METALLICA: St. Anger

Eine Scheibe, die mit jedem Hören besser wird und wächst, aber aufgrund der viel zu langen Songs und dem gruseligen Drumsound eben nicht hundertprozentig überzeugen kann…

Lange wurde auf dieses Album gewartet und die Erwartungen und Hoffnungen wurden schon fast ins Unerträgliche geschraubt. Nun liegt es endlich vor, das neue METALLICA-Album „St.Anger“. Studioalbum Nummer Acht mittlerweile. Seit dem im Juli 1983 veröffentlichten Erstling „Kill ’em All“ verfolge ich als Fan (nicht als Fanatiker) den Werdegang dieser Band. Und es gab Alben, die fand ich wirklich geil („Kill ’em all“ – 1983, „Master of Puppets – 1986 und „Load“ – 1996) und Scheiben, die ich für weniger gelungen hielt (“And Justice For All” – 1988, „Metallica“ – 1991, „Reload“ – 1997) – wobei man aber sagen muss, dass der totale Album-Ausfall bisher noch auf sich warten lässt. Auch „St.Anger“ ist kein solcher geworden, obwohl das Album und seine Qualität ähnlich unterschiedliche Resonanzen hervorrufen wird, wie „Load“, „Reload“ oder „Metallica“. Auch ich weiß noch nicht hundertprozentig, was ich von dieser Scheibe halten soll. Es sind wirklich geile Songs zu hören, aber zwei Kritikpunkte treffen für wirklich jeden Song zu. Die Stücke sind erstens zu lang (zwischen 5:13 und 8:44 Minuten), so dass ich mich oft fragte „Jungs, es ist doch alles gesagt, was labert ihr denn noch weiter?“ und zweitens klingt das Schlagzeug wirklich so, als ob Lars Ulrich abwechselnd auf einer Regentonne und einem Kochtopf herumtrommelt. Auf Deutsch: Die Drums klingen „Scheiße“, auch wenn die Band diesen Sound sicherlich gewollt hat. Ein Novum in der Metallica-Diskographie ist, daß alle Songs von „Hetfield, Ulrich, Hammett & Rock“ geschrieben wurden, denn in der Vergangenheit waren es meistens James Hetfield und Lars Ulrich, die die Credits (sicherlich zu Recht) für sich beanspruchten. Doch was hat „St.Anger“ mit seinen elf Songs (75:08 Min.) jetzt zu bieten bzw. nicht zu bieten? Nun, es gibt nicht ein einziges Gitarrensolo und auch eine (Halb-)Ballade ist dieses Mal nicht zu hören. Dafür gibt es jede Menge Breaks und Tempowechsel (weshalb man die Band aber bitte NICHT in die Prog-Schublade stecken sollte) und einen ganz Sack voller Knüppelparts, wie man sie auf einer METALLICA-Scheibe schon lange nicht mehr gehört hat. Ich hab aber leider das Gefühl, dass die Band oft einfach nur hart um der Härte willen agiert und dadurch viele an und für sich gute Song-Ideen durch das Geknüppel zertrümmert (Der Albumschwachpunkt „Shoot me again“ ist für mich so ein Beispiel. Hier klingt der Gesang übrigens streckenweise ähnlich wehleidig, wie man es von Layne Stayley oder Scott Weiland gewohnt war/ist). Doch es gibt auch einige wirklich gute Songs. Da hätten wir das aggressive, relativ straighte „Purify“ (würde auch auf einer MACHINE HEAD-Scheibe nicht unangenehm auffallen…), das mit abwechselnd doomigen und schnellen Parts verschönerte „Some Kind of a Monster“ (hat gitarrentechnisch durchaus was mit PANTERA/DOWN gemein), mit „Dirty Window“ eines der Album-Highlights (ein knallhartes, straightes Stück mit einem sehr interessanten Break nach knapp zwei Minuten und der sehr coolen Textzeile “I´m judge and I´m jury and I´m executioner too”), den Opener „Frantic“, „Sweet Amber“ und „Invisible Kid“, die ebenfalls überzeugen, wenn auch nicht herausragen können. “The Unnamed Feeling“ gehört dagegen nicht zu den kompositorischen Sternstunden der Band, was sicherlich nicht nur an Hetfields an Mike Muir erinnernden Gesang liegen mag. Es ist überhaupt interessant, dass viele Leute aus meinem Freundes- und Bekanntenkreis den einen oder anderen gesanglichen Einfluss rausgehört haben wollen. Das ging von „Hetfield klingt nach Dave Mustaine“ über „Der klingt voll nach Tom Araya“ bis hin zu „Ich dachte, da singt Serj Tankian von SYSTEM OF A DOWN“. Strange, but true. Auch das abschliessende “All within my Hands” klingt mit seinem SYSTEM OF A DOWN-Flair irgendwie noch nicht fertig und etwas orientierungslos. Fazit: James Hetfield und seinen Kollegen gelingt es mit „St.Anger“ zwar (bei weitem) nicht, „Kill ’em all“, „Master of Puppets“ oder „Load“ von meinem ganz persönlichen Siegertreppchen zu stoßen, aber irgendwo knapp dahinter würde ich dieses Album schon einordnen. Nicht auszudenken, wie ich überragend ich dieses Album mit einem anderen Schlagzeug-Sound und in etwa gestraffter Form gefunden hätte. P.S. : Dass Produzent Bob Rock auch den Bass für das Album einspielte, bedeutet gleichzeitig, dass Neuzugang Robert Trujillo, der sich immerhin gegen Konkurrenten wie Twiggy Ramirez (Ex-MARILYN MANSON), Danny Lohner (NINE INCH NAILS) oder Scott Reeder (Ex-KYUSS) durchsetzte, auf diesem Album noch nicht zu hören ist…

Spielzeit: 75:08 Min.

Line-Up:
James Hetfield (Gesang, Gitarre)

Lars Ulrich (Drums)

Kirk Hammett (Gitarre)

Bob Rock (Bass)

Produziert von Bob Rock
Label: Island

Homepage: http://www.metallica.com

Tracklist:
Frantic

St. Anger

Some Kind Of Monster

Dirty Window

Invisible Kid

My World

Shoot Me Again

Sweet Amber

The Unnamed Feeling

Purify

All Within My Hands

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