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BETWEEN THE BURIED AND ME, PERIPHERY und THE SAFETY FIRE am 25. Oktober 2012 im Backstage, München

Ein starkes Tourpaket für Freunde von modernem, anspruchsvollem Metal, mit einem Headliner, der wegen der Setlist sein enormes Potenzial leider nicht ganz ausspielen kann.

Es scheint so, als wären BETWEEN THE BURIED AND ME auch in Europa endlich mehr als der ewige Geheimtipp. Erstens ist ja diese ganze Djent-Schiene mehr als nur angesagt, selbst wenn BETWEEN THE BURIED AND ME mit ihrem irren Progressive Metal da garantiert nicht dazugehören, profitieren sie davon. Zweitens wechselten die fleißigen Musiker aus North Carolina letztes Jahr die Plattenfirma und prompt sind sie als Headliner in Europa unterwegs. Mittlerweile schon zum zweiten Mal, dieses Mal mit ihrem schier überirdischen Album The Parallax II: Future Sequence im Gepäck. Dazu die ebenfalls sehr angesagten PERIPHERY und die Newcomer THE SAFETY FIRE, und fertig ist ein Package, das den Fans die Augen wässert und bei Clubbesitzern den Geldspeicher füllt. Ernsthaft, sechsundzwanzig Euro Abendkasse ist eine Frechheit, in einem anderen, etwas kleineren Club ein paar Straßen weiter hätten die Fans unter Garantie nur zwanzig Euro bezahlt. Aber lassen wir das, froh können wir sein, dass BETWEEN THE BURIED AND ME auch zehn Jahre nach ihrem Debüt noch immer voller Motivation und Kreativität sind, dass sie in der heutigen, schwächelnden Welt der extremen Musik für so viel Qualität sorgen. Das sehen überraschend wenig andere Leute auch so, ansonsten wäre die Halle im Backstage-Gelände besser gefüllt. Oder liegt es doch am Eintrittspreis?
(Captain Chaos)

THE SAFETY FIRE

Pünktlich um halb Acht stehen THE SAFETY FIRE jedenfalls auf der Bühne. Überraschend ist das nicht, schließlich haben die Briten gerade mal eine halbe Stunde Zeit und die will genutzt werden. Circassian Beauties macht den Anfang, fasst den Progressive Metal mit seinen leicht verschachtelten Arrangements und seinem modernen Anstrich gleich gut zusammen. Das zu diesem Zeitpunkt noch immer recht lichte Publikum hört aufmerksam zu, tobende Stimmung will hingegen nicht aufkommen. Das ist schade, denn THE SAFETY FIRE erfüllen ihre Aufgabe gar nicht schlecht, sind ja auch musikalisch eine passende Ergänzung zum ungleich populäreren restlichen Line-Up. Dass ein Großteil der Gäste dieser Europatour trotzdem ausschließlich für die beiden Big Names angereist ist, zeigt sich nicht nur an der sich bestenfalls tröpfchenweise füllenden Halle, sondern auch an den verzweifelten Methoden, zu denen die fünf schnauzbärtigen Jungs greifen müssen. Die Gesichtsbehaarung haben sie sich nämlich extra für die Tour stehen lassen. Wir wollten einfach mehr Sex, versichert uns Sänger Sean McWeeney. Erfolgreich ist die Methode offenbar nicht, daher der Hinweis, man könne sich nach der Show ja am Merchstand näherkommen. Wie viele Damen diesem Angebot schließlich erlegen sind, vermag ich nicht zu sagen, der starke Rausschmeißer Huge Hammers hat mittlerweile meine volle Aufmerksamkeit gebündelt. Nach fünf Songs ist das Kapitel für diesen Abend aber schnell wieder beendet und so verbleibe ich mit meinem Fazit bei einem spieltechnisch soliden Auftritt, der sicher auch unter dem undankbaren Openerslot zu leiden hat. Gitarrist Derya Nagle hält so etwas dennoch nicht davon ab, für ein Solo auf die seitliche Galerie der Halle zu steigen – vermutlich mehr 3D-Show als KREATOR jemals haben werden.

Setlist THE SAFETY FIRE:
1. Circassian Beauties
2. DMB (FDP)
3. Animal King
4. Floods Of Colour
5. Huge Hammers

PERIPHERY

 PERIPHERY
Trotz Posings bleiben PERIPHERY stets die Herren ihrer Instrumente.

München ist eine der letzten Shows dieser Tour, das ist nicht nur an den stattlichen Oberlippenbärten der Opener zu erkennen, sondern auch an der Organisation der Show mitsamt den Automatismen drumherum. Angenehmer Nebeneffekt: Die Umbaupausen fallen mit rund 20 Minuten heute erfreulich kurz aus. Zeit genug bleibt dennoch, um sich einen Platz in den vorderen Reihen zu sichern, bevor das Intro PERIPHERY und mit ihnen den Auftakt Ragnarok ankündigt. Die Amerikaner sind gut gelaunt, hängen in Buttersnips auch gerne mal die Poser raus, bleiben aber stets Herren ihrer Instrumente. Hin und wieder wünsche ich mir mehr Bewegung, sowohl vom Publikum, das etwas Zeit braucht, um aufzutauen, als auch auf der Bühne. Aushilfsschlagzeuger Boris Le Gal (CHIMP SPANNER) ist als größer Aktivposten die treibende Kraft des Sets, welches sich stark auf das aktuelle Album Periphery II: This Time It´s Personal konzentriert. Vor allem Sänger Spencer verbringt viel Zeit am Mikroständer, könnte für meinen Geschmack die Rampensau gerne deutlicher rauslassen – den Irokesen dazu trägt er ja bereits. Der Ton ist aber akzeptabel abgemischt, wenngleich ein wenig matschig, und die instrumentale Leistung tadellos – insbesondere wenn PERIPHERY an MESHUGGAH erinnern, erreicht die Urgewalt auch das letzte Ohrenpaar im hintersten Eck der Halle. Nur bezüglich des Gesangs sind wir uns in den hohen Passagen uneins – ist das nun auf den Punkt oder konsequent einen halben Ton daneben? Im Nachhinein sollte sich herausstellen, dass Spencer an diesem Abend kein Vorwurf zu machen war – gerade der Klargesang ist auf dem zweiten Studioalbum ähnlich überdreht gehalten. Das abschließende Icarus Lives! vom selbstbetitelten Debüt stimmt dafür wieder versöhnlich. Solche Momente erinnern mich daran, warum ich in den Jungs seit dem Erstlingswerk großes Potenzial sehe. Ein wenig ernüchternd sind die 35 Minuten im Nachhinein aber dann doch – eine gute Show zwar, doch die Energie der Musik kann die Band an diesem Abend nur selten auf die Bühne projizieren. Ich hätte es nicht für möglich gehalten, aber auf Platte sind PERIPHERY, zumindest diesem Auftritt nach zu urteilen, wesentlich stärker.
(Schaffi)

Setlist PERIPHERY:
1. Ragnarok
2. Have A Blast
3. Buttersnips
4. New Snu
5. Facepalm Mute
6. MAKE TOTAL DESTROY
7. Icarus Lives!

BETWEEN THE BURIED AND ME

Es ist gerade einmal viertel nach Neun, da steht schon der Headliner auf der Bühne. Hauptsache, wir kommen alle früh ins Bett. Die Halle ist zumindest ordentlich gefüllt, Platzangst braucht aber keiner haben, als BETWEEN THE BURIED AND ME ohne große Rockstarposen und Gesten die Bühne betreten. Statt The Parallax II: Future Sequence in seiner Gänze zu spielen, denkt die Band an die Fans, die das neue Album noch nicht ihr Eigen nennen. Mit dem Evergreen White Walls geht es los, fünfzehn Minuten lang spielen sich die Musiker unverkrampft und locker auch durch die waghalsigsten, technischen Stellen. Zwischen kindlicher Spielfreude und völliger Professionalität bewegen sich BETWEEN THE BURIED AND ME, kennen das Material aus dem Effeff, lassen ihre Performance aber nicht wie eine lästige Pflichtveranstaltung wirken. Die Balance zwischen Power und spielerischer Perfektion wird von einer Band, die schon eine aberwitzige Anzahl an Konzerten gespielt hat, natürlich gehalten.

 BETWEEN
Authetischer Entertainer: BETWEEN THE BURIED AND MEs Frontmann Tommy Rogers.

Und dennoch, so richtig aus sich heraus gehen BETWEEN THE BURIED AND ME erst beim zweiten Stück, hier wird das Funkeln in ihren Augen deutlich: Astral Body von The Parallax II: Future Sequence läutet die Neuzeit der fünf Musiker aus North Carolina ein, und obwohl der Song recht kurz ist, wirkt die Nummer ungemein episch. Statt sich aber weiterhin auf neue Stücke zu konzentrieren, machen BETWEEN THE BURIED AND ME viele Abstecher in die Vergangenheit: Durch Sun Of Nothing, Disease, Injury, Madness und Fossil Generea – A Feed From Cloud Mountain sind Colors und The Great Misdirect stark vertreten. Etwas zu stark, denn ein Stück von The Parallax: Hypersleep Dialogues hätte nicht geschadet. Immerhin findet mit Telos eine noch sehr aussagekräftige, aktuelle Nummer ihren Weg in das Set. Anfänglich ist der Sound schwach, die Gitarren gehen gegen Schlagzeug und Bass geradezu unter, in der zweiten Hälfte des Sets wird dieser Makel jedoch behoben.

 BETWEEN
 Haare über Haare: Paul Waggoner macht Party.

Abzüge gibt es für einen Teil des Publikums, Zuschauer, die während der heftigen Teile Theater im Moshpit machen, während der ausufernden Songs aber nur belämmert rumstehen. Das muss wirklich nicht sein. Die Band selbst tobt sich auf der Bühne angemessen aus: Haarmonster Paul Waggoner macht Party und schneidet Grimassen, Tommy Rogers pendelt zwischen Keyboard und Bühnenrand und gibt auch in den aggressiven Momenten einen authentischen Entertainer. Seinem Bewegungsdrang geht auch Dan Briggs nach, dem man stundenlang beim Bassspielen zuschauen könnte. Die Ruhepole der Band, Dustie Waring und Blake Richardson, sorgen dafür, dass hier nichts ins Chaos ausartet. Eine gute Stunde spielen BETWEEN THE BURIED AND ME ihre sechs überlangen Songs, dann beginnt die obligatorische Zugabe dieser Tour, die schön durch QUEENs Bohemian Rhapsody eingeleitet wird. Kommt der erste Teil vom Band, wird das Outro live von BETWEEN THE BURIED AND ME selbst gespielt. Voll schön, seufzt Kollege Nihilyt lauthals durch die Halle, und in der Tat, es gibt nicht viele Bands, die diesen Song spielen dürfen und anschließend nicht vor ein Kriegsgericht gezerrt werden müssen. Schluss ist dann um halb Elf, nachdem die North Carolina-Crew mit dem Evergreen Mordecai von The Silent Circus mir noch einen Wunsch erfüllt haben. Keine Frage, das ist eine meiner Lieblingsnummern überhaupt.

Summa summarum ist das ein gelungener Abend. Drei mindestens gute Bands, darunter ein Headliner, der mit einer etwas aktuelleren Setlist für noch mehr Gänsehaut gesorgt hätte und sich dadurch ein paar Chancen verspielt hat. Hat es dennoch jemand bereut, hier gewesen zu sein? Nein, ich glaube nicht.
(Captain Chaos)

Setlist BETWEEN THE BURIED AND ME:
1. White Walls
2. Astral Body
3. Sun Of Nothing
4. Disease, Injury, Madness
5. Telos
6. Fossil Genera – A Feed From Cloud Mountain
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7. Bohemian Rhapsody (QUEEN-Cover)
8. Mordecai

Fotos: © Christoph Ziegltrum. Weitere Bilder findest Du hier: https://vampster.com/fotos/between-the-buried-and-me-und-periphery-am-25-oktober-2012-im-backstage-munchen/

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