blank

SOILWORK: The Living Infinite

Gitarrist und Songwriter Peter Wichers ist raus und was machen SOILWORK? Ein Doppelalbum.

Was ist nun die größere Überraschung? Dass Gitarrist Peter Wichers im vergangenen Jahr zum zweiten Mal seinen Hut nahm oder dass SOILWORK trotz des Abgangs ihres kreativen Masterminds dennoch genügend Kreativität für ein Doppelalbum aufbringen konnten? Zweifellos Letzteres, möchte man spontan meinen, zumal es die Schweden geschafft haben, den Ansatz des Vorgängers “The Panic Broadcast” marginal angepasst fortzuführen – den Ausstieg Wichers quasi gänzlich vergessen zu machen.

Für diese Leistung ist SOILWORK fraglos Respekt zu zollen, obgleich die feinen Nuancen, die “The Living Infinite” gegenüber dem letzten Werk herausstellen, nicht ausreichen, um von einer sagenhaften Entwicklung zu sprechen. Insbesondere auf der ersten Hälfte des Doppelalbums verfangen sich die Jungs nicht in Experimenten. Vielmehr gilt das Augenmerk der Perfektion eigener Trademarks.

Anfangs zeigen sich SOILWORK noch vergleichsweise konservativ

“Spectrum Of Eternity” und die eingängige Single “This Momentary Bliss” mit ihren gestriegelten Leadgitarren stellen die Qualitäten SOILWORKs in bewährter Weise heraus: Aggressivität mit viel Drive, teils technische Strukturen und kernige Schlagzeugpatterns, bis sich im Refrain Björn Strids vertrauter Klargesang über die füllige Instrumentallandschaft erhebt. Diese ist dicht produziert, wird der zeitgemäßen Interpretation des Melodic Death Metals in jedem Fall gerecht, weist allerdings im Gegenzug kaum Kanten auf. Der moderne Touch ist somit auch im glatten Sound zu spüren.

Einen Störfaktor stellt das aber allein deshalb schon nicht dar, weil sich Drummer Dirk Verbeuren hinter seinen Kesseln die Handgelenke wund und die Felle rissig spielt. Was der Mann aus dem melodiefixierten “Tongue” durch sein engagiertes Schlagzeugspiel herausholt, ist mehr als nur eine Randnotiz wert. Ein Keyboardsolo in “Realm Of The Wasted”, die technische Aggro-Keule “Let The First Wave Rise” sowie das klar gesungene “The Windswept Mercy” sind derweil erste Anzeichen für die Öffnung des eigenen festgefahrenen Stils, die auf der zweiten Disc noch ein wenig forcierter vollzogen wird.

“The Living Infinite” ist ein SOILWORK-Album im XXL-Format

Eine solche kreative Öffnung ist angesichts der zusammenaddierten Spielzeit von nicht ganz 85 Minuten keine Glaubensfrage, sondern geradezu lebenswichtig. Zwar vollzieht sich der Blick über den Tellerrand in geregelten Bahnen, deren separate Innovationen für sich genommen nicht der Rede wert wären. “The Living Infinite” wird durch das Justieren gewisser Stellschrauben dennoch neues Leben eingehaucht – wenngleich das erst aus der Gesamtperspektive in vollem Umfang ersichtlich wird.

Das beschränkt sich nicht auf die rifflastigen Instrumentalstücke, sondern findet bereits im kühlen Albumhighlight “Long Live The Misanthrope” seine Entsprechung, dessen kontrollierte Apathie zwischen emotionalen Ausbrüchen für SOILWORK ganz neue Blickwinkel öffnet. Zwischen dem dynamisch konzipierten “The Living Infinite II”, dem SCAR SYMMETRY-Wink “Parasite Blues” und der Powerballade “Antidotes In Passing”, die im Refrain plötzlich Tempo auf- und an Lautstärke zunimmt, bleibt der zweite Abschnitt dieses Mammutwerks ungeachtet der progressiven Strukturen in erster Linie ein typisches SOILWORK-Album im XXL-Format.

“The Living Infinite” ist auf Augenhöhe mit seinem Vorgänger

Anders als etwa BARONESS, die auf ihrem Doppelalbum “Yellow & Green” jeweils zwei individuelle Bauwerke errichten, setzt SOILWORKs zweite Disc den zuvor begonnenen Turmbau nahtlos fort, verfeinert in späteren Episoden nur die eine oder andere Verzierung. Das macht aus “The Living Infinite” keinen Meilenstein – so hoch reicht die Konstruktion ob einiger wackliger Bausteine Marke “The Living Infinite I” nicht -, etabliert die Skandinavier dafür auf einem Niveau, das gut und gerne auf Augenhöhe mit “The Panic Broadcast” gesehen werden darf. Aber ist dieses Fazit denn in letzter Konsequenz wirklich überraschend? Eigentlich nicht, schließlich mussten die Mannen um Björn Strid schon einmal ohne den guten Herrn Wichers auskommen.

Veröffentlichungstermin: 01.03.2013

Spielzeit: 40:26 / 44:04 Min.

Line-Up:
Björn Strid  – Vocals
David Andersson – Guitar
Sylvain Coudret – Guitar
Sven Karlsson – Keyboards
Ola Flink – Bass
Dirk Verbeuren – Drums

Produziert von Jens Bogren
Label: Nuclear Blast

Homepage: http://www.soilwork.org
Mehr im Netz: http://www.facebook.com/soilwork

SOILWORK “The Living Infinite” Tracklist

Disc 1

01. Spectrum Of Eternity (Video bei YouTube)
02. Memories Confined
03. This Momentary Bliss (Audio bei YouTube)
04. Tongue (Audio bei YouTube)
05. The Living Infinite I
06. Let the First Wave Rise
07. Vesta
08. Realm Of The Wasted
09. The Windswept Mercy
10. Whispers And Lights

Disc 2

01. Entering Aeons
02. Long Live The Misanthrope
03. Drowning With Silence
04. Antidotes in Passing
05. Leech
06. The Living Infinite II
07. Loyal Shadow
08. Rise Above The Sentiment
09. Parasite Blues
10. Owls Predict Oracles Stand Guard

WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner