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THE OCEAN: Anthropocentric

Die Vervollständigung des dritten THE OCEAN-Zyklus, aber nicht ganz dessen Vollendung.

Es ist ein Vergleich, der Robin Staps und seinen Mannen bestimmt nicht gefällt. Aber beginnt nicht bald der Finale Zweiteiler der Harry Potter-Saga? Und arbeiten THE OCEAN nicht nach einem ähnlichen Plan, wenn sie mit einem halben Jahr unterschied zwei Schwesternalben veröffentlichen? Immerhin, “Anthropocentric” ist aber nicht das, was nicht so recht auf “Heliocentric” passen wollte, sondern viel mehr eine vor allem stilistische Fortführung. THE OCEAN entdecken sich einmal mehr neu. Etwas härter als das vergangene Album, aber gleichzeitig zahmer als die früheren Werke, pendelt sich “Anthropocentric” zwischen den Extremen der Band ein. Weder die Gewalt von “Aeolian“, noch die Epik von “Precambrian” wird erzielt, stattdessen gibt es ein reines Bandalbum zu hören, in dem der Schweiß und die Leidenschaft aller Partizipanten steckt.

Nachdem sich die neue Besetzung von THE OCEAN über die letzten Jahre hinweg gefestigt hat, gibt Bandchef Robin Staps nun das Zepter aus der Hand, und lässt auch seine Mitmusiker, allen voran Gitarrist Jonathan Nido beweisen, dass sie zu gutem Songwriting fähig sind. So gibt es eine abermals fünfzigminütige Reise durch das Universum der modernen, heftigen Musik zu hören. Rockiger als zuvor, wie immer verspielt und mit vielen Ideen gesegnet. Und natürlich gibt es abermals verdammt gute Songs zu hören, die Handschrift von THE OCEAN ist auch trotz der unterschiedlichen Songschreiber gut erkennbar. Heavy und schleppend beginnt “Anthropocentric” mit dem Titelsong, der sich neuneinhalb Minuten über dich ergießt und sich nur langsam öffnet – nach über vier Minuten beginnt der Song erst wirklich zu wirken. Eine mutige Wahl für einen Opener, auch da dieses Stück gerade in der ersten Hälfte zu den Schwächeren des Albums zählt.

Danach finden THE OCEAN aber schnell ihre Form. Es wimmelt vor großen Momenten: Heavy und beschwörend ist “The Grand Inquisitor I: Karamazov Baseness”, aufbrausend, aber mit tollen Refrains ausgestattet sind “She Was The Universe”, “The Grand Inquisitor II: Roots And Locusts” und “Heaven TV”, während am Ende das abschließende, in seiner Kürze überraschend stark ausufernde “The Almightiness Contradiction” doch noch einige schwelgerische Momente mit klassischen Instrumenten verbirgt. Auch die kurzen Zwischenstücke “For He That Wavereth…”, das überraschend stark nach ruhigen OPETH klingt, und “The Grand Inquisitor III: A Tiny Grain Of Faith” mit seiner morbiden Gitarrenlinie und weiblichem Gesang, der schön nach Anneke van Giersbergen klingt, lassen keinen Gedanken an Füllmaterial aufkommen, ein wenig mehr hätte man diese Stücke aber schon ausbauen können.

Dass THE OCEAN nicht nur brillieren, zeigen das brutale, aber überraschungsarme “Sewers Of The Soul” und das darauf folgende, recht schöne, aber ziemlich langatmige Instrumental “Wille zum Untergang”, die vor allem dafür sorgen, dass danach nicht gerade leicht zurück zum Geschehen zu finden ist. Der Gesamteindruck von “Anthropocentric” leidet etwas hierunter, aber dennoch ist dieses Album wieder einmal, dank dem hohen Anspruch der Musiker an sich selbst, ein überdurchschnittlich Gutes geworden. Mit “Heliocentric” kann es nicht mithalten, auch trotz dem hohen Abwechslungsreichtum, der starken Performance der Musiker und dem Gesang von Loïc Rossetti, der hier besser singt, als auf dem Vorgänger. Der Sound von Julien Fehlmann beleuchtet das teils komplexe, größtenteils aber recht eingängige Album wie immer hervorragend, auch da es dieses Mal ein wenig dreckiger und lebendiger klingt, als zuvor.

Freunde von THE OCEAN dürfen “Anthropocentric” natürlich nicht verpassen, aber sollten sich auch darüber bewusst sein, dass wegen einiger Schwächen hier nicht das gleiche Kaliber geboten wird, zu dem das Kollektiv sonst imstande ist. Als Ergänzung zu “Heliocentric” ist der zweite Teil dieses Zyklus dank seiner vielen Überraschungen jedoch bestens geeignet.

Veröffentlichungstermin: 19. November 2010

Spielzeit: 50:14 Min.

Line-Up:

Loïc Rossetti – Vocals
Robin Staps – Guitars
Jonathan Nido – Guitars
Louis Jucker – Bass
Luc Hess – Drums
Julien Fehlmann – Sound

Produziert von THE OCEAN
Label: Metal Blade Records

Homepage: http://www.theoceancollective.com
MySpace: http://www.myspace.com/theoceancollective

Tracklist:

1. Anthropocentric
2. The Grand Inquisitor I: Kazamarov Baseness
3. She Was The Universe
4. For He That Wavereth…
5. The Grand Inquisitor II: Roots And Locusts
6. The Grand Inquisitor III: A Tiny Grain Of Faith
7. Sewers Of The Soul
8. Wille zum Untergang
9. Heaven TV
10. The Almightiness Contradiction

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