ULVER: Shadows of the Sun

In memory of us all.

Wenn ULVER eines nie verleugnet haben, dann sind es sie selbst. Stets dem Gefühl folgend pendelten die Norweger zwischen Folk, Black Metal, Trip Hop, allen möglichen elektronischen Stilrichtungen und Avantgarde, dabei blieb der Grundtenor immer der gleiche: Düster, tragisch, elegisch, erhaben. Deshalb lassen sich echte Fans der Band auch niemals von Genregrenzen abschrecken, im Gegenteil: Nach Blood Inside ist die Freude groß, ULVER wieder scheinbar minimalistisch zu erleben. Das Resultat ist ein Album, das sowohl Ausnahmewerke wie Nattens Madrigal als auch Perdition City erblassen lässt.

Aber vergleichen lässt sich Shadows of the Sun nicht wirklich mit den Vorgängeralben. Das hier ist persönlicher, trauriger, intensiver, ehrlicher. Zwar lassen sich die einzelnen Stücke zunächst nicht unbedingt auseinander halten und auch wirkt das Album recht gleichförmig, da nur bei ganz wenigen Songs richtige Rhythmen und Schlagzeugspiel vorkommen. Dass es so was gar nicht braucht, merkt man jedoch sehr schnell – denn jeder Song hat eine eigene Identität, die wunderbar fließend in den nächsten Track übergeht, wie in einem tragischen Film. Das beginnende Eos ist pure Trauer, monoton, leise, feierlich und wartet mit einem herzzerreißendem Schluss auf. Ebenso Vigil und das großartige BLACK SABBATH-Cover Solitude. Gerade bei letzterem zeigen ULVER ihre Offenheit und schließen den Song wunderbar in ihre Arme.

Richtig intensiv sind All the Love, das noch am ehesten in die Blood Inside-Richtung tendiert und auch leicht abgefahren ist, aber dennoch die Essenz von Shadows of the Sun deutlich in sich hat, genau wie das erlösende Let the Children Go, das wie pure Magie wirkt. Ebenso magisch ist Funebre, das eine Beerdigung beschreibt und auch wie eine solche an einem düsteren Herbsttag klingt. So richtige Schwachstellen hat Shadows of the Sun nicht, mit dem Titeltrack werde ich auch nach enorm vielen Durchläufen nicht nimmer ganz warm, manchmal wirkt er leicht wie ein Fremdkörper. Das eigentlich wunderschöne Like Music weist in der zweiten Hälfte durch ausgiebige Celloklänge ein paar Längen auf.

Die Instrumentierung des Albums ist erstaunlich, wenige Synthesizer, dafür viele klassische Instrumente, Streicher, Bläser und Klavier geben dem Album einen sehr warmen Touch, weshalb Shadows of the Sun viel mehr ein avantgardistisches denn ein elektronisches Album ist. Auch schön, dass sich die Band gerne zurückstellt, damit sich die Streicher gut entfalten können. Von den jazzigen Trompeten ganz zu schweigen, die jagen stets einen Schauer über den Rücken. Dieses Werk ist auch ein Solches, das mehr songorientiert ist, als seine Vorgänger, denn die neun Stücke brennen sich gnadenlos ins Hirn des Hörers um ihn immer wieder unvermittelt zu überfallen. Das Songwriting ist wirklich großartig, Kristoffer G. Ryggs samtweicher Gesang sogar noch besser. Tief, leise, manchmal auch sakral, immer absolut passend zur Musik.

Das siebte Album von ULVER ist ein weiterer Schritt in Richtung Perfektion, ein weiterer Schritt in der Evolution der norwegischen Ausnahmeband. Keine Scheibe, die man immer und überall hören kann, aber eine betörend schöne Unterlegung für die düstersten Momente des ganz normalen Lebens. Und gerade deshalb so wertvoll. Wie es so schön im Booklet steht: In memory of us all.

Veröffentlichungstermin: 1. Oktober 2007

Spielzeit: 39:55 Min.

Line-Up:
Kristoffer Rygg – Vocals, Producer
Tore Ylwizaker – Keyboards, Producer
Jørn H. Sværen

Gastmusiker:
Oslo Session String Quartet
Hans Josef Groh – Cello
Dorthe Dreier – Viola
André Orvik – Violin
Vegard Johnsen – Violin

Mathias Eick – Trumpet
Christian Fennesz – Supplemental shimmer
Espen Jørgensen – Acoustic guitar, electric guitar
Pamelia Kurstin – Theremin

Produziert von ULVER
Label: Jester Records

Homepage: http://www.jester-records.com/ulver

Tracklist:
1. Eos
2. All the Love
3. Like Music
4. Vigil
5. Shadows of the Sun
6. Let the Children Go
7. Solitude
8. Funebre
9. What Happened?

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