SATYRICON, KEEP OF KALESSIN, INSOMNIUM: Fribourg (CH), Fri-Son, 01.10.2006

Von widrigen äusseren Umständen, Rockstar-Gehabe und brilliantem Black Metal…

Kaum waren die Nachwehen vom gestrigen KLABAUTAMANN-Konzert ausgeschlafen, musste man sich an diesem Wochenende bereits Gedanken darüber machen, wie man nach Fribourg reisen wollte um SATYRICON, KEEP OF KALESSIN und INSOMNIUM zu genießen. Doch erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Denn erstens ist der bilinguale Teil der Schweiz irgendwie doch weiter weg, als man es als Deutschschweizer bisweilen wahrhaben will. Zweitens bedeutet der Röschtigraben in diesem Fall stets, dass man nur auf Französisch nach dem Weg fragen kann, auch wenn nach bestandenen Sprachmühen der angesprochene Einheimische einem noch auf Schweizerdeutsch einen schönen Abend wünscht.

In der Kombination mit Regenwetter bedeutete dies schließlich ein Eintreffen am gut gefüllten, warmen Veranstaltungsort mit etwa 50 Minuten Verspätung. Somit waren INSOMNIUM verpasst und KEEP OF KALESSIN mit ihrer Präsentation von Armada bereits weit vorgeschritten. Gewohnt souverän und mit dichter Bühnenpräsenz zockten die Trondheimer ihre schwarzmetallischen Kreationen. Fronter, Basser und Obsidian C. verausgabten sich im kollektiven Kreisbanging, was angesichts des Black Metal-Publikums, welches sich nur zum Biertrinken und zum Applaudieren bewegte, noch stärker wirkte als bei einem Konzert mit allgemeiner Bewegungsfreude. Den bald erfolgenden Abschluss des Sets bildete Come Damnation von der Reclaim-EP, danach war Schicht im Schacht. Obschon die Norweger als zweite Band gesetzt waren und ihr Auftritt eine Schweizer Premiere darstellte, war ihre Spielzeit doch eher knapp bemessen, was etwas überraschte. Man kann nur hoffen, dass KEEP OF KALESSIN demnächst auf einer Headliner-Tour zu sehen sind, da diese kurzen Appetithäppchen dieser aussergewöhnlichen Band lediglich Hunger auf mehr machen.

Das Erstaunen über die kurze Spielzeit von KEEP OF KALESSIN wandelte sich im Folgenden nach und nach in latenten Ärger. Denn obschon der Umbau zur mit einigen Kerzen geschmückten SATYRICON-Bühne bald vorüber war, ließen Satyr & Co. das Publikum noch gut eine halbe Stunde warten – diese Zeit wäre wohl besser mit noch mehr KEEP OF KALESSIN-Songs gefüllt worden als mit diesem Auswuchs einer latenten Rockstar-Attitüde. Zudem gab die entstandene Pause Zeit für eine ausgiebige Inspektion des Merch-Standes, welcher mit überteuerten Preisen und dem Beweis für den im Black Metal um sich greifenden Ausverkauf aufwartete. Während KEEP OF KALESSIN lediglich die üblichen T-Shirts und Longsleeves für 21 respektive 28 Euro anboten, werden SATYRICON wohl demnächst ein Warenhaus für jedermann eröffnen, wo sie unter anderem CD-Etuis (für 15 Euro) und Geldbörsen mit wahlweise weißem oder goldenem Logo (es muss ja schließlich zur Handtasche passen) verscherbeln. Natürlich würde es dort auch noch mehr von diesen hübschen Tangas geben – zu blöd nur, dass auf der restlichen Tour offenbar zu viele gut bestückte Frauen schon darüber hergefallen waren und darum in der Schweiz nur noch die small-Frauen was von diesem Untendrunter hatten. Was kommt als nächstes in der Produktpalette? Ein Katzenklo mit Schriftzug für die trve schwarze Katze? Gummistiefel für Ausflüge im Wald? Den Höhepunkt in Sachen Preisen bildete indes das Hoodie, welches sage und schreibe fast 44 Euro kostete – wieviel davon bekommt dann eigentlich der Arbeiter in der Dominikanischen Republik?

Diese abschweifenden Gedanken wurden von den ersten Pfiffen aus dem Publikum unterbrochen, welche anzeigten, dass die Wartezeit wohl wirklich zu lange dauerte und die edle Totenkopfdiscokugel des Fri-Sons keine adäquate Ersatzunterhaltung darstellte. Kurz darauf betraten SATYRICON verstärkt von einer hübschen blonden Keyboarderin die Bühne und begannen ihre Vorstellung von Now, Diabolical. Bereits nach den ersten Takten wurde klar, dass SATYRICON in Sachen Live-Sound wohl einen neuen Referenzwert im positiven Sinne aufstellen würden – der Mischer zauberte ihnen nämlich Transparenz und Druck in perfekter Harmonie. Dementsprechend überzeugend kamen die einzelnen Songs rüber, welche die norwegischen Black Metaller aus ihrer gesamten Diskographie herauspickten. Sei es der Dark Medieval Times-Opener Walk The Path Of Sorrow (inklusive Intro), Kreationen aus der Nemesis Divina und der Shadowthrone-Ära, Supersonic Journey von Rebel Extravaganza oder Repined Bastard Nation und Fuel for Hatred vom Volcano-Album – SATYRICON berücksichtigten sämtliche Phasen ihres Schaffens und leisteten sich keine Ausrutscher.

Natürlich lag der Schwerpunkt in Sachen Songauswahl auf dem aktuellen Album, welches unter anderem mit dem Titelsong, That Darkness shall be eternal und K.I.N.G. vertreten war. Bei letzterem verstärkte Satyr seine Publikumsinteraktion und wollte Fans in der ersten Reihe dazu bringen, auf vier zu zählen. Offenbar stieß seine Aufforderung Just go 1, 2, 3, 4 auf taube Ohren, die ersten angesprochenen Fans brüllten mit Herzblut King, was reichlich Gelächter erntete. Schließlich war der Fronter dann doch erfolgreich und bekundete wenig später noch seine Liebe zu CELTIC FROST (gefolgt von viel Applaus aus dem Publikum) und CORONER (hier applaudierten nur die älteren Semester), denen er das bereits erwähnte That Darkness shall be eternal widmete. Leider blieb es jedoch nicht bei solchen schlichten Widmungen, Luftgitarrespielen und dezenter Publikumsinteraktion. Satyr schien allzu sehr in seine Rolle als Showman vernarrt und praktizierte immer wieder die typischen ich bin ein Rockstar in einem grossen Stadion-Mitsingspielchen im Sinne von Louder than that, Hey, hey, hey und Great job, everyone. Dies wurde von einem großen Teil des Publikums positiv aufgenommen, doch irgendwie schmälerte es die erhabene schwarzmetallische Stimmung, welche etwa an den SATYRICON-Konzerten vor drei respektive vor sechs Jahren aufgekommen war. Außerdem kann das Fri-Son auch mit viel Wohlwollen sicherlich nicht als geeignetes Stadion bezeichnet werden. Nach zehn Songs verabschiedeten sich die Norweger, wurden aber selbstverständlich nochmals auf die Bühne geschrien, wo sie dann als Zugaben Dominions of Satyricon vom The Shadowthrone-Werk und zum Abschluss die Hymne Mother North zum Besten gaben. Bei letzteren stellten sich dann bei Drummer Frost erste Ermüdungserscheinungen ein, welche jedoch in der allgemeinen Ekstase untergingen.

Alles in allem also ein gelungener schwarzmetallischer Abend, bei dem die kleinen Misstöne nicht von der Musik herrührten. Es bleibt zu hoffen, dass KEEP OF KALESSIN in Zukunft mehr Spielraum bekommen und sich die unsympathische Rockstar-Einstellung von SATYRICON nicht weiter in diese Richtung entwickelt, die dieser Abend anzeigte. Denn letzten Endes leidet darunter nur die Musik, was in diesem Fall ein herber Verlust für die Metalwelt wäre.

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