VADER & MARDUK beim Way Of Darkness Festival, 03.10.2009, Lichtenfels

Mit neuer Mannschaft legten VADER ein eigenwilliges Best Of-Programm auf die Bretter, mit mancher Überraschung…

Hißt die rote Fahne mit dem Hakenkreuz! gröhlen der fettleibige Wotan-Krieger und seine feiste Uschi neben mir (jene Sorte NeuGermanen, deren schweinsrosa Haut du schon von Weitem ansiehst, daß sie sich zeitlebens von Weizenbier und Schweinefleisch ernährt haben), als das schwedische Todeskommando MARDUK wie von der Bürgermeisterin der Stadt auferlegt kurz nach Mitternacht vor einem selektierten Ü18-Publikum in der Lichtenfelser Stadthalle die Schützengräben bezieht. Ich bleibe dabei: Die Black Metal-Szene hat ein verdammtes Arschlochproblem.

Wir sind jedoch nicht spät abends nach Oberfranken aufgebrochen, um uns die Stimmung von irgendwelchen arischen Vollpfosten versauen zu lassen, sondern um mit Piotr ein bißchen Panzer zu fahren …

Wir erreichen die Halle just in time. Oktober hin oder her – die oberfränkischen Horden zelten auch bei Bitterkälte. Wir Weicheier indes freuen uns, als wir im dünnen Leibchen die warme Halle entern, schenken uns den Auftritt der Südtiroler GRAVEWORM und schlendern erst mal in aller Ruhe über den Metalmarkt, um uns dann an die Getränkefront zu begeben (wo uns das Emo-Girl am Bon-Verkauf gleich mal amtlich siezt – auch sehr geil).

Dann: VADER. Was habe ich mich auf dieses Wiedersehen gefreut . . . 

Unvergessen der Erstkontakt mit den Polen 1996 im alten Kunstverein. Was für eine Urgewalt! Schlagzeuger Doc sorgt damals schon beim Soundcheck für offene Münder und heimst tosenden Applaus ein. Sinistre Intro-Klänge vom Band, mit diabolischem Grinsen kündigt Sänger und Gitarrist Peter flüsternd die Band an. Und dann bricht ein Orkan los. Ein kantiges DeathThrash-Inferno mit wohldosierten Blastbeat-Attacken und unüberhörbarer SLAYER-Note. Hammer! Brett!! ROHR!!! Der Raum platzt aus allen Nähten, ich stehe eingekeilt neben dem Schlagzeug und erlebe eine perfekt geölte Kriegsmaschine aus nächster Nähe, spüre eine Intensität wie noch nie zuvor und auch später selten wieder. Als das Quartett nach 40 Minuten erstmals von der Mikro-Bühne verschwindet, frage ich Schlagzeuger Doc, ob er ein Mensch oder eine Maschine ist. Ich weiß es nicht, lautet die erschöpfte Antwort. Zurück auf die Bretter und eine viehische Version von SLAYERs Raining Blood in die tobende Menge geholzt – noch härter, noch schneller, noch fieser als das Original.

13 Jahre und ungezählte Schlachten später ist Piotr Peter Wiwczarek immer noch unterwegs in Dienst der finsteren Mächte. Ein Aufrechter, ein Ungebrochener, der mir in Interviews oftmals aus der Seele sprach, dessen nebulöser WKII-Militarismusfimmel mir bis heute jedoch ebenso unheimlich geblieben ist. Mit neuer Mannschaft legt Piotr ein eigenwilliges Best Of-Programm auf die Bretter, mit mancher Überraschung (Testimony vom Debüt oder das pfeilschnelle This Is The War zum Nachtisch). Die neuen Söldner an der Seite des klein gewachsenen Todesmeisters bleiben blass. Austauschbares Kanonenfutter für den niemals enden wollenden Feldzug, an dessen Ende es nur einen Sieger geben kann. Nach 60 Minuten ist auch Lichtenfels sturmreif geschossen, und es gibt keine Zweifel mehr (als ob es diese jemals gegeben hätte): Noch ist Polen nicht verloren.

MARDUKWir bleiben gleich im Panzer sitzen und düsen mit MARKUK nach Mitternacht einmal hübsch die BM-Sackgasse runter. Die Schweden entfachen ein wütendes Sperrfeuer, dessen Wucht, Hass, Hoffnungslosigkeit und Nihilismus mal wieder beeindruckt, ohne wirklich zu berühren. Zumindest mich.

Ein rundes Stündlein lang lassen Steinmeyer & Co. den lieben Gott einen alten Scheißkerl sein. Mortuus spuckt Gift und Galle und macht seinen Vorgänger – Bühnenclown Legion – ein für allemal vergessen. Der Sound drückt klar, laut und leer in den Saal, der sich zu dieser späten Stunde (und natürlich für die einzige BM-Band im Aufgebot; da ist der gemeine Death Metaller konsequent) schon sichtlich geleert hat.

MARDUK sind die gelichteten Reihen freilich herzhaft. Szenehits wie Baptism By Fire, Burn My Coffin, Seven Angels, Seven Trumpets,  Slay The Nazarene und Panzerdivision Marduk läuten das Wochenende ein, wir fahren uns eine Extrapackung menschenverachtende Untergrundmusik ein, ohne die es nun mal leider nicht geht in diesem ganzen Zirkus hier.

Kaum sind die Waffen kurz vor halb zwei verstummt, huschen wir On Darkened Wings über die Autobahn zurück ins Schatzkästchen des Reichs, ohne uns um das weitere Festivalprogramm zu kümmern.

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