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BETWEEN THE BURIED AND ME: The Great Misdirect

Wie soll man bitte für so etwas einen Kurzkommentar verfassen?!

Hier entlang, oder dort entlang? Links oder recht, vor oder zurück? Obwohl BETWEEN THE BURIED AND ME mit dem Titel ihres fünften Albums Konfusion vortäuschen, ist ihr Weg glasklar. Die fünf Ausnahmemusiker aus North Carolina folgen unbeirrt dem Weg, den sie auf ihrem Magnum Opus Colors betreten haben. Die Frage ist natürlich, ob das Sinn macht. Werden BETWEEN THE BURIED AND ME etwa doch in eine Sackgasse fehlgeleitet, obwohl sie sich scheinbar so sicher sind? Sind sie sich überhaupt wirklich sicher? Ein ganz klein wenig aufgesetzt wirkt The Great Misdirect nämlich schon.

Aber immer schön der Reihe nach. BETWEEN THE BURIED AND ME beginnen wieder sehr gezügelt und melancholisch, dieses Mal weniger QUEEN-lastig, dafür schwermütig nach THE MARS VOLTA klingend. Mit dem wunderschönen Mirrors begeben sie sich auf die Reise, lassen sich dreieinhalb Minuten Zeit, um Spannung aufzubauen, und brechen dann mit einem Paukenschlag namens Obfuscation los, der mit nahezu zehn Minuten Länge unterhalb der Durchschnittslänge der restlichen Songs liegt. Oha. BETWEEN THE BURIED AND ME wollen es wissen. Die Band verzichtet konsequent auf große Hooklines, agiert scheinbar völlig unnachvollziehbar und sorgt für arge Kopfschmerzen. Mit der Brutalität von Alaska und dem verschachtelten Songwriting von Colors wird ein wahrer Progressive-Zyklon auf den Hörer losgelassen, der selbstverständlich erst nach oftmaligem Hören entschlüsselt werden kann.

Glücklicherweise denken diese überdurchschnittlichen Musiker auch hier und da an ihr Publikum und streuen immer wieder griffige Passagen ein, die entweder dynamisch im krassen Kontrast zu den brutalen Elementen stehen, oder werden schlicht und ergreifend geradezu episch eingängig. Diese Übergänge sind nur selten sanft, sondern sind ein krasser Schnitt in den Songs. Das wirkt für manche vielleicht konstruiert, andererseits haben BETWEEN THE BURIED AND ME so die Möglichkeit, dass sich der Sinn solcher Songkonstruktion erst nach und nach ergibt, wie in Disease, Injury, Madness, das eben auch in drei Teile unterteilt zu sein scheint, die diese jeweiligen Charakterzüge vereinen. Und dass der Band die Zügel nicht aus der Hand gleiten, verdanken sie den überlangen Songs. Hier kann sich jeder Teil gut entfalten und nichts wirkt gehetzt oder unlogisch, zumindest nach mehrmaligem Hören.

Es ist schon wieder ein wenig wie bei Colors. Langsam aber sicher entfaltet sich der Charakter dieses Mammutwerks, es sind sämtliche Stimmungen enthalten, die es gibt, von Melancholie bis hin zur Übermütigkeit ist alles dabei, Wut, Raserei und ungebremste Lebensfreude geben sich die Klinke in die Hand. Und zwar, das ist der Vorteil im Vergleich zu Colors, macht es jetzt ein wenig mehr Sinn. Die harte Arbeit, mit der BETWEEN THE BURIED AND ME zu Werke gehen, macht sich bezahlt und lässt, wie in Fossil Genera – A Feed From Cloud Mountain, Mike Patton ganz schön alt aussehen und mit der wundervollen PINK FLOYD-Hommage unterstreichen die fünf Musiker ihre Ernsthaftigkeit und aufrichtige Liebe zur Musik. Und wenn alles, was in den ersten fünfundvierzig Minuten gehört wurde, am Ende bei Swim To The Moon nochmal wiederholt und auf Schubumkehr gedreht wurde, dann ist man erstmal bedient. Und gerade bei diesem Song gilt, alles selbst erleben und entdecken, spoilern zählt jetzt nicht.

The Great Misdirect ist schwierig zu bewerten. Einerseits ist die Band komplexer und unnachvollziehbarer denn je, andererseits lassen sie sich etwas mehr Zeit, einerseits ist der Überraschungseffekt weg, andererseits findet eine Verbesserung in den Details statt. Die Band verändert sich nur wenig, mehr Gitarrenwahnsinn, leider weniger Keyboards, erfreulich viele harmonische Stellen, und ein nicht ganz so geschlossener Gesamteindruck wie bei Colors. Sind BETWEEN THE BURIED AND ME an ihren eigenen Erwartungen gescheitert? Sind sie gar müde? Haben sie ihr Pulver schon vor zwei Jahren verschossen? So fatalistisch ist das natürlich nicht zu bewerten, weil derartige Visionäre immer noch andere Bands in Grund und Boden spielen. Instrumental macht diesen Jungs keiner was vor und mit einem Sänger wie Tommy Rogers, der so undendlich viel Gefühl in der Stimme hat und so gute Gesangslinien schreiben kann, darf jeder andere nach Hause gehen.

Wäre es also angebracht, in Zukunft auf die etwas gediegenere Schiene umzusteigen? Vielleicht. Kontraste sind zwar schon seit ihrem Debütalbum ein Markenzeichen, aber mit The Great Misdirect scheinen die Musiker endgültig an ihre Grenzen angekommen zu sein. Aber das stört im hier und jetzt noch nicht. BETWEEN THE BURIED AND ME treffen wieder einmal ins Schwarze, vielleicht nicht ganz so eindeutig, wie vor zwei Jahren, aber es gibt so viel auf The Great Misdirect zu entdecken, so viel, das begeistert und den Hörer in Erstaunen versetzt, dass man einfach nur glücklich sein muss, dass es eine Band gibt, die alles machen kann und überall Chef ist. Verdammt nochmal, kauf dieses wunderschön aufgemachte, wie immer mörderisch von Jamie King produzierte Album einfach und höre es, bis du es verstehst. Same procedure as every time.

Veröffentlichungstermin: 30. Oktober 2009

Spielzeit: 59:33 Min.

Line-Up:
Tommy Rogers – Vocals, Keyboards, Lyrics
Paul Waggoner – Electric Guitar, Steel String Acoustic Guitar, Classical Guitar, Lap Steel Guitar
Dustie Waring – Electric Guitar, Slide Guitar, Acoustic Guitar, Guitar Effects
Dan Briggs – Bass, Fretless Bass
Blake Richardson – Drums and Percussion

Produziert von BETWEEN THE BURIED AND ME und Jamie King
Label: Victory Records

Homepage: http://www.betweentheburiedandme.com

MySpace: http://www.myspace.com/betweentheburiedandme

Tracklist:
1. Mirrors
2. Obfuscation
3. Disease, Injury, Madness
4. Fossil Genrea – A Feed From Cloud Mountain
5. Desert Of Song
6. Swim To The Moon

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