BETHLEHEM: Mein Weg

Grenzensprengend und intensiv; ein Album in dem man sich selbst finden kann.

Allein der Titel deutet an, dass hinter diesem Album mehr steckt als nur Musik. BETHLEHEM, die sich bislang hauptsächlich mit dem Album Schatten aus der Alexanderwelt einen Namen gemacht haben, gehen seit jeher einen instinktiven und kompromisslosen Weg, der so einigen schwer auf den Magen schlägt. Hierbei denke ich speziell an das Album S.U.I.Z.I.D., welches so schwer zu verdauen ist wie ein Eimer voll Blei und gleichzeitig verrückter ist als alles was aus dem düster angehauchten Underground Deutschlands je hervorkam.

Legendenstatus ist im Falle BETHLEHEM vielleicht noch etwas übertrieben, aber die Erwartungshaltungen an Mein Weg sind durch die hohe Qualität der Vorgängerscheiben dennoch enorm. Mit ihrem fünften Album hat sich die Band – soviel will ich schon mal verraten – ein Denkmal gesetzt. Weg von Standardstrukturen, weg vom typischen Gothic Metal und erst recht kein Liebäugeln mit Black Metal, irgendwo dazwischen und doch über allem stehend verbindet Mein Weg Düsternis, Trauer, Kälte und gleichzeitig Wärme, Hoffnung sowie Wut und Hass. Diese Extreme überfluten ein Album, dass zwischen den Extremen schwankt und den Hörer permanent vom warmen ins kalte Wasser wirft.

Dennoch, ein Drogentrip wie S.U.I.Z.I.D. ist Mein Weg nicht, selbst wenn einige Stilwechsel innerhalb der Songs sehr unvermittelt kommen und einige recht psychedelische Passagen ihren Weg auf die Scheibe gefunden haben, das Album klingt nüchterner, ehrlicher und bodenständiger als die Vorgänger. Die Band um Bassist und Gründer Jürgen Bartsch setzt zwar hier und dann auf Pathos, setzt ihn aber nicht grundlos ein. Wenn sich Songs wie das catchy treibende und aggressive Einsargen oder das todtraurige Frl. Deutsch noch etwas weiter steigern sollen wird es gerne mal sakral und opulent – Kitsch und Klischees werden dabei aber vermieden.

Auch die anderen Songs sind wahre Perlen. Einflüsse von Bands wie ANATHEMA, ARCTURUS, MORGION und RAMMSTEINsind zu finden, all das wird jedoch nicht kopiert sondern interpretiert und ergibt Nummern wie das kranke Dr. Miezo, das fast schon poppige Felbel Fittich und den stampfenden Opener Aalmutter. Erwähnenswert ist auch das abschließende Cover My Way von Frank Sinatra, das gelungen interpretiert wurde – minimalistisch, aber voll und ganz BETHLEHEM. Mein Weg ist ein Statement, das nicht nur musikalisch extrem hohen Wert besitzt, auch textlich wegweisend sein könnte.

Morbide, rätselhaft, energiegeladen und sehr selbstbewusst ist dieses Album zu jeder Sekunde, mal mehr und mal weniger offensichtlich. Aber eins ist klar: Wenn man sich nach zahlreichen Durchläufen richtig in Mein Weg gehört hat muss man nicht nur zugeben, dass aus deutschen Landen nicht viele bessere Bands kommen, dass BETHLEHEM nie besser waren und dass man sich mit diesem Album wunderbar selbst identifizieren kann – ein Hang zu düsterer Musik vorausgesetzt.

Veröffentlichungstermin: 15. November 2004

Spielzeit: 73:51 Min..

Line-Up:
Jürgen Bartsch – Bass, Electronics
Olaf Eckhardt – Guitars

Steve Wolz – Drums

Gäste:

Guido Meyer de Voltaire – Vocals

Andreas Tekath – Piano, Keyboards

Produziert von Jürgen Bartsch

Label: Red Stream

Homepage: http://www.alexanderwelt.org

Tracklist:
1. Aalmutter

2. Allegoria

3. Knochenkorn

4. Frl. Deutsch

5. Felbel Fittich

6. Dr. Miezo

7. Elf Soffitten

8. Einsargen

9. Im Sog

10. Maschinensatan

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