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END OF GREEN: Songs For A Dying World

END OF GREEN sind das Kratzen des Stricks um den Hals, der letzte Atemzug im eisigen Wasser, der bittere Nachgeschmack der Schlaftabletten, das Rauschen des Windes im Fallen, die trocknende Tinte des Abschiedsbriefes, der stechende Geruch von Kohlenstoffmonoxid, die Gänsehaut am Innenarm, während die Rasierklinge ein letztes Mal auf der noch unversehrten Haut innehält…

END OF GREEN liefern mit Songs For A Dying World endlich das Album ab, das ihren unzähligen intensiven Liveshows voll und ganz gerecht wird. Nicht, dass Infinity und Believe, My Friend schlechte Alben gewesen wären, ganz im Gegenteil. Aber diesmal stimmen auch die Rahmenbedingungen. Der Sound ist glasklar und selbst bei den heftigeren, tiefergestimmten Attacken der drei Gitarristen jederzeit differenziert. Hinzu kommt, dass die Band nicht mehr ganz so extrem zwischen Doom/Gothic und Alternative hin- und herpendelt, sondern die beiden Pole in ein homogenes Klanggewand kleidet, das in seiner Innovativität voll und ganz überzeugt. Und so kommen die zehn Songs voll zur Geltung und verbreiten diese grenzenlose Verzweiflung, wie sie nur END OF GREEN erwecken können. Wo andere Bands mit Suizidgedanken höchstens mal um des Effektes willen kokettieren, stellen END OF GREEN das akustische Pendant zum Kratzen des Stricks um den Hals dar, ihre Musik ist der letzte Atemzug im eisigen Wasser, der bittere Nachgeschmack der Schlaftabletten, das Rauschen des Windes im Fallen, die trocknende Tinte des Abschiedsbriefes, der stechende Geruch von Kohlenstoffmonoxid, die Gänsehaut am Innenarm, während die Rasierklinge ein letztes Mal auf der noch unversehrten Haut innehält…

Unterbrochen wird die pure Depression nur gelegentlich von einem letzten rebellischen Aufbäumen in Form von Everywhere und Motor. Ansonsten regiert pure, in ihrer Reinheit wunderschöne, endlose Verzweiflung. Besonders der elfminütige Höhepunkt I Hate, eine stete Wiederholung schleppender Akkorde und in Selbsthass vergehender Lyrics, ist derart beklemmend, dass die Gänsehaut sich inzwischen eine Dauerkarte für meine Haut gekauft hat. Ihr wollt jemanden davon überzeugen, dass die Sonne nie wieder aufgehen wird? Dass Gott nichts als eine Illusion ist? Dass alles, was einem im Leben etwas bedeutet, lächerlich und sinnlos ist angesichts der absurden Welt, in der wir leben? Dann ist I Hate der Song, der euch als Argument genügen sollte. END OF GREEN bedienen sich nicht der Flucht in Ironie, sondern zeichnen ein schnörkelloses, tiefschwarzes Bild unserer Existenz.

Die Musik der Schwaben wird vor allem durch den Gesang von Michael Huber definiert. Keine Ahnung, was man zu sich nehmen oder erleben muß, um solch eine Stimme zu bekommen, aber sie paßt perfekt zu den finsteren Klängen. Egal, ob er Pete Steele um ein paar Halbtöne unterbietet, desillusioniert in ein Lamento verfällt oder seinen ganzen Frust und Hass herausschreit, immer prägt Hubers Gesang den jeweiligen Song entscheidend. Die Zahl der Gothic Metal-Sänger, die sich sehnlichst nach auch nur einen Bruchteil seines Charismas verzehren, muß immens sein. Der Mann mit der extravaganten Frisur lebt seine Musik und stirbt seine Texte wie kaum ein anderer. Unter seinem Einfluss verliert sogar die bereits auf einem Tributesampler enthaltene Coverversion von TYPE O NEGATIVEs Klassiker Black No.1 den letzten Rest Sarkasmus und wirkt grenzenlos trist – ohne musikalische Tristesse zu verbreiten wohlgemerkt!

Fazit: Wie Huber in Everywhere so ähnlich singt: You can fucking love or hate them. Zwischen bedingungsloser Hingabe an die Musik und völliger Abscheu angesichts der sich auftuenden menschlichen Abgründe ist keine Reaktion auf diese Lieder für eine sterbende Welt möglich. Lasset alle Hoffnung fahren, mit dieser Botschaft entläßt uns die Band zurück in die Realität, und dennoch wage ich es zu hoffen, dass Silverdust der Band endlich das verdiente Podium schafft, das END OF GREEN von den bisherigen Labels verweigert wurde. Ich ziehe meinen Hut vor einem intensiven, fesselnden Meisterwerk.

Veröffentlichungsdatum: 02.04.2002

Spielzeit: 53:40 Min.

Line-Up:
Michael Huber – Gesang, Gitarre

Oliver Merkle – Gitarre

Michael Setzer – Gitarre

Rainer Hampel – Bass

Matthias Siffermann – Schlagzeug
Label: Silverdust Records

Homepage: http://www.endofgreen.de

Tracklist:
Motor

Only One

Death In Veins

I Hate

Astrobastard

Everywhere

Godsick

Mirror

Black No.1

Myra

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