GOTHIC: PC-Spiel

Mit "Gothic" ist dem deutschen Spieleentwickler Piranha Bytes der große Wurf gelungen, der im internationalen Konkurrenzkampf den Wettbewerb nicht zu scheuen braucht. Eine gelungene Story, eine atmosphärisch dichte Spielwelt, die einfache Spielsteuerung und die vielen vielen kleinen aber auch großen Details machen "Gothic" zu einem echten Spielerlebnis für Freunde des 3D-Rollenspiel-Adventures.

Die Story

Eine Strafkolonie vor langer Zeit. Es herrscht Krieg. Nachdem das einst wohlhabende Reich von Myrtana unter ihrem Herrscher König Rothbar zunächst als Sieger gegen die angrenzenden Gebiete hervorging, fielen Orks in das vom Krieg geschwächte Land. Nicht nur die Armee des Königs war dezimiert, auch Waffen wurden zu einer Mangelware und umso wichtiger wurde die Gewinnung von Erz. Doch auch in den Minenstädten herrschte der Ausnahmezustand und immer mehr Gefangene flohen wenn sich ihnen die Gelegenheit bot. Und so beschloss der König, die wichtigste Minenstadt Khorinis durch die zwölf mächtigsten Magier mit einer magischen Barriere zu verschließen. Denn in Khorinis wurde magisches Erz geschürft, das mit der richtigen Technik zu unzerstörbaren Waffen gefertigt werden konnte. Doch etwas ging schief. Die Barriere erstreckte sich über eine weit größere Fläche, als sie vorgesehen war und die Magier und all die anderen, die sich in der Umgebung befanden waren eingeschlossen. Die Barriere nach innen zu durchqueren war möglich, aber der Versuch hinauszukommen sollte tödlich enden. Und so wurde Khorinis zum größten Strafgefangenenlager des Reiches in dem sich eigene Gesetze entwickeln sollten. Die königlichen Wachen waren schnell überwältigt und die Gefangenen selbst übernahmen die Herrschaft innerhalb der Barriere. Doch da die Gefangenen auf die Waren der Außenwelt angewiesen waren, der König aber auf das Erz von Khorinis, entstand ein Vertrag zwischen den beiden Seiten, der auch zu funktionieren schien. Doch nicht alle innerhalb der Barriere waren mit diesem Vertrag einverstanden und so spaltete sich ein Teil der Gefangenen ab. Es entstanden zwei neue Lager, die beide gänzlich verschiedene Ziele vor Augen hatten. Während sich die Leute aus dem Neuen Lager auf die Seite der Wassermagier schlugen, die mit der Vernichtung der Barriere beschäftigt sind, taten sich die Sektenspinner (wie sie im Spiel so schön bezeichnet werden) zusammen um auf die Hilfe ihres Erlösers zu hoffen.

Und außerhalb der Barriere wurden immer weiter Menschen wegen unbedeutendster Delikte verurteilt, um in den Minen von Khorinis zu schuften. Und auf diese Weise kommt dann auch der Spieler auf den Plan. Eigentlich sollte gerade das Urteil über diesen gesprochen werden, da taucht plötzlich ein Kerl auf, der einen Vorschlag zu machen hat: lediglich ein Brief ist an den Führer der Feuermagier zu übergeben und alle Wünsche stehen ihm offen…

Das Spiel

…und so beginnt also diese 3D-PC-Adventure-Variante von John Carpenter´s Klapperschlange, die sich gleichzeitig als eine der herausragendsten Veröffentlichungen dieser Tage darstellt.

Und ein ähnlich erdiger Raubauz wie unser guter alter Snake Plissken ist auch der Hauptdarsteller dieses Spiels geworden, wenngleich man aber nicht ganz über die Fähigkeiten des Filmhelden verfügt. Und damit hab ich auch gleich meine Überleitung zu einem der wichtigsten Merkmale von Gothic: die enorme Realitätsnähe – soweit man bei einem Fantasygame überhaupt davon reden kann – die einen so richtig tief in dieses Abenteuer eintauchen lässt.

Denn hier spielt man mal ausnahmsweise nicht den alles könnenden Helden, der schon zu Beginn mit einer Latte an herausragenden Fähigkeiten ausgestattet ist. Im Gegenteil, zu Beginn des Spiels macht man nämlich ´ne ziemlich erbärmliche Figur und so gibt´s zur Begrüßung in der Strafkolonie auch erst mal ordentlich eins auf die Schnauze…

Ja, man muss eigentlich sogar fast froh sein, dass man nicht nackt im Lager gelandet ist, denn man verfügt weder über Waffen, Ausrüstung, Nahrung, Geld oder besonders viel Kraft oder Geschicklichkeit. In diesem Spiel muss man sich wirklich alles erst mal erarbeiten und so ist man zu Beginn wirklich nur einer von vielen der von den anderen herumgetreten wird, der sich gerade mal mit den schwächsten der vielen monsterhaften Tieren anlegen kann und der eigentlich lieber immer erst mal den Rückzug antreten muss, um nicht in ernsthafte Schwierigkeiten zu geraten. Eine Sache, die man im Laufe von Gothic natürlich stets zu verbessern versucht und so sammelt man wie im klassischen Rollenspiel Erfahrungspunkte, die den Charakter der Spielfigur mit der Zeit dann auch formen.

Und so ist es auch gar nicht leicht einen Einstieg ins Spiel zu finden, denn in der Kolonie gilt in erster Linie das Gesetz des Stärkeren was dazu führt dass man erst mal sehr viel reden und die Gegend erkunden muss, um einen Überblick über das Geschehen zu bekommen. Im Alten Lager erhält man dann aber doch recht schnell die ersten Aufträge und sammelt Erfahrungspunkte, wobei man aber auch schnell lernt, dass man ohne die notwendige Menge an Erz nur schwer weiterkommt. Und so gilt als goldene Regel zu Beginn des Spiels, dass es zum einen sehr hilfreich ist, wenn man seine Talente in Richtung Diebstahl ausbildet und es manchmal auch notwendig sein kann, dass es – trotz der Erfahrung, bei Auseinandersetzungen eh immer den Kürzeren zu ziehen – auch mal angebracht sein kann, jemandem Schläge anzudrohen, um an sein Ziel zu gelangen.

Genauso schnell wie man im Spiel an diverse Aufträge gelangt die es zu erfüllen gilt, muss man aber auch bemerken, dass dieses Spiel einem recht viele Möglichkeiten offen lässt und es nicht immer einfach ist, die richtige Entscheidung zu treffen. Denn auch wenn man sich möglichst neutral verhalten möchte, muss man sich doch immer wieder entscheiden, wem man denn nun mehr vertraut und bei wem man besser daran tut, sich erst mal etwas zurückzuhalten. Und da die richtige Entscheidung nicht immer so offensichtlich ist, wie es in vielen ähnlichen Spielen der Fall ist, kommt man doch immer mal wieder in Konfliktlagen, die dem ganzen Geschehen diesen realistischen Charakter verleiht. Hinzu kommt, dass wenn man einmal die falsche Entscheidung getroffen hat, dieses durchaus auch die letzte gewesen sein kann, wobei im Lager allerdings zum Glück die goldene Regel gilt, dass ein Gegner im Normalfall nicht gleich umgebracht, aber dennoch gut malträtiert und auch des so wichtigen Erzes entledigt wird. Und so kann bezüglich des Spielablaufs wohl als Merksatz festgehalten werden: Reden ist Silber, Ausprobieren ist Gold und wer oft genug speichert dem gehört die Welt.

Grafisch ist Gothic ein absoluter Leckerbissen geworden. Man bewegt sich in einer fantastisch gestalteten 3D-Welt, die in ihrer Weite eigentlich unfassbar ist. Je nach Detailstufe hat man tatsächlich eine sehr realistische Darstellung von Khorinis, die durch die aufwendig gestalteten Wettereffekte noch einen zusätzlichen Kick erfahren. Denn speziell hier haben die Macher ganze Arbeit geleistet. Bei Sonnenschein ist es tatsächlich unangenehm in das blendende Sonnenlicht zu schauen, wobei hier vor allem die Spiegelringe faszinieren. Und wenn dann langsam dunkle Wolken am Himmel auftauchen und es zu Regen beginnt, ist man schon fast geneigt den Regenschirm aus dem Schrank zu holen. Ebenso sind die Übergänge von Tag zu Nacht so detailgenau gemacht, dass sie eigentlich gar nicht erkennbar sind. Irgendwann merkt man eben plötzlich, dass es eigentlich schon ganz schön dämmrig geworden ist und man schon ein ganzes Stück näher an die Gegenstände gehen muss um sie richtig erkennen zu können. Und wenn es dann endlich Nacht geworden ist und man mit seinen Mitgefangenen ums Lagerfeuer steht, den Gitarrenklängen des Spielmannes lauscht und die heimelige Feierabendatmosphäre im Lager genießt, dann ist man wirklich geneigt, sich ein Bier aus dem Kühlschrank zu holen und mit den Jungs auf dem Bildschirm eben mal kräftig anzustoßen. Wenn da nur nicht immer dieser Sektenspinner neben einem wäre, der den ganzen Abend nichts besseres zu tun hat als zu kiffen und sich ordentlich vollzudröhnen. Ja, gekifft wird in dem Spiel nämlich auch und dieses Sumpfkraut kann manchmal ganz schön große, grüne Rauchwolken machen!

Genau das sind eben die Details, die so richtig für Spielspaß sorgen. Denn auch wenn die Handlungsspielräume der einzelnen NSCs naturgemäß nur beschränkt sind, erhält man insgesamt doch das Gefühl, es mit individuell denkenden Charakteren zu tun zu haben. Da unterhält sich der eine mal mit seinem Nachbarn vorm Haus, dann werkelt er mal wieder etwas an seiner Hütte herum, zwischendurch muss er natürlich auch aufpassen, dass ihm Diebe nicht sein Hab und Gut wegstehlen, usw.

Aber auch die Art, wie einzelne Personen einen beim Annähern erst mal von oben bis unten mustern bevor sie sich mit einem Unterhalten oder wenn man einen Wachmann in der Ecke beim Pinkeln erwischt, gibt Gothic eben diese besonders realistische Atmosphäre, die natürlich umso mehr für eine enorme Spieltiefe sorgt.

Außerdem warten auf einen noch eine ganze Menge an ziemlich unheimlichen Tieren und Monstern, die einem teilweise richtig widerlich aus dem Bildschirm entgegen blicken. Wirklich fiese Dinger, die einem einen echten Schauer über den Rücken laufen lassen können. Spätestens dann wenn man sich mal im finsteren Wald befindet und einem ein Wolf dicht im Nacken sitzt oder man panisch vor den spinnenartigen Minecrawlern in den Nebengängen der Erzminen davonläuft, deren Gekeife durch Mark und Bein geht, lernt man so richtig mit seinem Spielcharakter mitzufiebern.

Dass solche ausgefeilten Programmierungen aber auch eine extrem hohe Rechenleistung erfordern ist eben nur allzu logisch. Und damit kommen wir auch zum größten Nachteil von Gothic. Denn die geforderte Mindestanforderung eines Pentium II mit 400 MHz, 128 MB RAM und 3D-Grafikkarte mit 16 MB Speicher halte ich schlicht für unrealistisch.

So hatten zumindest wir anfangs enorme Schwierigkeiten, erst mal einen PC zu finden auf dem das Spiel ordentlich lief. Denn der 800 MHz-Rechner von Boxi mit einer 16MB ATI-Grafikkarte hat´s einfach nicht gepackt. Naja, was will man erwarten – wer glaubt denn heute noch daran, neue Spiele mit einem ½ Jahr altem Rechner spielen zu können? Na gut, ich will nicht ungerecht sein, denn vermutlich war es die ATI-Grafikkarte die für die extremen Grafikfehler im Programm sorgte – ein Problem an dem die Entwickler derzeit noch arbeiten. Doch auch eine GeForce 2 – Grafikkarte ist kein Garant für einen ruckelfreien Spielverlauf. Denn selbst mit einem 1,2 GHz-Rechner, 128 MB RAM und einer Nvidia GeForce 2-Karte läuft das Spiel nicht immer problemlos. Sind zu viele Charaktere in Sichtweite und kommen dann noch besondere Wettereffekte ins Spiel geht auch der durchaus mal zu Boden und es ist ratsam einfach die Finger von der Tastatur zu lassen um nicht einen Totalabsturz zu verursachen. Da beschleicht einen der Eindruck, dass Gothic eine Home-PC-Generation zu früh auf dem Markt gelandet ist, denn die meisten Spieler gehören eben nicht zu den Die-Hardies, die ihren PC stets mit der modernsten Prozessoren- und Grafikkartengeneration aufrüsten.

Desweiteren muss man auf der Negativseite von Gothic anrechnen, dass das Game einfach zu lange Ladezeiten hat. Gerade da es für den Spielablauf enorm wichtig ist, immer wieder mal zu speichern und neu zu laden, hemmt dies doch zu oft den Fluss. Selbst mit dem derzeit aktuellsten Patch von der Homepage (www.gothic.de) – der auch dieses Problem angeht – ist keine deutliche Verbesserung zu spüren.

Schade eigentlich, denn das ist doch etwas, das den großartigen Gesamteindruck von Gothic etwas drückt.

Letztendlich ist dem deutschen Spieleentwickler Piranha Bytes mit Gothic aber wirklich der große Wurf gelungen, der im internationalen Konkurrenzkampf den Wettbewerb nicht zu scheuen braucht. Eine gelungene Story, eine atmosphärisch dichte Spielwelt, die einfache Spielsteuerung und die vielen vielen kleinen aber auch großen Details machen Gothic zu einem echten Spielerlebnis.

Was zum Schluss natürlich nicht unerwähnt bleiben darf ist die Tatsache, dass das Spiel mit einem Gastauftritt von IN EXTREMO besonders für das metallische Publikum ein Schmankerl zu bieten hat. Doch damit nicht genug… es sind noch eine ganze Hand voll anderer Prominenter aus der deutschen Musik- und insbesondere Metalszene in das Spiel eingearbeitet worden, die an dieser Stelle jedoch nicht verraten werden sollen.

Gothic erhält also die volle Kaufempfehlung (einen leistungsstarken PC solltet ihr allerdings schon zu Hause stehen haben) und wer jetzt nicht sofort in den Laden rennen muss um sich das Spiel zu holen, dem sei gesagt, dass wir drei Exemplare des Spiels als Hauptpreise für unsere Jubiläumsverlosung zur Verfügung gestellt bekommen haben. Wie ihr die Dinger gewinnen könnt, erfahrt ihr hier.


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