HYPOCRISY: Into The Abyss

So klingt`s, wenn ein Herr Tägtgren in die Fänge der männlichen Midlife-Crisis gerät: Überwiegend schnell, brutal und wieder so richtig todesbleihaltig. Während sich seine Altersgenossen auf der Jagd nach jungem Gemüse hoffnungslos blamieren, darf sich der Schwede brüsten, seinem Oeuvre ein weiteres eindrucksvolles Album hinzugefügt zu haben.

Die Midlife Crisis. Schrecken eines jeden Mannes, der sich der unheilvollen 30 nähert. Peter Tägtgren hat die drei Dekaden hinter sich und bekennt: SIE hat ihn voll erwischt. Und hat angesichts der großen Sinnkrise nichts Besseres zu tun, als seiner verlorenen Jugend nachzuhecheln und sich wie ein ungestümer Halbstarker zu gebärden.

Welch’ Glück nur, dass Mister T offensichtlich schon in jungen Tagen anders war als seine Geschlechtsgenossen. Während diese zwecks Selbstbestätigung versuchten, ihre (die holde Leserinnenschaft möge mir den Ausdruck verzeihen) Frauenabschussquote ins Unermessliche zu steigern, ergötzte sich Jung-Peter lieber an Derb-Metal der Marke CANNIBAL CORPSE, beschloss sich an ähnlichem Geprügel zu versuchen und hegt und pflegt seitdem inbrünstigst das prächtigste Paar Augenringe weit und breit, indem er sein Leben dem Lärm verschrieben hat und non-stop als Musiker und Produzent tätig ist.

Platz da, hier kommen HYPOCRISY!

Nun brach’ sie also über ihn herein, die große Krise, und was macht der gute Mann folgerichtig? Er beschließt, es allen zu zeigen und noch einmal rasende Dampfhammer-Songs mit Metzel-Texten auf die Welt loszulassen, die schon seit “The Final Chapter” spätestens aber dem letzten Studio-Album “Hypocrisy” so gar nicht mehr sein Metier zu sein schienen, gab er doch zu Protokoll, die schnellen Songs wolle er den Jungen überlassen, die ohnehin viel besser damit klar kämen.

“Into The Abyss” klingt also überwiegend schnell, brutal und wieder so richtig todesbleihaltig. Geblieben sind die musikalische Reife, der druckvolle Sound (der gar transparenter denn je klingt) und drei schleppende Songs namens “Deathrow”, “Resurrected” und “Fire In The Sky” sowie das semi-schleppende “Unfold The Sorrow”. Ansonsten regieren rasende Ungetüme wie “Total Eclipse” oder “Legions Descend”. Nicht, dass spielerische Feinheiten gänzlich Tabu wären, schließlich gelang es Tägtgren und seinen beiden Mitstreitern schon in der Vergangenheit, manisch-brachiale Songs mit Anspruch zu schreiben. Doch der Grundtenor des Albums lautet: Platz da, hier kommen HYPOCRISY!

“Into The Abyss” ist ein eindrucksvolles Werk

Tägtgren darf sich also noch einmal in seiner Jugend wähnen. Und während sich seine ebenfalls kriselnden Altersgenossen auf der Jagd nach jungem Gemüse hoffnungslos blamieren, darf er sich außerdem brüsten, seinem Oeuvre ein weiteres eindrucksvolles Album hinzugefügt zu haben. Obgleich mir das abgeklärte Alterswerk “Hypocrisy” in seiner eindrucksvollen Midtempo-Wucht doch noch einen Tick besser gefallen hat. Aber mir fehlen ja auch noch rund zwei Jahre bis zur männlichen Altersschallmauer…

Spielzeit: 42:04 Min.

Line-Up:

Peter Tägtgren – vocals & guitars
Mikael Hedlund – bass
Lars Szöke – drums

Produziert von Peter Tägtgren
Label: Nuclear Blast

HYPOCRISY “Into The Abyss” Tracklist

  1. Legions Descend
  2. Blinded
  3. Resurrected
  4. Unleash The Beast
  5. Digital Prophecy
  6. Fire In The Sky
  7. Total Eclipse
  8. Unfold The Sorrow
  9. Sodomized
  10. Deathrow (No Regrets)
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