OVERKILL / BLAZE / WYCKED MYSTIC / LURID TRACE – Ingolstadt, Ohrakel 14.06.02

Was für ein Abend in der Massensauna des Ingolstadter Ohrakels. OVERKILL begeisterten mit einer überraschenden Setlist und BLAZE mit einem mitreissenden Gig.

„Wie oft willst Du eigentlich noch zu OVERKILL gehen“, so die Frage eines
Freundes als ich ihn mitteilte Blitz & Co. zum vielleicht neunten oder
zehnten Mal einen Besuch abzustatten. Die Antwort darauf ist klar und
deutlich: „Immer wenn sie in Deutschland spielen“. OVERKILL sind nun mal
eine der besten und intensivsten Livebands der letzten fast 20 Jahre. Und dies sollten sie
auch an diesem Abend wieder unter Beweis stellen.
Jetzt übernimmt aber ersteinmal Captain Chaos das Wort, bevor ich mich zu BLAZE zurückmelde.

LURID TRACE

Die fünf jungen Ingolstädter werden sich diesen Tag wohl ewig in Erinnerung
behalten: Nicht nur, dass sie für die Legenden OVERKILL eröffnen durften,
nein, sie hatten auch die Ehre, dass diese über ihre Verstärker spielen. Da
hieß es erstmal Verstärker putzen. Das Üben kam aber auch nicht zu kurz,
denn LURID TRACE waren gut vorbereitet und hinterließen einen
soliden Eindruck. Allerdings war von dem früheren Melodic Death Metal fast
nichts mehr übrig, viel mehr gaben sie traditionellen Thrash Metal zum
besten, der durch die eingesetzen melodischen Leads auch hier und da an die
letzte KREATOR erinnerte. Da konnte man auch über die Nervosität der Mucker
hinwegsehen. (cc)

WICKED MYSITC

Über die darauf folgenden WICKED MYSTIC kann ich eigentlich nicht allzu viel
sagen, denn von ihrem Set habe ich nur gut die Hälfte gesehen, da ich aus
diesem schweißtriefenden Höllenloch genannt Ohrakel irgendwann schleunigst
raus musste um erstmal wieder den Schweiß dauerhaft aus den Augen zu
bekommen. Des weiteren war ich mit dem Material überhaupt nicht vertraut und
bin ja auch nicht so ein großer Power Metal Fan, aber WICKED MYSTIC sollte
man schon zu den besseren Vertretern ihres Genres zählen. Stählerne Grooves,
knackige Riffs und einen coolen verzerrten Bass nebst nicht nervigem Gesang
waren zwar solide, konnten aber weder mich noch Frank und Rob oder
zahlreiche andere Konzertbesucher davon abhalten Frischluft zu tanken (cc)

BLAZE

An der Garderobe hing ein Zettel mit der Running Order des heutigen Abends.
Darauf konnte ich schon mit Erstaunen feststellen, daß der ehemlige IRON
MAIDEN Frontman nur 30 Minuten Zeit hat um seine beiden gutklassigen
Solowerke live vorzustellen. Leider war dem auch so. 6 Songs für einen Mann
wie Blaze Bayley sind wohl ein schlechter Witz. Los ging es mit „Kill &
Destroy“ und die Leute, welche nach WYCKED MYSTIC wegen der Hitze
größtenteils die Halle verlassen hatten, trudelten langsam wieder ein und es
war bei ihm so ab den dritten Song zeitweise am vollsten und engsten des
ganzen Abends. Blaze rannte wie ein Irrwisch über die kleine Bühne, auf der
natürlich auch noch zwei Schlagzeuge standen. Zur Bühne nach rechts
gesprintet, die Leute zum klatschen animiert und sofort wieder die andere
Seite um das Publikum zum klatschen und bangen aufzufordern. Er war ständig
in Bewegung und wenn er nicht sang, klatschte oder bangte er und suchte
immer die Kommunikation mit dem Publikum. Diese dankten ihn dann auch immer
mit viel Applaus während und zwischen den Songs und bei „Ghost In The
Machine“ und „Man On The Edge“ herrschte wirklich eine ausgezeichnete
Stimmung in der Halle, was Blaze und seine Mitstreiter mit einem zufriedenen
Lächeln zur Kenntnis nahmen. Es gibt viele Musiker die schon vor vielen
tausenden Leuten auf der Bühne gestanden haben um dann mit der fehlenden
Popularität und den damit verbundenen Zuschauerverlust nicht klarkommen. Bei
Blaze ist dies gottseidank nicht so. Er scheint seine Musik wirklich mit
jedem Atemzug zu leben und lieben. Auffallend war auch, daß die Songs vom
neuem Album „Tenth Dimension“ um einiges kraftvoller und fetter aus den
Boxen dröhnt als beim doch etwas drucklosen Studioalbum. Hat riesig Spaß
gemacht und das nächstemal bitte etwas mehr davon.

OVERKILL

„Egal wieviel OVERKILL-Konzerte wir noch sehen werden, so eine Setlist hören
wir nie mehr“. So der einheilige Tenor im Auto auf dem Nachhauseweg, denn
was sich vorher abspielte war schlicht unglaublich. Was war geschehen? Es
war heiss, verdammt heiss in der Halle weshalb auch manche Leuten ihren
nackten Oberkörper zeigen mussten. Naja, Schwamm drüber… Nachdem uns klar war, daß es uns vorne zu heiss werden wurde (O-Ton eines
Freundes: „Ich bin einfach zu alt für solche Konzerte“), nahmen wir in der
Nähe des Merchandisingstandes Platz. Übrigens kostete ein Shirt 25 €uro, es
scheint als hätten manche amerikanische Bands noch nichts vom Euro gehört.
Zumindest war ein Ventilator am Stand und man bekam etwas Frischluft. Nach
einem kurzen Intro ging es los mit „Coma“ vom 91er „Horrorscope“-Album.
Cool, ein alter Song am Anfang dachte ich mir. Falsch gedacht. Dieser Song
war einer der neuesten, denn was in den folgenden knapp 75 Minuten von der
Band gespielt wurde, waren fast ausnahmslos Songs der ersten vier Alben.
„E.vil, N.ever, D.ies“ und „Wrecking Crew“ folgten. Blitz und seine
Mitstreiter schwitzten wie die Hölle was der überaus sympathischen und
charismatischen Frontman auch bei seiner Begrüßung mit den Worten
„Scheissheiss in Bavaria“ bemerkte. Immer wenn der nächste Song gespielt
wurde, dachte ich das kann es doch nicht sein, daß OVERKILL diesen Song auch
noch 2002 live spielen. „Shred“, „Powersurge“, „Hello From The Gutter“, ja
sogar die Ballade „The Years Of Decay“ wurde vorgetragen. Bei diesem Song
konnte Blitz auch stimmtlich voll überzeugen und bei mir wurden so einige
Erinnerungen an die damalige Zeit wach…Relativ bald war das Konzert
beendet, einige Leute dachten auch die Band kommt nicht mehr zurück auf die
Bühne und begaben sich völlig verschwitzt zum Ausgang. Nach knapp 10 Minuten
kamen dann die Musiker zurück und es gab eine lange 5 Songs dauernde Zugabe
(Blitz: Short Gig, Long Encore). „I Hate“, „Elimination“, „Long Time Dyin
bevor die vielleicht noch knapp 170 übriggebliebenen sich bei „In Union We
Stand“ als Massenchor versuchen durften. Dieser Song wurde den Opfer des 11.
Septembers gewidmet und Blitz bedankte sich nochmal ausdrücklich für die
weltweite Solidarität den Amerikanern gegenüber. Einer fehlt noch? Klar,
„Fuck You“ und als Mr. Elsworth mal wieder den Weg in die Menge gefunden hat
und auch eigentlich brave und zurückhaltende Menschen den Mittelfinger gen
Bühne streckten, wusste ich, daß ich auch noch in 10 Jahren zu einem
OVERKILL Gig gehen werde. Nur so eine Setlist wird es wohl leider nie mehr
geben.
Tim Mallare am Schlagzeug verdiente sich noch Bestnoten, da er die Songs
überaus tight und sehr sehr hart spielte. Fällt er auf Platte nie richtig
auf, so macht er live immer einen herausragenden Job.
So, noch ein paar Tage bis Balingen. Freut Euch drauf, oder noch besser: Schaut
Euch dieses Package in einem kleinen Club an.

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