ENSIFERUM: Victory Songs

ENSIFERUM bescheren uns ein qualitativ hochwertiges Album ohne Überraschungen.

Der alte Mann mit dem Schwert ist wieder da! Was für IRON MAIDEN Eddie, ist für ENSIFERUM der weißbärtige Recke, der uns von jedem Cover angrinst. Und dieser Tradition bleiben die Finnen auch auf dem Album Victory Songs nach wie vor treu. Als großer Fan der beiden Vorgängeralben blickte ich dem neuesten Output wohlwollend entgegen, auch wenn die mäßige Dragonheads-EP eine ernüchternde Wirkung hatte. Live waren und sind ENSIFERUM zwar immer noch eine Macht, aber man durfte gespannt sein, ob die neue Besetzung, unter anderem ohne Ausnahmemusiker Jari Mäenpää, kompositorisch an alte Erfolge anknüpfen könnte. Bekanntlich brachen ENSIFERUM nach dem beachtlichen Iron fast komplett auseinander. Allerdings konnte das einzig verbliebene Gründungsmitglied Markus Toivonen schnell eine neue Riege finnischer Musikertalente um sich scharen. Der prominenteste Neuzugang war Petri Lindroos von NORTHER, welcher Jari an Gitarre und am Mikro ersetzt.

Drei Jahre sind nun schon seit dem letzten regulären Studioalbum verstrichen. Die Wartezeit wurde den Fans mit einer DVD und der oben erwähnten EP versüßt. Heuer erscheint nun das erste Album mit der komplett neuen Besetzung und es lässt sich zu meiner großen Freude sagen: Wo ENSIFERUM drauf steht, sind noch immer 100 Prozent ENSIFERUM drinnen! An der musikalischen Ausrichtung hat sich fast gar nichts geändert und so erwartet dem geneigten Zuhörer erneut eine Melange aus melodischem Death Metal, Power Metal und Heavy Metal, angereichert mit einer gehörigen Portion Folk. Überraschungen sucht man demnach mit der Lupe – ausgenommen die wundervolle Halbballade Wanderer. Dieses durchgehend clean gesungene Heldengedicht ist die perfekte musikalische Begleitung für jeden, der mal wieder ganz gepflegt und metallisch-stilecht sein Methorn leeren möchte. Und die Lyrics erst! Dieser Song würde sogar Joey DeMaio anerkennend nicken lassen. Kostprobe gefällig?

There’s a storm in his heart and a fire burns his soul
But the wanderer’s part is to ride alone…
With bare hands he has taken many lives
He has had a hundred women by his side

Wenn das mal keine Hommage an den King of Metal ist! Falls ihr jetzt schon angewidert das Gesicht verzieht, lasst euch nicht schrecken! Die gnadenlos kitschigen Lyrics verhalten sich zur gebotenen musikalischen Qualität wie Disteln zu Orchideen.

Victory Songs wartet, wie auch schon die Vorgänger, mit einem kitschigen Intro auf (diesmal inkl. Regen, Gewitter, Hufgetrappel und einem Chor), ehe das Thema vom darauf folgenden Blood Is The Price Of Glory weitergeführt wird, das jedoch mächtig losprescht. Mit ordentlich Schmackes, eingängigem Riffing und einem treibenden Refrain wird dieser Song mit Sicherheit eine amtliche Livegranate. Deathbringer From The Sky baut trotz vielseitiger Spielweise etwas ab, ehe mit Ahti ein Lückenfüller sondergleichen eingeschoben wird. Ich weiß nicht, wie oft ich dieses Lied beim Genuss von Victory Songs schlichtweg überhört habe! Beim mitreißenden One More Magic Potion erwache ich aber jedes Mal aus dem Kurzzeitkoma, kann dann aber auch kaum mehr an mir halten und möchte grölend und tanzend durch das Zimmer springen. Für solche Songs muss man ENSIFERUM einfach lieben. Leider lässt die Qualität bald wieder nach und ENSIFERUM bescheren uns zwei belanglose, allenfalls gutklassige Nummern, die sich vor das grandiose Finale geschoben haben. Der Titeltrack Victory Song stellt dann den krönenden Abschluss des Albums dar und entpuppt sich als knapp elfminütiger Titan voller Epik, Pathos, Leidenschaft, Pathos, Chören und Pathos. Ich könnte mir den Song immer wieder anhören und hätte noch immer das breite Grinsen ins Gesicht gemeißelt, das sich bei mir jedes Mal einstellt, wenn der Refrain einsetzt.

ENSIFERUM haben ihr vielleicht eingängigstes, wenn auch nicht ihr bestes Album aufgenommen. Dafür stören Lückenfüller wie Ahti oder das triviale Raised By The Sword das Gesamtbild. Die schnellere Spielart steht den verbliebenen Songs – vermutlich besonders bei Liveshows – gut zu Gesicht. Beim nächsten Album sollten aber dennoch mehr neue Ideen her, da sich selbst bei den Highlights des Silberlings hier und da Abnutzungserscheinungen bemerkbar machen. Davon abgesehen ist das Gros des Albums über jeden Zweifel erhaben und wird sicherlich dafür sorgen, den Status von ENSIFERUM in der Szene noch weiter zu festigen. Fans können bedenkenlos zugreifen. Allen anderen würde ich empfehlen, zuerst das Debüt Ensiferum oder Iron anzutesten.

Gastautor: Philipp Rauf

Veröffentlichungstermin: 27.04.2007

Spielzeit: 49:55 Min.

Line-Up:
Petri Lindroos – guitar, vocals, banjo
Markus Toivonen – guitar, clean & backing vocals, banjo, shaman drum
Sami Hakka – bass, clean & backing vocals
Meiju Enho – keyboards
Janne Parviainen – drums, bodhran

Produziert von Nino Laurenne
Label: Drakkar

Homepage: http://www.ensiferum.com

Email: ensiferum@ensiferum.com

Tracklist:
1. Ad Victoriam
2. Blood is the Price of Glory
3. Deathbringer from the Sky
4. Ahti
5. One More Magic Potion
6. Wanderer
7. Raised by the Sword
8. The New Dawn
9. Victory Song

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