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NECROPHOBIC, DEMONICAL, SPAZMOSITY: Tantogården, Stockholm: 04.04.2008

Endlich, endlich – NECROPHOBIC live in Stockholm. Ein schlicht atemberaubendes, phantastisches Konzert.

Es ist doch immer wieder etwas ganz Besonderes, eine Band auf ihrem wahren Hometurf zu erleben. Steht der Auftritt noch dazu unter dem Banner Clubgig und findet in Stockholm statt, gibt es keinen vernünftigen Grund, nicht hinzugehen beziehungsweise hinzufliegen. Die schwedische Hauptstadt belohnt den Metalhead an diesem Freitag dafür mit kühl-sonnigem Wetter. Der idyllisch gelegene Tantogården ist im Sonnenschein rasch gefunden, obwohl das knuffige Schwedenhäuschen eher an Astrid Lindgren als an eine todesmetallisch-kompatible Location denken lässt. Dank vorhandener Metalmenschentraube ist allerdings rasch klar, dass man sich am rechten Ort befindet – und es sich hierbei glücklicherweise nicht um einen Pseudorockstar-Schuppen handelt.

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Undergroundcharme fängt beim Flyer an

Der undergroundige Charme, den bereits die Flyer und Poster für dieses Konzert verströmten – ein gutes Design kommt eben auch mit einem Kopiergerät und Papier in allen Farben des Regenbogens zur Geltung – geistert im düsteren Innern des Tantogårdens unbehelligt umher. Das zuvor bei Organisatorin DJ HELLBE organisierte Ticket, welches gerade mal 100 Kronen kostet, ist wie versprochen an der Kasse hinterlegt und auch in diesem kleinen Club kommt man mit Englisch bequem durch.

Von den Merchandise-Preisen her wird man an diesem Abend ebenfalls nicht arg gebeutelt – ein NECROPHOBIC-Shirt gibts für 120 SEK und für Speis und Trank zahlt man an anderen Locations jeweils wesentlich mehr. Schnell füllt sich der Tantogården – nicht nur mit dem alteingesessenen Adel der Stockholmer Death Metal-Szene, sondern auch mit dem metallischen Nachwuchs. Egal ob DISMEMBER, NIFELHEIM oder GRAVE – Starallüren gibt es nicht, stattdessen angeregtes schwedisches Geschnatter, Austausch unter Kollegen und das eine oder andere Bierchen, um den Abend locker zu beginnen.

 

Spazmosity04042008
Solider Opener – SPAZMOSITY

Locker wirken auch SPAZMOSITY, die den musikalischen Reigen an diesem Abend eröffnen. Zwar mit etwas wenig Bühnenlichtstärke, aber dafür mit gutem Sound ist es keine Überraschung, dass von Nervosität bei dem 1994 gegründeten Quintett nichts zu spüren ist. Routiniert und solide präsentieren die Stockholmer ihre Mischung aus Death und Black Metal, bei der nicht nur dank Schreihals Peter der schwarzmetallische Anteil stärker zum Zug kommt. Die Setliste entspricht genau der Auswahl auf der bandeigenen Myspace-Site und berücksichtigt sowohl Purgatorio und Ocean of Flesh vom 2003er-Demo Storm Metal, als auch neueres Material wie 13 Miller`s Court, March of Death und das abschliessende Regicide. Stilistisch lässt sich der Einfluss von DISSECTION nicht von der Hand weisen, allerdings fehlt SPAZMOSITY der letzte Götterfunken für deren Melodien und die entsprechende Gitarrenleistung. Applaus gibt es dennoch genügend. Einige im Publikum beginnen schon mit dem Aufwärmen der Nackenmuskulatur, während andere noch die Kehlen ölen und andere physische Aktivitäten auf später verschieben. Alles in allem kann die Truppe somit einen soliden Auftritt für sich verbuchen.

DemonicalWidda04042008
Old School Schweden Death: DEMONICAL

Die kurze Umbaupause wird mit metallisch-ansprechendem Background-Sound gediegen unterlegt, ein Blick Richtung DJ macht klar, dass man mit Ola (GRAVE) hierfür den entsprechend kompeteten Kandidaten eingestellt hat. Inzwischen ist klar, dass der knapp über 200 Leute fassende Tantogården ausverkauft ist und einige der Anstehenden wohl nicht mehr in den Genuss dieses Konzertes kommen werden. Die Temperaturen im Innern sind denn auch schon merklich gestiegen, als DEMONICAL die Bühne entern. Schon der kurze Line-Check von Bassist Martin (CENTINEX) macht klar, dass trotz der Gründung vor zwei Jahren der alte Elchtod-Moder bei DEMONICAL regiert.

Dies überrascht bei einem Blick in die bandbezogenen Lebensläufe nicht wirklich – bis auf Sänger Widda waren sämtliche Mitglieder bei CENTINEX dabei und Aktivitäten bei GRAVE, DELLAMORTE oder REGURGITATE gehören bei den DEMONICAL-Mitgliedern ebenfalls dazu. Musikalisch bestimmt somit der old-schoolige Schweden-Death Vibe und die Gedanken an DISMEMBER kommen nicht nur wegen dem entsprechenden Gitarren- und Bass-Sound auf. Egal ob schleppende oder beschwingtere Parts – DEMONICAL haben die Meute vom eröffnenden Suicide Throne an fest im Griff.

 

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Der Gastsänger aus der ersten Reihe: Matti Kärki (DISMEMBER)

Wem die DISMEMBER-Atmosphäre bis zum zweiten Track Slaughter Of All Hope nicht aufgefallen wäre, dem liefert das Quartett gleich noch den audiovisuellen Wink mit dem Zaunpfahl: Die Gastvocals übernimmt hier – live aus der ersten Reihe – der zufriedene Matti Kärki (DISMEMBER). DEMONICAL braten sich kompetent und mit Herzblut durch Songs wie Revel In Misanthropia, Death Metal, Burned Alive, Unholy Desecration und Leipzig 1942. Authentisch und sympathisch altmodisch – ein rundum-glücklich Death Metal-Wohlfühlpaket.

Mittlerweile gibt es im Club fast kein Durchkommen mehr. Lufttemperatur und –feuchtigkeit steigen in höhere Regionen auf ihrer Messskala. Der Bierkonsum weicht dem Vodkagenuss – kein Wunder, sind am Ende des Abends beide Getränkesorten ausverkauft. Irgendwo im heiteren Gewusel sind die Musiker des Abends mit dem Umbau beschäftigt und zwängen sich mit Kit und Kegel durch das Nadelöhr beim Eingang. Im Publikum macht sich die Vorfreude auf NECROPHOBIC breit. Hier und da finden Diskussionen zwischen Sammlern statt, welche über okkulte Übungsraummitschnitte aus den Demozeiten fachsimpeln. Andere unterhalten sich darüber, wie lange sie noch auf den Hrimthursum-Nachfolger warten müssen – schließlich ist auch das letzte Konzert in Stockholm schon einige Jahre her. Die ewige Black oder Death-Metal Diskussion ist hingegen weniger präsent – sei es weil es die Schweden nicht kümmert oder DJ HELLBE dies mit der eigens kreierten Stilbezeichnung Blöds Metal (ein Portmanteau aus Black und Döds Metal) für diesen Sprachraum hinreichend geklärt hat.

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Leidenschaftliche Interaktion mit den Fans – NECROPHOBIC

Dann ist es endlich soweit – das Intro The Slaughter Of Baby Jesus erklingt, NECROPHOBIC entern die Bühne. Mit dem Opener des Hrimthursum-Werkes – Blinded By Light, Enlightened By Darkness eröffnen die Stockholmer wuchtig ihren Gig. Anders als bei den letzten Auftritten hat Fronter Tobias wieder den Dienst an seinem roten Rickenbacker-Bass übernommen, den er verletzungsbedingt bei den letzten Gigs an WATAINs Erik abgegeben hatte. Von dieser Übergangszeit merkt man allerdings nichts – mit irrem Blick, der nötigen Boshaftigkeit und Energie nimmt Tobias seinen Doppeldienst wieder auf und huldigt mit seiner charakterstarken Stimme dem Satan, der Kälte und den anderen dunklen Mächten im NECROPHOBIC-Universum.

Und dieses ist voller Energie. Diese bindet das Publikum von der ersten Sekunde an die Band, welche in dieser Nacht mit alles einnehmender Leidenschaft einen sensationellen Gig spielt. Die Stimmung ist schon während dem starken Opener fast beängstigend ergreifend und spannungsgeladen. Die Ansagen auf Schwedisch lockern auf, ohne die Magie zu zerstören und egal ob Taste Of Black (vom Bloodhymns-Album), Frozen Empire oder Into Armageddon – das Stockholmer Publikum flippt komplett aus. Die überbordenden Gefühle werden mit Headbanging-Aktivitäten abreagiert, irgendwann landet auch noch ein Blumenstrauß auf der Bühne – Liebesgrüße aus Stockholm, die auch vor verzerrten Gitarren nicht Halt machen.

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Teufel, Tod und Temperament – Tobias und Sebastian

Die Ankündigung von Awakening…, dem The Nocturnal Silence-Opener, der mittlerweile auch schon 15 Jahre auf dem Buckel hat, wird mit Publikumsbegeisterung quittiert. Diese bricht nicht ab – egal ob NECROPHOBIC jüngere Songs wie The Crossing zocken oder die Darkside-Zeiten mittels Black Moon Rising und Spawned By Evil aufleben lassen. Lautstark brüllt die Menge die beschwörenden Formeln von Sitra Ahra mit – Chaos Magick Fire Death… und beteiligt sich genauso lärmig und hingebungsvoll am von Gitarrist Sebastian angezettelten Fuck You Christ-Intermezzo während Nailing The Holy One. Interessanterweise bleibt der der Mitbrüll-Chor auf Englisch trotz der schwedischen Instruktionen. Wesentlich universaler ist hingegen der andere Sprechchor, der den Tantogården an diesem Abend füllt und bei Luzifer wohl für schwefligen Freudenschweiss sorgt. Denn was dürfte den Höllenfürsten mehr erquicken, als ein Saal voller Schweden, die sich voller Inbrunst mit Satan Satan Satan die Seele aus dem Leib schreien?

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Seit 1989 hinter dem Kit – Joakim

Nach soviel Exklamation kann es nur noch The Nocturnal Silence geben. Noch einmal mobilisiert die Meute ihre Energie, bäumt sich auf. Unentwegt treibt Drummer Joakim Publikum und Bandkollegen an, die Gitarristen Johan und Sebastian flitzen nochmal über ihre Griffbretter. Fronter Tobias entführt ein letztes Mal in die lyrische Dämonenwelt. Ja, die Kräfte des Bösen sind da und der Höllenfürst ist angekommen. Damit schließt sich der Kreis – da braucht es keine Zugaben, denn mit The Nocturnal Silence ist alles gesagt.

Fotos: Arlette Huguenin D.

Flyer: DJ Hellbe

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