X-Mass-Festival, 20.12.2000, Straßburg, La Laiterie

MORBID ANGEL, ENSLAVED, THE CROWN, DYING FETUS, BEHEMOTH, HYPNOS

Eins mal gleich vorneweg: dieser Bericht ist extrem subjektiv. Erstens lief an diesem Abend mal wieder schief, was nur schief laufen kann und zweitens kann ich ehrlich gesagt zu einer Band wie Enslaved einfach nichts vernünftiges schreiben, da mich die Herrschaften noch nie sonderlich interessiert haben. Und bevor ich mir hier fünf nichtssagende Allerweltssätze aus den Fingern sauge, lasse ich es lieber gleich sein.

Nachdem wir nach der üblichen Rumsucherei ohnehin zu spät an der La Laiterie in Straßburg angekommen waren, gab es wie immer Probleme mit der Fotogenehmigung, die sich nach einigen Diskussionen und Sprachschwierigkeiten (wieso *wollen* Franzosen einfach kein Englisch sprechen??) dann klärten, leider hatten wir dadurch aber auch Hypnos und Behemoth verpasst.

 

DYING FETUS

Los ging es dann mit Dying Fetus, die wohl nicht nur mich ziemlich beeindruckten. Die Amis wurden durch die tobende Menge sichtlich angespornt – und boten eine gnadenlose Show. Der Saal war einigermaßen voll und Dying Fetus bretterten sich mit der Präzision eines Uhrwerks durch ihren Set. Mit erstaunlich gutem Sound bewies die Band, dass sie durchaus Live-Qualitäten haben – statt in einen Geschwindigkeitsrausch zu verfallen, kam das komplexe Material von „Destroy the Opposition“ sauber, differenziert und dennoch druckvoll rüber. Drummer Kevin Tallery wirkt zwar eher schmächtig, doch er spielt wie eine Maschine – alleine ihm zuzusehen, war ein Genuss. Das Publikum wusste es zu schätzen und feierte die Band gehörig ab, zu Recht, denn was Dying Fetus boten war in der Tat eine gekonnte Balance zwischen Technik und Aggression. Genau das hat der Auftritt auch vermittelt, technisches können, Beherrschung der Instrumente beziehungsweise der Stimmbänder (die Wechsel-Growls von Jason Netherton und John Gallagher kommen live entschieden unterschiedlicher als auf CD rüber) und Brutalität. Death Metal wie er sein muss – schonungslos, aber anspruchsvoll. Ein würdiger Auftakt für

THE CROWN

Leider sahen es wohl viele anders – denn wie sonst wäre es zu erklären, dass sich nach dem Dying Fetus Set die Halle leerte und gerade mal die ersten drei Reihen gefüllt waren, zwischen diesen drei Reihen und der Empore aber ein großes Loch klaffte?! Mir war das in dem Moment egal, schließlich hatte ich mich auf die SchwedenFinnen ein paar Monate lang gefreut. Außer ein paar vereinzelten „Se Kron, Se Kron“ (bring doch einer mal den Franzosen Englisch bei…BITTE!!) herrscht eigentlich gar keine Stimmung. Unglaublich. Nach den ersten Songs besserte sich das wenigstens etwas, was sich hingegen nicht besserte, war der ziemlich bescheidene Sound. Mir war das alles wurscht-egal, denn schließlich standen da The Crown auf der Bühne. Sicherlich, es gibt berechtigte Kritik an ihrem Auftritt, die Jungs schienen etwas angefressen, weil sie in diesem Package wohl (natürlich völlig zu unrecht) etwas untergegangen sind, Markos Gitarre war bei „Vengeance“ etwas verstimmt, die Pausen zwischen den einzelnen Song waren einen Tick zu lange und wie erwähnt der Sound war, um mal die Wahrheit zu schreiben, einfach scheiße. Dennoch machten die Skandinavier das Beste aus der Situation und prügelten den Die Hard Fans einen klasse Song nach dem anderen um die Ohren. Mit traumhafter Sicherheit knallten sie dem Publikum Nummern wie „Executioner – Slayer Of The Light“, „The Poison“, „Blitzkrieg Witchcraft“, oder „Angels Die“ in die Fresse. Dass sie „Angels Die“ (einer DER Songs von The Crown überhaupt) spielten, hatte ich ja nicht einmal zu hoffen gewagt, doch es fanden sich erstaunlich viele alte Songs in der Setlist. Angels Die ..live… unglaublich.. fantastisch… genial… KILLER!!!!!

Dass die Band live noch mehr kickt als von Konserve, dürfte dem ein oder anderen schon beim 99-Wacken aufgefallen sein. Auch in Straßburg hatten sie mich in dieser Hinsicht nicht enttäuscht, lediglich Johan Lindstrand war weniger dominierend – kein Wunder, stielt ihm Bassist Magnus Olsfelt mit seinem unnachahmlichen Stageacting zwischen Rock n`Roller und Death Metal Maniac doch fast die Show. Seine Ausstrahlung ist faszinierend, er repräsentiert Rebellion, Power, Individualismus, Aggression und lebt einfach, was er spielt: „You can`t hold me down – to live is to fight“ (aus Devil Gate Ride – diese Zeile passt hundertprozentig!). Schlagzeug-Gott Janne Saarenpää bewies einmal mehr seine Klasse und bewies, dass er seinen ganz eigenen Stil hat – den er auch live durchhält, obwohl ihm die Anstrengung anzusehen war. Ums kurz zu machen, ich wusste gar nicht, wohin ich schauen sollte. Trotz des schweren Standes beim Publikum zeigten The Crown mehr als nur souverän, was sie draufhaben und alleine die Songs sind überzeugend – wenn dann noch wie in Straßburg ein mehr als ordentliches Stageacting dazukommt, bin ich restlos zufrieden. Nach schätzungsweise 45 Minuten war es dann leider auch vorbei, aber für mich war damit auch die Weihnachtsbescherung vorbei, denn was gibt es Schöneres als die Lieblingsband live zu sehen?! Ich muss zugeben, dass ich mir Enslaved geschenkt habe, ich hatte nämlichen tierischen Durst. Man vergebe mir bitte…

MORBID ANGEL

Die nächste Panne…. Mit dem festen Vorsatz (wobei, das klingt so nach Verpflichtung – und es ist keinesfalls eine Verpflichtung, sich Morbid Angel anzusehen!!), mir die Amis anzusehen, war ich nach Straßburg gefahren. Nachdem ich mir die ersten anderthalb Songs von der Mitte aus angesehen hatte, überfiel mich das Bedürfnis, das Ganze aus unmittelbarer Nähe zu betrachten. Ein Fehler – denn nach ungefähr 15 Minuten, in denen mir es vergönnt war, eine technisch perfekte Show zu sehen, die alles bot, was man sich nur wünschen kann: tierische Stimmung im Publikum, eine Band, die präzise und in gewohnter Extremität ihre Songs runterzockt und charismatischen Musikern, hatte ich einen Stagediver nicht rechtzeitig gesehen und spürte nur noch einen heftigen Tritt gegen den Hinterkopf. Nach einem kurzen Sternchen-Intermezzo beschloss ich dann die entstehende Beule zu kühlen und verließ die Halle. Ein recht vernünftiger Entschluss, wie sich herausstellen sollte, denn die Fans waren offensichtlich nicht nur gekommen, um Bands zu sehen, sondern auch um sinnlos zu prügeln. So sah Fierce eine Schlägerei, die wirklich nichts mehr mit einem Moshpit gemein hatte – und so was muss ich mir wirklich nicht geben. Davon könnt ihr nun halten was ihr wollt, ich persönlich nehme blaue Flecken und ähnliches in kauf – das gehört zu extremen Konzerten, aber wenn Leute nur noch gestützt von anderen aus der Venue kommen, weil sinnlos auf sie eingeschlagen wurde, dann ist einfach Schluss mit lustig und es läuft irgendwas verdammt falsch. Schade um einen verpassten Morbid Angel Gig, aber wenn ein paar Deppen so aggressiv werden und sich dabei vermutlich noch für die wahren Fans halten, dann hat das für mich nichts mehr mit Spaß an der Musik zu tun.

Bericht: vampiria
Fotos: boxhamster

 

Bilder THE CROWN

 

Bilder MORBID ANGEL

 

Bilder DYING FETUS

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