Six Feet Under, Vader, Enslaved, Cryptopsy, Nile, Thyrfing – 19.6.99, Z7, Pratteln-CH

Wenige Dinge sind so gemütlich und stressfrei wie ein lustiger Samstagabend mit Freunden an einem Deathmetal Abend im Z7. Das Genussabendprogramm wurde von den Schweden Thyrfing eröffnet, deren Death Metal sich vor allem durch die melodiösen Keyboardpassagen von dem der übrigen Bands abhob. Thyrfing verzichteten auf den sonst sehr verbreiteten Streicherteppich, sondern schafften durch abwechslungsreiche, nicht vom Sequenzer kommende Keyboardriffs interessantere Soundgebilde als manch eine andere Band ihres Genres. Leider wurden jene Hörfreuden empfindlich gestört durch des öfteren auftretende unpräzise Drumstellen, die den Eindruck vermittelten, die Bandmitglieder lustwandelten einzeln auf Musikpfaden anstatt zusammen… Dies bedeutete aber nicht, dass die Gitarristen sich in ungeahnte Soliflüge wagten, sie blieben auf dem Boden der (realen) Griffe, wo keine Solis wachsen…

Nach diesem melodiösen Opening kam die deutlich härtere, ägyptisch-mystisch angehauchte Realität Nile, die uns mit nur drei Songs beglücken konnten, da gleich zweimal ein Stromausfall sie zum Verstummen brachte. Dies schien vor allem ihren PC mit den Intros empfindlich zu berühren, der dem Publikum somit zweimal einen Windows 95-Neustart präsentierte (als ob wir das noch nie gesehen hätten). Als alle wieder unter Strom standen, beglückten uns sowohl Gitarrist als auch Basser mit abwechselndem Gegrunze in ihren schleppenden Death Metal-Songs getragen von genauem, nicht unbedingt spannenden, Drumming.

Nun war die Stage frei für Cryptopsy, die mit ihrem schnellen, präzisen Death Metal die delikateste Vorspeise für das Vaderhauptmahl bildeten. Sie lieferten auch den Lovesong des Abends, DEN Kandidaten für die neue Kuschelrock CD, nämlich Cold hate, warm blood, dessen Anfang irreführend balladenähnlich ist – um dann umso härter auf den Zuhörer einzudreschen (ja, das wollen wir doch alle!). Der letzte Song ihres Sets vermischte gekonnt Blackmetalelemente mit Deathmetal Elementen, alles in allem ein tolles Schmankerl, garniert mit kreischenden Gitarrensoli und einem sehr aktiven Grunzer.

Schon das Wikingerledergewändchen vom Enslaved Sänger liess nichts Gutes erahnen, so wurden wir auch dementsprechend vor allem mit neuerem Material beschallt. Zur allgemeinen Beunruhigung der Blackmetalgemeinde hat der Sänger nebst Wikingergesang (bitte kreisch uns wieder an, so wie in alten Zeiten!) auch Hammerfall entdeckt, spätestens als der erste Eunuchenschrei erklang, wähnte nicht nur ich mich am falschen Konzert. Dieses Kastratenphänomen ereignete sich im ganzen dreimal, so kam der Verdacht auf, dass der Strom, der Nile gefehlt hatte, sich wohl im Bass des Enslaved-Sängers entlud, und da sein Instrument ja physischen Kontakt mit seiner Leistengegend hatte… nun, der Verdacht wird jedem/r begründet erscheinen, der diesen Gesang gehört hat… Nach Eld (erkannt durch das Eeeeeeeld-Gelalle), wurden die alten Fans dann doch noch mit einer Komposition (Slaget i skuden borterfor, naja, Norwegisch halt) der Emperor/Enslaved Split CD beglückt, also waren es wirklich Enslaved, die da gespielt haben…

Erholt von den Lachkrämpfen durfte man sich nun an Vader ergötzen beziehungsweise krank werden vom Headbangen. Der erste Song war überraschend schleppend, ganz im Warm-Up Stil wurden die Songs schneller, und rasender, und VADER!!!! Mit 114,5 Dezibeln wurde uns die polnische Hammerdelikatesse serviert und von der Masse gierig verschlungen. Die typische Vaderpose 3 gebückte schrummelnde Gestalten vorne und ein rasender Drummer hinten durfte während mehr als 45 Minuten bewundert werden und bot einen angenehmen Kontrast zu den abwechslungsreichen (drumtechnisch!!) Songs. Selbst der eher schleppende Song Kingdom konnte die allgemeine Bewegung nicht eindämmen, lautstark wurde nach einer Zugabe verlangt, eine Bitte die Vader ohne viel hin und her erfüllten.

Die eigentlichen Headliner Six Feet Under stiessen auf weitaus weniger Begeisterung, ihre Songs erschienen geradezu langweilig gegenüber der Vaderpalette, selbst der prominente ex-Cannibal Corpse Grunzer konnte an diesem Fakt nicht viel ändern. Immerhin wissen wir jetzt alle, dass er auch sprechen kann, da er uns den Namen des neuen Albums Maximum Violence während einer Ansage bekanntgab.
20.6.99, 2:30 a.m., Arlette Huguenin

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