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SCORPIONS: Live at Wacken Open Air 2006

Schaut man sich diese DVD an, so haben die "alten Herren" definitiv einen ordentlichen Sturm entfacht und man ärgert sich noch mehr, nicht dabei gewesen zu sein.

A night to remember – A journey through time lautete der Nebentitel der SCORPIONS-Show 2006 beim WACKEN OPEN AIR. Ein wahrlich passender Titel, das zeigt diese DVD deutlich. Mit einer Setlist, für welche die Fans auf der Bandwebsite aus 50 Songs abstimmen konnten, liefern die SCORPIONS ein Programm voller Klassiker, die bei den älteren Rockern sicher Auslöser waren, mal in den hohen Norden zu pilgern. Bei reichlich jungen Metallern löste die Bestätigung der Heavy-Rock-Dinosaurier eher ein müdes Gähnen aus. Schaut man dann aber in die 60000 Gesichter vor der Bühne, dann sieht man eben diese Youngsters fröhlich und ausgelassen diese Oldies mitsingen und abfeiern. So mancher harte Bubi gab nach dem Festival mit rotem Gesicht reumütig zu, dass diese alten Säcke mächtig gerockt haben.

Da macht es umso mehr Spaß, diese verpasste Show nun auf DVD miterleben zu können.
Bei Klassikern wie Bad boys running wild, Big city nights, Black out und vielen mehr macht es einfach Freude, die Band in ihren dritten Frühling zu erleben. Es wird gepost und eine amtliche Show abgeliefert, wie es wohl nur bei dieser Generation stimmig ist. Wo sonst wäre es möglich, dass der Sänger permanent mit einer Hand voll Drumsticks über die Bühne läuft und sie immer wieder ins Publikum wirft. Klaus Meine ist bei überraschend guter Stimme, wie alt war der Mann noch mal? Mal zeigt er ein Travolta-Tänzchen, wedelt mit dem Tambourine über die Bühne und beherrscht den Kontakt zum Publikum. Die Band rockt frisch und spielsicher, als würde sie jedes Wochenende so eine Show spielen. Das macht sie zum Glück nicht, die SCORPIONS machen sich bewusst rar und überzeugen lieber durch gute als durch viele Shows.

Getreu dem Motto des Abends präsentiert man heute die komplette Bandgeschichte und nutzt das Heimspiel, frühere SCORPIONS-Kollegen auf die Bühne zu holen. Für Picture life, Speedy´s coming und We´ll burn the sky aus der für mich immer noch spannendsten Zeit der Hannoveraner Rocklegende 75-78 kommt Überhippie ULI JON ROTH (ELECTRIC SUN, SKY OF AVALON, U.J.R. SKY ORCHESTRA) auf die Bühne. Mit seiner Bühnenpräsenz und seinem spacig-klassisches Gitarrenspiel bereichert Roth die Show und hinterlässt eine angenehme Gänsehaut, auch wenn sein Sound nicht ganz optimal und etwas kraftlos ist.
Dann ist es irgendwann Zeit für MICHAEL SCHENKER (MSG, UFO) auf der Bühne zu stehen. Das macht er dann ausgiebig, bei Coast to coast, Lovedrive, der Ballade Holiday und Another piece of meat steht er fernab dieser Welt regungslos wie eine Wackener Parkuhr im Januar auf der Bühne und denkt nicht einmal daran, seinen Status als einzigartiger Gitarrist zu untermauern (oder wieder zu beleben) und bestätigt lieber das altbekannte Bild. Dass Matthias Jabs statt wie erhofft MICHAEL SCHENKER die Leads spielt und ausgerechnet bei diesen Songs deutliche Unsauberkeiten im Gitarrenspiel auszumachen sind, nun, vielleicht lag es ja am aufsteigenden Körpergeruch der schwitzenden Fans. Schade, passender wäre es gewesen, ähnlich ULI JON ROTH dieser großen Band Respekt zu zollen und die Show zu nutzen, um seine alten Fans zu beglücken und vielleicht jüngere Metaller für sich zu gewinnen.

Dann ist es, wie bei Rockdinos so üblich, Zeit für ein Drumsolo, dass mit wenig Spannung und schlichtweg viel zu lange eine angenehme Atempause für die Kollegen ist. 99,7% des Publikums war es sicher egal, ob ein Drummer tolle Paradidel oder Ghostbeats drauf hat, die wollen Rock. Zum Ende hin betritt dann auch Ex-Drummer Herman Rarebell (HERMAN ZE GERMAN) den Podest, um noch etwas mitzutrommeln und nach endlosem Rumgedrumme mit der Band Blackout und No one like you zu spielen. Nach Jabs Gitarrensolo, das ebenfalls recht unspannend, aber wenigstens kürzer als das Drumsolo wohl unverzichtbar ist, rockt man noch mal ordentlich die Maisfelder, um mit Can´t get enough energisch den Schlusspunkt zu setzen.

Welche Position die SCORPIONS beim Thema Kuschelrock haben, das wird schnell deutlich – welche Band kann es sich sonst erlauben, als erste Zugabe eine Megaballade wie Still loving you zubringen, und all die Splattershirt-Bubies und Blackie-Girlies wedeln mit dem Feuerzeug in der Hand und Tränen in den Augen im Schmusetakt mit? Wenn die Kamera über das Publikum schwenkt und man sieht böse Hünen im Death-Metal-Shirt den Refrain mitsingen, wenn das Mami sieht… Toll!

Dann wird es noch mal voll auf der Bühne, ULI JON ROTH und MICHAEL SCHENKER sind noch mal dabei, bestätigen dabei noch mal die Eindrücke von vorher im Positiven wie auch im Negativen. Mein Alltime-Fave In trance hat so manche schmerzhafte Tonfolge zu ertragen, schade. Da können ROTH und Jabs dann auch nicht viel retten. Dann gibt es einen Ausflug mit Ravel`s Bolero, wo ULI JON ROTH seiner klassischen Ader freien Lauf lassen kann, Herman Rarebell an einem Minischlagzeug noch mal seinen Spaß hat und Rudolf Schenker sich mit Schleich- und Handstandeinlagen zum Kasper macht. Was bei anderen Bands krank wäre, nun, hier passt es irgendwie rein und lockert die Show noch mal auf. Warum Schenker-Junior Tyson ebenfalls mit auf der Bühne steht, nun ja, es sollte ja ein Familientreffen werden. Nach einem Aufmarsch des gigantischen Roboscorps, der in bedrohlicher Größe die Bühne erkrabbelt und seinen beachtlichen Stahlstachel gen Nordhimmel reckt, ist dann passend mit einem amtlichen Rock you like a hurricane endgültig Schluss.

Schaut man sich diese DVD an, so haben die alten Herren definitiv einen ordentlichen Sturm entfacht und man ärgert sich noch mehr, nicht dabei gewesen zu sein. Diese DVD, die außer dem Konzert mit toller Kameraführung und klasse Sound in Stereo und Dolby Digital 5.1 nicht mehr bietet, ist ein tolles Stück Rockgeschichte und ist für Dabei gewesene und WACKEN-Verpasser eine prima Sache. Sie macht Spaß bei ´nem Bier in fröhlicher Runde und auch bei einem gepflegten Glas Rotwein, wenn man diese immer noch große Band für ihr Lebenswerk würdigen will.

Veröffentlichungstermin: 07.12.2007

Spielzeit: 138:00 Min.

Line-Up:
Klaus Meine – Vocals
Rudolf Schenker – Guitars, Backing Vocals
Matthias Jabs – Guitars, Backing Vocals
Pawel Maciwoda – Bass, Backing Vocals
James Kottak – Drums, Backing Vocals

Gäste:
Uli Jon Roth – Guitars
Michael Schenker – Guitars
Herman Rarebell – Drums
Tyson Schenker – Guitars

Label: Sony BMG

Homepage: http://www.the-scorpions.com

Tracklist:
1. Coming home
2. Bad boys
3. The zoo
4. Loving you Sunday morning
5. Make it real
6. Picture life
7. Speedy´s coming
8. We´ll burn the sky
9. Love ém or leave ´em
10. Don´t believe her
11. Tease me please me
12. Coast to coast
13. Holiday
14. Lovedrive
15. Another piece of meat
16. Kottak attack (Drum solo)
17. Blackout
18. No one like you
19. Six string sting (Git.-Solo)
20. Big city nights
21. Can´t get enough
22. Still loving you
23. In trance
24. Bolero
25. Ready to sting (Roboscorp)
26. Rock you like a hurricane

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