OCTAVIA SPERATI: Winter Enclosure

Die norwegische Frauencombo gibt auf ihrem Erstling eine atmosphärische Kostprobe ihres im Midtempo gehaltenen Gothic Rock/Metal preis, die zwar angenehm den Weg ins Gehör findet, jedoch mangels Hooklines rascher als erhofft auch wieder auf der gegenüber liegenden Seite Reißaus nimmt.

Norwegen ist sicherlich kein schlechter Boden für atmosphärisch unterkühlte Musik, die sich schleppend vor dem Hörer ausbreitet. OCTAVIA SPERATI kommen aus ebendiesem skandinavischen Land, genauer gesagt aus Bergen, wo es sich anno 2000 zugetragen hat, dass eine Handvoll Freunde das eine oder andere Glas über den Durst getrunken haben und somit in einem Anflug von Extrovertiertheit und Darstellungslust den Startschuss für die Musikerkarriere losgelöst haben. Ja, ja, so sind sie nun mal die wilden Männer, die sich ganz der harten Musik verschreiben und die im übermäßigen Bierkonsum geborenen Ziele verfolgen, wird man denken und sich über diese Blabla-Einleitung wundern. Doch die damaligen Schluckspechte sind in Wahrheit gar keine langhaarigen Bartträger, sondern waschechte Frauen, die sich stilistisch in einer etwas weichgespülten Form des Gothic/Doom Metals versuchen.

Und das machen die Mädels nicht mal schlecht, immerhin wird die gewünschte Stimmung gut zum Ausdruck gebracht, so dass die derzeitig hohen Temperaturen schnell in Vergessenheit geraten und sich innerlich – dem Albumtitel gemäß – relativieren. Die kühle Atmosphäre wird jedoch an manchen Stellen soweit getrieben, dass sie mitunter sogar klinisch unterkühlt wirkt: ein Indiz für eine zu klare Produktion, die dem ohnehin nicht zu harten Sound noch ein paar Kanten wegfeilt. Dass das Album somit schön glatt ist und sich problemlos durch den Gehörgang schlängelt, ist auch ein zweischneidiges Schwert. Denn während Winter Enclosure an sich ein eingängiges Album zum angenehmen Durchhören ist, bleiben kaum besondere Momente hängen, von einem herausstechenden Song ganz zu schweigen. Nahezu alle Tracks wandern im Midtempo vorüber, verwenden einen gängigen Aufbau und verlassen sich auf die primären Soundspuren von Gitarren und Vocals. Das Keyboard als ständiger, alles untermalender Begleiter ist ebenso wichtiger Bestandteil einer Musik, die am ehesten noch mit frühen THE GATHERING und THE THIRD AND THE MORTAL zu vergleichen ist.

Um der Wahrheit die Ehre zu erweisen, muss ich gestehen, dass die Östrogen-geschwängerte Konstellation von OCTAVIA SPERATI neugierig macht und sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch gut vermarkten lässt. Dies geht jedoch Hand in Hand mit der Gefahr, etwaige Kritikpunkte des Albums mit Glaceehandschuhen anzufassen und die mangelnde Härte oder das Fehlen von absoluten Hits abzuschwächen, um im gleichen Atemzug die gute und angenehme Stimme Siljes und die allgemein gelungene Atmosphäre hervorzuheben. Das hat zwar seine Richtigkeit, doch lässt die unbekleidete Hand – quasi die unbeeinflusste Kritikfähigkeit – den Wink erkennen, dass die Norwegerinnen zwar schöne (um nicht das qualitätsmindernde Wort nette zu verwenden) Musik machen, es ihnen aber noch an einem ausgefeilteren und vor allem fesselnden Songwriting fehlt. Und trotzdem, ich finde OCTAVIA SPERATI sympathisch – auch wenn der primäre Grund dafür, in ihrer Geschlechtszugehörigkeit zu finden ist.

Veröffentlichungstermin: 09.05.2005

Spielzeit: 40:41 Min.

Line-Up:
Bodil – Guitar

Gyri – Guitar

Tone – Synth, Keyboards

Silje – Vocal

Trine – Bass

(Kikken – Drums)

Produziert von Herbrand Larsen & Arve Isdal
Label: Candlelight Records

Homepage: http://www.octavia-sperati.com

Email: octavia@octavia-sperati.com

Tracklist:
1. Intro

2. Lifelines Of Depths

3. Soundless

4. Icebound

5. Hymn

6. Hunting Eye

7. Future Is

8. Below Zero

9. Wasted On The Living

10. Without Air (Before)

11. Without Air (After)

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