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THE DEL-LORDS: Red River Inn, Heilbronn, 17.11.2013

Poppig und flott auf den Platten – gitarrenlastig, groovig und doch auch melodisch auf der Bühne. Das New Yorker Rock-Quartett um Scott Kempner rockte nach über 20 Jahren Pause das Schwabenländle.

 
Die DEL-LORDS haben zwischen 1984 und 1990 vier Studioalben veröffentlicht und sich den Ruf des ewigen Geheimtipps erspielt, der auf Platte unter den glatten Produktionen der Zeit leidet, dafür aber live echte Handarbeit bietet (nachzuhören auf dem erstaunlich schnörkellosen Live-Album Howlin` At The Halloween Moon). Vor einigen Jahren kam die Band für ein paar Konzerte wieder zusammen und hat dieses Jahr ihr neues Album Elvis Club fertiggestellt, das in Deutschland bei Blue Rose Records erschienen ist. Da verwundert es auch nicht, dass die Band bei ihrer aktuellen Europa-Tour in der Stammkneipe der Plattenfirma, dem Red River in Heilbronn, aufspielte.
 
Der Laden war klein, urig und an diesem Abend mit etwa 60 Leuten gut gefüllt. Die Stimmung war in diesem fast schon familiären Rahmen entspannt, wobei natürlich schon eine gewisse Erwartungshaltung zu spüren war. Nach einer kurzen Ansprache von Label-Chef Edgar Heckmann ging es dann auch direkt um 20.30 Uhr los. Wer ein geradliniges Rock-Konzert erwartet hatte, wurde reichlich belohnt. Die Gitarren begannen mit dem flotten Riff von Jumpin´ In The Night und als dann der Rest der Band einstieg, war das Publikum in kürzester Zeit wach und Elan bei der Sache. Freilich lag der Altersschnitt vor wie auf der Bühne weit jenseits der 40, so dass niemand auf den Tischen tanzte und keine Flaschen zu Bruch gingen.
 
Das Fetzige und Poppige der alten Studioalben fehlte live völlig. Stattdessen gab es erdige Gitarren und Rhythmusarbeit in bester ROLLING STONES-Manier. Da wurde Burning In The Flame Of Love zu einer schleppenden Nummer mit krachenden Gitarren, was beim Publikum durchaus gut ankam. So wurde schließlich auch der Hit Judas Kiss aus dem Jahr bejubelt, obwohl der Song mit scheppernden Blues-Rock-Gitarren kaum wiederzuerkennen war. Weitere Höhepunkte für Freunde des Grooves und der Bratgitarre waren Me And The Lord Blues und das NEIL YOUNG-Cover Southern Pacific, beide vom neuen Album Elvis Club.
 
Meine erste Begegnung mit den DEL-LORDS war Mitte der 90er, als Gitarrist Scott Kempner und Schlagzeuger Frank Funaro bei den BRANDOS mitspielten und mir bei einem grandiosen Konzert im Alten Schützenhaus in Stuttgart zeigten, dass es gute Musik jenseits des melodischen Speed Metals gibt. Damals wurde auch die Fernweh-Hymne Cheyenne gespielt, die zu meiner großen Freude auch in Heilbronn auf dem Programm stand. Nur bei dieser Nummer schimmerten die Pop-Qualitäten von Scott Kempners Songwriting an diesem Abend durch. Ansonsten konnte der häufig mehrstimmige Gesang sich nicht immer gegen die Saiteninstrumente durchsetzen.

THE
THE DEL-LORDS 2013: (v.l.) Steve Almaas, Scott Top Ten Kempner, Frank Funaro, Eric Roscoe Ambel.

Mein persönlicher Favorit unter den neuen Stücken war eindeutig die Rock´n´Roll-Nummer Damaged, bei der Schlagzeuger Frank Funaro den Gesang übernahm. Nach zwei Wochen auf Tour war zwar inzwischen die gesamte Band gesundheitlich angeschlagen, aber dafür schlugen die alten Herren sich immer noch besser als viele junge Newcomer. Natürlich profitierten die DEL-LORDS auch davon, dass sich Scott Kempner und Eric Roscoe Ambel mit dem Leadgesang abwechselten. Ambels markante Stimme ließ alte (Shame On You) wie neue (Flying) Stücke erst so richtig funkeln. Die bodenständigere Stimme von Kempner dagegen kam besonders in der zweiten Konzerthälfte bei rockigen Songs wie How Can A Poor Man Stand Such Times And Live?, Get Tough und dem fabelhaften Rausschmeißer I´m Gonna Be Around gut zur Geltung.
 
Vor dem kraftvollen Finale gab es auch noch nachdenklichere Töne, als Kempner seinem Idol (und ehemaligen Nachbarn) LOU REED gedachte und die Band eine kraftvolle Version von I´m Waiting For The Man (VELVET UNDERGROUND) anstimmte. Weder dieser Song noch sonst irgendetwas wirkte an dem Auftritt des New Yorker Quartetts verzwungen. Die Musiker boten dem Publikum einen gelungenen Auftritt ohne Allüren, ohne Schnickschnack, dafür mit einem Zugabenblock, bei dem Funaro über seine Lieblingsbeschäftigung singen durfte (I Play The Drums) und bei dem mit (Stay With Me) sogar ein alter Song aus DICTATORS-Zeiten (jene Punkband, in der Kempner in den 70ern zusammen mit Ross The Boss Friedman spielte) hervorgeholt wurde.
 
Nach knapp zwei Stunden war der Auftritt vorbei und alle Beteiligten (inklusive Steve Almaas, dem spielfreudigen Neuzugang am Bass) glücklich und zufrieden. Manche Fans hatten leuchtende Augen, weil für sie an diesem Abend ein lang gehegter Wunsch in Erfüllung gegangen war. Und selbst die, die die Musik einfach gut fanden (wie z.B. ich), hatten – für 15 Euro an der Abendkasse – ein intensiveres und direkteres Musikerlebnis bekommen, als es bei einem Stadionkonzert von BRUCE SPRINGSTEEN je möglich wäre.

 

THE
Setlist:
Jumpin´ In The Night
True Love
Burning In The Flame Of Love
Cheyenne
Damaged
Shame On You
When The Drugs Kick In
I´m Waiting For The Man
Flying
Judas Kiss
How Can A Poor Man Stand Such Times And Live?
Get Tough
Me And The Lord Blues
I´m Gonna Be Around
 
Stay With Me
I Play The Drums
Southern Pacific
 

 

(Fotos: Jutze/vampster.com)

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