Anderthalb Jahre nach Episode 1 – A Human Into Dreams´ World steht nun der zweite Teil von Daniele Liveranis GENIUS-Trilogie in den Läden. Das Rezept ist dasselbe geblieben: Prog Metal mit rockigen Mainstream-Einschüben, bekannte Sänger, Texte über eine Traumwelt.
Auf der Instrumentenseite wird Liverani, der nebenher auch noch bei EMPTY TREMOR und KHYMERA zockt, von Schlagzeuger Dario Ciccioni (ebenfalls KHYMERA) unterstützt. Die beiden schaffen zusammen ein dichtes, vielschichtiges Fundament für die jeweilige Gaststimmbänder. Zwischendurch bleibt aber genügend Platz für atemberaubende Breaks und Flitzefingerakrobatik. Wie so oft im Prog Metal-Bereich wirken dabei die komplexen Passagen überzeugender als die geradlinigen Rockteile.
Nach einigen Hördurchgängen stellte ich etwas verblüfft fest, dass Episode 2 durchaus Ähnlichkeit mit DREAM THEATERs Fortsetzungsgeschichte Scenes From A Memory – Metropolis Pt. II hat! Natürlich gibt es musikalisch einige Unterschiede. Statt ausladenden Instrumentalorgien gibt es in fast jedem Song wohldosierte Chöre aus der Kehle von Oliver Hartmann (ex-AT VANCE, EMPTY TREMOR). Dadurch wirkt die Musik dramatischer und auch europäischer. Auf der anderen Seite gibt es wie bei DREAM THEATER ein paar eingestreute balladeske Nummern (My Dear Son, To Be Free). Zudem wird weitgehend auf eine klassische Albumstruktur verzichtet. So erscheinen die einzelnen Tracks nicht zwangsläufig als Opener, Single, Epos, etc.
Den besten Song besten Song hat man sich erneut bis zum Schluss aufgehoben. Nach über einer Stunde netter Unterhaltung laufen die Beteiligten bei Far Away From Here zu Hochform auf. Die Stimmung schwankt zwischen sehnsüchtigem Fernweh beim Refrain und selbstzweifelnder Hoffnungslosigkeit. Und wer könnte das gesanglich besser umsetzen als Daniel Gildenlöw (PAIN OF SALVATION)!? Im Mittelteil gibt es noch einen kurzen Dialog, bei dem Johnny Gioeli (AXEL RUDI PELL, HARDLINE) nach What He Has To Say ein zweites Mal mit Inbrunst den erzürnten König Oddyfer mimt.
König wer!?
Hiermit wären wir beim Konzept der GENIUS-Geschichte angelangt. Genius ist noch immer in der Parallelwelt, in der unsere Träume fabriziert werden. Noch immer hat er Ärger mit deren Herrschern. Zusammen mit seinem Traumzwilling reist er im Laufe des Albums von A über B nach C. Wenn es brenzlig wird, rettet ihn entweder der Zwillingsgeist (Nr. 32 übrigens) via Teleport, oder zeigt ihm Oddyfers Gemahlin Klepsydra eine Geheimtür. Das klingt jetzt wie King`s Quest auf LSD, ich weiß.
Natürlich hat das Thema den Vorteil, dass nicht zum 12345. Mal Schwerter, Feuer und Drachentöter besungen werden. Aber die Handlung kommt eher schleppend voran, und zwischen den einzelnen Tracks gibt es gesprochene Passagen, die bei mehrfachem Hören wirklich ihren Reiz verlieren.
Immerhin wirkt das Songmaterial des zweiten Teils homogener und kommt ohne Totalausfälle daher. Zudem sind sämtliche Gesangsleistungen wirklich erstklassig. Wem die neueren Alben von DREAM THEATER gefallen, sollte somit auf alle Fälle ein Ohr riskieren. GENIUS besitzt natürlich wegen der unterschiedlichen Sänger und dem Fehlen von nichtmetallischen Einflüssen eine andere Atmosphäre. Aber die sperrige Komplexität und die Integration von Rock-Einflüssen sind da und gut umgesetzt worden.
Veröffentlichungstermin: 24.05.2004
Spielzeit: 79:45 Min.
Line-Up:
Daniele Liverani: Gitarre, Bass and Keyboards
Dario Ciccioni: Schlagzeug
Oliver Hartmann: Chöre
Philip Bynoe: Erzähler
Mark Boals (ex-MALMSTEEN, RING OF FIRE): Gesang bei 1,2,7,8,10,11
Daniel Gildenlöw (PAIN OF SALVATION): Gesang bei 1,2,8,11
Russel Allen (SYMPHONY X): Gesang bei 1,3
Edu Falaschi (ANGRA): Gesang bei 2
Jeff Martin (RACER X): Gesang bei 4
Roberto Tiranti (LABYRINTH): Gesang bei 5,7,8,11
Eric Martin (ex-MR. BIG): Gesang bei 6
Johnny Gioeli (AXEL RUDI PELL, HARDLINE): Gesang bei 8,11
Liv Kristine (ex-THEATRE OF TRAGEDY, LEAVES` EYES): Gesang bei 9
Produziert von Daniele Liverani
Label: Frontier Records
Homepage: http://www.geniusrockopera.com
Tracklist:
1. He Will Die
2. Playing In Their Dreams
3. He Won´t Escapte
4. Valley
5. Beware
6. My Dear Son
7. What He Has To Say
8. All My Fault
9. To Be Free
10. Fight Again
11. Far Away From Here