nicolas hier einen fast cleanen, rauen Gesang anstimmt, wünscht man sich davon mehr. Man schwingt weiter den Hammer, Prog-Metal trifft auf Post-Metal, mal wird es sludgy, wer mag kann nach den genannten Post-Djent-Anleihen suchen. Im leuchtenden „Lumen“ gibt es gar zum Ende einen richtig schönen Part mit ebenso schönen Vocals. Zumeist geht es aber krachig weiter, derbe Grooves raufen mit spinnigen Takten, wirren Wendungen und progressiven Abfahrten. Bei „The Overman“ trötet dann auch ein Saxophon, da kommt der klassische Progressive Rock dezent durch. Das abschließende „Offering“ könnte fast als Melodic-Death durchgehen, in dem ein Black Metal-Lutin rumkeift.

STENGAH überzeugen musikalisch, die Vocals auf „Soma Sema“ sind auf Dauer zu derb

Musikalisch bekommt man hier eine wilde Dröhnung durch verschiedene extreme Stile, alles immer technisch von Feinsten präsentiert. Einige Songs stechen heraus, andere wirken ein wenig zu logisch auf abgefahren geschrieben. Die Meinung zu den Vocals beruht wie so oft auf dem Geschmack des Zuhörers, mir ist das Gebrüll zu viel. Statt die guten gemäßigten Vocals als besonderes Element einzusetzen, hätte man dieses mit den derben Vocals machen sollen und dem echten Gesang mehr Platz und die Möglichkeit geben sollen, nebenbei auch den Instrumenten genug Raum zu geben. So aber werden gerade auch hoch interessante Instrumentalmomente ins Abseits gebrüllt. Wer jedoch gerade an derben Vocals seine Freude hat, der wird auch hier glücklich. „Soma Sema“ ist ein sehr interessantes Debüt-Album, dass neugierig macht auf mehr. Wenn man denn auf extremen Metal mit extremen Vocals steht.

Veröffentlicht am 18.03.2022

Spielzeit: 48:45 Min.

Lineup:
Nicolas Queste – Vocals
Maxime Delassus – Guitar
Alex Orta – Guitar
Benoit Creteur – Bass
Eliott Williame – Drums

Label: Mascot Records

Homepage: https://www.stengah-music.com

Mehr im Web: https://www.facebook.com/stengahproject

Die Tracklist von “Soma Sema”:

1. Weavering
2. At The Behest Of Origins (Video bei YouTube)
3. Above Humanity (Video bei YouTube)
4. Swoon (Lyrics-Video bei YouTube)
5. Lumen
6. Message In Memories (Audio bei YouTube)
7. Blank Masses Inheritance
8. He And The Sea (Video bei YouTube)
9. The Overman
10. Offering

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