SPIDERMAN [Filmkritik]

"Spiderman" als Leinwandspektakel hat an den amerikanischen Kinokassen prompt "Episode II" versenkt, und man darf sagen: Zu Recht! Selbst mit der seit den 60er Jahren ununterbrochen publizierten Comicreihe aufgewachsen, beschwört Regisseur Sam Raimi ("Tanz der Teufel") mit seiner grellbunten Adaption Gefühle aus längst vergangenen Teenie-Tagen…

„Du bist nicht Superman“, warnt Tante May ihren Neffen Peter Parker und behält natürlich Recht. Der unscheinbare, ein wenig trottelige Highschool-Pennäler ist der Einstein der Klasse und bevorzugte Zielscheibe des Spotts seiner Mitschüler. Bis die Brillenschlange bei einem Museumsbesuch von einer genmanipulierten Spinne gebissen wird und über Nacht ungeahnte Kräfte entwickelt. Als menschlicher Rächer im rotblauen Ganzkörperkondom ist Parker fortan immer dann zur Stelle, wenn das Verbrechen der Heimatstadt oder seiner heimlichen Liebe Mary Jane zu nahe rückt.

Wenn amerikanische Allerweltstypen in lustige Kostüme schlüpfen und für Volk und Vaterland komische Dinge vollbringen, ist die Parole klar: Humor rauskramen und Spaß haben! „Spiderman“ als Leinwandspektakel hat an den amerikanischen Kinokassen prompt „Episode II“ versenkt, und man darf sagen: Zu Recht! Selbst mit der seit den 60er Jahren ununterbrochen publizierten Comicreihe aufgewachsen, beschwört Regisseur Sam Raimi („Tanz der Teufel“) mit seiner grellbunten Adaption Gefühle aus längst vergangenen Teenie-Tagen – den Geist jener endlos scheinenden Sommerferien, als noch Zeit blieb, sich mit einer Flasche Cola und der neuesten Ausgabe von „The Amazing Spiderman“ unter der Bettdecke zu verkriechen.

Viel Raum widmet Raimi der Wandlung des farblosen Peter Parker (perfekt verkörpert von Tobey Maguire) hin zum geschmeidigen Wandläufer, der seinem Gegenspieler, dem „Grünen Kobold“ (überzeugend: Willem Dafoe) netzschwingend Einhalt gebietet. Da kitscht und menschelt es zwischendurch arg, was dem Film viel Tempo kostet – von den größtenteils grenzdebilen Schwachsinnsdialogen, den üblichen Genre-Peinlichkeiten und der in Spidermans Heimatland derzeit unvermeidlichen Patriotismusnummer („Leg Dich nicht mit New York an!“) ganz zu schweigen. Von diesen Schönheitsfehlern abgesehen, ist es Raimi gelungen, den Charme der Comicvorlage mit viel Witz und beißender Ironie kongenial auf die Leinwand zu transportieren. „Spiderman“ ist genau das Popcorn-Abenteuer geworden, das sich die Fans rund um den Globus gewünscht haben: Eine bonbonfarbene, herrlich trashige Hommage an den coolsten unter den Marvel-Superhelden. Und das Beste: Die Botschaft des Films ist tatsächlich brauchbar. Lernen für’s Leben mit Spiderman! „Die, die ich liebe, sind immer die, die bezahlen“, stellt Peter Parker nach 120 kurzweiligen Minuten fest. Das merken wir uns für den nächsten Restaurantbesuch mit der Dame beziehungsweise dem Herrn unseres Herzens.

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