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MOUNTAINS OF DEATH FESTIVAL VII

Musikalisch regiert am MOUNTAINS OF DEATH die multigutturale Brutalität – und daneben die familiäre Stimmung und die eindrückliche Bergkulisse.

Das Festival

Freitag, 17.08.2007:

Bloody Butchery | Eternal Bleeding | Embalming Theatre | Goryptic | Jig-Ai | Degrade | Severe Torture | Immolation | Blockheads

Samstag, 18.08.2007:

Miasma | Crepitation | Amagortis | Ingested | Defeated Sanity | Avulsed | Gorgasm | Dying Fetus | Malignant Tumour

Das Festival

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Das MOUNTAINS OF DEATH geht heuer bereits in die siebte Runde. Trotz stetigem Wachstum – die einstige Ticketbeschränkung von 666 Stück ist lange vergessen, und dieses Jahr tummeln sich an die 1150 Besucher aus dem In- und Ausland auf dem Festival – hat das MOUNTAINS OF DEATH nicht nur dank der stilistischen Kompromisslosigkeit seinen Charme behalten. Musikalisch regiert die multigutturale Brutalität – und daneben die familiäre Stimmung, die eindrückliche Bergkulisse und die saubere und zweckmäßige Einrichtung.

Letzteres lässt sich beispielsweise auf die Klos münzen. Anders als viele große Festivals, setzt das MOUNTAINS OF DEATH nicht auf Dixieklos, sondern auf mobile Toiletten inklusive Spüle, genügend Papier und Waschbecken. Dies mag nicht in einem großen finanziellen Profit resultieren – aber es feiert sich einfach besser, wenn man die sanitären Anlagen nicht zu fürchten braucht. Und ja, es wäre schön, wenn andere Festivals diesem Beispiel folgen würden…

Die außermusikalischen Qualitäten zeigen sich auch in der Wahl der Verpflegungsmöglichkeiten. Zum MOUNTAINS OF DEATH dazu gehört der Schwyzer Piskin Orient Imbiss, der leckere Falafel und Kebabs zu angemessenen Preisen bietet. Neu dabei ist dieses Jahr auch ein Mah-Meh-Stand, was insbesondere die Vegetarier freut, die so mehr Wahlmöglichkeiten erhalten. Ebenfalls im kleinen Essenssektor steht ein bodenständiger Wurststand, wo neben Bratwürsten, Cervelats und Pommes auch die MOUNTAINS OF DEATH-Kreation Brotsandwich (das auch unter dem Namen Brotschnitzel geführt wird) bezogen werden kann.

Impressionen
Stagediving ist Lifestyle – am Mountains of Death Festival muss man auch mit nackten Tatsachen rechnen

Gleich neben den Foodständen befindet sich das Merchandisezelt, in dem nicht nur die auftretenden Bands ihre CDs und Shirts verticken, sondern auch Schweizer Mailorder und Plattenläden wie NECRONOS, FASTBEAST oder der JAPANISCHE KAMPFHÖRSPIELE-Entdecker SYSTEMATIC HUMAN DEATH SOCIETY (Ex-BLUTWURSCHT). Die Preise sind angenehm tief, die vielerorts zu beobachtende Plage des Merchandise-Goldeselmelkens ist noch nicht in die Tiefen des Muotathals vorgedrungen. Dafür gibt es einige Neuerungen im Festivalmerchandise – neben T-Shirts verkaufen die Organisatoren nun auch coole Postkarten des Festivals, die mit insgesamt fünf Motiven aufwarten. Schließlich freuen sich die Omis immer über Postkarten ihrer Enkel – zumal die Karten ja keine Klänge von sich geben. Erstmals gibt es zudem einen festivaleigenen Becher, der fortan fleißig mit Bier gefüllt werden kann.

Dieses gibt es in dem rechts von der Bühne situierten Partyzelt, das bereits seit Donnerstagabend geöffnet ist. In den Spielpausen wird es vor allem mit Brutal Death-Klängen beschallt, und bis zum Festivalende werden über 5000 Liter Bier über den Tresen gehen. Die Getränkepreise sind angemessen – drei Deziliter Bier gibt es für vier, Nicht-Alkoholisches und Shots für drei und Longdrinks für zehn Schweizer Franken. Hinter dem Tresen stehen geeichte Metal-Baristas, die einem die Trinkwünsche offenbar von den Lippen lesen können und die trinkbaren Genüsse kompetent servieren. Die reichlich vorhandenen Festbänke laden ebenfalls zum Verweilen und Feiern ein (oder dienen als Sprungbrett fürs Crowdsurfing im Barzelt), was hier nach dem Motto duräsickä auch bis in die frühen Morgenstunden betrieben wird.

Freitag, 17.08.2007

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BLOOD BUTCHERY

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Blood
Noch etwas scheu, aber ein solider Auftakt – BLOODY BUTCHERY aus dem Jura

Pünklich um drei Uhr nachmittags eröffnen BLOODY BUTCHERY den diesjährigen MOUNTAINS OF DEATH-Bandreigen. Zwar ist das Gelände noch nicht sehr gefüllt, da nicht wenige Festivalgänger wohl doch zuerst noch ihren Freitagssoll am Arbeitsplatz erfüllen müssen und ein rechtzeitiges Abschwirren ins Muotathal nicht zum Machbaren gehört. Die jurassischen Death Metaller machen indes gute Miene zum noch relativ großen Abstand zwischen Bühne und Publikum und spielen sich durch ihren Todesstahl, in dem sowohl schleppende Parts als auch fricklige Uptempo-Passagen ihren Platz finden. Florians Ansagen auf Englisch mit starkem französischen Akzent wirken zwar noch etwas scheu und sind allzu leise, doch man merkt, dass das Quartett darum bemüht ist, sich in die Herzen der Zuhörerschaft zu kloppen. So wird primär gegrunzt und auch mal gefrognoist, um Songs wie Serial Horsefucker, Sodomized the mummified baby, Grandmother disembowlement, Feasting on the vegan cadavers oder Fisticunt an den geneigten Sickfuck zu bringen. Trotz Ansagen wie Fucking between two pieces of nice beefsteak. It`s nice to fuck between two pieces of meat. Ecstasy! zum Song Beef Steak Orgasm, wirken BLOODY BUTCHERY noch etwas allzu hüftsteif. Das täuscht jedoch nicht darüber hinweg, dass technisch einiges in der jurassischen Rappelkiste zu holen ist. Hoffentlich lässt sich in Zukunft nicht nur Basser Bart zu mehr Bewegung hinreißen, dann wird der Applaus aus dem Publikum auch weniger verhalten ausfallen als bei diesem Auftritt. Insgesamt jedoch ein solider Auftakt fürs MOUNTAINS OF DEATH.

ETERNAL BLEEDING

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Eternal
Drummer Bazo liebt nicht nur sein Schlagzeug, sondern hat auch eine enge Beziehung zum Gesangsmikrophon – ETERNAL BLEEDING

Nach vierzig Minuten BLOODY BUTCHERY lädt die jeweilige halbstündige Umbaupause am MOUNTAINS OF DEATH zur Nutzung des restlichen Festivalgeländes ein, was bei den meisten Besuchern die Beschaffung von Bier miteinschließt. Kurz nach vier betreten die Slowaken von ETERNAL BLEEDING die Bühne und liefern eine Vorstellung in Sachen Brutal Death Metal ab. Kurze, an SLAYER gemahnende Gitarrensoli wie im Opener sind beim Trio allerdings Mangelware, es dominiert brutales Gebolze, das durch hier und da auftretendes Gefrickel kaum aufgelockert wird. Obwohl Songs wie Intestinal grinder oder Bleed with me von der aktuellen Split mit EMETH zeigen, dass die Slowaken ihr Handwerk technisch durchaus verstehen, fehlt es den Tracks am gewissen Etwas, um einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Mehr Interesse zieht da schon Drummer Bazo auf sich, der sich immer wieder als kompetenter Duettpartner zu Fronter Lukas erweist. Hierbei fällt auf, dass sich der Schlagzeuger in seiner Doppelrolle nicht auf ein Headset verlässt, sondern seine Grunzattacken in ein Mikrophon auf separatem Ständer richtet. Gegen Ende des Sets hat sich die Meute vor der Bühne merklich vergrößert, und insbesondere bei schleppenden Parts à la SUFFOCATION lässt sich hier und dort eine aufkommende Bewegungsmotivation erkennen. Insgesamt profitieren ETERNAL BLEEDING also von ihrer vorhandenen Routine und am Ende ihres Sets ist klar: Das MOUNTAINS OF DEATH-Publikum ist erwacht.

EMBALMING THEATRE

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Embalming
Glänzen mit einer perfekt-verrückten Grindcore-Show – EMBALMING THEATRE

Im ersten Augenblick fragt man sich, ob man träumt oder wach ist, als die Schweizer Grinder EMBALMING THEATRE auf der Bildfläche erscheinen. Dass die fünf Jungs bezüglich krankem Humor und massenunkompatiblem Geschmack keine Grenzen kennen, zieht sich nicht nur wie ein roter Faden durch ihre umfangreiche Diskographie. Nein, die Grindcoreler unterstreichen diese Attitüde immer wieder auch durch ihre Live-Auftritte – dieses Mal bedeutet es, dass das gesamte Quintett in kleinen Tigerkostümen auftritt und diese unmodisch stilsicher mit gelben, beziehungsweise rosaroten Socken und Boxershorts kombiniert. Die Zweifel, ob das offensichtlich für Kinder konzipierte Tigeroutfit seine Bewegungsfreiheit beeinträchtigt, prügelt Drummer Heinz (DISPARAGED) mit technischer Präzision und schönster Stickhaltung bereits im ersten Song aus sämtlichen Gehörwindungen raus. Und nach dem Opener ist trotz der Ansage Merci, wir sind Embalming Biene Maja klar, dass hier nur EMBALMING THEATRE am Werk sein können. Perfekt aufeinander eingespielt, mit viel Freude und Spaß geben sich die Schweizer ihrem herben Grindcore hin, der immer wieder durch kurze Ausflüge in den todesmetallischen Sektor angereichert wird.

Sänger Marco verausgabt sich auf der Bühne und zieht selbst als kleines Tigerlein – wohlgemerkt mit viel Wut im Bauch – das Publikum in seinen Bann. Dieses zeigt sich zunehmend aktiv und es dauert nicht lange, bis die ersten Stagediver und -diverinnen die Bühne in Beschlag nehmen. EMBALMING THEATRE trümmern ihrer Zuhörerschaft nicht nur Songs wie Topless, but mummified, 4 brains, one hand and one foot in my luggage und We ate daddy von ihrem Album Sweet chainsaw melodies um die Ohren, sondern auch ältere Tracks der Marke Dead stolen Hector. Der METAL DIE HARD FRONT wird mit Baby in the fridge geehrt und zwecks Instant-Moshpitbildung greifen EMBALMING THEATRE geschmackssicher zu NASUMs Cut to fit. Fronter Marco führt mit, in charmantem Schweizerdeutsch erzählten kleinen Stories, durch die Vorstellung und nicht nur die Hintergrundgeschichten von Vasectomy by lobster und Back with head – letztere handelt von einem Mann, der verwirrt und mit grindcore-kompatiblem Gepäck an einer Tankstelle in Deutschland aufkreuzt – entlocken den Zuhörenden das erwünschte Gelächter. Für das Ausklopfen seiner rosa Socken im Vorfeld von Shoes made of human skin erhält er ebenfalls Szeneapplaus. Eher ungewöhnlich hingegen die Einlage von Drummer und Gitarrero, die zusamen ein deutsches Volkslied über ihre geliebte Ziege intonieren – selbst eine Jodeleinlage wäre im Rahmen eines EMBALMING THEATRE-Gigs wohl durchaus normal. Kurz nach der Interpretation des NAPALM DEATH-Tracks Lucid Fairytale ist dann Schluss, aber EMBALMING THEATRE haben einen mehr als bleibenden Eindruck hinterlassen – sowohl musikalisch als auch in Sachen Stageacting. Es braucht schließlich gestandene Grindcore-Männer, um Tigerkostümchen zu tragen.

GORYPTIC

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Goryptic
Einsatz bis aufs Blut von Fronter Damien – GORYPTIC

Gegen halb sieben entern GORYPTIC die Bühne und geben von Anfang an Vollgas in Sachen Brutal Death Metal. Allerdings will die Chose nicht so ganz zünden und die Stimmung ist vor allem zu Beginn deutlich weniger ausgelassen als bei EMBALMING THEATRE – daran ändert auch ein Track wie Circle pit wenig. Die Songtitel werden grunzend als blurghblarhgbraaa (sinngemässe phonetische Schreibweise) deklariert, Stacking stilborn, Visceral hate, Ill-treated, Stupid spoiled whores oder Malformed pig fetus treffen die Bezeichnungen allerdings eher. Obwohl sich Fronter Damien die Augenbraue mit seinem Mic blutig schlägt und auf den PA-Boxen herumklettert- getrieben von brutaler Ekstase – schaffen es die Songs der Franzosen nicht, einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Meistens wirkt das Material eher wie hektisch zusammengeworfene Riffs, die wenig Wiedererkennungswert aufweisen – da nützen auch die Slappeinlagen von Bassist Jon nichts. Brutales, zeitweise unpräzises Geholze mit nur wenigen Groove-Einlagen dominiert, und trotz anständigem Applaus will der Funke nicht so recht überspringen. Springen hingegen tut ein Stagediver – und zwar ziemlich genau ins Nichts. Die Landung ist entsprechend hart und wer meint, dass dies das hartgesottene Publikum nicht schocken kann, irrt. Nach dem ersten Schreck sieht man zu, dass der Verunglückte zur Sanität kommt, dank der er dann den Rest des Festivals auch wieder genießen kann. Der Auftritt von GORYPTIC wird durch diesen Zwischenfall indes nicht beeinträchtigt, gegen Ende darf dann auch noch ein Zuschauer seine Grunzkünste während der Zugabe darbieten. Insgesamt dennoch ein Auftritt, der es lediglich knapp an die Durchschnittsmarke schafft.

JIG-AI

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Jig-Ai
Lassen jedes Aerobic-Training wie Relaxen auf der Couch aussehen – JIG-AI

Ganz klar über der Durchschnittsmarke positionieren sich hingegen JIG-AI, und daran ändert auch der ausgefallene Bass im ersten Song nichts. Bereits zum zweiten Mal dieses Jahr beehren die ausgeflippten Prager die Schweiz, und auch dieses Mal steht Grindcore mit vollem Körpereinsatz auf dem Programm. Gitarrist Brain vollführt erneut seine wilden Sprünge, wälzt sich auf der Bühne und lässt mit seiner Performance durchaus zu, dass man JIG-AI als Aerobic Grindcore bezeichnen darf. Dem Charme der Tschechen vermag sich kaum einer zu entziehen und das stetig wachsende Publikum applaudiert lautstark zwischen den Nummern. Neue Songs à la Vaginal scratching kommen genauso gut an wie Nummern des aktuellen Outputs Jig-ai, und weder die nun aufziehenden dunklen Wolken noch der Stagediving-Zwischenfall von vorhin halten die Stagediver von ihren Aktivitäten während des JIG-AI-Gigs ab. Glücklicherweise gehen diese jedoch wesentlich glimpflicher aus während dem Gig des überaktiven Trios. Nach dem, mit einer witzigen Story eingeleiteten Extruding testicles through garlic press, ist erst mal Schluss, doch dem lautstark geäußerten Verlangen nach einer Zugabe können auch die tschechischen Grindcoreler nicht widerstehen. Als Extraschmankerl gibts also eine Coverversion von BRUTAL TRUTHs Stench of profit, was mit einer heillosen Moshpit-Aktivität vor der Bühne goutiert wird. Fazit: sympathische Band, geile Performance – gerne wieder!

Degrade
Geben sich im todesmetallischen Sinne gerne unschwedisch brachial – DEGRADE

DEGRADE

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Als DEGRADE ihr Set gegen neun Uhr abends beginnen, hat sich die Dunkelheit über das Muotathal gelegt und die Temperaturen sind deutlich frischer. Die Anzahl der nicht so frischen Angetrunkenen hat ebenfalls merklich zugenommen, doch das hält das ausgelassen reagierende Publikum nicht davon ab, bereits früh im DEGRADE-Set einen veritablen Moshpit zu bilden. Das Quintett tönt trotz seiner Herkunft entschieden unschwedisch im todesmetallischen Sinne und frönt stattdessen den brachialen Brutal Death-Klängen. Diese werden mit wuchtigen, stampfenden Groove-Parts angereichert, und die Schwedentruppe erweist sich als geölte Killermaschine, egal ob sie sich alten Songs wie Degrade into worms widmet oder neuem Material, wie dem Titelsong vom aktuellen Album Lost torso found huldigt. Der Sound ist angemessen und drückt ordentlich, so dass Tracks wie Repulsive gore, Hanged and disembowled, United in brutality und Prenatal butchery ihre Wirkung nicht verfehlen und mehrere Stagediver zum Fliegen bringen. Fronter Manne zeigt sich nicht nur als eindrücklicher Grunzer, sondern auch als konditionsstarker Kreisbanger, dessen Energie auf das Publikum überspringt. Der Charme des DEGRADE-Energiebolzens verfehlt seine Wirkung also nicht, dem vehement geäußerten Wunsch nach einem Encore kommen die Schweden in Form von Drastical Dismemberment dann auch nach. Ne runde Sache!

SEVERE TORTURE

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Severe
Die Frisur sitzt, die Töne auch – SEVERE TORTURE

Kurz nach zehn klopfen EMBALMING THEATRE in trauter Runde einen Jass im Partyzelt, und daran ändern auch die ersten Töne von SEVERE TORTUREs Set nichts. Soundtechnisch von Serge Spiga (CREMATION), der sich das Mischpult mit seinem Bieler Kollegen Marc Brusi teilt, kompetent versorgt, bläst die niederländische Brutal Death-Walze technisch versiert zum Angriff. Basser Patrick lässt seine blonde Mähne kreisen und bearbeitet seine Tieftöneraxt, während die Gitarristen Thijs und Marvin sowohl klare Hooklines, frickelige Soli als auch brachiales Gebretter zum Besten geben. Im Moshpit geht es ausgelassen zu und her und die Bewegungsmotivation ergreift immer weitere Kreise des Publikums. Lichttechnisch schaffen grün-blauer Schein, der dezente Einsatz von Strobos und Kunstnebel eine gespenstische Atmosphäre, die durch die riesige Felswand hinter der Bühne beinahe bedrohlich wirkt. SEVERE TORTURE geben unterdessen einen Querschnitt durch ihr Schaffen. In die Setliste schaffen es so unter anderem Mutilation of the flesh (vom Misanthropic carnage-Album), aber auch Repell to kill oder das IMMOLATION gewidmete End of Christ. Egal ob altes Material oder Tracks vom aktuellen Output Sworn Vengeance – die Holländer zeigen sich als routinierte, perfekt aufeinander abgestimmte Truppe, die auf Verrücktheiten und übermäßige Publikumsinteraktion verzichtet. Ebenfalls klar wird, dass sich das Niveau der Auftretenden merklich gesteigert hat in der Zwischenzeit, was sich primär im Songwriting abzeichnet. Die Fans verbergen ihre Begeisterung für den Holland-Vierer nicht. Neben den üblichen Stagedivern befinden sich immer wieder Begeisterte auf der Bühne, die in kleinen Gruppen am Bühnenrand bangen und erst bei krassen Ausuferungen von der Stage Security zurück in den Pit gebeten werden. SEVERE TORTURE lassen sich von der typischen MOUNTAINS OF DEATH-Fannähe nicht beirren und prügeln sich kompetent durch ihr Set. Am Ende ist klar, dass die Latte hoch gesetzt ist – und dass eine Steigerung wohl nur durch eine Band mit dem Kaliber von IMMOLATION bewerkstelligt werden kann.

IMMOLATION

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Immolation
Voller Power den Headliner-Status rechtfertigen – an IMMOLATION kam an diesem Abend niemand ran

Zur Geisterstunde entern IMMOLATION die Bühne und machen von der ersten Sekunde an klar, dass ihre Headlinerposition völlig gerechtfertigt ist. Gleich von Beginn an haben sie die anwesende Meute fest im Griff, und jemand aus dem Moshpit wirft von Freude getrieben seinen Becher Bier in die Luft – der Inhalt begießt den Moshpit. Das ist den Anwesenden allerdings ziemlich egal, denn das New Yorker Death Metal-Urgestein fesselt die Publikumsaufmerksamkeit an sich. Dies geschieht nicht nur mit Swarm of terror vom Harnessing ruin-Album, das Fronter Ross den Kollegen von SEVERE TORTURE widmet, sondern auch mit der göttlichen Peformance der Amerikaner, die perfekt aufeinander eingespielt sind. Jedes Riff, jeder Ton sitzt, wo er sitzen muss. IMMOLATION werden zudem soundtechnisch von Mischer Spiga eindeutig besser in Szene gesetzt als an der diesjährigen Ausgabe des PARTY.SAN-Festivals, sodass sie ihre Magie mit wuchtigem, satten Sound entfalten können.

Zu den älteren Songs gesellt sich auch neueres Material vom letzten Werk Shadows in the light, das etwa mit Tarnished vertreten ist. Das Publikum nimmt die jüngeren Tracks à la World Agony so positiv auf wie die älteren der Marke Christ`s Cage, denn es gilt nur eins: Es ist IMMOLATION. Der charismatische Ross hat die Fanschar fest im Griff und widmet der MOUNTAINS OF DEATH-Crew den Shadows in the light-Titeltrack – nachdem er mit einem Blick auf die gegenüberliegende Felswand bekundet hat, die Namensgebung des Festivals nun zu verstehen. Die Meute dankt es den New Yorkern mit lautem Applaus, einem ausgedehnten Moshpit und fröhlichem Stagediven – letzteres wird unter anderem von MORTAL FACTOR-Fronter Amadé fleißig betrieben, was ihm einen Zahn kostet, aber der herrschenden Begeisterung keinen Abbruch tut. Mit leuchtenden Augen erklären nach diesem intensiven Auftritt auch gestandene Death Metaller IMMOLATION zu Gott – und Gegenargumente lassen sich angesichts dieser Performance beim besten Willen keine finden.

BLOCKHEADS

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Blockheads
Schnörkelloser Grindcore zu später Stunde – BLOCKHEADS

Die nachfolgende halbe Stunde Umbauzeit birgt ihre Gefahren. Manche sind vom IMMOLATION-High komplett hin und weg und stürzen nun gepflegt bei Bier und Schnäppsliii im Partyzelt ab – wo sie vom DJ mit hämmernden Brutal Death-Klängen akustisch versorgt werden. Die fortgeschrittene Stunde spürt man indes nicht nur im Partyzelt, sondern auch an so hehren Orten wie dem Damenklo – dort empört sich eine betrunkene Deutsche über die besetzten Klos, die hohe Anzahl anwesender Schweizer und krönt die Deklaration ihrer Beschränktheit mit der Aussage: Ich pisse ins Waschbecken. Waschbecken ist Kriiiieg, ihr Wichser!. Es fällt schwer, ein lautes Auflachen zu vermeiden. Umso besser, dass kurz vor zwei endlich die BLOCKHEADS die Bühne betreten.

Die alteingesessenen französischen Grinder sind ihrer Rolle als Rauschschmeißer durch und durch gewachsen. Schnörkelloses, brachiales Grindcore-Gebolze dröhnt aus den Boxen, und das noch vorhandene Publikum kommt der Aufforderung zur Circle Pit-Bildung sofort nach. Die letzten Kräfte nach dem IMMOLATION-Gig werden mobilisiert, und die teilweise crustigen Passagen verfehlen ihre Wirkung auf die Meute nicht. Stilistisch kommen durchaus Erinnerungen zu den letztjährigen Rausschmeißern MUMAKIL auf, diesen wird auch prompt ein Song gewidmet. Fronter Xav gibt sich trotz Verband am rechten Knie wild und hüpfwütig. Der Franzose schreckt auch nicht davor zurück, das Mikro in seinem Mund zu versenken. Selbst wenn er das Mikro in üblicher Art und Weise benutzt, resultiert dies nicht notwendigerweise in deutlichen Songansagen. Klar wird hingegen: Die BLOCKHEADS mögen die alten Zeiten von NAPALM DEATH. Und die BLOCKHEADS mögen keine Faschos, wie die erste Zugabe, ein anti-fascist song nahelegt. Spielerisch machen die Franzosen ebenfalls eine gute Falle. Drummer Nico verzichtet auf Trigger und liefert eine tighte, überzeugende Performance. Basser Raph erstaunt mit seiner T-Shirtwahl, die ihn als Fan von DARKTHRONEs The Cult is Alive outet und malträtiert seinen stilvollen Rickenbackerbass – somit vermag insbesondere die Rhythm-Sektion zu begeistern. Nach zwei Zugaben ist Schluss mit Live-Performances.

Sendeschluss ist indes noch lange nicht. Im Partyzelt wird weiter gefeiert. Trotz der klaren Brutal Death Metal-Dominanz in der Playliste kommen auch Klassiker von RAGE AGAINST THE MACHINE (Killing in the name), PANTERA (Walk) oder SLAYER (Angel of death) zum Zug und werden lautstark mitgegröhlt. Einer Freinacht steht nichts im Weg und die klare, regenfreie Nacht lässt auch ein beschaulicheres Abhängen am großen Lagerfeuer gegenüber des Zeltplatzes zu. Dass die eingangs verteilten MOUNTAINS OF DEATH-Verhüterli in dieser Nacht nicht allesamt unbenutzt bleiben, versteht sich ebenfalls von selbst – dem belebenden Effekt der Schweizer Bergluft kann sich schließlich niemand entziehen.

Samstag, 18.08.2007

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MIASMA

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Miasma
Höflich und trotzdem guttural-brutal – Fronter Alex von MIASMA

Zwar finden am Samstag mehr Leute den Weg ans Festival, aber als MIASMA um halb drei die Bühne betreten, ist vom größeren Publikumsstrom noch nicht viel zu fühlen, denn zu mächtig ist die Katerstimmung nach der durchzechten Freitagnacht. Dennoch haben die erst 2004 gegründeten MIASMA aus dem Tessin sichtbar eine Heidenfreude daran, am MOUNTAINS OF DEATH auftreten zu dürfen, obgleich die junge Band noch etwas scheu wirkt auf den Brettern, die die Welt bedeuten. Musikalisch konzentrieren sich die Tessiner auf ihren Brutal Death Metal, der mit einigen Breaks aufgelockert wird. Leider setzt man dabei auf getriggerte Drums, was die Dynamik doch negativ beeinflusst. Fronter Alex macht dies durch manisches Schwingen seiner blonden Mähne wett und bittet in den Songpausen freundlich nuschelnd um etwas mehr Präsenz vor der Bühne. Dieser höflichen Aufforderung kommen an die 20 Nasen tatsächlich nach und Applauspegel sowie Bewegungsfaktor nehmen kurzeitig zu. Ansagen der Marke Do you like meat? Do you like kids? Next song: bluuuuuarghgrunzioink sind so genretreu wie Songtitel der Marke Rotten love, Dr. Gore oder das den Organisatoren gewidmete Kill fuck die. Insgesamt geht der Auftritt der Tessiner trotz kleinerer Unsauberheiten in Ordnung und ist unter solide abzubuchen. Allerdings müssen die Jungs in Zukunft noch etwas mehr aus sich herauskommen, um wirklich was zu reißen.

CREPITATION

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Crepitation
Tiefgrunzer Mark lädt zum North-West Slam Fest – und bei CREPITATION machen alle mit

Wie man etwas reißt, wird kurz nach halb vier von den für CEPHALIC CARNAGE aufs Billing gerutschten CREPITATION demonstriert. Zwar haben die Briten gerade mal acht Songs auf einem Demo und einer Split-CD veröffentlicht, aber das hält sie nicht davon ab, ihren Auftritt von Anfang an als North-West Slam Fest zu gestalten. Schon mit dem etwas an DEVOURMENT gemahnenden Opener Effervescent Oesophagus Pumps zeigt die Truppe, wo der Hammer hängt und pfeffert dem begeisterten Publikum eine Kombination aus Highspeed Drum-Geblaste und groovenden Slam-Parts um die Ohren. Tiefgrunzer Mark (AMPUTATED) und der für die höheren Vocals zuständige Paul, der sich mit seinem roten Manchester United-Shirt als Fussballfan outet, stacheln die Meute zur Bewegung an. Diese kommt der Aufforderung gerne nach, da ist es egal, dass die Vocals eher an eine abgestochene und geschändete Sau erinnern als an menschliche Laute – kein Wunder wähnt man sich bei den Briten zeitweise eher auf einem Bauernhof als an einem Konzert. Hier und da flechten CREPITATION schleppende Parts der Marke SUFFOCATION ein, worauf sich ein ausgedehnter Moshpit bildet, in dem ordentlich geslamt wird. Für Nicht-Slammer bedeutet das im Klartext, sich möglichst rasch zu verziehen, außer man wird vom Verlangen nach violent friendly fun überwältigt.

Obwohl CREPITATION mit imposanten Songtitel wie Conceived In Mortification, Incongruous Penilectomy, Opthalmic, G.E.K. oder Equine Phallic Impalement im Gepäck anrauschen, verzichtet das Sextett komplett auf Lyrics – dies tut der aufkommenden Begeisterung allerdings keinen Abbruch. Drummer Lyn – der nachher, man glaubt es kaum, noch mit INGESTED ein Set absolvieren wird – blastet sich die Seele aus dem Leib und zeigt bei seinen Snare-Maschinengewehrfeuern, dass ihm auch die Einbindung von Gravitiyblasts locker aus dem Handgelenk kommt. Was bei den anwesenden Schlagzeugern außerdem für offene Münder sorgt, dürfte wohl die Tatsache sein, dass Lyn bei all seinen Kunststückchen überhaupt nicht zu schwitzen scheint. Eine beinahe unheimliche Vorstellung. Eher ins Schwitzen kommt der Rest seiner Truppe, die ordentlich Stimmung macht, synchrones Headbanging demonstriert und mit Aussagen à la Give us your money, so we can spend it on alcohol Sympathiepunkte sammelt. CREPITATION in tha house lautet das Gebot der Stunde, Sänger Paul testet die Stagedivingunterstützung gleich am eigenen Leib, und es brodelt im Pit. Am Ende des Sets weigert sich die Menge schlicht und ergreifend, die Briten von der Bühne zu lassen. Da die Songmunition verbraucht ist, fängt Drummer Lyn damit an, seine Cymbals abzumontieren – wird aber vom Lyn, Lyn-Chor aus dem Publikum erweicht und setzt sich nochmals hinters Kit. Noch einmal werden alle Register des Moshens und des Slammens gezogen, etliche Sickfucks, darunter einer mit Gasmaske, stürmen die Bühne und Bangen gemeinsam mit der Band – die Stagesecurity kann einem leid tun. Insgesamt also ein geiler Gig außer Rand und Band, der die stimmungsmachende Wirkung von CREPITATION eindrücklich unterstrichen hat!

AMAGORTIS

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Amagortis
AMAGORTIS-Fronter Päscu zeigt vollen Körpereinsatz – und sein grenzenloses Vertrauen ins Publikum zahlt sich aus

Als AMAGORTIS gegen fünf Uhr loslegen, fallen einem unweigerlich einige ungewöhnliche Zaungäste auf. Auf einer Kiessaufschüttung neben dem Festivalgelände steht eine vierköpfige Bilderbuchfamilie in bunter Kleidung, die sich das fortan abgehende Treiben anschaut, als wäre es ein spezielles Gehege im Zoo. Vielleicht sind es aber auch Gäste des Hochzeitsapéros, der just diesen Nachmittag im Hotel jenseits des Flusses stattfindet. Angesichts der akustischen Begebenheiten dürfte es sich bei dieser Feier wohl kaum um ein idyllisches Festchen gehandelt haben.

Die aus dem Kanton Fribourg stammenden AMAGORTIS tragen ebenfalls nichts zur lieblichen Bergidylle bei. Die Mission des Quartetts lautet Todesmetall mit brutalem Einschlag und mit einer Performance, die als Abschied für Bassistin Nätta angemessen ist. Diese lässt sich ebenfalls nicht zu Gefühlsduseleien hinreißen und greift stattdessen gekonnt in die Saiten ihres Warwick Vampyre-Tieftöners. Ebenso kompetent agieren ihre männlichen Bandkollegen, und man merkt, dass die Schweizer, deren Sound hier und dort an CANNIBAL CORPSE erinnert, schon einiges an Routine ihr eigen nennen können. Songs wie Chainsaw ass massacre, Pleasure Chest -99, H.K.U.A., Overdose per hole oder History bodies machen ordentlich Stimmung und werden von der Meute mehr als positiv aufgenommen. In die Setliste schaffen es mit Shatter the spinal chord, Severed in the cemetary und Undiscrebable butchery auch die drei Songs der aktuellen Promoscheibe, welche die Bands gratis im Merchzelt abgibt. Fronter Päscu weist während des Gigs auch extra auf dieses Leckerli hin und verspricht außerdem, dass mit dem neuen Album der Truppe am 29. Dezember zu rechnen sei.

Dann nimmt jedoch die Gegenwart oberhand und um Nättas Abschied angemessen zu begießen, wirft die Band schwungvoll Bierdosen ins Publikum, die bis zum Ende des folgenden Teebagged to death geleert sein sollen. Dieser Aufforderung kommen die Anwesenden genauso gerne nach, wie sie auch Päscu auf Händen tragen, als dieser sich spontan dazu entschließt, inklusive Mikro und Kabel einen Teil seines Sets als grunzender Stagediver abzuwickeln. Dass diese Aktion bei der Tontechnikerin auf der Bühne nicht für eitel Sonnenschein sorgt, liegt auf der Hand – kultig dazu das schrittweise Abwickeln des Kabels, um den Ausflug des Sängers nicht abrupt zu stoppen. Songs wie New shit und Sickness uncured führen ebenfalls zu reichlich Bewegung im Publikum. Eindeutig ein würdiger Abschiedsgig für Nätta!

INGESTED

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Ingested
Sich die Eingeweide rausgurgeln – bei INGESTED an der Tagesordnung

Nachdem sich Lyn mit CREPITATION aufgewärmt hat, gibt es nun ein Encore seiner Drumkünste und seines geilen Snaresounds. Auch INGESTED widmen sich ganz dem Spirit des North West Slam Fest, allerdings sind ihre slammy Parts weniger ausgereift als bei den vorangehenden CREPITATION. Stattdessen kommt bei den Briten mehr brutales Gebolze zum Zug, und neben den rechten PA-Boxen haben sie ihre zwei eigenen Rastalocken-Groupies, die wohl die Meute zusätzlich zum Bangen animieren sollen. Recht bald bildet sich denn auch ein veritabler Moshpit, der vor allem bei den schleppenderen Parts in synchrone Headbanging-Trance verfällt. Textlich geht es bei INGESTED ruppig zu und her, es werden garstige Sexualpraktiken mit Schwangeren begrunzt (Pre-Released Foetal Mush) oder der Sänger verschluckt fast sein Mikrophon, als er sich bei Erotic Depravity die Eingeweide rausgurgelt. Musikalisch sind INGESTED eindeutig nicht auf einem völlig anderen Planeten als CREPITATION beheimatet. Gegen Ende ihres Gigs bildet sich gar ein Moshpit bei ihnen auf der Bühne, was ziemlich imposant aussieht und seinen eigenen rohen Charme hat. Das Kapitel Slam Death Metal kommt nach diesem britischen Encore also zu einem erfolgreichen Abschluss und darf sich getrost als Garant für blaue Flecken und reichlich Bewegung deklarieren.

DEFEATED SANITY

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Defeated
Technisch versiert und Griffbrett-fixiert – Wolfgang von DEFEATED SANITY

In der Abendsonne erscheint die Felswand hinter der Bühne erneut in unheimlich bedrohlichem Licht. Davon unbeirrt entern kurz nach sieben die Bayern von DEFEATED SANITY die Bühne, um sich technisch versiert dem Brutal Death Metal zu widmen. Bald wird klar, dass sich die Gitarristen Christan und Wolfgang mehr für ihre Griffbretter als für stimmungsmachendes Headbanging interessieren – das sogenannte NECROPHAGIST-Stageacting-Syndrom. Dementsprechend setzen die Deutschen auf vertracktere Songstrukturen, Breakbeats und anspruchsvollere instrumentale Parts, leider kristallisieren sich diese Feinheiten noch zuwenig aus dem vorherrschenden Gebolze heraus. Das Publikum scheint mit diesem Angriff leicht überfordert und gibt sich anfangs bewegungsmüde – vermutlich hat ihnen die Trainingseinheit CREPITATION und INGESTED auch schlicht den letzten Energievorrat ausgesaugt. Erst nach und nach kommt die Meute in die Gänge, einige Stagediver gehen ihrer Lieblingsbeschäftigung nach, und ein getreuer Fan situiert sich links neben den PA-Boxen, um während mehreren Songs meditativ dem Kreisbanging zu frönen. Songansagen à la Bluuuuarghgurgelgraaaa entpuppen sich als Titel der Marke Prelude to tragedy oder Liquifying Cerebral Hemispheres. Die Bayern setzen vor allem auf ihr Schaffen vom aktuellen Werk Psalms of the moribund, das mit Engorged with humiliation, Stoned then defiled, Fatal self inflicted disfigurement, Hideously disembodied, Butchered identity, Psalms of the moribund, Arousal through punishment und Artifacts of desolation vollständig präsentiert wird. Mehr und mehr kommt vor allem bei den schleppenden, brachialen Parts Bewegung auf. Sicker Höhepunkt beziehungsweise geschmacklicher Tiefpunkt der Publikumsaktivitäten ist ein Stagediver, der sich die Boxershorts runterlässt und mit entblößter Männlichkeit, Kopf voran in den Pit springt und auf Händen getragen wird. Dass derselbe Sickfuck danach mit einem Kumpel noch eine homoerotische, angedeutete Orgie im Pit vorträgt, überrascht niemanden und entlockt dem grinsenden Sänger Jens den Kommentar Ihr seid doch Perverse. Der DEFEATED SANITY-Auftritt hingegen gehört nicht in diese Kategorie, sondern kann unter solide abgebucht werden.

AVULSED

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Avulsed
Lassen auch Melodien zum Zug kommen – AVULSED

Da CLITEATER ihren Auftritt just ein paar Tage vor dem MOUNTAINS OF DEATH abgesagt haben, entern die Spanier die Bühne etwas früher. Das für dieses Festival unerhört melodiöse Intro erinnert etwas an NECROPHOBIC, aber es liegt auf der Hand, dass AVULSED im Verlauf ihres Sets wohl auch wesentlich brutalere Klänge anschlagen werden. Bald wird jedoch auch klar, dass das Quintett kurzen Ausflügen in die schwedische Todesmetallfauna nicht abgeneigt ist und seine Prügeleskapaden immer wieder mit wuchtigen Melodiefetzen à la Elchtod auflockert. Das Publikum schließt die Spanier gleich ins Herz und huldigt ihnen fleißig mit Stagediving. Fronter Dave Rotten gibt sich publikumsnah, grunzt auch mal mit einem Fan im Duett und lässt sich während dem Titeltrack des letzten Albums Gorespattered suicide selber von der Meute auf Händen tragen. Nach elf Jahren Schweiz-Abstinenz – damals waren die Spanier mit TIBURON und SINISTER in Uster zu Gast – liefern AVULSED einen saftigen Querschnitt durch altes und neues Schaffen. Man merkt, dass die Spanier mit Spaß und Herzblut bei der Sache sind, egal ob man sich alten Songs wie Carnivoracity widmet oder zehn Jahre nach vorn springt und Gorespattered suicide mit Songs wie Let me taste your flesh, Infernal Haemorrhoids, Burnt but not carbonized präsentiert.

AVULSED geben sich in ihrer Performance zudem deutlich bewegungsfreudiger als DEFEATED SANITY und schaffen es mit ihrem Stageacting und einigen coolen Hooks, dass der Funke aufs Publikum überspringt und dort ein loderndes Feuer auslöst. Die Frage nach dem Vorhandensein von Lovers of old Swedish death metal like CARNAGE and DISMEMBER wird – wenig überraschend – mit herzhaftem Brüllen beantwortet, worauf AVULSED der Meute Devourer of the Dead vom 2003er Output Yearning for the grotesque vor den Latz knallen. Dasselbe Werk wird auch noch mit Sick sick sex und Daddy stew berücksichtigt, und die Spanier zeigen, dass ihre Abrissbirnen aus dem neuen Jahrtausend genauso effektiv sind wie ältere Songs à la Powdered flesh und Sweet lobotomy. Auch die Kreationen aus dem Jahr 1999 wie Stabwound orgasm, Blessed by gore und Exorcismo vaginal brettern ordentlich aus den Boxen. Fast schon liebevoll kommt hingegen das gegrunzte Happy Birthday für Gitarrero Cabra rüber. Mit dem EXODUS-Cover Piranha zeigen die Spanier dann mitreißend, dass sie auch trashige Töne anschlagen können und verbuchen insgesamt einen ausgezeichneten Gig mit vielen Höhepunkten. Einziger Wermutstropfen: Das mit Flamenco-Stimmung angereicherte The divine wine hats nicht auf die umfangreiche Setliste geschafft. Aber was solls – man kann nur hoffen, dass es nicht wieder elf Jahre dauert, bis AVULSED wieder in die Schweiz finden!

GORGASM

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Gorgasm
Egal ob bei ORIGIN oder bei GORGASM – Bassist Mike zeigt sein technisches Können ohne Rücksicht auf Verluste

Um jeglichen Anflügen spanischer Melodiosität den Garaus zu machen, sind GORGASM wohl genau die Richtigen. Zwar kommt das Soundgewand der Amis anfangs noch etwas verwaschen daher, das ändert sich jedoch bald und die geölte Bolzmaschine wird kurz nach elf auf das Publikum losgelassen. Sofort haben sämtliche Speedfreaks im Publikum was zum bestaunen und besabbern. Zum einen zeigt Bassist Mike wie auch schon beim ORIGIN-Gig früher dieses Jahr, was er drauf hat und wie schnell ein Tieftöner bespielt und beslappt werden kann. Zum anderen rast Drummer Tomasz durch die Songs, als würde er vom Leibhaftigem gejagt. Das ist auch gut so, denn es regiert der USA-geprägte, schnörkellose Brutal Death Metal, der nur selten mit schleppenden Parts aufgelockert wird und die meiste Zeit mit ungebremster Brachialität auf seine Zuhörerschaft niederprasselt. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Todesmetaller aus Chicago ihre alten Zeiten mit Songs wie Stabwound intercourse, Coprophiliac und Clitoral circumcision aufleben lassen, oder mit neuerem Material von Masticate to dominate aufwarten und dem Publikum Stücke der Marke Seminal embalment, Corpsefiend und Anal skewer um die Rübe hauen. Ansagen wie This song is about two hot lesbians, going at it – with a piece of shit zum Track Lesbian stool orgy werden vom Publikum mit zustimmendem Gröhlen begrüßt und auch andere Kreationen vom 2001er-Output Bleeding profusely wie Fucking the viscera, Post coital truncation und das abschließende Disembodied sorgen für einen würdigen Moshpit. Immer wieder lassen sich auch regungslos dastehende Metaller ausmachen, die völlig fasziniert die präzise ausgeführte Brutalität genießen und in sich aufsaugen. GORGASM werden ihrem Ruf also gerecht und es fällt schwer zu glauben, dass der soeben vorüber gezogene Todesstahlsturm von lediglich drei Leuten herrührte.

DYING FETUS

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Dying
Die Setliste auf dem Snarefell und alles fest im Griff – DYING FETUS

Kurz nach Mitternacht ist es Zeit für den Samstagsheadliner DYING FETUS, die ähnlich frenetisch begrüßt werden wie am Vorabend IMMOLATION. Bereits im Opener Epidemic of hate (vom Destroy the opposition-Album) werden die ersten Stagediver aktiv. Auch We are your enemy (vom 1998er Killing on adrenaline-Werk), der 2003er Track One shot one kill, Schematics (vom Stop at nothing-Output) und Pissing in the mainstream bringen das Blut der Anwesenden zielsicher zur Wallung. Technisch bieten DYING FETUS alles, was man von ihnen erwartet. Seien es mit Killerpräzision ausgeführte Frickelsolos, die nahtlos in den Song eingebunden werden oder alles niederwalzendes Geprügel. Bei der Ausführung seines krassen Geblastes kommt der junge Drummer Trey dann merklich ins Schwitzen und da die Temperaturen im Muotathal inzwischen gefallen sind, fängt der Schlagwerker scheinbar an zu dampfen – ein bizarres Bild. Dieses lässt sich auch Organisator Reto (CARNAL DECAY) nicht entgehen und für einmal sieht man den umtriebigen Vater des Festivals mal im Publikum stehen und genießen. Gitarrist John und Basser Sean teilen sich unterdessen die Grunzaktivitäten, wobei auffällt, dass der in der Mitte stehende Sean eher die Fronterrolle übernimmt. So oder so gilt Headbanging für die Bandmitglieder und diese Energie überträgt sich auf den schon früh einsetzenden Moshpit. Anders als die anderen Bands setzen die Amis zusätzlich auf einige Intros, die allerdings wesentlich weniger interessieren als die dargebrachten Abrissbirnen. Egal ob DYING FETUS alte Songs der Marke Skull fucked runterbrettern oder ihr aktuelles Album War of attrition mittels Homicidal retribution, Fate of the condemned und Insidious repression bewerben – alles sitzt, alles groovt, alles ist tight wie ein Kamelarsch im Sandsturm. Und doch fehlt am Ende was bei diesem Auftritt. Vielleicht sind DYING FETUS zu glatt, vielleicht ist es einfach eine Frage des Charms und der Publikumsnähe, welche den Freitagsheadliner IMMOLATION ganz oben aufs Treppchen positioniert. Trotzdem – kurz nach eins sieht man lauter glückliche Gesichter im Pit und man fragt sich, wieviel Eier eine Band haben muss, um nach DYING FETUS die Bühne zu betreten.

MALIGNANT TUMOUR

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Malignant
Überzeugte Vertreter des schlechten Geschmacks und einfach sensationell – MALIGNANT TUMOUR

Ganz klar: Die Band muss soviel Eier haben wie MALIGNANT TUMOUR. Die entern unter Sirenengeheul die Stage und setzen das einzige adequate Mittel ein, um nach einer Killermaschine wie DYING FETUS nicht als nerviger Rausschmeißer unterzugehen: Rock `n`Roll. Selbstbewusst präsentieren sich die Tschechen als Verfechter des schlechten Geschmacks – und zwar so überzeugend, dass sie nur gewinnen können. Man könnte es das NIFELHEIM-Syndrom nennen, und wie bei den Nagelrepräsentanten aus Schweden funktioniert der schlechte Geschmack eben auch bei MALIGNANT TUMOUR. Bilos und seine drei Mitstreiter erheben schlecht sitzende Perücken, künstliche Bärte, knallenge Jeans und Pornobrillen zur Kunst und alle machen mit. Dazu kombinieren Bilos und Basser Robert offene Jeanswesten, damit ihre biergenährten, weißen Wampen optimal zur Geltung kommen. Ja, MALIGNANT TUMOUR sind so Rock`n`Roll, dass es weh tut und dieser Spirit fließt auch in den Venen ihres Sounds.

Diesen kann man wahlweise als MOTÖRHEAD trifft Grindcore oder Crust`n`Roll beschreiben, der ohne Ende groovt. Hier passt alles wie Arsch auf Eimer und die schnellen, simpel gehaltenen Songs verfehlen ihre Wirkung nicht. MALIGNANT TUMOUR machen in Sachen Tightness keine Kompromisse und man mag es fast nicht glauben, dass die Band eine mehrstündige Fahrt in den Knochen hat und erst in der Nacht sichtlich angeheitert im Muotathal eingetroffen ist. Hier wird also der Rock`n`Roll-Spirit gelebt. Der unterhaltsame Vierer gibt auf der Bühne alles und ist sichtlich mit Spaß an der Sache. Mit dieser Attitude und ihrem Sound reißen sie auch den letzten Moshpitzombie nochmals in die Höhe. Ein neuer Pit wird gebildet, Stagediver nehmen die Bühne ein und durch das Publikum zottelt eine fröhliche Polonaise, die sich von der Stimmung hat anstecken lassen. Doch solche Aktionen lenken nicht wirklich ab, da die Tschechen mit ihrem sympathischen Fronter Bilos die Aufmerksamkeit ganz auf sich ziehen. Dieser macht sich mit Ansagen à la Electric church. It`s a church. It`s electric. You know what I mean… viele neue Freunde und selbst als der Bassist im angekündigten Song auf die Schnauze fällt, scheint es, als wäre es völlig normal und Teil der Show.

Ihren Kultstatus zementieren MALIGNANT TUMOUR nicht nur mit alten Knallern aus ihrer fünfzehnjährigen Grindcore-Karriere, sondern auch mit ihrem neuen Hit Saddam Hussein is Rock`n`Roll. Irgendjemand hat einen Galgenstrick um den Hals und hüpft damit durch den Pit und anschließend von der Stage. Irgendwie ist das völlig normal, wenn diese tschechischen Querköpfe auf der Bühne stehen. Dass alle im Chor den Songtitel mitsingen – klare Sache. Bilos` Statement am Ende ihres Hits Saddam Hussein was a fucking idiot, you all know wird genauso beklatscht und bejohlt. Ganz klar – MALIGNANT TUMOUR hätten auch noch um vier Uhr morgens auftreten können, sie hätten auch eine Schar von halb toten Festivalgängern noch zum Feiern gebracht.

Frenetisch wird nach Zugaben verlangt und MALIGNANT TUMOUR kommen dem Wunsch unter anderem mit The hammer and the anvil nach. Dass die Ankündigung des wirklich allerletzten Songs mit Buhen aus dem mittlerweile völlig ergebenen Publikum quittiert wird, bringt Fronter Bilos nicht aus der Ruhe. Stattdessen erwidert er schlagfertig: We only play for how much money we got und hat die Lacher auf seiner Seite. Leider ist danach wirklich Schluss, aber zum Glück verkaufen die Tschechen gleich von der Bühne aus noch ihren Merchandise, der weggeht wie warme Semmeln. Völlig verdient werden MALIGNANT TUMOUR nach ihrem Gig von manchen als beste Band des Festivals gehandelt und nicht wenige sehen sie als die klare Erstplatzierte zusammen mit den seriösen IMMOLATION. Und da sieht man es wieder: Rock`n`Roll hat eben mehr Durchschlagskraft als manche perfekt konzipierte Killermaschine.

Nachdem die letzten Klänge von der Bühne der Vergangenheit angehören, zieht es die Verbliebenen nochmals ins Partyzelt. Dort wird noch bis in die frühen sonntäglichen Morgenstunden weiter gezecht, gefeiert und gebangt. Niemand will es so wirklich wahrhaben, dass man nun wieder ein ganzes Jahr warten muss, bis die zwei schönsten Tage im Jahr vor der Tür stehen. Zwar kann man sich die Wartezeit mit Konzerten von der METAL DIE HARD FRONT angenehm verkürzen – aber im Geist haben sich wohl alle Besucher bereits fest vorgenommen, nächstes Jahr bei MOUNTAINS OF DEATH VIII das Muotathal mit ihrer Anwesenheit zu beehren. Super wars!

Fotos: Andreas Szabo

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