„Mesopotamian Metal“ – klingt wie eine dieser Bezeichnungen, die sich findige Promoter aus dem Hirn leiern, um einer x-beliebigen Band das gewisse, aufsehenerregende Etwas zu verpassen. Mein Misstrauen war somit vorprogrammiert, zumal im Info auch gleich noch drauf hingewiesen wird, dass die Band ursprünglich aus Jerusalem und Bethlehem stammt und sich die einzelnen Mitglieder mittlerweile über die USA, Frankreich und die Niederlande ausgebreitet haben. Klingt verdächtig nach einem Exotenbonus, hinter dem man sich und seine Songs versteckt.
Eingeweihte werden jetzt wahrscheinlich schon längst laut aufgeschrieen haben, denn mehr Unrecht kann man einer Band mit gesundem Vor-Urteilsvermögen nicht antun. „Sphynx“ ist ein außergewöhnliches Album einer Band, die gar nicht auf verkaufsfördernde Argumente angewiesen sein sollte. Musikalisch bewegen sich MELECHESH zwischen Death, Black und Thrash Metal – doch das ist nur das Fundament der finsteren Katakomben, die in die Songs entführen.
Ein finsteres, kaltes Labyrinth voller unerwarteter Wendungen, verschlungen, unheimlich und doch unwiderstehlich anziehend. Songwriterische Raffinesse wie unvermittelt losstampfende Thrash-Riffs oder lupenreine Gitarrensoli leuchten wie die Augenpaare unheimlicher Tiere aus dem Dickicht der Songs – es sind aber viel zu viele um sich jedem einzeln zu nähern. Mit jedem Song wird man tiefer in einen reißenden Strudel voller Überraschungen gezerrt.
Im Hintergrund hört man undeutliche Beschwörungsrituale, doch das Höllenfeuer der Drums und die keifende Stimme des Sängers reißen mit – immer tiefer hinein in diese majestätische Welt voll finster Geheimnisse. Vergleichbar ist die dichte und gruftkalte Atmosphäre mit der Illusion der unwirklichen Pyramidenkatakomben, wie sie NILE erwecken. MELECHESH verzichten zwar auf beschwörendes Stimmgemurmel und Stimmgewitter, integrieren dafür Elemente der mystischen Musik des Mittelmeerraums und des nahen Ostens sowie traditionelle Instrumente oder Drumpatterns. Dabei verliert die Band nie ihr Ziel aus den Augen, all die exotischen Beigaben dienen nur einen Sache: Die Illusion einer anderen, einer unbekannten und so faszinierenden wie beängstigenden Welt zu schaffen. Statt Krampf bietet „Sphynx“ Songs, die ausgesprochen komplex sind, die aber gleichzeitig auf dieses Ziel hinwirken – und da bleibt kein Raum für atmosphärische Zwischenspiele. Intros oder ähnlichen Ballast brauchen MELECHESH nicht, hier regiert der Knüppel.
Zusätzlich zu den hervorragenden und bis ins kleinste Detail perfekt arrangierten Songs bietet die CD einen umfangreichen Mulitmediapart, in unter anderem das Konzept des „Mesopotamian Metal“, die traditionellen Instrumente und Einflüsse erklärt werden. Eine rundum gelungene CD, die jeden, der sich für Extrem-Metal fernab der üblichen Knüppelorgien interessiert, ans Herz gelegt sei.
Tracklist:
Of Mercury and Mercury
Secrets Of Sumerian Sphynxology
Annunaki´s Golden Thrones
Apkallu Counsel
Tablets Of Fate
Triangular Tattvic Fire
The Arrival Ritual
Incendium Between Mirage And Time
Purifier Of The Stars
Caravans To Ur
Besetzung:
Ashmedi : Gitarre, Vocals
Moloch: Gitarre
Al’Hazred: Bass, Vocals
Proscriptor: Schlagzeug, Percussion, Vocals
Al’Hazred and Ashmedi – Keyboards
Percussive work (Daf, Riqq, Darbukka) by Ashmedi, Moloch
Saz by Moloch
GUEST MUSICIANS:
Backing Vocals auf Apkallu Counsel: Niclas Rudolfsson
Gitarrensolo von Purifier Of The Stars: Andy LaRocque
Spielzeit: 63:06
Label: Osmose Productions
Hompage: http://www.melechesh.com