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WHITESNAKE: Live At Donington 1990 [Doppel-CD/DVD]

Wer keine Probleme hat mit der Phase des hochpolierten Hair-Rock der Band, der bekommt viel zu sehen und zu hören. Wer in der Band die klassische bluesige Rockband sieht, der sollte um "Live At Donnington 1990" einen großen Bogen machen.

Es gab damals doch reichlich Leute, die dem einstigen Urbritischen Rock`n´Roll-Urgestein WHITESNAKE den musikalischen Ausverkauf vorwarfen. Statt gutgelauntem bluesigen Rock gab es mit hochtoupierten Haaren und grellen MTV-Video-Outfits mit 1987 und danach `89 Slip Of The Tongue eine komplette Anbiederung an den damals übermächtigen Hair-Rock. Beides in sich tolle Alben mit teils mehr (1987), teils weniger (Slip Of The Tongue) klasse Songs, aber eben nicht das, was der bodenständige WHITESNAKE-Fan von der Band erwartete. Dafür hatte die Band um Sänger David Coverdale (DEEP PURPLE, COVERDALE/PAGE) kommerziell erwartungsgemäß ihre größten Erfolge. Slip Of The Tongue wurde dann 1990 auch auf dem Castle Donington-Festival gefeiert, mit der Headlinershow am 18. August 1990 nach AEROSMITH, POISON, den QUIREBOYS und THUNDER. Dass man mit der Veröffentlichung der Aufnahmen so lange gewartet hat, das mag man deuten, wie man will. Vielleicht ist Herr Coverdale selbst nicht so begeistert von dieser Phase der Band, ein sehenswertes Erinnerungsstück ist die DVD aber zumindest geworden.

Die Bildqualität ist dem Alter entsprechend ganz ok, da hat man nachträglich versucht, das Beste rauszuholen. Auch der Sound wurde fleißig überarbeitet und kann überzeugen. Zu sehen gibt es eine Band, an der die Amerikanisierung deutlicher kaum sein könnte. Man zeigt sich sportlich durchtrainiert, die Haare sitzen perfekt, bloß nicht zu viel bewegen! Dagegen sahen die Ladies von VIXEN geradezu ungepflegt aus. Die Vocals von Herrn Coverdale kann man gerade noch durchwinken, er hat sicher bessere Zeiten gehabt, aber definitiv auch schlechtere in den Jahren danach. Die Band unterstützt ihn erwartungsgemäß ordentlich, die damals aktuellen Songs funktionieren gut, die bluesigen Bandoldies verlieren im Selbstdarstellungswahn der Musiker nahezu komplett ihren ursprünglichen Charme. So klingen sie kraftvoller und passen ins Programm, aber wer jemals so ein bodenständiges Album wie das `80er Meisterwerk Live… In The Heart Of The City gehört hat, der wird hier sicher lieber auch wieder zur klassischen Version greifen. Trotzdem wissen die Herren Musiker, Augen und Ohren auf sich zu ziehen. Tommy Aldridge verprügelt kraft- und effektvoll sein Kit, das unvermeidbare Drumsolo hat man so von ihm schon oft gehört. Zuzuschauen macht trotzdem Spaß. Zuschauen gehört auch bei STEVE VAI zum Programm, ernstnehmen kann man ihn nicht, das selbstverliebte Getue ist schon recht albern. Technisch ist sein sehr eigener Stil natürlich beeindruckend, klanglich ragen seine Spielereien jedoch nicht gerade positiv aus den Songs heraus. Wenn er dann im ausgedehnten Soloteil seine eigenen Songs For The Love Of God und The Audience Is Listening anspielt wird das Problem deutlich: STEVE VAI gehört nicht in so eine Rockband, die Gitarrendiva ist nun mal eine One-Man-Show und braucht das Publikum für sich allein. Dass es auch anders geht, das zeigt Adrian Vandenberg (VANDENBERG, MANIC EDEN), der mit seinem klassischen, songorientierten, und nicht gleich offensichtlich hervorragenden Spiel die Songs zusammen hält. Seine Bühnenpräsenz ist die eines Teamplayers, sein Solo ist angenehm verspielt und fast mystisch, wo sich STEVE VAI selbst als Mittelpunkt der Welt darstellt, da lässt Vandenberg seine Gitarre singen und erzählen, klasse. Rudy Sarzo (OZZY OSBOURNE, QUIET RIOT, DIO, MANIC EDEN) tanzt wie gewohnt über die Bühne und bietet einen solide groovenden Bass. Sieht man die Band WHITESNAKE 1990 als das, was sie war: eine Freakshow mit hochmusikalischen Selbstdarstellern, dann passt alles und es macht Spaß, die Show anzuschauen. Wer also keine Probleme hat mit dieser Phase des hochpolierten Hair-Rock der Band, der bekommt viel zu sehen und zu hören. Wer in der Band die klassische bluesige Rockband sieht, der sollte um Live At Donnington 1990 einen großen Bogen machen oder es halt als gut gemachtes Dokument der Bandgeschichte betrachten.

Als Bonus gibt es auf der DVD eine nette Behind The Scene-Doku zur Entstehung des Albums Slip Of The Tongue, 21 Minuten, um die Menschen hinter den Album näher kennenzulernen. Wir sehen sie bei den Recordings, bei Shows und hier und da mal abseits der Musik. Die Kommentare von Herrn Coverdale wirken allerdings recht lustlos. Dazu kommt die übliche Bildershow, fünf Minuten, unterlegt mit Slide It In, die man sich wohl nur einmal anschaut. Der Sound kommt zeitgemäß in Dolby 2.0 und 5.1 Surround.

Live At Donnington 1990 erscheint als Doppel-CD, als DVD und als Komplettpaket mit CDs und DVD. Wer nur die Songs hören will, dem reicht das Doppelalbum. Wer 1987 (letztendlich ein großartiges Album!) und vor allem Slip Of The Tongue nicht so richtig mag, aber seine Sammlung abrunden will, der sollte eher zur DVD greifen, da die Rockstars auf der Bühne doch einiges her machen. Als echter WHITESNAKE-Fan, der auch diese Phase der Band mochte, greift man am besten zum Gesamtpaket. Wer bisher noch gar keinen Kontakt zur Band hatte, der greift aber lieber zu den 80er-Klassikern Come An´ Get It, Saints And Sinners oder Slide It In und unbedingt zu Live… In The Heart Of The City mit den Bandoldies.

Veröffentlichungstermin: 03.06.2011

Spielzeit: 60:33/42:44 Min.

Line-Up:
David Coverdale – Vocals
Steve Vai – Guitar
Adrian Vandenberg – Guitar
Rudy Sarzo – Bass
Tommy Aldridge – Drums

Label: Frontiers Records

Homepage: http://www.whitesnake.com

MySpace-Seite: http://www.myspace.com/whitesnake

Tracklist:

CD 1:
1. Slip Of The Tongue
2. Slide It In
3. Judgement Day
4. Slow An Easy
5. Kitten´s Got Claws
6. Adagio For Strato
7. Flying Dutchman Boogie
8. Is This Love
9. Cheap An´ Nasty
10. Crying In The Rain [Drum-Solo]

CD 2:
1. Fool For Your Loving
2. For The Love Of God
3. The Audience Is Listening
4. Here I Go Again
5. Bad Boys
6. Ain´t No Love In The Heart Of The City
7. Still Of The Night

DVD:
1. Slip Of The Tongue
2. Slide It In
3. Judgement Day
4. Slow An Easy
5. Kitten´s Got Claws
6. Adagio For Strato
7. Flying Dutchman Boogie
8. Is This Love/Cheap An´ Nasty
9. Crying In The Rain
10. Fool For Your Loving
11. For The Love Of God
12. The Audience Is Listening
13. Here I Go Again
14. Bad Boys
15. Ain´t No Love In The Heart Of The City
16. Still Of The Night
– The Making Of Slip Of The Tongue
– Slide-Show

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