WACKEN OPEN AIR: Der Festivalbericht 2007

Wenn in ein paar tausend Jahren Archäologen in Wacken nach Relikten aus der Vergangenheit graben, werden sie vermutlich auf Überraschendes stoßen: Nieten, Ketten, Sonnenbrillen, Kampfstiefel, schwarze Shirts mit martialischen Aufdrucken und vielleicht finden sie auch einen gut erhaltenen Krieger in Lederhose und Stiefeln mit Patronengurt und Trinkhorn. Der weiche Boden hatte beim  Wacken im Jahr 2007 einfach alles in sich aufgenommen. Vielleicht wird die Geschichte Norddeutschlands umgeschrieben – in der irrigen Annahme 2007 hätte ein kriegerisches Volk mit einer Vorliebe für okkulte Symbole in ständiger Kriegsbereitschaft die norddeutsche Tiefebene bewohnt. Möglich wärs. Und hier der Bericht…

 

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Wenn in ein paar tausend Jahren Archäologen in Wacken nach Relikten aus der Vergangenheit graben, werden sie vermutlich auf Überraschendes stoßen: Nieten, Ketten, Sonnenbrillen, Kampfstiefel, schwarze Shirts mit martialischen Aufdrucken und vielleicht finden sie auch einen gut erhaltenen Krieger in Lederhose und Stiefeln mit Patronengurt und Trinkhorn. Der weiche Boden hatte beim diesjährigen Wacken einfach alles in sich aufgenommen. Vielleicht wird die Geschichte Norddeutschlands umgeschrieben – in der irrigen Annahme 2007 hätte ein kriegerisches Volk mit einer Vorliebe für okkulte Symbole in ständiger Kriegsbereitschaft die norddeutsche Tiefebene bewohnt. Möglich wärs…

Nass, nasser, Wacken

Regen, Regen und noch mehr Regen – in den Tagen vor dem Wacken Open Air wollte es einfach nicht aufhören zu schütten. Die Folge: Das Gelände war völlig aufgeweicht. Das ist nicht nur ungemütlich, sondern auch gefährlich – eine tonnenschwere Bühne muss felsenfest auf dem Boden stehen. Also wurde – bevor die Bühne aufgebaut wurde – ein Vlies verlegt, um die Stabilität zu erhöhen – die Bühne hat gehalten, der Boden vor den Bühnen wurde mit Tonnen von Holzschnitzeln und Stroh halbwegs trockengelegt. Von den Wetterkapriolen ließen sich die Veranstalter keinen Strich durch die Rechnung machen – mit viel Einsatz machten sie das Beste aus der Situation. Und pünktlich zum Donnerstagabend klarte der Himmel auf und die Sonne kam raus. Ein mulmiges Gefühl hatten wir an diesem Festivalwochenende trotzdem das ein oder andere Mal: Das Gelände ist eindeutig zu klein. Oder: Es werden zu viele Karten verkauft. Man kann es drehen und wenden wie man will, das Ergebnis ist dasselbe: Zu viele Leute und zu wenig Platz. Das ist nicht die übliche Meckerei nach einem Open Air über zu teure Preise für Essen und Getränke, zu wenige Toiletten und zu lange Wege – hier geht es um die Sicherheit der Besucher.

Mehr Platz!

Insbesondere bei den Auftritten der Headliner war einfach kein Durchkommen mehr. Kein Mensch will ernsthaft, dass man bei den Auftritten der großen Bands problemlos nach vorne durchmarschieren kann. Aber ich erwarte, dass eine Massenveranstaltung mit etlichen Zehntausend Besuchern so viele Freiflächen (auch in Nähe der Bühnen!) hat, dass man sich sicher fühlt. Notausgänge gibt es zwar, sie sind auch gekennzeichnet. Doch was bringt das alles, wenn der Weg zum Notausgang schlicht unpassierbar ist – so wie rechts neben „True Metal Stage“. Dort entstand im Laufe des Festivals eine dreißig Zentimeter tiefe Matschlache, die sich über etliche Meter erstreckte. Die Ursache: die ständig überlaufenden Toilettencontainer und Pissrinnen neben der Bühne. Abgesehen davon, dass sowas einfach nur eklig ist, im Fall einer Panik wären etliche Besucher in diesem Matschloch stecken geblieben. Dass es bei einer so großen Veranstaltung schnell ungemütlich und gefährlich werden kann, zeigte die Situation vor dem Auftritt von AMORPHIS, als plötzlich das Stroh vor der Bühne brannte. Es ist nichts passiert und der Feuerwehrmann auf der Bühne hat seine Arbeit gut gemacht: Hunderte Fans hörten auf sein Kommando, es blieb ruhig, obwohl es eine ganze Zeit dauerte, bis das Feuer unter Kontrolle war.

Die übliche Litanei

Sieht man von der drangvollen Enge ab, so könnte man die üblichen Kritikpunkte aufzählen: zu wenig Toiletten, die obendrein nicht sauber waren, die Campingplätze zu weit weg, das Bier zu teuer, das Essen zu teuer, der Sound zu matschig und so weiter. All das kennt man, all das ist immer und überall so – deshalb wollen wir auch schreiben, was uns gefallen hat. Friedlich und international Inzwischen ist es ja in manchen Kreisen schick, nicht mehr zum Wacken zu fahren, weil es zu groß und zu kommerziell ist. Klar, das Festival hat sich gewandelt und das so oft beschworene „familiäre Gefühl“ ist nicht mehr da. Aber: Das Wacken ist noch immer ein friedliches, sehr internationales Festival mit einer ganz besonderen Atmosphäre. Deppen gibt es überall, in Wacken kommen aber auf jeden Trottel zwei nette Menschen, die womöglich tausende von Kilometern gereist sind, um einmal dabei zu sein. Hoffen wir, dass das so bleibt und dass sich für das Platzproblem eine Lösung findet.

Und nun: die Bands!

SODOM

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Statt der üblichen SODOM beziehungsweise TOM ANGELRIPPER -Show gab es diesmal was zu feiern: 25 Jahre SODOM. Dazu hatte die Band eine ganze Reihe an ehemaligen Musikern aus der Versenkung und auf die Bühne gezerrt. Und so gab es eine knapp zweistündige Reise durch die Geschichte der Band. Die Gastauftritte waren gut gemeint, doch durch den ständigen Wechsel auf der Bühne wirkte die Show etwas zerrissen, der dumpfe Sound tat sein übriges – abgesehen von den ganz harten Fans in der ersten Reihen nahmen die meisten den Auftritt eher wohlwollend als begeistert zur Kenntnis. Bombenstimmung sieht anders aus. Nachdem SODOM anstandshalber drei aktuelle Songs, darunter „City Of God“, runtergespult hatten, packten sie alten Kram wie „Blasphemer“, „Christ Passion“, „Mortal Way Of Life“, „Der Wachturm“, „Napalm In The Morning“ aus. Angelripper begrüßte die Gitarristen Grave Violator und Frank Blackfire auf der Bühne und spielte je einen Song mit ihnen. Außerdem waren dabei: Michael Hoffman, Andy Brings und Schlagzeuger Atomic Steif. Die Widersehensfeier war nett, ein richtig sensationeller Auftritt wurde es jedoch nicht. Da halfen auch die obligatorischen Songs “Sodomy and Lust”, “Ausgebombt”, “The Saw Is The Law” und “Bombenhagel” nicht.

SAXON

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Wacken ohne SAXON wäre wie Wacken ohne Backfischbrötchen. Der Backfisch ist eine sichere Sache: Er ist heiß, fettig, macht satt und gibt eine gute Grundlage – und er schmeckt jedes Jahr gleich, die Qualität stimmt. Keine schlechte Wahl, wenn die Alternativen Nudeln mit dubiosen Zugaben und Pommes frittiert in Öl unbekannter Herkunft und unbekannten Alters sind. Ähnlich ist es mit SAXON: etliche Male gesehen, eigentlich ist es immer dasselbe und trotzdem hat man immer Spaß bei den Briten. Zwei Stunden Zeit hatten Biff Byford und seine Band, und diesmal füllten sie die Setlist mit erstaunlich vielen aktuellen Songs – die Klassiker kamen trotzdem nicht zu kurz. „Heavy Metal Thunder“, „Dogs Of War“, “Motorcycle Men”, “20,000 Feet”, “Princess Of The Night”, “Witchfinder General”, „Let Me Feel Your Power“ , “If I Was You” – die Songauswahl war ein ganz guter Kompromiss aus dem, was alle immer hören wollen und einigen neueren Stücken. Abgesehen von Tobias Sammets (EDGUY, avantasia) Gastauftritt bei „747 Strangers In The Night“ war der Auftritt gänzlich ohne Überraschungen – im positiven wie im negativen Sinne. Der Adler blinkte und leuchtete, die Solo-Einlagen der einzelnen Herren waren entbehrlich, die arg in Länge gezogenen Mitsing-Wettbewerbe ebenfalls. Biff Byford machte trotz aller Routine und der üblichen Ansage, das „Crusader“ schon noch gespielt werden würde, einen glaubwürdigen Eindruck – der alte Mann hat nach wie vor Spaß auf der Bühne. Nibbs Carter war nicht zu bremsen, sein Genick scheint aus Gummi zu sein – und damit eine perfekte Ergänzung zum etwas steifen Stageacting von Gitarrist Doug Scarratt. „Crusader“-Time war dann kurz vor Mitternacht, danach gab es noch „Wheels Of Steel“ und „Strom Arm Of The Law“ und gut war´s für dieses Jahr.

NAPALM DEATH

Verschiebung in der Running Order: Kurz bevor AMORPHIS die Bühne betraten, brannte vor der Bühne das Stroh. Alle, die auf AMORPHIS warteten, mussten zur Seite und dem Löschtrupp Platz machen. Es gab ein klein wenig Unruhe, größere Folgen als Brandgestank und dichten Qualm zum Glück nicht – gute Arbeit von Feuerwehr und Veranstalter. Die Minuten, in denen das Strohfeuer qualmte, zeigen aber auch, wie schnell eine kleine Ursache wie eine weggeworfene Kippe und Trockenstreu eine große Wirkung haben können. AMORPHIS standen hinten auf der Bühne, beobachteten die Feuerwehr und warteten. Um die Verzögerung reinzuholen, spielten NAPALM DEATH auf der benachbarten Bühne einige Minuten eher als vorgesehen. Sänger Barney sah zwar im ersten Moment etwas verschlafen aus, die Masse an Fans vor der Bühne machte ihn aber schnell wach – und so viel Adrenalin auf der Bühne hatte eine anregende Wirkung auf die Leute vor der Bühne. Wacken, 12.15 Uhr, die Frisur sitzt nicht mehr – denn wir toben uns im ersten Moshpit des Tages aus! Auf der Setlist standen neben politischen und religionskritischen („Religion ist nichts weiter als ein Mythos“) Ansagen, die Mr. Greenaway mit einem wundervollen britischen Akzent machte, diese Songs: „Suffer The Children“, „Sink fast let Go“, „Next on the List“, „When All Is Said And Done“ und „Deceiver“. Vor „Scum“ erzählte Greenway noch kurz wie es war, als die Band diesen Song geschrieben hat – damals, vor 26 Jahren. Von Alterschwäche war jedoch nichts zu hören und zu sehen und mit dem DEAD KENNEDYS-Cover „Nazi Punks Fuck Off“ hatte der Auftritt ein gutes Ende. Ob allerdings jeder auf dem Gelände NAPALM DEATHs Message verstanden hat, wage ich zu bezweifeln.


AMORPHIS

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Ohne Pause ging es nach NAPALM DEATH gleich weiter mit einer der besten Bands aus Finnland – AMORPHIS können auf eine ganze Reihe an guten Alben zurückblicken. Auch wenn sie die Band stilistisch sehr gewandelt hat, schaffen sie es immer, live alte und neue Songs unter einen Hut zu bringen. Dass sich Sänger Tomi Joutsen inzwischen wunderbar in die Band eingefügt hat, muss man nicht mehr erwähnen – Stimme und Ausstrahlung sind umwerfend. „The Smoke“ passte zumindest vom Titel her zum Geruch, der über dem Gelände lag. Brenzlig wurde es für AMORPHIS jedoch zu keiner Sekunde, mit einigen neuen Songs und vielen Klassikern wie dem grandios vorgetragenen „Against Widows“ konnte die Band nichts falsch machen. Im Gegenteil: „In the Beginning“ und „Sign From The North Side“ klingen auch heute noch taufrisch und nicht nach verstaubten Klassikern, die man als Band halt spielen muss, weil es das Publikum erwartet. Direkt darauf folgte eine sehr entspannte Version von „Alone“ und es ist erstaunlich, wie gut sich diese doch so unterschiedlichen Songs zu einem einheitlichen Konzert verbinden lassen. „My Kantele“ wurde dann aus tausend Kehlen mitgesungen – Gänsehaut! Mit „House Of Sleep“ und „Black Winter Day“ bewiesen AMORPHIS dann nochmals, dass alte und neue Stücke harmonieren und eine gutgelaunte Band mit charismatischem Frontmann dankte artig dem Publikum und verließ nach einen schönen Auftritt die Bühne.

THERION

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Wow – dieser Auftritt war ein Erlebnis! Erstens sieht man THERION nicht an jeder Ecke und zweitens hatte die Band einiges aufgefahren, um ihre komplexen und bombastischen Songs auch angemessen vortragen zu können. Im Vordergrund standen Christofer Johnsson und Sänger Snowy Shaw, der auch gut auf einer Theaterbühne aufgehoben wäre. Theater- und nicht Musicalbühne! Denn im Gegensatz zu manch aufgesetzter, künstlicher Musical-Performance wirkt es echt – er hält zum Beispiel nicht einfach ein Buch in den Händen, er spielt damit richtige Szenen. Mach gesanglicher Patzer, wie in „To Mega Therion“, verliert angesichts seines Stageactings da schnell an Bedeutung. Außerdem war ja noch Mats Leven da, der sicher besser singen kann, aber nicht die Ausstrahlung von Shawn hat. An THERION hat mir immer gefallen, dass sie live trotz allen Bombasts immer zeigen, woher sie kommen: Diese Show war Metal! Johnsson und die Brüder Nimann an Gitarre und Bass zeigten Posing vom Feinsten und ließen dabei keine klassische Bewegung aus. So viel Energie wurde vom Publikum honoriert, die Stimmung war gut und überall konnte man ehrfürchtige Gesichter sehen – denn mit einem Streifzug durch die Diskografie stellten THERION äußerst eindrucksvoll unter Beweis, dass sie eine der eigenständigsten Bands sind – und dass sie ihre Songs unter Livebedingungen reproduzieren können.

TURBONEGRO

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Das Kontrastprogramm zu THERION gab es direkt im Anschluss an den Auftritt der Schweden. TURBONEGRO sind ja nun nicht unbedingt für intellektuelles Liedgut bekannt – und selbst schuld dran. Was die Norweger auf der Bühne machen, ist von Anfang bis zum Ende ein einziges Klischee – aber sie machen ihre Sache verdammt gut. Gewöhnungsbedürftige Outfits, krude Ansagen, ein bisschen Provokation und Songs, die man nach 30 Sekunden verstanden hat – das sind TURBONEGRO. Voll war´s vor der Bühne, einige Turbojugendliche waren auch zu sehen – überwiegend in der Luft. Denn schon mit dem Opener „We´re gonna drop the Atom Bomb“ begannen junge Menschen in Jeansjacken und Damen im Seefahrer-Liebchen-Style mit dem Crowdsurfen und hörten auch nicht mehr auf, bis Sänger Hank Helvete seine geschätzten 300 Pfund Lebendgewicht von der Bühne gewuchtet hatte. Mit „Back to Dungaree High“ ging es in die zweite Runde, das Make-Up der Herren schmolz und auch die Vorbehalte im Publikum lösten sich auf. Zumindest bei den meisten – mit seiner Ansage zu „All My Friends Are Dead“ machte sich Helvete gleich wieder unbeliebt, indem er über die angeblich ständig depressiven Gothic-Girlfriends der meisten Metaller lästerte. „Get It On“, „Sailor Man“, „Welcome to The Garbage Dump“ wurden von vielen mitgegröhlt und selbstverständlich wurden aus dem Publikum immer wieder Stimmen laut, die den Song „I got Errection“ forderten. Doch zuvor spielten die Norweger mit „Do You Dig Destruction“ einen Song vom kommenden Album, der sich nicht wesentlich von den alten Stücken unterscheidet – ein paar Akkorde, ein eingängiger Refain, fertig ist der TRBNGR-Hit. Höhepunkt war ganz klar „Wasted Again“ – besser als in diesen drei Minuten kann man nicht zusammenfassen, um was es bei dem Auftritt ging: Spaß und ein paar Drogen. Mit dem Trio „Fuck The World“, „Age Of Pamparius“ und „I got Errection“ haute die Band drei weitere Knaller in Publikum und verzog sich dann. Vermutlich haben TURBONEGRO nach diesem Auftritt einige neue Fans hinzugewonnen – und andere für immer verschreckt.

LACUNA COIL

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Vor sechs Jahren, 2001, stand Cristina Scabbia ganz verloren und unsicher auf der Bühne in Wacken und konnte nicht glauben, dass sich morgens schon Leute für sie und ihre Musik interessieren. Ganz anders 2007: Sie hat sich zu einer Frontfrau gemacht, der das Publikum aus der Hand frisst. Dabei ist die Italienerin noch immer sehr sympathisch und natürlich – und sie bewegt sich auf der Bühne! Um ihre Frisur hat sie offenbar keine Angst und so springt und hüpft sie von rechts nach links und wieder zurück, bangt, flirtet mit dem Publikum und ist alles in allem so präsent, dass man den Rest der Truppe von LACUNA COIL gar nicht wahrnimmt. „To The Edge“, Fragments Of Fate’, ‚Fragile’ und ‚Higher Ground’ – die Songs vom Album Karmacode kamen sehr gut an und das Gelände war nun zum ersten Mal bis zum Anschlag am den Einlassgittern gefüllt – voll war´s ja schon morgens um elf. Das Album scheint bei vielen zu Hause zu stehen und auch häufiger zu laufen, denn mitgesungen wurde viel. Cristina Scabbia hat eine tolle Stimme und auch technisch lässt sie nichts vermissen, trotz ihres extrem agilen Stageacting saß so gut wie jeder Ton. Mit „Senzafine“, der grandiosen DEPECHE MODE-Coverversion „Enjoy The Silence“ und dem kleinen Hit “Heaven Is A Lie“ endete ein guter Auftritt – allerdings etwas zu früh und die vom Publikum geforderte Zugabe blieb aus. Trotzdem war der Auftritt ein eindrucksvolles Zeugnis dafür, wie sich diese Band entwickelt hat.

BLIND GUARDIAN

WACKEN

Solides Handwerk, kein Meisterstück – so lässt sich der Auftritt von BLIND GUARDIAN wohl am besten umschreiben. Tausendmal gespielt, tausendmal haben die Fans die Texte mitgesungen. Man kann den Musikern nicht vorwerfen, dass sie unmotiviert gewesen wären. Sie haben ihre Sache ordentlich gemacht – ziemlich ordentlich. Nur eben ohne Herzblut. Ohne Überraschungen. Ohne Patzer. Ohne Aufreger. Eben wie immer – vollkommen unprätentiös und grundsolide. Dem Großteil des Publikums war´s wurscht, denn bei BLIND GUARDIAN ist das Publikum Teil der Show – zumindest, was den Gesang angeht. Und gesungen wurde viel. Nicht nur während der Feuerzeug-im Nachthimmel-Orgie „Bard’s Song“ – sondern auch bei allen anderen Songs wie „Bright Eyes“, „Lord Of The Ring“, Imaginations From The Other Side“, „Welcome To Dying“, „Mirror Mirror“, „Into A Strom“, „Born In A Mourning Hall“, „Fly“, dem unvermeidlichen „Valhalla“ oder „Otherland“. Voll war´s vor der Bühne, so richtig ergriffen wirkten BLIND GUARDIAN allerdings nicht – es war eine seltsam gemütliche Stimmung, die sich während des Auftritts breit machte. Man schunkelte ein wenig mit, sang ein bisschen, holte ein Bier, sang ein bisschen. Eine seltsam friedliche Headliner-Show, bei der sich alle lieb hatten.

SAMAEL

Kinners, was macht ihr denn da? Ihr könnt doch einen alten Mann nicht bis 2.00 Uhr Nachts warten lassen. Ist nicht genug, dass man den ganzen Tag der Sonne trotzen und so auch für eine geregelte, gesunde – von Arzt und Apotheker empfohlene – Flüssigkeitszufuhr mittels schäumender Gerstenkaltschalen, so wie destillierten Kaltgetränken unter Hinzugabe von kooperativ zusammengeführter Limette mit Zucker sorgen musste, nein, man durfte auch noch über eine Stunde die einstige Power Metal Innovation, mittlerweile zur metallischen Umweltverschmutzung verkommenen ICED EARTH über sich ergehen lassen, grummel. Nun ja, meine Meinung teilen die bis weit hinters Mischpult stehenden Fans wohl kaum! Also nichts wie rüber zur Party Stage. Klasse, 15 Minuten vor offiziellem Beginn war das Intro schon zu hören! Fein, dann kann es ja losgehen. Nein, leider doch nicht. War wohl ne kleine Fehlzündung. Aber dann endlich – Licht aus, Spot an! Da sind sie, die blackmetallischen Gothics aus der musikindustriellen Stahlschmiede der Schweizer Alpen (sucht es euch aus, wie ihr die Schublade beschriften wollt). Unterstützt durch eindrucksvolle Projektionen, wie der des Windows-Logos (hat wohl schon jemand geschlafen, gell) und anfänglich noch recht schwachem Sound starten SAMAEL mit dem gleichnamigen Titelsong des aktuellen Albums „Solar Soul“ und „Baphomets“ (im Hintergrund unterstreicht mittlerweile die zur textlichen Ausrichtung passende Teufelsfratze das Geschehen auf der Bühne), aus (un-)seligen „Ceremony Of Opposites“-Zeiten, durch. Wenn der Sound auch später nicht wirklich das Gelbe vom Ei ist, die unglaubliche Energie, die von der Bühne rüberkommt, ist genial. Ein vom Wahnsinn gepackter Xy treibt die Milka-Kuh-Of-Evil mit unerbittlicher Taktvorgabe, dann mit einem Sprung (doppelter Rittberger- 9,9 Punkte!) zu den Tasten, die für die kalte Atmosphäre der Werke sorgen, zu einer hammergeilen Vorstellung an. Ohne großartige Ansagen und sehr statisch in seiner Bewegung (Moment mal? Vielleicht hatte auch nur diese Statik eine sehr bewegende Wirkung? oder?! …ach, egal!) rotzt Vorph „Ave“ ins Mikro, während ein Bass-behangener Gummiball neben ihm wild auf den Bühnebrettern auf und nieder, hin und her und kreuz und quer herumhüpft. Geil auch wie Material der Marke „Rain“ wie Arsch auf Eimer mit dem bombenstarken neuen Erguss der Männer aus den Bergen passt. So kurzweilig kann eine Stunde sein. Ich begebe mich dann jedenfalls auch „On The Ride“ in Richtung Zelt und sinniere noch einen kurzen Augenblick über eine kurze Geschichte von kleinen Wichten nach, die mir von den APOKALYPTISCHEN REITERN auf dem Weg vorbei an der Black Stage mit auf die Reise gegeben wurden.

DISILLUSION

WACKEN

Früh um 12 war gerade noch ein halbwegs problemloses Durchkommen möglich und man erreichte tatsächlich rechtzeitig die Bühne, zu der man wollte. DISILLUSION im gleißendem Sonnenschein – ob das gut geht? Bedingt. „Gloria“ ist ein fantastisches Album, das man allerdings besser zu Hause in Ruhe anhört. Denn live zündet lediglich der Song „Don’t Go Any Further“ sofort. Die älteren Stücke wie „Alone I Stand In Fire“ funktionieren live einfach einen Tick besser als die Songs von „Gloria“ – wie zum Beispiel „The Black Sea“. Es ist ohnehin erstaunlich, wie es Andreas und Raik schaffen, ihre komplexen Songs so auf die Bühne zu bringen – sie haben ja keine eingespielte Band im Rücken, sondern absolvierten auf dem Wacken den ersten Auftritt mit Session-Bassistin Alla und Aushilfsschlagzeuger Clemens. Und dafür war die Dreiviertelstunde eine Wucht – das sahen die vielen Fans der Band ähnlich. Von Fans kann man hier wirklich sprechen, denn in den ersten Reihen war wohl keiner, der die Songs nicht ganz genau kannte. Dass DISILLUSION völlig zu Recht den Ruf einer ganz besonderen Band haben, konnte man auch daran sehen, dass sich das Gelände während des Set immer weiter füllte. Da waren wohl etliche, die sich die Band einfach mal ansehen wollten. Ob man DISILLUSION „einfach mal ansehen kann“ sei mal dahingestellt – ich fürchte, wer die Songs nicht kennt, verliert live schnell den Faden und kann dem Auftritt nur bedingt folgen. Für die ersten Reihen war´s ein schöner Auftakt für einen Festivaltag und die Band war sichtlich überrascht, wie viel vor der Bühne los war.

SACRED REICH

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Eine Stunde Glückseligkeit für eine amerikanische Band – SACRED REICH konnten offensichtlich nicht fassen, wie viele Fans sich vor der Bühne eingefunden hatten und wie frenetisch sie die Band feierten. Sänger Phil Rind war kurz davor, vor Rührung ein paar Tränchen zu vergießen, kniff dann aber die Augen zusammen und sagte mit etwas dünner Stimme „Ihr macht einen alten Mann sehr, sehr glücklich!“. Das war keine lahme Alte-Herren-Reunion, SACRED REICH spielten an diesem Tag einige jüngere Bands einfach an die Wand. Mit Songs wie dem Opener „American“, „One Nation“, „Ignorance“, „Crimes Against Humanity“, dem grandiosen „Who´s To Blame” in der Hinterhand sollte ein einstündiger Auftritt auch kein Problem sein – doch nicht jede Band schafft es, ihr Publikum mal eben knapp zwei Jahrzehnte vergessen zu lassen. SACRED REICH waren perfekt, super-sympatisch, auf der Bühne war viel Bewegung – und die Band freute sich wirklich, vor so vielen Leuten spielen zu können. Zwischendurch grüßte Rind die Kollegen von DESTRUCTION, mit denen SACRED REICH vor etlichen Jahren ihre erste Tour durch Europa unternahmen. Lediglich das BLACK SABBATH-Cover „War Pigs“ erschein mir etwas zu lang – könnte aber auch daran liegen, dass ich den Song einfach nicht mag. Mit „Surf Nicaragua“ endete dann ein prima Auftritt, der Fans wie Band glücklich und zufrieden machte.

SPELLBOUND

Muss es denn immer so früh morgens im Zelt so heiß werden (oder sind es doch meine nach Veilchen duftenden, körperlichen Festival-Aromen, die mein wundervoller Körper seiner Umwelt zukommen lassen möchte? – Fragen über Fragen!)? Nun gut, dann erst mal fröhlich den Dixi pfeifen, bei einer erfrischenden Dusche feststellen: ich bin noch Mensch und nach ein bis zwei Tassen Kaffee wieder einigermaßen restauriert Richtung metallischer Klangwelten marschieren. Während auf der True Metal Stage allerdings SACRED REICH (nach diversen Aussagen mehrerer Augen- und Ohrenzeugen) einen irre starken Gig ablieferten, machte ich mich zum Presse-Gig von SPELLBOUND, den neuen Schützlingen von Sabina Classen, die hier den Schreiberlingen aus aller Welt ihr aktuelles Werk „Nemesis 2665“ vorstellten. Songs wie „Pernicious Alliance“ und „Demons Deadly Sins“ kommen sehr druckvoll rüber. Das tighte Zusammenspiel der Rhythmusfraktion Flache/Jäger, die Bay-Area-Artigen Gitarren-Attacken des Duos Tschoepe/Maier so wie der an eine Mischung aus Kreators Mille und James Hetfield erinnernde Gesang beweisen auf eindrucksvolle Art, dass es heutzutage zum einen noch eine ganze Menge hungriger junger Bands gibt, die auf den Sound aus den Anfängen des Thrash stehen, zum anderen muss das nicht zwangsläufig dazu führen, dass eine Band altbacken klingt. Die zwar etwas verhaltene, dennoch wohlwollende Resonanz der Anwesenden scheint meinen Eindruck zu bestätigen, dass SPELLBOUND eine Band sind, von der man wohl noch einiges erwarten kann. Bei dem Versuch dem internationalen Publikum gerecht zu werden, fallen zwar leichte Unsicherheiten in der englischen Konversation auf, doch diese (noch) mangelnde Erfahrung kann man mit einer frischen Bühnenpräsenz und starken Songs der Marke „Mindfucked“ im Gepäck locker wettmachen. Die Songs mit Charakter Ruhrpott meets Exodus und einer Prise Bodensee-Individualität sind gut strukturiert und gehen leicht ins Ohr, ohne dabei langweilig zu werden. Was diese Band in den vergangenen anderthalb Jahren geleistet hat, einen Besetzungswechsel vollzogen, neue Songs geschrieben und aufgenommen, Vertrag unter Dach und Fach gebracht und dann noch eine bemerkenswerte Steigerung auf dem Live-Sektor darzubieten – dazu Respekt! Wenn auch der Sing-along im Refrain zu „Back in The Thrash“ für meinen Geschmack etwas zu lange geraten ist, werden die Jungs mit Sicherheit die Fans bei ihren nächsten Gigs aus den Latschen hauen. Macht weiter so!

MOONSPELL

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Kaum zu glauben, aber MOONSPELL haben tatsächlich noch nie auf dem Wacken gespielt – doch offenbar hatten einige Leute schon lange auf die Band gewartet. Begrüßt wurden MOONSPELL mit portugiesischen Flaggen und viel Jubel. Die Musiker um Sänger Fernando Ribeiro gingen auf Nummer sicher und verzichteten auf allzu viele neue Songs und konzentrierten sich stattdessen auf die Hits, die alle hören wollten: „Opium“, „Vampiria“, „Full Moon Madness“ und „Alma Mater“ – diese Stücke kamen auch am besten an. Ribeiros Frage, ob man lieber alte oder neue Stücke hören wolle, war letztendlich nur ein netter Versuch, darauf hinzuweisen, dass es mehr als die bekannten Songs von dieser Band gibt. Doch dafür interessierte sich kaum jemand. Insgesamt war der Auftritt – trotz der ollen Kamellen – eine rundum stimmige Angelegenheit. Dafür war zum Großteil Fernando Ribeiro verantwortlich, denn obwohl der gute Mann etwas zu schnell gealtert schien, hat er nichts von seiner düsteren Ausstrahlung verloren – die bewegungsfreudige Band und das atmosphärische Backdrop taten ihr übriges dazu – auch im strahlendem Sonnenschein konnten MOONSPELL eine düster-romatische Stimmung auf dem Strohacker schaffen.

DESTRUCTION

Was SODOM können, kann ich auch – so was hat sich Schmier vermutlich gedacht und ebenfalls einige Gäste eingeladen. Der Auftritt zog zwar viele Besucher vor die Bühne, doch abgesehen von den ersten Reihen war die Stimmung eher mau – was daran liegen könnte, dass DESTRUCTION irgendwie von allem ein bisschen zu viel auf die Bühne packten. Knall-Bumm-Peng und Pyros an allen Ecken und Enden, eine Band, die sich fast zu Tode poste und ein Frontmann, der vielleicht ein paar Mal zu oft betonte, wie supidupi geil das Publikum in Wacken immer sei. Zum Opener „The Butcher Strikes Back“ erschien der Mad Butcher aus Fleisch und Blut – und im Gegensatz zu den Damen mit knappen Outfits, die zwischen den Musikern auf der Bühne herumhüpften, war der Kerl ein echter Hingucker. Die Ähnlichkeit zur gezeichneten Vorlage war verblüffend. Der Butcher mit der blutverschmierten Schürze schwang die Axt zu Songs wie „“Curse Of Death“, „Nailed To The Cross“, „The Butcher“, „Deathtrip“, „Life without Sense“ und „Bestial Invasion“. Da sich die Songs von DESTRUCTION nicht unbedingt zum Lap-Dance eigenen, wirkten die Einlagen der Mädchen auf der Bühne eher skurril bis komisch, als Opfer des sabbelnden Mad Butchers machten sie definitiv eine bessere Figur als bei ihren Tänzchen auf dem Drumraiser. Voll war’s auf der Bühne: Bei „Alliance Of Hellhounds“ unterstützten Peavy von RAGE, TOM ANGELRIPPER, COMMUNIC-Sänger Oddleif Stensland und Bobby Blitz von OVERKILL den DESTRUCTION-Frontmann. Einige ehemalige Mitglieder von DESTRUCTION ließen sich ebenfalls blicken: Gitarrist Harald und Schlagzeuger Oli. Richtig gut gefallen hat mir „Total Desaster“, bei dem Song standen plötzlich zwei Drumkits auf der Bühne, die auch von zwei Schlagzeugern bearbeitet wurden – eine coole Idee. Ob das ganze wirklich als 25-Jahre-Jubiläumsshow durchgehen kann, wie von Schmier betont, ist fraglich – so zählen die drei Alben, die in den Neunzigern unter dem Namen DESTRUCTION ohne Schmier erscheinen sind, laut Bandhomepage ja nicht zur offiziellen Diskografie. An diesem Augusttag wurden die Jahren 1989 bis 2000 aber großzügig zur Bandhistorie addiert. Naja…

RAGE & Lingua Mortis Orchestra

RAGE! Ja, kennt man irgendwie. Ja, sollte man auch kennen. Ja, als Institution in Sachen Metal aus deutschen Landen ist die Truppe um Peavy Wagner auch schon seit Mitte der 80er der Metal-Gemeinde ein Begriff. Ja, und genau das ist die Crux der Geschichte. Musikalisch waren mir die Herren Peter Wagner, Victor Smolski und Mike Terrana (mittlerweile ersetzt durch André Hilgers) eben nur am Rande ein Begriff. Vor Jahren mal ein paar CDs mit und ohne Orchester zu Gemüte geführt, für überaus gut befunden und … als peripherer, mein Leben bisher nicht weiter beeinflussender Kontakt mit dieser Dimension des Notenschlüssels, abgelegt in die Schublade „ach da war doch was!“ und dem Vergessen ausgeliefert. Bisher! Ja, ab und zu sollte man(n) auch mal der Freundin folgen, wenn sie sagt: „Iss mir egal, was du jetzt machst (ja, genau! Musste mich wieder ein paar Biere erwehren, welche mir heimtückisch aufgelauert hatten!!!), aber ich gehe mir RAGE angucken!“ Nun gut, geben wir halt mal nach und wohnen dem 10-jährigen Bühnen-Jubiläum von Metal meets Classic in Form von RAGE & Lingua Mortis Orchestra auf der True Metal Stage bei. Und, was soll ich sagen? Ganz großes Kino! Wirklich, kein Scherz. Ich meine der gute Herr Smolski ist mal echt ne Sau. Was Maestro hier auf sechs Saiten für Klangwelten eröffnet hat, einsame Spitze. Unterstützt von einer überaus präzisen, mit enormer Power nach vorne spielenden Rhythmusfraktion und einer Stimme, die genau den richtigen Grad gefühlvoller Härte präsentierte, das muss doch auch das härteste Ei weich kochen! Songs wie „From The Cradle To The Grave“ intoniert mit so viel Gefühl und unterstützt durch ein Orchester, das sich von Minute zu Minute mehr entfaltete. Auch kann man dieses Erlebnis zweifelsohne in die Kategorie „einmalig“ einstufen. Seien es nun 40000, 70000 oder doch die von „Peavy“ proklamierten 100000 Fans, die an diesem Spätnachmittag DAS Fest in Wacken besuchten, hier war wohl niemand „Sent By The Devil“. Tausende gegen Himmel gestreckte Pommesgabeln beeindruckte wohl auch so manche Violonistin des Orchesters, die mit der einen oder anderen Glücksträhne im Blusenknopf eine Erinnerung in digitaler Form für die Lieben zu Hause schoss. Ein klares Zeugnis dafür, dass die Fusion Headbanger/Frack durchaus als Erfolg zu konstatieren wäre.

TYPE O NEGATIVE

WACKEN

 Pete Steele hatte kurz vor dem TYPE O NEGATIVE-Auftritt offenbar einen Clown gevespert – oder sich die ein oder andere Substanz eingeworfen. Nüchtern war der Herr auf der Bühne mit Abraham Lincoln-Zylinder jedenfalls nicht. Mit Hut, Sonnenbrille, einzelnen schwarz gefärbten Zähnen und leerem Blick torkelte er auf die Bühne und legte los mit „We Hate Everyone“. Der Gesang war leise, nicht immer ganz tongenau und Gitarrist Kenny Hickey sprang einige Mal ans Mikro, um wenigsten ein bisschen was zu retten – dabei fiel auf, dass er sich inzwischen zu einem richtig guten Sänger gemausert hat. Steele fand seine Weinflasche offenbar interessanter als das Publikum – mit ihr beschäftigte er sich wesentlich ausgiebiger als mit den Leuten vor der Bühne. Ansagen? Ja, gab es; sie waren aber komplett sinnfrei. Egal ob Steele auf Priester machte, sich die Kamera klaute oder sein Leergut ins Publikum schmiss, der Rest der Band amüsierte sich prächtig über den desorientierten Frontmann. Auf der Setlist standen außerdem „I Kill You Tonight“, eine Pause, in der Steele einfach mal die Bühne verließ, „Love You To Death“ und „Christian Woman“. „Gravity“ wurde kurz angespielt – ging dann aber schnell in „Black No#1“ über. Ein richtiges Konzert war das nicht und so waren auch viele sehr enttäuscht – hätten sich TON das bei einem Hallenkonzert als Headliner erlaubt, wäre es dreist gewesen. So war es eine nette Unterhaltung der etwas anderen Art an einem Tag, an dem es noch genug andere Band zu sehen gab. Eine knappe Viertelstunde zu früh waren die Männer aus New York dann auch wieder verschwunden – und hinterließen ein zwiespältiges Gefühl. Einerseits ist es ja schön, wenn mal jemand etwas anderes auf der Bühne macht, als das was alle erwarten. Andererseits war jeder zu Recht enttäuscht, der eine TYPE O NEGATIVE-Show mit einem charismatischen Sänger erwartet hat. Ich fürchte, die Clownerie auf der Bühne ist der einzige Weg, mit dem Gesundheits- und Geisteszustand von Steele umzugehen – Shows wie 1998 auf dem With Full Force, bei der Steele als durchtrainierter Riese mit unglaublicher Stimme beeindruckte, wird’s wohl einfach nicht mehr geben.

IN FLAMES

WACKEN

Es war kein Spaß. Zu IN FLAMES kamen noch mehr Leute auf das Gelände – um festzustellen, dass einige Meter nach der Einlass-Kontrolle auch schon wieder Schluss war, weil das Areal mit Menschen voll gestopft war. Es blieb der Blick auf die Leinwand – eingepfercht zwischen tausenden anderen Menschen. Selbst auf dem Großbildschirm war zu erkennen, dass Andres Fridén sich den Tag über mit Alkohol, Hasch oder anderen Dingen beschäftigt hat – seine recht wirren Ansagen bestätigten den Verdacht. Der Schwerpunkt der Setlist lag auf dem aktuellen Album „Come Clarity“, dazwischen gab es einige ältere Songs – Überraschungen fehlten allerdings völlig. Die vorhersehbare Songauswahl und das Gedränge um den besten Platz (nein, nicht vor der Bühne, sondern vor der Leinwand!!) ließen dann auch keine gute Stimmung aufkommen – zu leise war es obendrein. IN FLAMES sind lange genug dabei, um eine saubere Show zu spielen – was sie auch taten. Solides Handwerk, das vorne abgefeiert wurde – ab Höhe der Mischtürme wars eher ruhig und man schaute halt auf die Leinwand und trank ein Bierchen…

Fotos: boxhamster
 

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