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ULVER: The Norwegian National Opera [BluRay + DVD]

"If pride is a sin, we are guilty. Forgive us."

Samstag, der 31. Juli 2010. What kind of animal are you? fragen sie ihre Zuschauer und wissen selbst noch nicht so recht, wie es weiter gehen soll: ULVER schließen ihre erste Phase als Liveband zumindest für sich selbst ab. Zwar wird es noch einige weitere Konzerte mit ihrem Best Of-Set geben, doch der Auftritt in der norwegischen Staatsoper ist selbstverständlich der bisherige Zenith für ULVER. Dass die Norweger und der Brite diesen mentalen Abschluss der Zeit von 1998 bis 2007 festhalten wollen, das ist gleichermaßen sentimental wie logisch. The Norwegian National Opera ist das, was dabei heraus kommt, wenn eine Band es jahrelang kategorisch ausschließt, auftreten zu wollen, schließlich aber doch ein Konzept ausarbeitet und ihre experimentelle Musik auf die Bühne bringen will.

Wer ULVER auf dieser Tour erlebt hat, der weiß, was mit The Norwegian National Opera auf ihn zukommen wird. Zumindest größtenteils. Denn nicht nur durch die Lokalität ist dieser hier dokumentierte Auftritt etwas besonderes: Zunächst markierte der Auftritt in der norwegischen Staatsoper die Weltpremiere des Stücks England, das sich wunderbar in das Best Of-Set von ULVER integrierte. Zusätzlich gibt es noch zwei spezielle Performances, die das Konzert sowohl begannen als auch beschlossen: Ian Johnstone als ikonische und durchaus kontroverse Skulptur zu zwei unspektakulären Klavierstücken. Immerhin, Aufmerksamkeit erregt dies und ist dem Anlass durchaus angemessen. Es leitet den eigentlichen Konzertteil insofern passend ein, dass mit atemloser Spannung auf den Beginn des eigentlichen Auftritts hingefiebert wird, und schließt den Auftritt mit fatalistischer Zärtlichkeit ab. Die Visuals und die Setlist sind mit Ausnahme vom zusätzlichen Stück England identisch zu den Shows der Tour, aber dennoch ist die selbe Magie enthalten wie damals.

Das liegt natürlich daran, dass die Macher der DVD den Spagat zwischen dem Einfangen der Liveperformance und der Wiedergabe der Visuals sehr gut beherrschen. Die Schlüsselszenen der Projektionen werden wiedergegeben, oft auch mit der agierenden Band im Vordergrund, dann wird wieder weich und nicht zu hektisch zwischen den Welten hin und her geschnitten. Das ist mit einer schönen Ruhe ausgestattet, und selbst die Atmosphäre der Staatsoper kommt durch die DVD rüber, den sechs Kameras sei dank. Dass ULVER aber optisch überzeugen würden, war von vornherein klar, doch auch die musikalische Performance ist makellos. Vor allem Kristoffer Rygg trifft jeden Ton, wobei ich nicht kategorisch ausschließen möchte, dass es beim Gesang den einen oder anderen Overdub gibt. Es ist wie immer eine Freude, Schlagzeuger Tomas Pettersen beim Spielen zuzuhören, aber auch -zusehen, der einen herrlichen Groove im Blut hat. Tore Ylwitzaker ist in seinem Rondell aus Synthesizern wie im siebten Himmel, Daniel O´Sullivan tobt sich als Multiinstrumentalist bestens aus, nur Jorn H. Svaeren übt sich in Zurückhaltung und kommt nur sehr selten vor.

Die Songauswahl berücksichtigt Stücke von allen Alben seit 1998, und somit schaffen es nicht alle Lieblingsstücke auf die Setlist – aber so eine Auswahl ist immer subjektiv und damit verzeihlich. Zum Sterben schön sind wieder Eos, Funebre, der Auszug von Silence Teaches You How To Sing, A Cold Kiss und England. Daneben zeigen ULVER, dass sie auch kontrovers können, einerseits durch die recht simplen Schockaufnahmen aus einem KZ in Rock Massif, aber auch durch das optisch zensierte, weil einen einsekündigen Blowjob enthaltende For The Love Of God, sowie In The Red und Operator, die Geburtsszenen und Selbstmorde enthalten. Aber auch die in einen bitteren Kontext gebrachten Bilder von Leni Riefenstahl in Little Blue Bird, das wiederum die mit Abstand beste Nummer des Sets darstellt, zeigen ihre Wirkung. Schade nur, dass Not Saved, bei dem übrigens Christian Fennesz als Gastmusiker mitwirkt, nicht denselben das Herz zersprengenden Effekt hat, wie auf der Tour: Die sich wiederholenden Bilder des traurigen Jungen wurden leider auf ein Minimum reduziert.

ULVER wären nicht ULVER, wenn sie den Konsumenten mit Schnickschnack in die Realität entlassen würden. Ergo gibt es auf der DVD keinerlei Bonusmaterial, lediglich kann der Käufer entscheiden, ob der dem Abend auf BluRay oder konventioneller DVD beiwohnen will. Als Addition gibt es allerdings ein schönes Booklet mit teils beeindruckenden Fotos und ein paar Liner Notes, die diese Konzerterfahrung der Band für den Fan etwas nachvollziehbarer werden lassen. Alles in allem ist The Norwegian National Opera alles, was sich die Fans von ULVER in deren ersten Phase als Liveband bisher erhoffen konnten. Und das gilt auch für ULVER selbst. Ich zitiere: If pride is a sin, we are guilty. Forgive us.

Veröffentlichungstermin: 9. Dezember 2011

Spielzeit: ca. 90 Min.

Line-Up:
Christian Fennesz
Ole Alexander Halstensgard
Ian Johnstone
Daniel O´Sullivan
Tomas Pettersen
Kristoffer Rygg
Jørn H. Svaeren
Tore Ylwizaker
Kristin Bøyesen – Late Additions & Live Visuals

Label: Jester Records / Kscope Music

Homepage: http://www.jester-records.com/ulver

Mehr im Netz: http://www.myspace.com/ulver1

Tracklist:
1. The Moon Piece
2. Eos
3. Let The Children Go
4. Little Blue Bird
5. Rock Massif
6. For The Love Of God
7. In The Red
8. Operator
9. Funebre
10. Excerpts Of Silence
11. A Memorable Fancy
12. Hallways Of Always
13. England
14. A Cold Kiss
15. Like Music
16. Not Saved
17. The Leg Cutting Piece

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