METALLICA: Hit the Lights – die Story zu ihren größten Songs [Buch, Autor: Chris Ingham]

Trotz einiger Schwächen ist „Hit the Lights“ definitiv ein früher Kandidat für die Pole Position auf dem diesjährigen Weihnachtswunschzettel für alle, die METALLICA verehren und denen Eltern, Partner oder Lehrer damit in den Ohren liegen, endlich mal wieder ein Buch zu lesen.

Fast schon mythische Ausmaße hat die Gründungsgeschichte von METALLICA bereits kurz nach den ersten Erfolgen der Band angenommen. Nach all den Jahren und diversen Überlieferungen immer noch für hunderte Metalheads ein Saatkorn für die Gründung der ersten eigenen Band: das Zusammentreffen des schüchternen, Akne-belasteten James Hetfield und des nimmerstillen Lars Ulrich. Legendär die Abwerbungsversuche von Hetfield und Ulrich, um das perfekte Vierergespann zusammenzubekommen. Unbändig noch heute die unverhohlene Wut von Kill ´em All. Und schon öfters war diese Mutter aller Bandgründungen mit allem, was danach geschah, Gegenstand von mal mehr, mal weniger ausführlichen und fundierten Büchern. Im Zuge des St. Anger-Comebacks und des gerade angelaufenen Kinofilms Some Kind of Monster rollt nun der Rockbuch-Verlag die METALLICA-Saga neu auf. Und dies geschieht auf überaus professionelle Art und Weise: Autor ist Chris Ingham, Herausgeber des britischen Metal Hammers, die Bildauswahl zeigt großformatig etliche Schnappschüsse wie auch offizielle Bandpics und Livebilder, und auch die Herangehensweise von Ingham ist durchaus ambitioniert. Er versucht in Hit the Lights nämlich, das Phänomen METALLICA ausgehend von den Texten verschiedenster METALLICA-Songs zu erklären. Doch auch Hintergrundgeschichten, die erwähnte Genesis der Band und ein fundiertes Kapitel über die Einflüsse der frühen METALLICA finden Platz auf den ca. 150 A4-Seiten. Die Übersetzung ist glücklicherweise auch kein Stolperstein für den Lesegenuss und den nostalgischen Blick auf 23 Jahre Geschichte einer Band, die den Metal wie keine andere definiert, revolutioniert und immer wieder neu erfunden hat. Schwieriger wird´s da schon beim etwas geschwollen-pseudowissenschaftlichen Ton, der immer wieder in die ansonsten sehr erdig und locker formulierten Passagen sickert, gerade wenn sich Ingham als Literaturwissenschaftler gibt bei der Textexegese. Hier und da schießt er über´s Ziel hinaus, wenn er beispielsweise akribisch Bibelanleihen in The Four Horsemen nachweist, die schlicht offensichtlich sind. Gelegentlich fühlt man sich in solchen Passagen wie bei einem unbeholfenen, schnell noch am Abend zuvor zusammengebastelten Schülerreferat zu einem Gedicht. Und auch die Taktik, sich ausgerechnet bei Mama Said in die Aussage zu versteigen, der Song sei missverstanden worden, dann aber lediglich eine knappe, unbelegte Deutung des Textes zu liefern, ist bestensfalls mit ´unglücklich´ zu umschreiben.

Die Stärke des Buchs kommt dafür immer dann durch, wenn Ingham ausgehend von einem Song die Hintergründe der Songentstehung erläutert oder andere Anekdoten, die mit dem Lied in Zusammenhang stehen, zum Besten gibt. So erfahren selbst eingefleischte METALLICA-Fans noch Neues. Auch stellt Ingham Bezüge her zwischen Texten und Biografie der Musiker, was vielleicht in der Literaturwissenschaft verpönt sein mag, hier jedoch für durchaus nachvollziehbare Einblicke sorgt und durch die Verbindung der Texte mit Interviewzitaten so manchen Denkanstoß liefert, sich selbst mal eingehender mit den Texten der ansonsten schon so bekannten Songs zu beschäftigen. Jeder von uns hat schon mal mit gereckter Faust bei einem METALLICA-Gig MAAAAASTER, MAAAASTER, WHERE`S THE DREAM THAT I`VE BEEN AFTER!!!!!!!! gebrüllt, doch wer ist hier der Meister überhaupt? Und wer ist dieser Jack, der sich auf Load in schwäbischer Manier ein Häusle gebaut hat? Insofern verzeiht man Ingham schnell die eingangs erwähnten Schnitzer und lässt sich ein auf eine aufregende Rundreise durch die Textwelt von James Hetfield, wie sie sich über die Jahre hinweg von der simplen und doch so unwiderstehlichen Metalhymne Whiplash bis hin zu komplexen Psychodramen Marke The Unforgiven entwickelt hat. Gleiches gilt für die Ergänzung, die Sandra Eichner vom Metal Heart in Gestalt des St. Anger-Kapitels beigesteuert hat. Zwar dürfte der Kinofilm hier noch mehr Hintergründe und präzisere Psychogramme bieten, doch Eichner bietet viele Hinweise an, wie man an den Texten die schwierige Situation zur Zeit der Albumentstehung ablesen kann, wenn man möchte. Und weder Eichner noch Ingham begehen den Fehler, jeden Text von Hetfield als sakrosankt anzusehen. So bleibt beispielsweise nicht unerwähnt, dass die Band One ursprünglich nur für einen scheiß monumentalen Song über einen Typen, der auf eine Landmine tritt, hält, bevor das Video dem Text die enorme Ausstrahlung und eine erweiterte interpretatorische Dimension verleiht.

Somit wäre Hit the Lights definitiv ein früher Kandidat für die Pole Position auf dem diesjährigen Weihnachtswunschzettel für alle, die METALLICA verehren und denen Eltern, Partner oder Lehrer damit in den Ohren liegen, endlich mal wieder ein Buch zu lesen.

ISBN-Nr.: 3-927638-15-3

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