8 MILE [Filmkritik]

"8 Mile" ist ein überzeugender Mix aus modernem Großstadtdrama, autobiographischer Popumentary und dem leidigen amerikanischem Traum geworden. Glaubwürdig wird hier der Geist einer Szene eingefangen und weitergestrickt. Sehenswert!

Detroit, 1995: Jimmy Smith, genannt „Rabbit“, lebt bei seiner Mutter (famos als abgewrackte White Trash-Braut: Kim Basinger) in einer schäbigen Wohnwagensiedlung unweit der 8 Mile, die die heruntergekommene Innenstadt von den nicht minder armen weißen Vororten trennt. Tagsüber malocht das Weißbrot in der Fabrik, nachts wird mit der Gang auf den Straßen der
Industriestadt der große HipHop-Traum gelebt. Sein Ziel: Ein Demotape aufnehmen und ein Star werden, um dem trostlosen Alltag zu entkommen. Das Leben von Rabbit und seinen Freunden konzentriert sich auf die nächtlichen
Freestyle-Battles in den kleinen Clubs – wortgewaltige Sprechduelle, bei denen zwei MCs auf offener Bühne mit dem Mikrofon gegeneinander antreten. Jedem Kontrahenten bleiben 45 Sekunden, um den Gegenüber vor einem johlendem Publikum nach allen Regeln der Kunst runterzuputzen. So wird die Musik zum Ventil für all die aufgestauten Aggressionen…

Mark Wahlberg, Ice Cube, Will Smith, Tupac Shakur – zahlreiche Rapstars haben sich in der Vergangenheit auf der Leinwand erstaunlich brauchbar geschlagen. Eminem alias Slim Shady alias Marshall Matters III – hier in seiner ersten Rolle – reiht sich mit überzeugender Präsenz in diese Liste ein, wobei die Story dem weißen Rap-Rüpel entgegenkommt. „8 Mile“ ist mehr
oder weniger seine eigene Lebensgeschichte – massenkompatibel, medienwirksam und kommerziell verwertbar in Szene gesetzt.

Man mag zu der Kunstfigur Eminem stehen, wie man will – rein raptechnisch hat es der umstrittene Provokateur aus Detroit schlicht und einfach raus. Wie er mit Kumpel Future (Mekhi Phifer) Lynyrd Skynyrds Südstaatenhymne „Sweet Home Alabama“ mal eben kurz einen neuen Text verpasst, ist eine starke Szene des kurzweiligen Films. Regisseur Curtis Hanson („L. A. Confidential“) hält die Fäden fest in der Hand. Mit agiler Kameraführung und wohldosiertem Tempo legt er das Fundament für ein solides Genreportrait, auf
dem sich „The Em“ nach Herzenslust austoben kann. Heraus kommt eine gelungene Selbstinszenierung, mit der der umstrittene US-Rapstar ein neues
Kapitel seiner Karriere einläutet. Dass ausgerechnet er im Film einen schwulen Arbeitskollegen mit flotten Sprüchen verteidigt, spricht Bände. Mitreißend wurden die HipHop-Battles eingefangen, bei denen der Saal tobt
und der Schweiß von der Decke tropft. Bei den rasenden Reimschlachten kann jede Synchronisation nur versagen – eine kluge Entscheidung, diese Szenen original zu belassen und in der deutschen Version nur schlicht zu untertiteln.

„8 Mile“ ist ein überzeugender Mix aus modernem Großstadtdrama, autobiographischer Popumentary und dem leidigen amerikanischem Traum („Du
kannst es schaffen, wenn Du nur fest genug an Dich glaubst“) geworden. Glaubwürdig wird hier der Geist einer Szene eingefangen und weitergestrickt. Dankbarerweise spart sich der fiktive Streifen ein allzu bonbonfarbenes
Happy End. Filmheld Rabbit hat eine Schlacht gewonnen, doch der Weg an die Spitze ist noch weit. Sehenswert!

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