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KATATONIA: Night Is The New Day

Meisterwerk.

Es hat seine Zeit gedauert, bis sich KATATONIA wieder aufraffen konnten, etwas zu tun. Dem Dunkel der Welt ein Gesicht zu verleihen. Es war ein schier unerträgliches Warten, aber jetzt werden die ganz großen Gefühle wieder hervor gerufen, der Tag ist vorbei, die Nacht regiert, in Ewigkeit Amen. Und in der Tat, seit letztem Jahr, da viele um ihren Arbeitsplatz, ihr Geld, ihre Existenz fürchten müssen, kommt ein reißerisch betiteltes Album wie Night Is The New Day gerade recht. Es ist geradezu überfällig geworden. Es ist gleichermaßen tröstend wie mitfühlend und bitter wie sarkastisch. KATATONIA sind spätestens mit The Great Cold Distance am Puls der Zeit dieser kalten Gesellschaft angelangt, nun gibt es mit dem neuen Werk eine menschlichere Variante davon zu bestaunen.

Dreieinhalb Jahre nach ihrem letzten Album beginnen KATATONIA so, als wäre eben keine Zeit vergangen. Forsaker beruhigt die Gemüter, auch trotz seines unnachgiebigem Charakters. Das Riffing ist vertrackt, das Drumming ist brutal, der leidenschaftliche Refrain tut gar körperlich weh, der ganze Song ist tonnenschwer, die Schweden machen dort weiter, wo sie aufgehört haben. Und danach lassen KATATONIA ihre Hörer das miterleben, was ansonsten zwischen den Alben passierte. Sie entwickeln sich, um ihren mittlerweile einzigartigen Stil herum. Von den heftigen Songs abgesehen gibt es Material im Stil von Viva Emptiness, aber auch etwas elektronischere Songs mit Trip Hop-Atmosphäre wie The Promise Of Deceit und Inheritence, aber auch eine von den Siebzigern stark beeinflusste Progressive Rock-Ballade wie Idle Blood, das auch auf Damnation von OPETH hätte stehen können.

Richtig weit geht diese neue Freude am Experimentieren mit Nephilim, das nicht nur mit monolithischem Doom-Riffing überrascht, sondern vor allem durch den Einsatz von Fender Rhodes, der dieses Stück sogar in Richtung BOHREN UND DER CLUB OF GORE katapultiert. Dass dies auch Jonas Renkse zu stimmlichen Höchstleistungen motiviert ist nur logisch, jeder seiner Töne bricht das Herz. Und doch, Night Is The New Day ist mehr als nur eine dicke Wolkendecke, Day & Then The Shade hat einen versöhnlichen Charakter und ist nicht zuletzt deshalb die erste Single des Albums. Es ist ganz einfach eine der stärksten Nummern, die KATATONIA bisher geschrieben haben. Dazu gehören auch das unglaublich intensive und traurige The Longest Year, das den Kopf nicht mehr verlassen will und das elegische Onward Into Battle. Mit satter Polyrhythmik ausgestattet sind Liberation und New Night, vielleicht nicht allzu aufregend, aber immer noch verdammt spannend und gut geschrieben.

Night Is The New Day endet und als hätte man es vorher schon gespürt, kommen jetzt endlich die Taschentücher zum Einsatz, die man sich vorher schon parat gelegt hat. Departer ist schlicht und ergreifend der intensivste, traurigste und ehrlichste Song, das am liebevollsten arrangierte Stück Musik, das KATATONIA jemals zustande gebracht haben. Es ist ganz einfach ein leises Lied, das von der Atmosphäre lebt, davon wie alle Beteiligten hier spielen. Aber das Sahnehäubchen ist Krister Linders wundervolle Stimme, die mehr ist als nur ein Gastbeitrag, sondern wie ein Engel den sterbenden Jonas Renkse heim holt, vor den Augen seiner weinenden Kinder. Dieses Stück verändert die Wahrnehmung und gestaltet den ganzen Tag, wenn man es morgens hört. Auch hier fällt auf, wie sehr sich KATATONIA im Bereich der Keyboards und Synthesizer entwickelt haben, ganz einfach weil hier mit Frank Default ein wirklicher Könner engagiert wurde, der sich perfekt bei KATATONIA einfügt und hoffentlich bald fest zur Band gehören wird.

Ein lakonisches Meisterwerk ist nicht nur das abschließende Lied, das ganze Album ist so abwechslungsreich, wie in sich geschlossen. Es geht um das Individuum, darum wie es mit der Welt fertig wird, oder die Welt mit ihm, da tauchen viele verschiedene Stimmungen auf, oder besser gesagt: Unterschiedliche Schwarztöne. Klar ist hier ein gewisses Posing sogar hörbar, aber diese Theatralik ist bei KATATONIA untrennbar mit ihrer Aufrichtigkeit und Ernsthaftigkeit. Night Is The New Day ist perfekt gespielt, wunderbar produziert, hat Ecken und Kanten und das Potenzial, es auch in Monaten noch mit derselben Begeisterung zu hören, wie am ersten Tag. Das ist der Stoff, aus dem Alben des Jahres gemacht sind.

Veröffentlichungstermin: 6. November 2009

Spielzeit: 48:38 Min.

Line-Up:
Jonas Renkse – Vocals
Anders Nyström – Guitar
Fredrik Norrmann – Guitar
Mattias Norrmann – Bass
Daniel Liljekvist – Drums
Frank Default – Session Keyboards
Krister Linder – Gesang bei Departer

Produziert von Nyström/Renkse
Label: Peaceville Records

Homepage: http://www.katatonia.com

MySpace: http://www.myspace.com/katatonia

Tracklist:
1. Forsaker
2. The Longest Year
3. Idle Blood
4. Onward Into Battle
5. Liberation
6. The Promise Of Deceit
7. Nephilim
8. New Night
9. Inheritence
10. Day & Then The Shade
11. Departer

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