PRIMORDIAL: The Gathering Wilderness

Vielleicht werden einige anfangs ein kleines Problem mit diesem Album haben, doch wer sich Zeit nimmt und diese Scheibe als Gesamtwerk konsumiert, wird einen Schatz finden, voller ungeschliffener und doch wunderschöner Diamanten.

Irland ist ein Staat, dessen Bevölkerung Tragödien und Leid ebenso gewohnt ist wie Gewalt und die Auswirkungen grober Alkoholexzesse. PRIMORDIAL sind seit jeher die perfekte musikalische Spiegelung dieser Attribute, ließen sich niemals verbiegen, standen seit jeher zu ihren Texten und ihrer Herkunft. Daraus entspringt etwas, das logischerweise mehr ist, als nur Musik. PRIMORDIAL infizieren den Hörer, geben ihm die Möglichkeit die Texte zu erleben und die Musik zu fühlen.

The Gathering Wilderness steht voll und ganz in der Tradition der Scheiben PRIMORDIALs. Voller Leidenschaft werden die vertonten Tragödien dargeboten, inbrünstig und bis zu einem gewissen Grad auch pathetisch, doch niemals übertrieben. Die Ergüsse des irischen Quintetts kommen wie auch schon auf fantastischen Alben wie „Spirit the Earth Aflame und Storm Before Calm aus dem Herz. Dem blutenden Herz. Diesmal herrscht mehr Trauer, Verzweiflung und Stolz als je zuvor, The Gathering Wilderness ist wie ein Theaterstück in sieben Akten, einer ist dunkler als der andere. Diese Erkenntnis kommt bereits beim Titeltrack, der sich langsam aufbaut, der leise und bedrohlich beginnt um sich majestätisch zu erheben und schließlich zusammenzubrechen.

Konsequent sind PRIMORDIAL auf ihrem neuesten Output allemal. Die Black Metal-Passagen wurden auf ein Minimum reduziert und drücken sich nur in gelegentlich eingestreutem Kreischen oder manchen Riffs aus. Die Songs sind melodischer, elegischer, getragener, dadurch steigt auch die Länge an, The Gathering Wilderness und The Coffin Ships kratzen an der 10 Minuten-Grenze, doch das tut den Liedern so unwahrscheinlich gut. Sie können sich aufbauen, langsam Gestalt annehmen, oft läuft ein Schauer über den Rücken des Hörers, nicht weil die Songs so manisch und brutal sind, viel mehr weil eben so wenig und doch so viel passiert. Auf wenigen Teilen und Riffs basierend, im meist gleichen Tempo könnte sich schnell Langweile einschleichen, doch PRIMORDIAL sind geschickt: Der Hintergrund ist vollgepflastert mit Details, im Vordergrund steht neben den lodernden Riffs der hingebungsvolle Gesang des charismatischen A. A. Nemtheanga. Dieser lebt die Texte, blüht auf und man fragt sich ernsthaft, ob dieser Mann nicht beim Theater am besten aufgehoben wäre. Ihm nimmt man jede Rolle ab ohne mit der Wimper zu zucken, garantiert.

The Gathering Wilderness wirkt nicht wenn man es nebenbei hört. Ist man auch nur eine halbe Minute abgelenkt, verliert man unter Umständen den Zugang zu diesem Mammutwerk und verpasst den Anschluss. Irgendwie ist dieses Album arrogant, denn es wirbt nicht um Aufmerksamkeit, denn es weiß genau, dass es diese eines Tages erhalten wird. Klingt komisch, ist aber so, immerhin muss ich gestehen, anfangs enttäuscht gewesen zu sein. Doch nach dem ersten intensiven Hören, nach dem ersten Lesen der Texte, da offenbarte sich mir die große Klasse dieses Albums. Gerade in den Stücken The Gathering Wilderness, End of all Times (Martyrs Fire) und vor allem The Coffin Ships ist das verstehen der Texte unerlässlich. Diese drei Songs verbinden das Feuer, die Leidenschaft und das repräsentierte Leid am besten und stellen die Herzstücke des Albums dar.

PRIMORDIAL ist meiner Meinung nach mit The Gathering Wilderness der große Wurf gelungen: Absolut ehrlich, unfassbar intensiv und äußerst eigen. Die Band erlebt mit diesem Album eine Entwicklung auf textlicher wie auf musikalischer Ebene. Durch den erdigen Sound von Soundguru Billy Anderson wirkt dieses Album viel bodenständiger, als man nach dem ersten Eindruck meinen möchte. PRIMORDIAL, seit jeher eine der wirklich emotionalen Bands der Metalszene, setzen sich mit diesem Album ein Denkmal und reißen jeden Hörer, der gewillt ist dies zu verstehen, gnadenlos mit. Vielleicht werden sogar Fans anfangs ein kleines Problem mit Album Nummer fünf aus dieser irischen Schmiede haben, doch wer sich Zeit nimmt und diese Scheibe als Gesamtwerk konsumiert, der wird einen Schatz finden, voller ungeschliffener und doch wunderschöner Diamanten.

Veröffentlichungstermin: 7. Februar 2004

Spielzeit: 59:32 Min.

Line-Up:
A. A. Nemtheanga – Vocals

Ciaran MacUiliam – Guitar

Michael O´Floinn – Guitar

Paul MacAmlaigh – Bass

Simon O`Laoghaire – Drums

Produziert von Billy Anderson
Label: Metal Blade Records

Homepage: http://www.primordialweb.tk

Email: nemtheanga@hotmail.com

Tracklist:
1. The Golden Spiral

2. The Gathering Wilderness

3. The Song of the Tomb

4. End of all Times (Martyrs Fire)

5. The Coffin Ships

6. Tragedy´s Birth

7. Cities in Carved Stone

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