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MAYHEM, MERRIMACK, UNLIGHT: Gaswerk Winterthur, 23. Mai 2014

MAYHEM – die norwegische Black Metal-Legende – hat eine Game Of Thrones-würdige Karriere überlebt und steht an diesem Abend auf der Bühne des Gaswerks in Winterthur.
 
 
MAYHEM rief – und nur wenige kamen. Sei es, weil das Wetter an diesem Freitagabend zu schön war (also nicht im trven Sinn, natürlich), sei es, weil SEASON OF MIST das Veröffentlichungsdatum des neues Werkes Esoteric Warfare nach hinten verlegten und so lediglich die Single Psywar als neues Material locken konnte. An der Auswahl der Vorbands – UNLIGHT für die Technikfreunde, MERRIMACK für die Trveness-Hüter – lag es auf jeden Fall nicht. Merchandise-mässig bot dieser Abend ebenfalls einiges, obwohl MAYHEM einige Shirts bereits ausverkauft und einen Teil ihres Sortiments an der Grenze zurückgelassen hatten. Faire Preise waren bei allen Bands Programm. UNLIGHT fielen positiv auf durch eine große Button-Auswahl, während MAYHEM mit einem coolen Merch-Beutel (für die MAYHEM-Frau von heute, die natürlich auch noch den dazugehörigen Tanga trägt) und stilvollen Shirt-Designs punkten konnte.
UNLIGHT_winti2014_©markushuguenin 
 
UNLIGHT waren die Opener an diesem Abend und hatten – völlig unberechtigt – mit dem kleinsten Publikumsandrang zu kämpfen. Viele rauchten und schwatzten lieber draußen im Vorhof, als sich die technisch-versierten Black Metal-Klänge UNLIGHTs zu Gemüte zu führen. UNLIGHT ließen sich hierdurch – ganz professionell – nicht beirren. Sie lockten mit ihrer sehr guten Stage-Präsenz mehr Publikum in die Halle und wurden von den Anwesenden mit motivierenden Rufen und Applaus bedacht. Lang vergangen sind die Demotage von Des Baphomets Rückkehr, lieber raste die Truppe durch ihr Material des aktuellen Albums The Katalyst of the Katharsis. Thrashige Riffs würzten den Schwarzmetall angenehm, und die perlende Gitarrenarbeit des solierenden Raptus erinnerten von der Kompetenz her sogar an die Schweizer Tech-Death-Metaller PUNISHUNLIGHT lieferten einen sehr guten Auftakt des Abends ab, die Anwesenden wollten völlig zu Recht noch mehr von der schweizerisch-deutschen Truppe hören. Schade, dass hier die Spielzeit kurz bemessen war, denn UNLIGHT hatten zudem den besten Sound des ganzen Abends für sich gepachtet.
MERRIMACK_winti2014_©markushuguenin 
Nach einer kurzen Umbaupause war es Zeit für die Franzosen von MERRIMACK. Deren neuestes Werk The Acausal Mass liegt zwar schon zwei Jahre zurück, aber das störte die nun herein schlurfende Trve-Fraktion natürlich nicht. Soundmäßig war nun weniger Transparenz angesagt als bei UNLIGHT, doch dies kam MERRIMACK sicherlich nicht ungelegen. Qualitativ bewegten sich die französischen Black Metaller im Mittelfeld – und Sänger Vestal wirkte wenig charismatisch und etwas unterbeschäftigt ohne zusätzliches Instrument. Im Vorfeld war ich gespannt auf MERRIMACKs Auftritt gewesen – die eigentliche Performance gestaltete sich dann jedoch eher langatmig und gegen Ende wünschte man sich, UNLIGHT hätten mehr Spielzeit bekommen. Der Trve-Fraktion war das natürlich einerlei – Biersaufen kann man bekanntlich auch zu rohem Black Metal der Mittelklasse. Hier wäre weniger eindeutig mehr gewesen.
MAYHEM_winti2014_attila_©markushuguenin 
Genau umgekehrt verhielt sich die Geschichte hingegen bei MAYHEM. Während ich mir von vergangenen Gigs in Oslo (am INFERNO FESTIVAL 2010) und Strömstad (2011) eher opulentes Bühnenschauspiel inklusive Tierköpfe, Blut, Feuer und noch mehr Tierköpfen gewohnt war, richtete sich die norwegische Black Metal-Legende an diesem Gig eher spartanisch auf der Bühne ein. 30-Jahre-Jubiläum hin oder her, MAYHEM liefen von der Theatralik her auf Sparflamme an diesem Abend. 
Das von SEASON OF MIST nach hinten verschobene Release-Datum machte sich zudem in der Setliste bemerkbar: MAYHEM spielten lediglich den neuen Song Psywar (von der gleichnamigen, bereits erschienenen Single) und nahmen sonst keine Esoteric Warfare-Songs auf die Setlist. Stattdessen setzten die Norweger auf einen Streifzug durch ihre 30jährige Bandgeschichte.
MAYHEM_necrobutcher_winti2014_©markushuguenin 
Setliste MAYHEM:
Silvester Anfang (Intro)
Pagan Fears
Deathcrush
Buried By Time and Dust
Intro – To Daimonion
Symbols of Bloodswords
My Death
A Time to Die
Psywar
Illuminate Eliminate
Whore
Intro – De Mysteriis Dom Sathanas
Chainsaw Gutsfuck
Freezing Moon
Carnage
Pure Fucking Armageddon
Charisma auf der Bühne bewies an diesem Abend vor allem der zweite MAYHEM-Gitarrist, Charles Hedger, während der mystisch angehauchte Henkerkappen-tragende Teloch etwas farblos wirkte. Necrobutcher und Attila überzeugten ebenfalls mit ihrer Stage-Performance, während Hellhammer der unsichtbare Geist hinter seinem Drumkit-Schützengrabenzerstörer blieb.
 
MAYHEM_teloch_2014winti_©markushuguenin 
Das Publikum zeigte sich primär von Deathcrush und De Mysteriiis Dom. Sathanas-Material angetan und wirkte sonst wenig aktiv. Soundmäßig waren MAYHEM an diesem Abend okay abgemischt, aber eine Spur transparenter hätte der Sound schon sein müssen. Der Qualität  der Show sichtlich abträglich war die schlechte Licht-Show, die mit zu viel weißem Licht die düstere MAYHEM-Atmosphäre empfindlich störte. Schade, dass hier der Geist der Musik nicht auch lichttechnisch umgesetzt wurde.
Ein weiterer Schwachpunkt an diesem Abend war sicherlich die 100db-Grenze bei MAYHEM – oder aber die Unfähigkeit der Anwesenden, während der musikalischen Darbietung einfach mal die Fresse zu halten. Gespräche während der Show mit anhören können zu müssen ist mehr als störend – hier hätte man sich also wiederum mehr von MAYHEM gewünscht, beziehungsweise einfach mehr Lautstärke. Attila schaffte es trotz dieser Widerstände immer wieder, die unheimliche, beschwörende, böse Seite MAYHEMs stilvoll zu inszenieren und zumindest einen Teil des Publikums in seinen Bann zu ziehen.
MAYHEM_hedger_2014winti_©markushuguenin 
Songmässig waren MAYHEM mit dieser Setliste – die man in ähnlicher Form schon von früheren Konzerten kannte – natürlich auf der sicheren Seite. Niemand schreibt nochmals ein Deathcrush, fabriziert ein weiteres Freezing Moon oder komponiert nochmals Buried By Time and Dust. Gleichzeitig machte dieser Abend ein bisschen wehmütig – MAYHEM sind eine der letzten großen Black Metal-Bands, die noch immer touren, noch immer neue Alben rausgeben (statt mit 20-Jahre-Album X-Reunion-Gigs Kohle zu scheffeln), noch immer Black Metal kreieren und auf ihrer Setliste Alt und Neu zusammenspannen lassen. Und es bleibt zu hoffen, dass sie dies getreu dem Grundsatz Anarchy – Violent Torture – Antichrist – Lucifer – Son of Satan – Pure Fucking Armageddon! auch weiterhin tun werden.
Fotos: Markus Huguenin Dumittan
Layout: Arlette Huguenin Dumittan
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