DRAHDIWABERL & SEXTIGER, Linz (AT), Posthof, 18.01.2007

Die Splatter-Irrsinn-Geschmacklosigkeit-Institution DRAHDIWABERL startete getreu dem Motto "In Linz beginnt´s" ihre Mini-Tour durch vier österreichische Landeshauptstädte im Linzer Posthof.

Die Splatter-Irrsinn-Geschmacklosigkeit-Institution DRAHDIWABERL startete getreu dem Motto In Linz beginnt´s ihre Mini-Tour durch vier österreichische Landeshauptstädte im Linzer Posthof. Geschätzte 300 Besucher folgten dem bizarren Ruf der für ihr Lebenswerk mit einem Amadeus Music Award ausgezeichneten Kabarett-Rock-Band und fanden sich im Großen Saal des Posthofs ein, den sie am Ende versifft und besudelt wieder verließen.

SEXTIGER
Den Auftakt machte jedoch SEXTIGER, quasi ein Spalt-Band DRAHDIWABERLs, die weniger auf das Show-Element, dafür mehr auf den musikalischen Unterhaltungsfaktor setzten. Routiniert spielten die Herren rund um Fronter Chris Bauer, der die Band 1983 gründete, ihr Set herunter, ohne jedoch das Publikum zu Begeisterungsstürmen hinzureißen. Selbst der Anflug von Erotik, den die drei Tänzerinnen zu vermitteln versuchten, blieb von den Gästen unquittiert. Es hatte den Anschein, als wollten sich die Besucher ihre Begeisterung für den Haupt-Act konservieren.

DRAHDIWABERL,
SEXTIGER-Frontmann Chris Bauer hinterließ nicht nur in seiner Band eine gute Figur.

Trotz allem lieferten SEXTIGER kernigen Hard Rock, der mit legerem Groove punkten konnte. Aushängeschild der Band ist jedoch der sprichwörtlich voluminöse Gesang Chris Bauers, der großteils rockig, aber auch kauzig hoch in seinem Element war. Die bestimmt doppelt so junge Magdalena, die ihn stimmlich unterstützen sollte, kam hingegen nur sehr leise zur Geltung.

Setlist SEXTIGER:

Ready To Rock
True Evil
Kill To Survive
Taking Back The Night
Hasse Mich
Shine A Light
Lady Pain
Dance With Me
Riding The Tiger
Power
Headbanger Boogie
Lady In Black
Bad Boys Of Rock ´n´ Roll

DRAHDIWABERL,
Stefan Weber kam ohne Hosen auf die Bühne.

DRAHDIWABERL
Nach dem schwungvollen, jedoch unspektakulären Rock ´n´ Roll war aber Schluss mit lustig und die Show der Ekeleien konnte beginnen. Zuerst aber wurde die Statisten des Konzertabends vorgestellt, sprich die Musiker. Es war das erste und letzte Mal an diesem Abend, dass man den Gitarristen, den Bassisten und den Keyboarder in vollem Scheinwerferlicht zu Gesicht bekam. Und auch sonst spielten sie sich nicht bemerkenswert in den Vordergrund – zu belanglos ist die musikalische Basis, auf der DRAHDIWABERL seine Shows baut. Daher verwundert es auch kaum, dass die drei Instrumentalisten die einzigen Crew-Mitglieder waren, die nicht kostümiert waren. Einzig Schlagzeuger Sigi Meier zog sich eine Masochisten-Maske über und beteiligte sich an der audiovisuellen Show – doch dazu später.

Nachdem also die richtigen Musiker eingezogen waren, trudelten auch die ersten Akteure des DRAHDIWABERL-Ensembles ein, setzten sich auf Bierbänke, tranken Wein und aßen Chips. Und dann endlich betrat auch die Identifikationsfigur der österreichischen Kultband die Bühne: Stefan Weber, ein 60-jähriger Lehrer, der die Band bereits 1969 gegründet hatte. Mit einer Mischung aus gespieltem Hohn und ehrlichem Jubel wurde der Bandleader empfangen, mit Bier beschüttet und angeschimpft – ja, das ist bei DRAHDIWABERL einfach so. Spärlich bekleidet intonierte er sodann den Sitzpinkler, Titeltrack des letzten Albums. Das Publikum ging mit, ließ sich vom ersten Moment an anstecken und wurde mit zerkauten Chips, Wein- und Orangensaft-Duschen belohnt. Stefan Weber demolierte dann noch eine Ananas, dass das Fruchtfleisch flog, und das Publikum johlte vor Vergnügen, endlich so richtig eingesaut zu werden.

DRAHDIWABERL,
Silvia Glauder konnte mit ihrer Performance überzeugen.

Nach dieser ersten Schlacht schien sich der Herr Professor eine kleine Auszeit gönnen zu müssen, weshalb SEXTIGER-Fronter Chris Bauer (jetzt in Kardinals-Kutte) den ebenfalls etwas neueren Song Ich will endlich Papst werden vortrug. Danach kam wieder der als Weihnachtsmann verkleidete Stefan Weber auf die Bühne und performte den Bussi Bär vom 2000er-Album Torte statt Worte. Dazwischen wurde immer wieder die Bühne gekehrt und das ganze schmierige Zeug, das mit Mehl gebunden wurde, landete auf der erwartungsfrohen Menge im Publikum. Wieder etwas besiffter bekam man dann den ebenfalls etwas blassen Song Wundertüte zu hören, der von Harald Huto gesanglich bestimmt wurde. Allgemein fiel auf, dass das neuere Material DRAHDIWABERLs etwas an Biss verloren zu haben scheint. Die mangelnde Originalität wird zwar versucht mit härteren Gitarrenriffs kaschiert zu werden, doch der textlich-musikalische Reiz älterer Nummern ist nicht mehr so groß – wohl deshalb verlagert sich die Band zunehmend auf die theatralische Provokation in Form von optischen Reizimpulsen.

Doch zum Glück kam dann der erste Klassiker, wenngleich Berserker nicht ganz Berserker war, sondern eine kompositorisch flachere Nummer, die dem 1982er-Song ziemlich ähnlich war. Hier kam dann reichlich rote Farbe mit ins Spiel, als die Ensemble-Zombies begannen, die weiblichen Kolleginnen mit allerlei Werkzeug zu malträtieren. Show-mäßig eine coole Nummer – musikalisch eher mau. Eine Trendwende leitete dann Bück Dich ein, wo die dominante Silvia Süvaal Glauder mit ihrer kräftigen Stimme dem beleibten Fußabtreter einheizte.

DRAHDIWABERL,
Ein Lichtblick für kommende Alben: Weltrevolution.

Danach wurde wieder herumgesaut, indem beim Klassiker Sprayback die Spraydosen ausgepackt und das Publikum eingeschäumt wurde. Je dreckiger es dem Publikum ging, desto ausgelassener feuerte es die Band an und schleuderte auch allerlei auf dem Boden aufgelesene Ekeligkeiten auf die Bühne zurück. Die Stimmung blieb auf hohem Niveau, schließlich folgte mit Supersheriff ein weiterer Klassiker, der mit viel Tam-Tam und Wasserpistolen zelebriert wurde.

Sodann war wieder Silvia Glauder an der Reihe, um in Die Unschuld vom Lande ein paar Zombies um sich zu scharen. Ebenfalls aus der Riege neuerer Songs kam Gusch Bush, das vom Amerika-kritischen Publikum mit viel Mitsingbereitschaft aufgenommen wurde, so dass die CIA- und Security-Beamten auf der Bühne jede Menge Gebrauch von ihren mit Platzpatronen und Wasser befüllten Pistolen machten.

Nach diesem Volksaufstand war vorerst Ruhe – nur nicht für einen: Sigi Meier, der Drum-Maniac, der zu einem imposanten Schlagzeug-Solo ansetze und mit allem, was er zur Verfügung hatte, auf die Toms und Becken einschlug – inklusive seinem Kopf. Dem nicht genug folgte er dem Ruf des Publikums und des Scheinwerferlichts, um an vorderster Front vor dem Mikrofon mit den Fäusten auf seine Brust und seinen Kopf zu klopfen. Eine coole Performance, die ansatzlos zum Schmunzeln animierte. Nach dieser Solo-Attraktion durfte wieder die gesamte DRAHDIWABERL-Belegschaft auf die Bühne, um im nagelneuen Song Weltrevolution die Borniertheit abzulegen. Hier zeigte die Band auch musikalisch, dass sie noch nicht zu alt für gute Songs ist. Den Abschluss des Basis-Sets bildete dann ein singfreudiger SEXTIGER mit Heavy Metal Holocaust.

Nach gällenden Pfiffen und vereinzeltem Jubel wankte ein angeschlagener Stefan Weber erneut auf die Bühne, um mit Boring Old Fart seinem Alter Rechnung zu tragen. Das war ihm dann doch zu viel, so dass sich eine Krankenschwester und ein Roadie um den klapprigen, alten Mann kümmern mussten. Doch der von der Bühne Gezerrte ließ nicht locker und setzte zum einzigen Nummer 1-Hit DRAHDIWABERLs an: Lonely animierte nicht nur das Ensemble im Walzertakt mitzutanzen, sondern ließ auch das Publikum lauthals mitsingen. Und als dann zum Abschluss noch der Mulatschag gespielt wurde, war das Publikum ebenso wie die Band völlig außer Rand und Band. Da wurde noch einmal richtig herumgetollt und alte Provokations-Routinen ausgepackt – eine nette Orgie zum Abschluss sozusagen.

DRAHDIWABERL,
Zum Abschluss gab es noch die typische Orgie… so soll es sein.

Danach war Schluss mit Jux und Tollerei. Bühne und Saal glichen einem Schlachthof, der Boden war halsbrecherisch glitschig und die Waschräume hoffnungslos überfüllt von waschwilligen Zuschauern. Das Programm als solches wirkte gut einstudiert, wenngleich man da und dort schon so etwas wie Spontanität vermuten konnte. Musikalisch war zwar nicht alles perfekt und insbesondere so mancher aktuelle Song konnte nicht so begeistern, doch dafür lieferten DRAHDIWABERL ihre typische Show ab, die man sein Lebtag nicht vergessen wird.

DRAHDIWABERL,
Stefan Weber wie er leibt und lebt.

Setlist DRAHDIWABERL:

Sitzpinkler
Ich will endlich Papst werden
Bussi Bär
Wundertüte
Splatterpunk (eigentlich Berserker)
Bück Dich
Sprayback
Supersheriff
Die Unschuld vom Lande
Gusch Bush
Schlagzeugsolo
Weltrevolution
Heavy Metal Holocaust

Zugabe:
Boring Old Fart
Lonely
Mulatschag

Photos: BWLinz

WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner