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THE OCEAN, BURST, BISON B.C. und MEDIA am 4. März 2009 im Feierwerk, München

Ein langer, schöner Konzertabend mit einigen Macken zwar, aber vor allem mit zwei absolut brillierenden Bands.
 

Normalerweise sind ja Abende mit vier Bands nicht gerade eine große Herausforderung, weil da prügeln halt welche ein paar Minuten lang, dann eine Umbaupause – doppelt so lang wie die Spielzeit – und gemütlich geht es dann weiter. Aber nein, dieses Mal ist es schon ein wenig Kräfte zehrend, weil Prügeln schön und gut, aber erstens mit Niveau und zweitens auch mal auf andere Art und Weise und drittens, das Ganze ordentlich zelebriert und nach allen Regeln der Kunst durchgezogen. Ach ja, viertens, natürlich, in München beginnen die Konzerte ja immer spät, zumindest im Feierwerk, während sie lustigerweise im Backstage permanent zu früh beginnen.

MEDEIA

 MEDEIA
Göteborg Death Metal + Metalcore + Keyboards = ein gespaltener Gesameindruck, auch trotz Keijo von ROTTEN SOUND am Mikro.

Auf jeden Fall ist das Feierwerk heute ausnahmsweise schön pünktlich, aber auch viele Angereiste haben schon brav ihre 14 € bezahlt, als um halb neun MEDEIA auf der Bühne stehen. Die recht modern ausgerichtete Combo um ROTTEN SOUND-Schreihals Keijo Niinimaa gibt ordentlich Gas mit einer Mischung aus schwedischem Death Metal, einer ordentlichen Prise Metalcore und ein bisschen Keyboard-Kitsch. Wirklich überragend ist das ehrlich gesagt nicht, mitreißen kann es nur die wenigsten Anwesenden, was sicherlich nicht an der Darbietung der Band liegt, das kann ich schon vorab verraten, unmotiviert oder technisch nicht auf der Höhe ist keine der vier Bands heute Abend. Aber erstens will wegen dem etwas faden Material der Funke nicht überspringen, zweitens sind die Münchner noch nicht ordentlich aufgewärmt in dieser kalten Märznacht, auch wenn dank Keyboarderin Lauras Charme den jungen Männern im Publikum die Brillengläsern beschlagen. Das macht die Songs The Lowest Filth, Cold Embrace und Medeia leider auch nicht besser. Nach fünfundzwanzig Minuten hat der Spuk ein Ende, was bleibt ist ein etwas gespaltener Eindruck.

BISON B.C.

 BISON
Eine schweißtreibende Rockshow, dargeboten von sympathischen, vollmotivierten Musikern.

Der wird allerdings von den Publikumslieblingen BISON B.C. sofort weggefegt. Weil die vier Kanadier sich einfach gar nichts scheißen, sie steigen auf die Bühne, fühlen sich wie zu Hause und riffen ihren Stoner Metal mit so viel Spielfreude den gut 250 Münchnern entgegen, dass selbst aus dem weißbierseeligsten CSU-Wähler die Rocksau rauskommt. Auch wenn das neue Album Quiet Earth ein paar Schwächen hat, live sind die vier aus Vancouver so in ihrem Element, dass alles passt. Slow Hand of Death, Wendigo Pt. 1, These Are My Dress Clothes und das abschließende The Wizard rocken unheimlich, die Band ist wahnsinnig eingespielt, Dreisaiterbassist Masa stets grinsend und die Gitarristen und Sänger Dan und James so was von bei der Sache, dass fast ganz München aus dem Häuschen ist. Der Sound passt natürlich, wie immer im Feierwerk, das ist eine reine Wand. Klar, HIGH ON FIRE und MASTODON sind noch ganz andere Nummern, aber für ihren Status haben BISON B.C. eine überragende Leistung gebracht. Auch sympathisch bis dorthinaus, keine Frage, Sänger Dan ist nicht nur bekifft, sondern auch wirklich gerührt und bietet allen Anwesenden an, auf seiner Couch zu übernachten, wenn sie mal in Vancouver sind. So gepflegt wie die Burschen aussehen, finden wir da bestimmt allerhand lustiger Sachen in den Ritzen. Ein wirklich sensationeller Auftritt.

BURST

 BURST
Mitreißend, intensiv, lebending und verdammt gut drauf: BURST

Auf BURST warte nicht nur ich sehnsüchtig, erfreulicherweise können auch andere Anwesende es gar nicht erwarten, endlich die Songs von Lazarus Bird live zu hören, weil ganz klar Album des Jahres 2008. Die Erwartungen sind bei den einen himmelhoch, die anderen sind gespannt, was aus den Schweden geworden ist, weil zuletzt waren sie vor ziemlich genau drei Jahren in München, inklusive Schneesturm, der einen armen Captain damals komplett eingeschneit hat, Gemeinheit. In der Gegenwart ist man darauf bedacht, endlich Mal München einen guten Gig zu präsentieren, da sind BURST schon sehr selbstkritisch. Und natürlich gelingt es, was für eine Frage. Mit einem sehr epischen Intro wird die knappe Stunde eingeleitet, da kommen wir alle uns ein wenig vor wie Hollywood-Helden aus den 1950ern. Danach ist die Maskerade aber vorbei, BURST attackieren die Münchner überraschenderweise mit (We Watched) The Silver Rain, bauen erst mal die Spannung auf, bis es unerträglich wird, um dann mit einem sensationellen Set zu explodieren. Gitarrist Robert Reinholdz, der den ersten Platz der bestgekleideten Musiker mit Bravour abräumt, sitzt von Anfang bis Ende, muss sich aber auch auf seine vielen Pedale und seinen, zugegeben, nicht immer einwandfreien klaren Gesang konzentrieren.

 BURST
Setlist BURST: Intro – (We Watched) The Silver Rain – Where the Wave Broke – I Exterminate the I – Rain – Cripple God – The Immateria – I Hold Vertigo

Die Klasse der Show schmälern weder kleine stimmliche Ausrutscher noch der eine oder andere Verspieler, im Gegenteil. Das Set wirkt dadurch noch viel lebendiger und frischer und auch die Songauswahl ist gelungen, denn auch die Klassiker Origo und Prey on Life werden gewürdigt: Mit Where the Wave Broke, Rain, Cripple God, The Immateria und I Hold Vertigo gibt es nur Spitzensongs zu hören. Gekrönt wird das durch die Spitzenperformance der Fünf aus Göteborg. Gitarrist Jonas und Bassist Jesper treiben die Menge an, Schlagzeuger Patrick ist neben Robert optischer Ruhepol, aber ebenso ein stilles, tiefes Wasser und der sympathische, fast agile Sänger Linus hat nicht nur eine mächtige Stimme parat, sondern auch grandiose Ansagen. Fakt ist, dieser Abend würde perfekt enden, wenn BURST noch ein paar Highlights rauskramen hätten dürfen und dann Schicht im Schacht.

THE OCEAN

 THE
Waren schon mal intensiver, gefühlvoller, besser: Ein etwas bitterer Nachgeschmack bei THE OCEAN.

Aber THE OCEAN sollen heute ja noch das Sahnehäubchen aufsetzen. Nur, die sind heute nicht wirklich in Stimmung, und München auch nicht für THE OCEAN. Als wären die letzten vier Tourneen zu Precambrian niemals in der bayerischen Landeshauptstadt gastiert, wollen Robin Staps und seine mittlerweile überraschend konstante Mannschaft heute vom Leder ziehen, aber irgendwie ist die Luft in mehrfacher Hinsicht raus. Erstens, so löblich es ist, dass eine Band ihren Wohnsitz in dreckige Vans verlagert, so sehr wünscht man sich neues Material. Auch THE OCEAN wirken distanziert, nicht zuletzt wegen Sänger Mike Pilat, der recht arrogant wirkt, der Abgang von Nico Webers ist schlimmer als man meinen könnte. Auch ist hier trotz der atmosphärischen LED-Lichter, trotz der überraschenden Setlist und trotz der eigenständigen Musik kein Platz für die Seele, für echte Intensität. Die fünf Musiker beginnen mit Calymmian, dann folgen einige noch nie live gehörte Tracks wie Comfort Zones und Dead on the Whole. Fluxion wird außerdem gewürdigt mit The Greatest Bane, gar nicht so unlogisch, denn momentan werben die Berliner mit dem Re-Release von ihrem Debütalbum auf dem frisch gegründeten, eigenen Label. Ohne The City in the Sea kann allerdings kein Konzert von THE OCEAN auskommen, dieser moderne Klassiker vergeht genauso wenig wie das Unkraut im Hinterhof, über das Frau Neumeier immer schimpft.

Was nach dieser Stunde THE OCEAN bleibt, ist ein bitter Nachgeschmack. Es scheint die Luft raus zu sein bei dem Gespann. Eine kreative Pause, Songwriting, Besinnen auf mehr Emotionalität, das wird ihnen gut tun. Dieser Auftritt ist Alben wie Aeolian und Precambrian, sowie Konzerten wie auf der Tour zur Veröffentlichung letzteren Albums absolut nicht gerecht geworden.

 

Tourposter: (c) BURST

Livebilder mit freundlicher Genemigung von Andrea Friedrich (www.deceitful-tranquillity.de)

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