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BURGFOLK 2006: Der Bericht

Das diesjährige BURGFOLK war einmal mehr eine gelungene Veranstaltung, auf der man, wenn man ausreichende musikalische Offenheit mitbrachte, bestens unterhalten wurde.

Nachdem das letzte BURGFOLK-Festival in erster Linie von den starken Auftritten seiner Headliner lebte und ansonsten nur einen soliden Eindruck hinterließ, war die Rollenverteilung in diesem Jahr genau anders herum. Von den diesmal drei Headlinern konnte mit der OYSTERBAND nur eine Kapelle überzeugen, während die beiden anderen Headliner, SCHELMISH und SALTATIO MORTIS, zwar professionell auftraten und auch von einer Großzahl der Anwesenden abgefeiert wurden, ganz objektiv betrachtet aber musikalisch nicht viel zu bieten hatten. Nein, den Reiz zog das BURGFOLK in diesem Jahr hauptsächlich aus dem Nachmittagsprogramm, welches mit den Auftritten solch völlig unterschiedlicher Acts wie KORPIKLAANI und OMNIA die Höhepunkte des Festivaltages zu bieten hatte. Der Kontrast zwischen diesen beiden Bands – Folk Metal auf der einen Seite, komplett akustisch vorgetragener, mystischer Neo-Pagan-Folk auf der anderen Seite – machte zudem deutlich, welch große musikalische Bandbreite innerhalb der Folk-Szene zu finden ist und eben auch von diesem Festival abgedeckt wird. Deutlich wurde aber auch, dass das BURGFOLK aufgrund dieser hohen Bandbreite eine sehr heterogene Klientel nach Mülheim zog, bestehend aus Genrefans mit Tunnelblick, deren Akzeptanz für die jeweils anderen Spielarten der folkbeeinflussten Musik noch zu wünschen übrig ließ. So war das BURGFOLK eher ein Nebeneinander von Folk-, Mittelalter-, Gothic- und Metalfans als ein Miteinander.

Dass das Wetter nicht so recht mitspielen wollte, war zwar unschön, beschränkte sich aber zum Glück auf ein bis zwei Auftritte. Allein die sich nach und nach einstellende Verzögerung sorgte bei manch einem Besucher für Unmut, denn wer mit öffentlichen Verkehrsmitteln angereist war, konnte aufgrund der massiven Verspätung möglicherweise nicht mehr viel vom Auftritt der letzten Band mitbekommen.

Davon abgesehen war das diesjährige BURGFOLK aber einmal mehr eine gelungene Veranstaltung, auf der man, wenn man ausreichende musikalische Offenheit mitbrachte, bestens unterhalten wurde.

LYRIEL

Kitsch erster Güte: LYRIEL

“Dark-Romantic-Celtic-Rock” ist die Stilbezeichnung, die LYRIEL für ihre Musik gewählt haben. Dunkel ist die Musik zwar nicht, ansonsten trifft diese Beschreibung aber ziemlich genau das, worum es bei der Band geht. Wie schrieb unsere Carrie in ihrer Rezension des Debüts “Prisonworld” so passend: “Es geht um Kitsch erster Güte.” Dass Kitsch in der Tat nicht immer schlecht sein muss, bewiesen die Gummersbacher, als sie das diesjährige BURGFOLK-Festival eröffneten. Mit einer klassischen Rockbesetzung plus Geige, Cello und Keyboard und einem Reigen von süßlichen Melodien versetzten die Musiker das für diese Uhrzeit schon erstaunlich zahlreiche Publikum in eine bunte, friedliche Fantasywelt. Dabei gab es aber nicht nur seichte Klänge zu hören, vielmehr wurde zu etwa gleichen Teilen ordentlich gerockt – so sehr, dass diese Facette der Band durchaus schon als Folk Metal durchgehen könnte. Cellistin und Backgroundsängerin Linda Laukamp sah das offenbar ähnlich und sorgte mit ihrem Headbanging für die passende Bühnenshow. Ansonsten aber war auf der Bühne leider nur wenig Bewegung angesagt. Besonders Bassist Sven Engelmann und Gitarrist Oliver Thierjung schienen sehr in ihre Musik versunken zu sein. Rein musikalisch aber konnten LYRIEL größtenteils überzeugen. So sorgte Sängerin Jessica Thierjung mit ihrer angenehmen Stimme, die man eher in einer klassischen, englischen Folkkapelle erwarten würde, für einen interessanten Kontrast zu den oftmals harten Gitarren. Einzig die künstlichen Keyboard-Klänge nahmen der Musik etwas von ihrer Natürlichkeit und schmälerten so den positiven Gesamteindruck, ebenso wie die manchmal arg kitschigen Texte. Dennoch wurden LYRIEL verdientermaßen mit sehr ordentlichem Applaus bedacht, sogar einige Zugaberufe waren zu vernehmen, als die Band die Bühne verließ.

CLAYMORE

Claymore auf dem Burgfolk 2006
War sehr bemüht, der etwas lahmen Performance seiner Mitstreiter entgegenzuwirken: CLAYMORE-Frontmann Volker

1987 gegründet, betrat mit CLAYMORE nun die nach der OYSTERBAND dienstälteste Combo die Bühne, eine Band, die nicht zum ersten Mal den Innenhof der alten Burganlage beschallen durfte. Mit Romantik und Kitsch war es nun erst einmal vorbei, denn CLAYMORE spielten klassischen, erdigen Schottenrock. 70er-Rock mit coolen Orgelsounds traf auf traditionelle schottische Instrumente, darunter diverse Flöten, in erster Linie aber natürlich der Dudelsack. Leider war der Sound etwas dünn, besonders dann, wenn Gitarrist Hans sich als Leadgitarrist hervortat. Bass und Orgel konnten das entstehende Soundloch leider nicht ausreichend füllen. Dennoch machte es, nachdem sich die Band erst einmal warm gespielt hatte, durchaus Spaß, sich diese Symbiose aus klassischer Rockmusik und schottischer Folklore anzuhören. Die überwiegend getragene Musik war zwar selten wirklich rockend, kam dafür aber mit einer gewissen Epik daher, die zu gefallen wusste. Besonders das mit einer soundtrackartigen Passage beginnende “Cromdale”, “Brave Heart”, in dem William Wallace besungen wird, und die Hymne “Highlander” konnten in dieser Hinsicht punkten. Letzterer Song wurde dann auch von Teilen des Publikums lauthals mitgegrölt, besonders von den anwesenden Metallern. So störte am Ende eigentlich nur die etwas lahme Performance der Band. Einzig Frontmann Volker war sehr bemüht, diesem Eindruck entgegenzuwirken. Ein guter, wenn auch nicht besonders spektakulärer Auftritt der Celtic Rock-Veteranen.

OMNIA

Omnia auf dem Burgfolk 2006
OMNIA-Multi-Instrumentalistin Jenny (hier mit ihrem Bodhran) stellte ihre Qualitäten als Comedian unter Beweis.

Mit dem Auftritt von OMNIA folgte dann einer der Höhepunkte des Festivals, nicht nur musikalisch, sondern auch, was den reinen Unterhaltungswert angeht. Schon der sehr aufwändige und liebevoll gestaltete Bühnenaufbau machte einiges her und wies darauf hin, dass man es hier quasi mit dem niederländischen Pendant von FAUN zu tun hatte, die im letzten Jahr das Festival mit ihrem Neo-Pagan-Folk bereicherten. Leider kam es vor dem eigentlichen Auftritt zu Verzögerungen, so dass aus einem kurzen Line-Check schon fast ein richtiger Soundcheck wurde. Dieser aber war für das Publikum äußerst unterhaltsam – besonders Jenny und Frontmann Sic offenbarten ihre Eignung als Comedians. Dann ging es aber endlich los, und so international die Besetzung der in den Niederlanden beheimateten Truppe, so vielfältig waren ihr Instrumentarium und ihre Musik. Die Auswahl reichte von Saiteninstrumenten wie der Harfe oder dem irischen Bouzouki über ein Hurdy-Gurdy und Percussion-Instrumente wie dem irischen Bodhran bis zu einer Vielzahl von Blasinstrumenten, darunter auch ein Didgeridoo. Mithilfe all dieser Instrumente kreierten OMNIA einen sehr eigenständigen Sound, der zwar durchaus rhythmusbetont war, aber trotzdem eher zum Zuhören als zum Abtanzen geeignet war. Zwar wurde dabei nur selten gesungen, wenn es aber dazu kam, konnte man mit bis zu dreistimmigem Gesang begeistern.Grundlage des Sounds waren zwar stets keltische Klänge, man scheute aber nicht vor exotischen Einflüssen zurück, was der Musik einen leicht experimentellen Charakter gab. Hervorzuheben ist an dieser Stelle das aus Afghanistan stammende Stück “Dil Gaya”, mit dem sich die Band endgültig wohlwollend von der ansonsten meist westlichen Folk- und Mittelaltermusik des Festivals abhob. Zwar sagte Frontmann Sic zu Beginn des Auftritts, er wollte aufgrund der fehlenden Zeit nicht viel reden, letztlich konnte er sich aber wohl doch nicht zusammenreißen und gab zu fast jedem Stück ausführliche und mit viel Witz gespickte Ansagen zum Besten. Gut so, denn dadurch gewann der musikalisch hochwertige Auftritt zusätzlichen Reiz, zumal der Humor von OMNIA nichts, aber auch gar nichts mit den platten Witzen der deutschen Mittelalter-Combos gemein hatte, die später noch spielen sollten. Daumen hoch für einen mehr als gelungenen Auftritt!

KORPIKLAANI

Korpiklaani auf dem Burgfolk 2006
“Ich kann euch nicht hören!” – KORPIKLAANI-Frontmann Jonne

Nach dem tollen Auftritt von OMNIA stand direkt im Anschluss auch schon direkt der nächste Höhepunkt vor der Tür – zumindest für Fans härterer Klänge, denn als KORPIKLAANI mit ihrem zumeist sehr schnellen Folk Metal mit dem charakteristischen, dreckigen Gesang von Frontmann Jonne loslegten, verzogen sich nicht wenige Folk- und Mittelalterfans in den hinteren Bereich des Schlosshofes, um in den ersten Reihen den Scharen von langhaarigen Metallern Platz zu machen, die nur auf diesen Moment gewartet hatten. Die KORPIKLAANI-Fans erlebten die finnische Band dann auch verdammt spielfreudig – nicht nur Jonne hatte ein permanentes Grinsen auf dem Gesicht. Sowohl die Musiker als auch die Fans ließen sich den Spaß auch nicht durch den schon kurz nach Beginn einsetzenden Regen verderben, so dass die Finnen für Kracher wie “Happy Little Boozer”, “Wooden Pints” oder den “Hunting Song” zurecht abgefeiert wurden. Zwar dominierten die schnellen und etwas gleichförmigen Songs. Damit es aber nicht allzu monoton wurde, baute man geschickt den einen oder anderen Midtempo-Song ins Set ein, darunter die Bandhymne “Korpiklaani”, den wohl besten Song der Band. Für Auflockerung sorgte zudem das tolle, sehr folklastige Instrumentalstück “Pellonpekko”. Zwar war Frontmann immer noch nicht besonders kommunikativ, gerade im Vergleich etwa mit seinem Kollegen von OMNIA, die ungeheure Spielfreude und Energie sowie der wuchtige Sound, mit dem sie alles wegbliesen, machte dieses Manko aber mehr als wett. Ein äußerst kurzweiliger Auftritt der finnischen Folk-Metaller.

SCHELMISH

Schelmish auf dem Burgfolk 2006
Reicherten ihren Mittelalter-Sound etwas unglücklich mit modernem Rock-Instrumentarium an: SCHELMISH

Nach gleich zwei Höhepunkten in Folge forderte der Gott der Stochastik seinen Tribut – es wurde höchste Zeit für einen Tiefpunkt. Die Aufgabe, für diesen Ausgleich zu sorgen, fiel den Spielleuten von SCHELMISH zu. Konnte die Kapelle den Rezensenten mit ihrem Akustikprogramm schon nicht wirklich überzeugen, so gelang dies noch weniger mit dem Rock-Programm, das die Band in diesem Jahr zum Besten gab. Die harten Gitarren und Drums wirkten einfach deplatziert, waren nicht vernünftig in den Mittelalter-Sound integriert und wirkten nicht zuletzt – ganz ähnlich wie bei den Kollegen von SALTATIO MORTIS – wenig originell. Letztere waren von der Darbietung ihrer Freunde hingegen regelrecht begeistert, und so stachelte deren Sänger Alea in der ersten Reihe das Publikum an, was ein bisschen den Eindruck eines “Ballermann für Mittelalter-Fans” erweckte. So wenig SCHELMISH musikalisch überzeugen konnten, so unlustig waren ihre derben Ansagen mit einem größtenteils im Lendenbereich angesiedelten Humor. Offenbar hatte man auf der gemeinsamen Tour mit SALTATIO MORTIS viele Geschichten erlebt, an denen man die Gäste des BURGFOLK nun teilhaben lassen wollte. Es soll nicht verschwiegen werden, dass nicht wenige der Anwesenden den Humor der Band teilten und sich auch von ihrer musikalischen Darbietung mitreißen ließen, die mit einer Coverversion von “Ring Of Fire” beendet wurde.

OYSTERBAND

Oysterband auf dem Burgfolk 2006
OYSTERBAND-Bassist Chopper, der Mann mit dem Daumen

Mit der OYSTERBAND betrat dann die erfahrenste Band die Bühne. In mehr als 25 Jahren haben die Briten unzählige Konzerte gespielt und dutzende Veröffentlichungen zustande gebracht. Dass sie trotzdem immer noch eher ein Geheimtipp sind, zeigte sich leider bei ihrem Auftritt auf dem BURGFOLK. Wo die Band bei ihren Clubkonzerten abgefeiert wird und das Publikum bis in die letzte Reihe mitsingt, beschränkte sich diese Aktivität hier auf die ersten zehn Reihen. Ein großer Teil des Publikums schien die Band entweder gar nicht zu kennen oder konnte zumindest mit ihrem traditionellen Folkrock nicht allzu viel anfangen. Die Jungs hatten offenbar trotzdem ihren Spaß und spielten ihren Gig zwar routiniert und völlig ohne Überraschungen, aber mit der gewohnten Hingabe. Man präsentierte sich also genauso bewegungsarm wie immer und ließ alleine die Musik sprechen. Warum auch nicht, schließlich hatte man mit “Native Son”, “Uncommercial Song”, dem Mitsing-Klassiker “Everywhere I Go” sowie den Tanznummern “When I’m Up I Can’t Get Down” und “Blood Wedding” hochwertige Folkrock-Kost im Programm, die keiner Aufwertung durch eine außergewöhnliche Bühnenshow bedürfen. Das berühmte Seitwärts-Banging von Gitarrist Alan Prosser war in dieser Hinsicht also das höchste der Gefühle. Etwas schade war, dass der langjährige und regelmäßige Gastmusiker James O´Grady diesmal nicht dabei war. Aber auch so schafften die Briten es, ihre Fans zu begeistern. Als Zugabe gab es dann noch das grandiose “The New Jerusalem” in einer fünfstimmigen A-Capella-Version zu hören, wie sie auch auf dem Live-Album “The Big Session Volume 1” zu finden ist.

SALTATIO MORTIS

Saltatio Mortis auf dem Burgfolk 2006
Aufwändige Pyro-Show, professionelle Darbietung und durchwachsene Musik: SALTATIO MORTIS

Als SALTATIO MORTIS schließlich loslegten, belief sich die Verzögerung bereits auf etwa 45 Minuten. Angesichts der Tatsache, dass der Veranstaltungsort mitten in einem Wohngebiet liegt und man eigentlich um 22 Uhr aufhören müsste, war es erstaunlich, dass die Band ihr Programm ohne Probleme durchziehen konnte. Wie ihre Kollegen von SCHELMISH spielten auch SALTATIO MORTIS ihr Rock-Programm, mit dem sie auf dem schwarzen CASTLE ROCK-Festival eigentlich besser aufgehoben wären. Dabei setzten sie von Beginn an auf eine spektakuläre Pyroshow. Show alleine ist aber nicht alles, und auch wenn Frontmann Alea anscheinend an seiner Stimme gearbeitet hat, ist er immer noch kein guter Sänger. Zu leicht ging ihm an diesem Abend angesichts des vielen Herumspringens die Luft aus, so dass immer wieder Töne nicht richtig gehalten werden konnten. Dem bis in die hintersten Reihen mitgehenden Publikum war das offenbar egal, genauso wie die Tatsache, dass die Band mit den RAMMSTEIN-artigen Gitarren, die sie seit dem aktuellen Album verstärkt einsetzt, alles andere als originell klingt. Alle, die sich von SALTATIO MORTIS an diesem Abend ein Akustikprogramm versprochen hatten, wurden zumindest mit einer kurzen Einlage in Form von “Dessous le pont de Nantes” entschädigt. Beim folgenden “Palästinalied” schließlich holte man sich Unterstützung durch SCHELMISH und KORPIKLAANI auf die Bühne, auf der dann wirklich nicht mehr viel Platz war. Sieht man einmal vom Gesang ab, legten SALTATIO MORTIS zwar einen professionellen Auftritt hin, zeigten sich musikalisch aber völlig austauschbar.

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