Als Vorbands waren neben VAN CANTO noch das Schweden-Duo ENFORCER und STEELWING angekündigt. Erstere waren aber aus bislang ungeklärten Gründen den ganzen Abend lang nicht auszumachen. Als wir eintrafen hatten STEELWING ihren Auftritt schon begonnen und zeigten dem Publikum, dass man sowohl musikalisch als auch outfittechnisch stark von IRON MAIDEN beeinflusst wurde. Diese weißen Tennissocken mit roten Streifen über der Spandex-Hose, das hätte Bruce Bruce in den Achtzigern nicht besser hin bekommen können. Da die Band ja schon ein paar Gigs mit BLIND GUARDIAN auf dem Buckel hatte, war man an große Bühnen schon gewöhnt, nutzte diese auch voll aus und machte ordentlich Alarm. Auch musikalisch konnten STEELWING voll überzeugen – und bei Lord Of The Wasteland wagte man sich auch schon an ein Mitsingspielchen. Das zeugt von Selbstvertrauen und wurde vom Publikum entsprechend honoriert. Nach einer halben Stunde war gegen acht Uhr auch schon Feierabend für die Schweden, die mit ordentlich Applaus von der Bühne verabschiedet wurden.
Rakka Takka Motherfucker – VAN CANTO räumten als Vorband gewaltig ab! |
Als nächstes war das deutsche A Capella Metal-Kommando VAN CANTO angesagt. Ganz ehrlich: Ich halte die Band für vollkommen überbewertet. Alle Cover reichen nicht annähernd an die Originale heran und die Eigenkompositionen sind Melodic-Metal-Mittelmaß. Eine eigenwillige Idee alleine schreibt eben noch lange keine guten Songs. Aber was soll´s, das sehen an diesem Abend mehrere Tausend Leute anders und feiern VAN CANTO dermaßen ab, dass man schon meinen könnte, der Headliner steht auf der Bühne. Und man muss der Band eins lassen: Sie liefern eine hervorragende, spielfreudige Performance ab. Man merkt zu jeder Sekunde, dass alle Musiker richtig, richtig Spaß auf der Bühne haben. Und als die Band Fear Of The Dark anstimmt, brandet ein Jubel durch die Halle, den ich so noch nie bei einer Vorband erlebt habe. Die Oh Oh Oh-Chöre des Publikums sind ebenfalls mehr als beeindruckend. So überrascht es mich auch nicht all zu sehr, dass am Ende des halbstündigen Gigs sehr laut Zugaben gefordert werden, die VAN CANTO aber logischerweise nicht mehr spielen können.
Lieferte eine erstklassige Gesangleistung ab – Hansi Kürsch |
Es ist halb zehn und zu diesem Zeitpunkt rechnete ich irgendwie noch damit, dass jetzt vielleicht doch noch ENFORCER spielen. Als die Security am Fotograben aber plötzlich richtig betriebsam wird und hinter dem großen Vorhang verdächtige Aktivität gesichtet wird, verabschiede ich mich im Geiste von ENFORCER. Als dann das Intro zu Sacred Worlds läuft, steigt die Vorfreude ins Unendliche. Und dann fällt der Vorhang und lauter Jubel brandet durch die Philipshalle. BLIND GUARDIAN haben hier als Krefelder ja quasi Heimspiel. Hansi, Markus und Andre stehen vorne, die beiden Session-Musiker Oliver Holzwarth (bass) und Michael Schüren (keys) leisten Drummer Frederik Ehmke rechts und links neben seinem Drumkit Gesellschaft. Es gibt eine große Projektion auf die Rückwand und drei kleine Leinwände, dazu eine beeindruckende Lichtshow.
Super Setlist, super Show – BLIND GUARDIAN beim Quasi-Heimspiel in Düsseldorf |
Sacred Worlds funktioniert bestens als Opener. Und BLIND GUARDIAN legen mit Welcome To Dying und Bourn In A Mourning Hall auf höchstem Niveau nach. Unglaublich! Die Songauswahl am heutigen Abend ist gigantisch; nur das Somewhere Far Beyond-Album ist wird bis auf den obligatorischen Bards Song sträflich vernachlässigt. Okay, klar, dass von den ersten beiden Alben bis auf den All Time-Hit Valhalla nichts kommt, war ja zu erwarten. Aber dafür wird Valhalla nach allen Regeln der Kunst abgefeiert. Die Fans singen den Refrain noch minutenlang weiter, selbst nach dem folgenden Past & Future Secret noch. Der Wahnsinn! Die Stimmung in der Halle ist überragend, lediglich bei den beiden Songs der A Twist in The Myth-Scheibe lässt der Enthusiasmus deutlich nach. A Night At The Opera wird heute komplett ignoriert. Dafür gibt es mit Traveller In Time und Lost In The Twilight Hall neben Welcome To Dying gleich drei Songs vom Tales From The Twilight World-Album, immer noch mein Favorit der Krefelder.
Zwei Stunden Vollbedienung – BLIND GUARDIAN |
Hansi ist stimmlich top drauf, singt aber einige Parts live anders als auf Platte, was er ja auch schon im Interview erklärt hatte. Macht eh nichts aus, denn was BLIND GUARDIAN hier heute abliefern, ist einfach nur der Hammer. Fast zwei Stunden lang bekommen die Fans hier die absolute Vollbedienung mit (fast) allen Hits und einer wirklich tollen Show. Da hat sich der sicherlich nicht ganz günstige Eintrittspreis von vierzig Euro auf jeden Fall gelohnt. So ein Rahmenprogramm bekommt man nicht bei jeder Band. Ganz großes Kino und mit Sicherheit eines der Konzerthighlights des Jahres.