SIGH: Hangman`s Hymn – Musikalische Exequien

Wirr, orchestral, typisch SIGH und einfach grandios…

Endlos lang schienen die fast zwei Jahre Wartezeit auf den Gallows Gallery-Nachfolger. Vorfreude auf das kreative Schaffen SIGHs und Neugier treffen auf ein fast schon medidativ wirkendes Cover und einen Albumtitel, der mit dem Wort Hymn ebenfalls etwas Erhabenes hat. Verbirgt sich dahinter noch immer die verrückte Wildheit der japanischen Ausnahmeerscheinung SIGH? Werden die früheren Black Metaller erneut zum bizarren Abenteuertrip durch die Metal-Welt laden?

Beim ersten Hördurchlauf gibt sich Hangman`s Hymn noch spröde mit seinen Reizen. Klar wird jedoch, dass SIGH die produktionstechnischen Schwächen des Vorgängers offenbar ausgemerzt haben. Klar wird ebenfalls: Das können nur SIGH sein. Denn trotz aller bizarren Haken, die auch das aktuelle Album wieder schlägt, behalten SIGH stets ihre Handschrift – und die Macht über die Songarrangements, ganz im Sinne von das Genie beherrscht das Chaos. Und frühestens beim zweiten Hördurchlauf entfaltet dieses Chaos seine Macht, seinen Charme und erfüllt sämtliche Dienste, die es im SIGH-Universum zu bewältigen gibt.

Ja, dieser Wahnsinn hat Methode, wie Shakespeare sagen würde. Seien es Sequenzen mit Filmmusik und Regen à la Pirates of the Caribbean im Opener, wirre THERION-Anleihen in Inked in Blood, die mit manischem Lachen und einem Fingerzeig zu ENSLAVED kombiniert werden oder der absolut süchtig machende Refrain Devil in my heart in Me-Devil – alle diese Elemente machen zusammen Sinn und SIGH überqueren schon in den ersten drei Songs mehr stilistische Grenzen als andere Formationen in einer ganzen Karriere. Im Vergleich zum Vorgänger geben sich die Japaner auf ihrem aktuellen Werk orchestraler, zeigen sich nicht nur in Salvation In Flame / Confutatis von ihrer theatralischen Seite und scheuen in The Memories As A Sinner auch nicht davor zurück, klassisches Klavierspiel mit metallischen Klängen kreativ zu verbinden. Nicht nur in Inked in Blood bricht auch der klar Heavy Metal-inspirierte Geist der Truppe hervor, frönt dem geilen Gitarrensolo und wird mit Gelächter verabschiedet. Nein, immer wieder treten auch schwarzmetallisch angehauchte Passagen in Erscheinung und teilen sich das SIGH-Universum mit oh – oh – oh-Chören, unheimlichen Gitarren und fast schon Musical-artigen Gesangparts.

Daraus ergibt sich ein mitreißendes, bizarres Klangsammelsurium, das sich immer wieder auf seine metallischen Wurzeln besinnt, aber nie in Stillstand und Zufriedenheit verweilt. SIGHs Musik anno 2007 in Worte zu fassen fällt schwerer, denn irgendwann krallt sich die polarisierende Qualität von Hangman`s Hymn des Schreiberlings Seele, was nur zwei Folgen haben kann: Man hasst die Scheibe und wirft sie weg wie ein SXE-Anhänger die angebotenen Psylos. Oder man liebt die Scheibe, wird süchtig danach und kann fast nicht mehr davon lassen, weil sie einen in ihrer bizarren Schönheit verfolgt. Auf mich trifft letzteres zu und somit muss ich das diesjährige SIGH-Werk wiederum als grandios deklarieren.

Veröffentlichungstermin: 12.06.2007

Spielzeit: 44:17 Min.

Line-Up:
Mirai Kawashima: Vocals, Keyboards
Satoshi Fujinami: Bass
Shinichi Ishikawa: Gitarre
Junichi Harashima: Drums
Mikannibal: Saxophon

Gastmusiker
Rob Urbinati (SACRIFICE): Gitarrensolo in The Master Malice
Aurielle Gregory (Ex-GIANT SQUID): Vocals in The Master Malice
Tim Conroy (Ex-GIANT SQUID): Trompete
Steven Sagala (ENFORSAKEN): Vocals

Produziert von Takamichi Osada
Label: Osmose Productions

Homepage: http://sigh.gospel-virus.net

Tracklist:
1. Introitus / Kyrie
2. Inked in Blood
3. Me-Devil
4. Dies Irae / The Master Malice
5. The Memories As A Sinner
6. Death With Dishonor
7. In Devil`s Arms
8. Overture / Rex Tremendae / I Saw the World`s End
9. Salvation In Flame / Confutatis
10. Finale: Hangman`s Hymn / In Paradisum / Das Ende

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