OPETH & MADDER MORTEM: Essen, Zeche Carl, 25.02.2003

Mit OPETH und MADDER MORTEM spielten an diesem Abend zwei außergewöhnliche Bands vor einem gewöhnlichen Publikum. Und das ausgezeichnet.

Dass ein OPETH-Konzert etwas besonderes und OPETH sehr bekannt ist, wusste ich, als ich um 19.45 h die altehrwürdige Zeche Carl in Essen-Altenessen ansteuerte, den Ort, wo das Bier teuer, das Ambiente nett und die Konzerte zahlreich sind. Dass aber ganze Heerscharen von Musikbegeisterten das Terrain bevölkerten, hatte ich so hier noch nicht erlebt. Mühsam ergatterte ich einen der letzten Parkplätze (gezwungenermaßen war das Automobil mein Fortbewegungsmittel, da es die Bahn ja nicht für nötig hält, Menschen auch nachts zu befördern) und stürzte mich ins Getümmel, welches so richtig erst um 21.00 h beginnen sollte. Ein kurzer Blick in die Gesichter der vertretenen Musikfreunde bestätigte jedes Vorurteil: der gemeine Besucher eines OPETH-Konzerts gibt entweder unheimlich intellektuell oder gar nicht; außerdem hat er Geld, jedenfalls, wenn man die Preise am Merchandising-Stand der Betrachtung zu Grunde legt, wo lockere 20 € für ein T-Shirt und das Doppelte (!) für einen Pullover verlangt wurde. Nun gut, wenn mein Geld nicht gewünscht ist, bleibt es eben in der Tasche, dachte ich mir, und begab mich langsam in Richtung Konzertsaal, wo

MADDER MORTEM

jeden Moment anfangen sollten. Ich hatte von der Band bis dato noch nichts gehört, wurde aber aus meinen Gedanken gerissen, als Kollegin Claudia mich endlich entdeckt hatte, die soeben ein Interview mit den Musikern gemacht hatte. Ihre Erzählung darüber weckten meine Neugier, und als dann plötzlich die Musik begann, war ich begeistert: zunächst von der enormen Bühnenpräsenz der Frontfrau, die diesen Titel wirklich verdient hat, die Menge anfeuert, sich auf der Bühne enorm viel bewegt und dabei noch brillant und kraftvoll singt. Die Musik an sich ist dabei sehr rhythmisch, druckvoll und intensiv und hätte bei entsprechender Vorbereitung durch eine CD sicherlich weitaus mehr als Staunen bei mir ausgelöst. Im Publikum hingegen regt sich wenig; drei Spacken zwei Meter vor mir versuchen, ihren Unmut durch den Versuch einer Karikatur von Hüpfen deutlich zu machen, andere verlassen, vielleicht auf der Flucht vor den modernen Riffs, den Saal. In den ersten Reihen hingegen fliegen ein paar Haare; und als bei dem sehr emotionalen „Faces“ der Sängerin Tränen übers Gesicht zu laufen scheinen, sind viele ergriffen. Metal mit Anspruch jenseits aller Genres – beeindruckend.

Nach fünfzig Minuten ist der Auftritt leider schon vorbei, und die Umbaupause beginnt.

OPETH

beginnen dann ihren Set mit „The Leper Affinity“ vom grandiosen „Blackwater Park“-Album. Von der ersten Minute an sind zumindest zwei Sachen klar: OPETH sind live einfach großartig, und sie sind eine Metal-Band. Ich bin immer wieder überrascht, wie konventionell ein Konzert einer so unkonventionellen Band aufgenommen wird – die vertrackten Rhythmen, die melancholischen, verträumten Melodien, das stilvolle Auftreten der vier Ausnahmemusiker, all das wird aufgehoben in einem Wust aus purem Heavy Metal. Natürlich ist das gut so, und natürlich gibt es auch diejenigen Hörerinnen oder Hörer, die einfach nur in sich versunken dastehen und lauschen, oder die, von der Leidenschaft der Musik getrieben, seltsam fern von allem tanzen. Die Mehrzahl der Menschen jedoch sind wegen der Stellen in der Musik gekommen, in denen es zur Sache geht; Haare fliegen, Fäuste werden gereckt, sogar ein Stagediver versucht sein Glück. Sänger und Frontmann Mikael Akerfeldt nimmt diese Stimmung auf, scherzt mit dem Publikum und bittet die Menschen auf der Empore in unnachahmlich höflicher Weise, doch bitte von eben jener hinunter zu springen. Zu dem Zeitpunkt sind die sieben regulären Stücke des Sets schon gespielt: wie für OPETH typisch ein Querschnitt durch mehrere Alben, wobei insbesondere „Advent“ von „Morningrise“ und „Deliverance“ vom eben so betitelten aktuellen Album gut ankommen. Beim letzten Stück vor der obligatorischen „Demon Of The Fall“-Zugabe fällt Akerfeldt dann ein, dass er ja mit dieser Tour „Deliverance“ promotet, und kündigt ein Stück dieses Albums an; die wenigsten werden hier mit „A Fair Judgement“ gerechnet haben, der Ballade des Werkes. Aber OPETH beweisen auch hier ihre unkonventionelle Haltung und spielen dieses wunderschöne Stück mit ebensoviel Hingabe wie alle zuvor. Nicht gewürdigt wird übrigens „Orchid“, das Debütalbum, sonst ist alles vertreten. Auf Unverständnis stößt bei mir allerdings die Entscheidung, „Credence“ und „Demon Of The Fall“ zu spielen, nachdem beide Stücke schon bei der letzten Tour auf dem Plan standen und das Repertoire OPETHs ja mittlerweile nicht eben wenige Stücke umfasst, auch Balladen und heftige Kracher. Wirklich trüben kann das aber den Auftritt nicht, auch wenn mittlerweile mein Rücken schmerzt und die Beine keine Lust mehr haben zu stehen. Müde und zufrieden lasse ich schließlich den Ort des Geschehen hinter mir und begebe mich auf den Heimweg.

Ein schöner Abend.

Die Gallery zum Konzert findet ihr unter diesem Link!

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