TROUBLE, SAHG, GORILLA MONSOON: Nordic Dooming

Wenn so ein erstklassiges Doom-Package den Norden gleich zwei Mal beglückt, dann muss man unausweichlich beide Shows mitnehmen. Cool auch, dass so ein Package auch mal in Hannover Halt macht, doomologisch ist hier sonst absolut nichts los.

Wenn so ein erstklassiges Doom-Package den Norden gleich zwei Mal beglückt, dann muss man unausweichlich beide Shows mitnehmen. Cool auch, dass so ein Package auch mal in Hannover Halt macht, doomologisch ist hier sonst absolut nichts los. 

MarX, Hamburg, 13.04.08
Wieder einmal müssen TROUBLE ins MarX, dem kleinen Club in der Hamburger Markthalle. Bedenkt man, wie mager das MarX bei der Tour im letzten Juni mit RISE TO ADDICTION als Opener besucht war, so war die Befürchtung groß, dass durch die Show in Hannover noch mehr Leute fehlen würden. Dass dem nicht so ist, dürfte auch an den beiden Bands gelegen haben, die TROUBLE diesmal an Bord haben. Die Norweger SAHG sind mit ihrem gerade erschienenen Album II aktuell in aller Munde, GORILLA MONSOON waren Abräumer beim DSR IV und bei der Bands-Battle in WACKEN 2005.

Für Frühbucher im MarX: GORILLA MONSOON

In Hamburg haben GORILLA MONSOON erstmal die A-Karte gezogen. Der Showbeginn ist mit 20 Uhr angekündigt. Als wir aber um 19:30 Uhr eintreffen, stehen die Dresdener bereits seit wenigen Momenten auf der Bühne mit ihrem spacigen Instrumental Declaration of damnation. Im MarX herrscht noch gähnende Leere, da hält sich die Begeisterung der Band auch anfangs etwas in Grenzen. Aber die sympathischen Jungs schalten schnell um und zeigen, dass ihnen ihre Musik wichtiger ist als ein voller Saal und schieben ihren Sound irgendwo zwischen derbem Doom und In die Fresse-Stoner-Rock mit immer mehr Energie von der Bühne. Dröhn-Metal wie Death revolution, Night of the wolvine oder das punkige 50$ whore bringen GORILLA MONSOON wie immer intensiv und mit wachsender Leidenschaft. Die bisher wenigen Anwesenden im Saal können anfangs anscheinend nicht viel mit dem derben Sound anfangen und geben sich nordisch reserviert, spätestens mit dem Rausschmeißer Born to lose dürfte den nun zahlreicheren Zuschauer aber klar sein, welches Potential in dieser Band steckt. Auch wenn sie hier und heute nicht ganz den Nerv der anwesenden Freunde des im Vergleich gemäßigten Doom von TROUBLE und SAHG getroffen haben.

SAHG
Füllen das MarX: SAHG

Meine erste Vermutung, warum das MarX heute doch so voll wird, bestätigt sich, als SAHG die Bühne betreten. Sie werden lautstark begrüßt und man merkt schnell, dass ein Großteil des Publikums ihre vor kurzem erschienene Scheibe II kennt. Mit ihrem stark an spät-70er BLACK SABBATH angelehnten Sound und dem professionellen Auftreten haben die Bergener das Publikum sofort auf ihrer Seite. Groovige Songs wie Ascent to decadence, Echoes ring forever oder Rivers running dry vom Debüt werden amtlich abgefeiert und die Stimmung im kleinen MarX ist ordentlich am Kochen. Ja, dass hier viele Leute gezielt wegen SAHG gekommen sind, ist deutlich. Erste Stimmen werden laut, ob TROUBLE das denn toppen können.

Dream
Das Bild täuscht, heute bester Laune: TROUBLE

Vielleicht haben einige auch noch die Show vom letzten Jahr im Kopf, als TROUBLE doch etwas müde und lustlos wirkten. Nun ja, damals waren es 35 Grad oder mehr im Club und es war die letzte Show einer nicht wirklich erfolgreichen Tour. Heute hingegen betritt eine gänzlich andere Band die Bühne, TROUBLE wirken frisch, gut gelaunt und zeigen eine ordentliche Portion Spielfreude. Das dankt das Publikum, indem es vom ersten Takt von R.I.P. an ausgelassen mitgeht und die Doompioniere verdient abfeiert. Die Herren aus Chicago nehmen die gute Stimmung dankend an und überzeugen mit tightem Spiel und sichtbarem Spaß an der Show, trotz der für fünf Leute arg kleinen Bühne. Dabei konzentriert man sich nicht so sehr auf das aktuelle Album Simple mind condition, sondern man packt gegenüber der letzten Tour weitaus mehr Klassiker quer aus ihrer History in die überraschend lange Setlist. Es wird ausgelassen gefeiert zu fröhlichem Hippie-Doom wie The sleeper, Come touch the sky, Plastic green head, `Scuse me und aktuellen Songs wie Mindbender und Trouble maker, das Eric Wagner (LID) dem bösen kleinen Mann in seinem Hirn widmet. Schade, unseren Hochzeitssong Seven spielen sie nicht, auch keine der hippiesken Balladen, die immer wieder lautstark gefordert werden. Dafür gibt´s reichlich Stoff aus den frühen, härteren Zeiten wie Run to the light, Wickedness of man und nachdem TROUBLE mit At the end of my daze und Psychotic reaction das MarX noch mal ordentlich durchheizen, schieben sie als Zugabe – wie zu erwarten – The tempter und auch gleich Bastards will pay hinterher. Letztendlich werden die Herren noch mal hartnäckig auf die Bühne zurück gebeten, mit All is forgiven ist dann endgültig Schluss. Was bleibt ist die Gewissheit, dass diese Band gerade ihren fünften Frühling durchmacht und einem Fan das beruhigende Gefühl gibt, dass mit TROUBLE noch immer zu rechnen ist. Nach der Show im letzten Jahr hier im MarX war ich mir da nicht so sicher! Einziger Kritikpunkt heute ist das unnötige Solospielchen, von der Band liebevoll Going to hell genannt. Dass Bruce Franklin (SUPERSHINE) ein toller Hippie-Gitarrist ist und Rick Wartell (WET ANIMAL) ein fähiger, großer Verehrer von MICHAEL SCHENKERs Gitarrenspiel, das weiß jeder, und als Gitarrenduo sind die beiden immer noch unschlagbar. Daher ist so ein Wechselspiel an Solodudeleien nicht wirklich prickelnd, diese 10 Minuten hätte man lieber GORILLA MONSOON gönnen sollen, damit sie etwas später auf die Bühne können. Leider fehlt heute auch noch das Merchandise von TROUBLE, das irgendwo hängen geblieben ist und erst in Hannover zur Verfügung steht. Ansonsten ein mehr als gelungener Abend und die A7 ruft, während sich die Bands wohl schon schelmisch auf den Day Off und vor allem die Night Off in Hamburg freuen dürften. 😉

Musikzentrum, Hannover, 15.04.08
Entsprechend relaxet sind die Bands dann in Hannover, alle wirken absolut entspannt, auch wenn GORILLA MONSOON in Hamburg brav den Bus gehütet haben. Dazu trägt natürlich auch die Location bei, statt dem kleinen muffigen MarX hat man nun einen Laden mit großer Bühne, amtlicher PA, beachtlicher Lichtanlage und sehr ansprechendem Saal. Schaut man sich zu Beginn des Abends um, so fühlt man sich doch recht einsam. Es sind kaum Leute da, selbst in Hamburg traf ich mehr Bekannte als im nahen Hannover. Sorry an die junge Lady, die mich so nett gegrüßt hat, woher kennen wir uns noch mal? Grübel?

Dresdens
Stimmungsvoller Auftakt bei GORILLA MONSOON

Nun denn, die Herren auf der Bühne erkenne ich, das sind wieder GORILLA MONSOON, heute auch zur korrekten Zeit und eingepackt in absolut stimmungsvolles Licht. Da kommt das stonig-psychedelische Instrumental gleich noch intensiver, zumal auch der Sound hammermäßig fett ist. Das kommt natürlich auch den derben Songs sehr zu Gute, was in Hamburg oft matschig und dröhnig rüber kam, wird heute in beängstigender Wucht von der Bühne gedrückt. Die Dresdener Jungs fühlen sich sichtlich wohl auf der riesigen Bühne, sofern man sie denn im Nebel sehen kann. Zwar bleibt das langsam anwachsende Publikum schüchtern auf Abstand, reagiert dabei aber mit Wohlwollen und verdientem Applaus. Auch erste Kopfschüttler nähern sich zaghaft der Bühne. Der derbe Sound von GORILLA MONSOON, hauptsächlich vom noch aktuellen Album Damage king, lebt bei diesem guten Klangbild und dem tollen Licht richtig auf und macht wieder mal bewusst, welch starke Band da auf der Bühne steht. Dass sie die falsche Mucke machen, um berühmt zu werden… nun, wäre es anders, dann wären es nicht DIE GORILLA MONSOON.

Nordisches
Groove or be grooved: SAHG

Auch SAHG fühlen sich auf der großen Bühne sichtlich wohler, obwohl die Nähe zum Publikum in Hamburg super zum Sound der Norweger gepasst hat. Auch hier wird sofort der Unterschied deutlich vom schrammeligen Sound im MarX zum vollen, transparenten Sound hier im Musikzentrum. Da ist es kaum überraschend, dass gleich mit Ascent to decadence reichlich Leute Richtung Bühne vorrücken, auch wenn hier wieder mal der nordische Sicherheitsabstand nicht überschritten wird. So kann man bequem Fotos machen und gleichzeitig beim Doomgroover Star-croosed, Executioner undead, dem treibenden Pyromancer oder dem Rausschmeißer Godless faith den coolen Soft-Doom von SAHG feiern. Besonders gefallen hat mir, wie schon in Hamburg, Drummer Kjetil Greve (AUDREY HORNE, DERIDE), der mich mit seiner sympathischen Art und seinem nur aus Groove, Groove und noch etwas Groove bestehenden Schlagzeugspiel immer wieder fesselt und sich bei mir aktuell den Hocker als Lieblingsdrummer gesichert hat. Klasse auch, was alle drei Drummer aus dem kleinen, aber umso fetteren Gretsch-Kit rausholen. Wo so mancher Helden-Metaller und Pussie-Rocker ein gigantisches Schlagzeug braucht, um halbwegs zu überzeugen, reichen den Herren Doom-Drummern wie so oft (Mega-)Bassdrum, Snare und drei fette Toms und gut is´. Nun, vielleicht gibt sich der Rest von SAHG etwas zu professionell, aber dass nüchterne Skandinavier nicht gerade als Spaßvögel bekannt sind, das ist ja kein Geheimnis. Und zumindest heute stehen bei den Norwegern brav Wasserflaschen auf der Bühne. Vielleicht hat man auch nur einen Kater vom Trip durch Hamburg zu verarbeiten, unabhängig davon machen SAHG einen hervorragenden, sauberen Job und legen einen Gig hin, die manche größere Band blass aussehen lässt. Auch sind sie nach dem Gig, wie die beiden anderen Bands, immer im Musikzentrum unterwegs oder gehen am Merchstand auf die Worte der Fans ein. Rundum eine starke Band, die spätestens nach dem nächsten Album sicher selbst ganz oben auf dem Billing stehen wird.

Immer
TROUBLE 2008 = Doomgötter

Diese Ehre gebührt diesmal natürlich wieder TROUBLE, die heute noch mal eine Portion entspannter wirken als noch in Hamburg. So wurschtelt man erstmal gemütlich auf der Bühne rum, bevor es wieder mit dem gleichen Programm losgeht wie in Hamburg. Warum auch viel ändern, die Setlist beglückt wirklich jeden der nun zahlreichen TROUBLE-Fans, die sich jetzt auch endlich direkt an die Bühne trauen. Bei diesem differenzierten Sound, selbst direkt am Bühnenrand, entfalten die Songs ihre ganze Macht und die Stimmung ist schon nach wenigen Takten am Kochen. Einzig Drummer Ole (RETRO GRAVE) scheint heute nicht ganz so bei Laune zu sein, was man bei ihm eigentlich überhaupt nicht kennt. Vielleicht ist er auch nur damit beschäftigt, in den immer wieder massiv auftauchenden Nebelschwaden sein Kit zu finden. Sehr beschäftigt ist auch Eric Wagners kleiner Doomer, nach wenigen Songs bereits verlässt er schnell die Bühne, weil er dringend pullern muss. Auch das tragen alle mit Humor, ein zusätzliches Schmunzeln entlockt einem ein kleines Stück Bühnentechnik, das WOSFrau entdeckt und das sich als Wasserkocher entpuppt. Hiermit dürfte dann wohl der sonderbare Drink in Wagners Becher erklärt sein, mit verkühltem oder überhamburgertem Zipfel auf Tour kommt so ein Tee sicher mal ganz gut. Der Stimmung tut dies keinen Abbruch, Wagner kann sich ein Lachen nicht verkneifen, weil entgegen aller Gewohnheiten Franklin und Knuddelbär-Basser Chuck Robinson plötzlich seitenverkehrt auf der Bühne stehen – ein wirklich komisches Bild, wenn man TROUBLE schon oft gesehen hat. Zwar lässt Franklin im Vergleich zu Hamburg seinem typischen Doomdance heute wenig Raum und Robinson verlässt wie gewohnt selten den Platz vor seinem Amp, dafür ist Wartell heute mehr unterwegs und Wagner geht noch mehr auf das Publikum ein, begrüßt auch herzlich die Truppe aus Polen, die schon seit Tagen der Tour folgt. Na ja, Bruce Franklin erkennt auch uns und begrüßt uns später, das ist gut für´s Ego!
Heute passt dann auch das Gitarrensolo-Intermezzo, fügt sich in die lockere Atmosphäre des Abends. Wie gehabt beenden TROUBLE die Show mit All is forgiven, welches Wagner der vergangenen Nacht widmet. Ein Schelm, der jetzt Böses oder Schmutziges denkt!

Es war durchaus spannend, beide Konzerte mitzunehmen. Mal im kleinen Schmuddelclub, mal im edleren professionellen Ambiente haben alle Band ihr Bestes gegeben, TROUBLE ihren Status als meine persönlichen Doom-Götter bestätigt, GORILLA MONSOON verdient sicher neue Fans gefunden und SAHG gezeigt, dass sie die eingeheimsten Lorbeeren für ihre beiden Alben auch live verdient haben. Keine Frage: hätten wir das Auto weiter nutzen können, wären wir dieser coolen Tour weiter gefolgt. Dem war leider nicht so, das ROADBURN war ausverkauft, also warten wir jetzt schon auf die Tour nächstes Jahr.

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