SILBERMOND: Verschwende Deine Zeit

Musikalisch kann man das Ganze vielleicht mit „FARIN URLAUB und Bela B. ficken NENA und hören dabei das neue Album von WIR SIND HELDEN“ umschreiben.

Sicher, man kann dem Hype, der momentan um diese recht junge Band gemacht wird, eher kritisch und argwöhnisch gegenüber stehen. Eine Dokumentation auf SAT 1, eine Tour im Vorprogramm von JEANETTE BIEDERMANN, die Verwendung eines Tracks (Immer am Limit) als offiziellen Song der „Internationalen Deutschen Motorradmeisterschaft 2004“, ein finanzkräftiges Label im Rücken und massives Airplay bei diversen TV-Sendern (z.B. „MTV Select“, „WDR Rockpalast“, „VIVA in School“) rufen natürlich schnell die „Hype“-Polizei auf den Plan. Aber wenn all diese Schreihälse, Nörgler und Miesepeter mal nur eine Sekunde ehrlich zu sich selbst sind, müssten sie sich eingestehen, dass sie all diese Möglichkeiten auch genutzt hätten. Doch so schön all diese Möglichkeiten auch sind, was zählt ist aufm Platz bzw. auf der Bühne oder einem Album. Live konnte ich der Kapelle aus Bautzen in Ostsachsen bereits ein gutes Zeugnis ausstellen – und auch das Debüt dieser recht jungen Band, deren Mitglieder zwischen neunzehn und einundzwanzig Jahre jung sind, kann größtenteils überzeugen. Klar, die Musik soll in erster Linie ein Teenie-Publikum ansprechen, aber was ist daran verwerflich?
Fünfzehn Songs sind zwar vielleicht zwei, drei Songs zuviel, aber größtenteils kann das von der Band selbst komponierte Songmaterial überzeugen. Klar, die eine oder andere Unterstützung durch bekannte Namen gab es schon, denn Leute wie Paul Stanley (KISS) und Nik Page (BLIND PASSENGERS) werden genauso als Co-Komponist bzw. Co-Texter genannt wie Produzent Ingo Politz und BACKYARD-Gitarrist Jörg Weisselberg (übrigens einer der Musiker der Liveband von JEANETTE BIEDERMANN). Musikalisch kann man das Ganze vielleicht mit „FARIN URLAUB und Bela B. ficken NENA und hören dabei das neue Album von WIR SIND HELDEN“ treffend umschreiben, denn so ungefähr klingt die von Ingo Politz und Bernd Wendlandt (u.a. JEANETTE BIEDERMANN, BELL BOOK & CANDLE, ALPHAVILLE) wirklich erstklassig produzierte Scheibe. Neben rockigen Popsongs mit radiotauglichen Refrains (kein Metal, aber trotz eines kräftigen Pop-Einschlags glücklicherweise ohne schwülstigen Touch!) wie „Verschwende Deine Zeit“, „Machs dir selbst“, „Passend gemacht“ und „Wissen was wird“) nutzt die Band um Sängerin Stefanie Kloß, die oft an eine Mischung aus NENA und WIR SIND HELDEN-Sängerin Judith Holofernes erinnert, auch immer wieder mal die Gelegenheit, ein paar eher ruhigere und nachdenklichere Stücke einzubauen („Du und ich“, „An Dich“, „Letzte Bahn“ oder das schönen Streicherklängen veredelte „Symphonie“).

Textlich befassen sich viele Songs grob mit den Themen „Liebe“, „Ungewißheit“, „Partnerschaft“ oder „Sehnsucht“ – Themen, die ja wohl für jede Altergruppe immer und zu jeder Zeit aktuell sein könnten. Glücklicherweise sinkt man hier nicht auf ein „Dr.Sommer“-Niveau und versprüht ansonsten durchaus positive Vibes (z.B. mit „Mach’s dir selbst“ – eine kleine Aufforderung an alle, die ihren Arsch nicht hochkriegen) und macht sich in „A Stückl heile Welt“ mit einem Augenzwinkern über die Werbeindustrie und ihre entsprechenden Slogans lustig. Klar, mit dieser Musik treffen SILBERMOND (ob beabsichtigt oder nicht) den Zeitgeist und die Band wird beweisen müssen, wie gut und standfest sie ist, wenn der Zeitgeist ein anderer ist und TV-Sender und Label das nächste „big thing“ präsentieren. Ein guter, wenn auch etwas durchgestylter Anfang ist auf jeden Fall gemacht.

Veröffentlichungstermin: 12.07.2004

Spielzeit: 54:57 Min.

Line-Up:
Stefanie Kloß (Gesang)

Johannes Stolle (Bass)

Thomas Stolle (Gitarre)

Andreas Nowak (Schlagzeug)

Produziert von Ingo Politz und Bernd Wendlandt
Label: BMG

Homepage: http://www.silbermond.de

Email: stefanie@silbermond.de

Tracklist:
1. Verschwende deine Zeit

2. Machs Dir selbst

3. Durch die Nacht

4. Du und ich

5. An dich

6. Passend gemacht

7. Symphonie

8. 1000 Fragen

9. A Stückl heile Welt

10. Nicht verdient

11. Letzte Bahn

12. 1,2,3

13. Ohne dich

14. Wissen was wird

15. Immer am Limit

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