CANDLEMASS: Candlemass

CANDLEMASS haben es richtig gemacht und dem Reunion-Album die Zeit gegeben, die es gebraucht hat. Dabei hat man keine gewollten Experimente eingebaut, aber genauso auch nicht zu verstecken versucht, dass sich die Erde weiter gedreht hat. Und dadurch ist "Candlemass" erneut zeitlos und wird vermutlich in ein paar Jahren als echter Metal-Klassiker gehandelt.

Die Erwartungen gegenüber dem neuen CANDLEMASS-Album sind enorm. Mit Spannung erwartet, aber auch mit Skepsis und Zweckpessimismus. Nach dem Reuniondebakel haben viele Fans Angst, durch das neue Album enttäuscht zu werden, gleichzeitig haben die Vorabinfos die Meßlatte sehr hoch gelegt.

Aber auch als Verfasser des Reviews beschleicht einen eine gewisse Furcht, das neue Album der schwedischen Doom-Götter falsch zu beurteilen. Denn einfach ist diese Aufgabe nicht und um ehrlich zu sein, wäre es mir lieber, Candlemass erst ein paar Jahre reifen zu lassen und es dann erst besprechen zu müssen. Denn ich glaube erst wenn dem neuen Album auch dieser nostalgische Beigeschmack anhaftet, ist eine richtige Beurteilung möglich. Es ist fast, wie bei einem guten Whiskey. Über die Güte des Inhalts ist man sich sicher, dennoch ist man sich bewusst, dass die volle Geschmacksentfaltung erst nach einem jahrelangen Reifeprozess in einem alten Weinfass zur Geltung kommt.

Auch auf die Gefahr hin, dass viele Fans anderer Meinung sein könnten: für mich ist Candlemass ein verdammt starkes Album geworden, das sich vor den ersten vier Alben nicht zu verstecken braucht.

Dennoch benötigt es einmal mehr diverse Durchläufe, bis sich Begeisterung breit macht. Denn eine bloße Kopie der alten Glanztaten ist das Album nicht geworden und das würde ich als sehr positiv werten. Gleichzeitig erkennt man Candlemass aber vom ersten Ton an als hundertprozentiges CANDLEMASS-Album, bei dem man aber kein Werk vollgepackt mit Doom-Gassenhauern wie auf den ersten beiden Alben erwarten sollte. Candlemass funktioniert mehr wie Tales of Creation in seiner Gesamtheit und ist dadurch sehr wuchtig geworden.

Dabei ist der Opener Black Dwarf gleich eine der großen Überraschungen. Wer hätte gedacht, dass CANDLEMASS derart flott und auf die Zwölf durchstarten würden. Kommt einem der Song zunächst fast ein wenig zu simpel gestrickt vor, entwickelt er sich schon nach kurzer Zeit zu einem echten Ohrwurm und Headbanger.

Seven Silver Keys packt dann dagegen die ganz schwere Riffwalze aus und schafft eine düster-bedrohliche Atmosphäre, die sich im Refrain zu einem hymnenhaften Chorus auflöst. Geil auch der Überganz von Refrain- zu Strophenriff, während nach dem Soloteil wunderbar Heaven and Hell zitiert wird.

Assassin of the Light ist ein typischer CANDLEMASS-Midtempo-Stampfer, bei dem der Gesang leicht in Richtung MEMENTO MORI rückt. Ein guter, wenn auch nicht der herausragende Song des Albums.

Copernicus dagegen schon. Mit einem schweren Riff unterlegt von Double-Bass eingeleitet geht der Song über in einen düsteren, schweren Doomer ganz im Stile von Black Sabbath. Im weiteren Verlauf wird Copernicus dann immer vertrackter und die ersten Reminiszenzen an KRUX scheinen durch, was im weiteren Verlauf des Albums noch deutlicher werden soll.

The Man who fell from the Sky hingegen ist ein relativ simpel gestricktes, schleppendes Instrumental, das in erster Linie von seiner Wucht lebt. Hier holt vor allem Jan Lindh mit seinem heftigen Drumbeat einiges raus, insgesamt aber sicher der verzichtbarste Song auf dem Album.

Geheinmisvoll gibt sich zunächst Witches, bei dem zum ersten Mal auch die orientalischen Melodieeinflüsse von CANDLEMASS zum Einsatz kommen. Der Mittelteil des Songs hingegen wird von einem flotteren Riff geprägt, das erneut Erinnerungen an BLACK SABBATH in den 80ern/90ern weckt, um am Ende dann wieder zur Ausgangssituation zurückzukehren.

Bei Born in a Tank fällt die Beschreibung leicht, die Anlehnung an Cry from the Crypt ist überdeutlich. Und genau so funktioniert der Song auch, wobei der Refrain ein ganzes Stück hymnenhafter angelegt ist.

Richtig heftig wird dann wieder Spellbreaker und vor allem durch den Keyboardeinsatz kommt hier die Parallele zu KRUX sehr deutlich. Die Bridge kehrt dann wieder zum klassischen CANDLEMASS-Sound zurück, um im Refrain dann wieder astrein den KRUX-Sound auszupacken. Leif Edling kann sich eben auch nicht vor sich selbst verstecken, herrlicherweise funktioniert dieser Sound aber auch sehr gut im CANDLEMASS-Kontext, Messiah Marcolin fügt sich perfekt in das Gefüge ein und drückt dem ganzen den CANDLEMASS-Stempel auf. Sehr starker Song.

The Day and the Night beginnt erneut bedrohlich düster und beklemmend, von Gitarrenklängen und Gesang getragen, um dann einmal mehr umso wuchtiger in den eigentlichen Song einzusteigen. Eine echter CANDLEMASS-Epos ganz im klassischen Stil.

Abgeschlossen wird Candlemass wie es begonnen hat: ziemlich flott. Mars and Volcanos – der Bonustrack der limitierten Digipack-Auflage – hält nochmals deutlich die Fahne des traditionellen Metals hoch und zeigt, dass der CANDLEMASS-Sound nicht allein von langsamen Doom-Hymnen geprägt ist.

Man sieht: dieses Album deckt viele Fassetten ab und schlägt hervorragend die Brücke zwischen dem Sound, für den die Band geliebt wird und der heutigen Zeit. Candlemass klingt weder verkrampft altbacken, noch unschlüssig modern. Messiah Marcolin zeigt erneut sein ganzes Können, klingt aber auch roher, als auf den alten Scheiben. Dabei schafft er erneut den Spagat zwischen Eingängigkeit und Theatralik spielerisch.

Als Fans sollte man sich an das Album am besten ganz ohne Erwartungen nähern. Denn wie bereits erwähnt erlebt man beim ersten Hördurchlauf kein Aha-Erlebnis, wie das bei den ersten beiden Werken der Fall war. Vielmehr sollte man ganz entspannt dem Album zwei bis drei Durchläufe gönnen, bis man sich gegenseitig ein bisschen vertraut geworden ist, und dann heißt es Anlage aufdrehen und die Wucht voll mitnehmen!

CANDLEMASS haben es meiner Meinung nach jedenfalls richtig gemacht und dem Reunion-Album die Zeit gegeben, die es gebraucht hat. Dabei hat man keine gewollten Experimente eingebaut, aber genauso auch nicht zu verstecken versucht, dass sich die Erde weiter gedreht hat. Und dadurch ist Candlemass erneut zeitlos und wird vermutlich in ein paar Jahren als echter Metal-Klassiker gehandelt. Hoffen wir, dass CANDLEMASS diese Arbeitsweise weiter beibehalten und ihr eigenes Erbe in Würde erhalten.

Veröffentlichungstermin: 02. Mai 2005

Spielzeit: 58:29 Min.

Line-Up:
Messiah Marcolin – Vocals

Leif Edling – Bass

Mats Björkman – Guitars

Lars Johansson – Guitars

Jan Lindh – Drums

Produziert von Leif Edling
Label: Nuclear Blast

Hompage: http://www.candlemass.net

Tracklist:
Black Dwarf

Seven Silver Keys

Assassin Of The Light

Copernicus

The Man Who Fell From The Sky

Witches

Born In A Tank

Spellbreaker

The Day And The Night

Mars and Volcanos (Bonustrack)

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